Mach deinen Beirat zum High Performance Team

In meiner Arbeit mit Unternehmern bin ich immer auf der Suche nach den Geheimnissen des Erfolgs.

Allmählich kristallisiert sich ein Muster heraus:

Langfristig erfolgreiche Unternehmer sind Menschen, die sich und ihr Handeln tief reflektieren und sich für ihre Entscheidungen accountable halten lassen.

Eines ihrer wichtigsten Selbstführungs-Instrumente:

Ein hervorragend besetztes und aktives Advisory Board.

Das deutsche Wort „Beirat“ ist Programm: Sei bei mir und berate mich.

Mit ihrem Beirat schaffen sich starke Unternehmer einen virtuellen Chef. Ein Team, das sie herausfordert und Rechenschaft von ihnen verlangt.

Ihre Einladung an das Board: Stellt mir die unangenehmen Fragen und haltet meine Entscheidungen nach. Helft mir, immer besser zu werden.

Lies in diesem Blogartikel, wie du deinen Beirat zur Geheimwaffe auf dem Weg zum Erfolg machst.

Was bedeutet dein Beirat für dich?

Kürzlich habe ich mit einer neuen Klientin über ihren Beirat gesprochen.

Die Frage: „Habt ihr einen Beirat und wie arbeitet ihr mit ihm?“

Die Antwort kam schnell und lakonisch:
„Klar, haben wir, müssen wir ja. Da sind die Vertreter unserer Investoren drin. Keiner von denen ist so richtig interessiert. Eigentlich geht es da nur um Reporting.“

Sorry, wenn ich das so hart sage: What a waste of time!
Für dich als Unternehmer und für die Investoren, die ihre Meetings absitzen müssen.

Leider bleiben viele Beiräte weit unter ihrem Potenzial. Und das hat fünf Gründe:

  • Falsches Mindset: Der Beirat wird als notwendiges Übel betrachtet. Eine Pflichtveranstaltung, auf die man gerne verzichten könnte.
  • Unerfahrener Chair: Die unabhängige Chair-Position bekommt ein vertrauter Buddy, dem die Erfahrung in der Moderation komplexer Interessenlagen fehlt.
  • Lose Beziehungen: Beziehungspflege wird als Zeitverschwendung gesehen. Das gegenseitige Vertrauen fehlt, die Mitglieder sind unmotiviert.
  • Pseudoteam: Im Beirat vertritt jeder nur seine eigenen Interessen. Gemeinsame Ziele und gegenseitige Accountability fehlen. Die Verbundenheit ist gering.
  • Unproduktive Meetings: Beiratsmeetings sind dröge Pflichtveranstaltungen. Tribunale, in denen es nur um Reporting und Rechtfertigung geht.

As the founder and CEO, I get to built two teams to help me – my leadership team and my board.

Jeff Lawson, Mitgründer und ex-CEO von Twilio

Es geht aber auch anders: Ein starker Beirat kann unglaublich viel bewegen.

Mit diesen fünf Hebeln machst du deinen Beirat zu deiner Geheimwaffe..

  • Das richtige Mindset
  • Unabhängiger, erfahrener Chair
  • Motivierte Beiräte, gegenseitiges Vertrauen
  • Der Beirat als High Performance Team.
  • Produktive Beiratsmeetings

Mindset Shift: Lernchance statt Beweisdruck

Die erste Voraussetzung für einen erfolgreichen Beirat ist das richtige Mindset: Du lässt dich voll und ganz auf die Beiratsarbeit ein und nutzt sie optimal für deine Entwicklung und die deines Unternehmens.  

Hinterfrage dich kritisch, wenn du aktuell keinen Beirat hast:

Welche innere Blockade führt dazu, dass ich auf einen starken Beirat verzichte?  

  • Habe ich Angst vor kritischen Nachfragen und einem hohen Beweisdruck?
  • Traue ich den Beiräten keine gute Einschätzung meines Unternehmens vor?
  • Bin ich zu sehr Macher, um die strategischen Impulse des Beirats aufzunehmen?

Unternehmer, die einen aktiven Beirat schaffen, arbeiten aus einer Haltung des Growth Mindsets: Sie wissen, was sie erreichen wollen. Sie sind im besten Sinne des Wortes Selbst-Bewußt: Sie kennen ihre Stärken und Schwächen und wissen, dass sie den Weg vom Gründer zum CEO nicht alleine gehen können.

Daher suchen sie sich einen Beirat, der ihr Profil ergänzt und ihnen hilft, die richtigen Fragen zu stellen. Für sie ist der Beirat ein Must Have.

René Ruhland hat das in einem LinkedIn-Post wunderbar auf den Punkt gebracht.

Für mich als extrem risikobereiten Gründer und Unternehmer hilft es extrem, ein Kollektiv zu haben, das mich einbremst oder es zumindest versucht.

René Ruhland, Gründer und CEO von My Poster

Finde einen unabhängigen und erfahrenen Chair

Der zweite Erfolgshebel ist die Auswahl der richtigen Beiräte. Die wichtigste Entscheidung: Die Wahl des Beiratsvorsitzenden oder Chair(wo)man (kurz Chair).

Der Chair ist idealerweise eine unabhängige Person, die keinen Investor vertritt und sich damit voll auf die Rolle als Leader des Beirats und Sparringspartner eures Leadership Teams konzentrieren kann.

Die Rolle des Chairs ist umfangreich und herausfordernd. Er stellt sicher, dass das Board effektiv arbeitet und die langfristigen Ziele der Organisation im Auge behält. Er managt die Board Meetings und vermittelt zwischen euch Gründern und den Vertretern der Investoren.

Es macht einen wesentlichen Unterschied, wenn man mindestens eine unabhängige Person im Beirat hat. Ich selbst trenne ganz strikt zwischen Board Engagements und meine Investitionen.

Oliver Busch, Partner bei Mawave, Beirat

Eine gute Beiratsvorsitzende führt nicht nur den Beirat, sondern ist auch eure enge Vertraute und Sparringspartnerin. Sie unterstützt euch oft weit über die Beiratsmeetings hinweg in der Unternehmensführung.

Top Unternehmer besetzen diese Rolle sehr bewusst.

Sie suchen nach

  • einem erfahrenen Unternehmer, der ihnen zwei Schritte voraus ist, und mit großer Gelassenheit auf ihre aktuellen Herausforderungen schaut.
  • einen echten Leader und Teamplayer, der gut mit den Alpha-Tieren im Beirat umgehen und sie zusammenhalten kann.
  • einem Menschen, mit einem großen Netzwerk: Potenzielle Kunden, Partner, Investoren, Industriekontakten …  
  • einem guten Kommunikator mit einem ausgeprägten Gefühl für zwischenmenschliche Themen.

Motivierte Beiräte, gegenseitiges Vertrauen

Der dritte Hebel guter Beiratsarbeit sind tiefes Vertrauen und motivierte Beiräte.

Natürlich sollten die Beiräte das selbst mitbringen. Aber überlass es nicht dem Zufall, sondern lerne deine Beiräte als Menschen mit ihren Bedürfnissen und Zielen kennen.

Mit meinen Coachees mache ich dafür eine einfache Übung.

Wir schauen uns die Grundbedürfnisse an, die Vertrauen und Motivation auslösen (hier im Detail beschrieben):

  • Vertrauen: Bedeutung, Sicherheit und Verbundenheit.
  • Motivation: Sinn, Meisterschaft und Autonomie.

Dann stellen wir uns zu jedem Beiratsmitglied zwei Fragen:

  • Wie zeigen sich die sechs Bedürfnisse bei diesem Menschen konkret und wie stark sind sie?
  • Was kann ich tun, um die verschiedenen Bedürfnisse zu erfüllen und sie so zu kanalisieren, dass es für unseren Beirat produktiv wird?

Stell dir z.B. eine Beirätin vor, die gerne im Mittelpunkt steht und ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Bedeutung hat. Wenn du dafür keinen Rahmen schaffst, wird sie die Diskussionen immer wieder mit ihren Beiträgen sprengen.

Eine mögliche Lösung: Nutze das spezifische Wissen dieser Beirätin und beteilige sie an einem Projekt, in dem sie ihre Kompetenz zeigen kann. Damit signalisierst du: Ich sehe dich und du bist wichtig für mich.

Diese Übung ist ein echter Augenöffner. Oft verstehen wir erstmals, warum es in bestimmten Beziehungen immer wieder hakt. Und wir werden aus dem Opfer, dem eine schwierige Beziehung passiert, zum aktiven Gestalter.

Entwickle euren Beirat zum High Performance Team.

Erfolgreiche Unternehmer betrachten den Beirat als ihre zweites „First Team“ neben ihrem Gründer- oder Leadership Team. Und sie führen dieses First Team mit der gleichen Sorgfalt wie ihr Leadership Team.

Die Basis dafür: Das Verständnis der fünf Disziplinen der Teamführung

Aktive Prozesssteuerung. Auch wenn du einen guten Chair hast: Du holst nur dann das Optimum aus dem Beirat, wenn du ihn selbst aktiv führst. Mach dir klar, was für einen Beirat du haben willst und gestalte den Prozess gemeinsam mit eurem Chair.

Zum echten Team werden. Nutzt eure Beiratsmeetings, um euch immer besser kennenzulernen. Je stärker das Vertrauen, desto offener und konstruktiver ist euer Diskurs. Macht euch gemeinsam klar, wer sich wie einbringt. Jeder Beirat sollte neben der Vertretung der Investoren-Interessen eine feste Team-Verantwortlichkeit haben.

Um ein Board ordentlich zu strukturieren, mache ich mir über fünf Dinge Gedanken. Den Purpose des Boards, die People, die ich brauche, die Charter, also mit welcher welche Mission, in welche Weise gehen wir da rein? Die Formate und der Rhythmus.

Oliver Busch, ex Facebook, Beirat

In den Groove kommen. Legt mit einer gemeinsamen Beirats-Charta die Grundstrukturen eurer Arbeit fest. Beantwortet dabei die folgenden Fragen:

Das Unternehmen entwickeln. Die eigentliche Beiratsarbeit. Ihr diskutiert offene Themen, trefft Entscheidungen, löst Konflikte, definiert die Strategie und Ziele des Unternehmens. Der Schlüssel dazu: Produktive Beiratsmeetings.

Gemeinsam immer besser werden: Nehmt euch Zeit zum Lernen. Gebt euch regelmäßig Feedback. Macht alle halbe Jahr eine Retrospektive eurer Zusammenarbeit. Habt ihr die Ziele der Beirats-Charta erreicht? Wie effektiv ist die Zusammenarbeit? Was könnt ihr verbessern?

Produktive Beiratsmeetings

Die Beiratsmeetings sind der Container eurer Zusammenarbeit.

Wie alle Meetings werden sie produktiv, wenn sie gut vorbereitet sind und zu wohlinformierten Entscheidungen führen, die konsequent umgesetzt werden.

Gute Vorbereitung. Der wichtigste Teil deines Meetings ist vor dem Meeting.

Überraschungen sind selten gut. Stell sicher, dass der Beirat vorab über alle kritischen Themen informiert ist. Hole jeden mit einem PreMeeting Call ab. Versende frühzeitig – gerne 2-3 Wochen vorher – deinen Agendavorschlag und gib den Beiräten die Möglichkeit, Themen zu ergänzen.

Nutze die Erarbeitung der Beiratspräsentation, um deine eigene Arbeit kritisch zu hinterfragen. Starte die Präsentation mit den strategischen Themen und gehe erst danach auf die Zahlen ein. Damit machst du klar: Ich will eine strategische Diskussion, keine Reportingschlacht. Ende die Präsentation mit 2-3 Fragen, zu denen du gerne Feedback aus dem Board hättest.

Die Präsentation sollte mindestens eine Woche vor dem Meeting versandt werden. Macht es zum Arbeitsprinzip, dass sich jeder vor dem Meeting mit den Inhalten auseinandersetzt.

Der Mehrwert eines top besetzten Beirats ist unschlagbar! Allein beim Vorbereiten und Beschäftigen mit den kommenden Themen lernt man schon super viel und bekommt meistens auch nochmal eine andere Erkenntnis!“

René Ruhland, Gründer und CEO von My Poster

Beiratsmeeting. Startet mit einem persönlichen Check-in. Nehmt euch dann Zeit für Fragen zu den Zahlen. Wenn jeder die Zahlen kennt, könnt ihr direkt mit der Diskussion starten. Der Zahlenblock sollte maximal 25% der Zeit des Beirats einnehmen.

Den größten Zeitblock, ca. 50% des Meetings, solltet ihr für die Diskussion der strategischen und operativen Fragen blocken. Strebt an, jede Teildiskussion mit klaren Entscheidungen abzuschließen. Das macht das Meeting produktiv und motiviert alle.

Nehmt euch zum Ende der Session Zeit für die Dokumentation der Entscheidungen und Feedback: Wie war die Zusammenarbeit der letzten Monate und das Meeting heute? Was können wir beim nächsten Mal besser machen?

Da sich Beiräte nur selten persönlich sehen, solltet ihr zumindest bei jedem zweiten Beiratstreffen einen persönlichen Austausch anschließen und so am Teamspirit arbeiten.

Systematisches Nachhalten. Erst die Umsetzung macht eure Beiratsarbeit effektiv. Halte deinen Beirat über die Umsetzung der Entscheidungen proaktiv auf dem Laufenden. Das schafft Sicherheit und Vertrauen.

So macht Beiratsarbeit Spaß: Mit dem richtigen Mindset, einem erfahrenen Chair, motivierten Beiräte, die sich vertrauen, einem Beirat, der sich als Team fühlt und produktiven Beiratsmeetings.

Wenn du da angekommen bist, wirst du dir nicht mehr vorstellen können, ohne Beirat zu arbeiten und Rene Ruhland zustimmen: „Beirats-Pflicht für Startups!“

Key Take Aways

Aktive gemanagte Beiräte sind ein Muss für Unternehmer, die langfristig erfolgreich sein wollen. Mit ihrem Beirat schaffen sich starke Unternehmer einen virtuellen Chef. Ein Team, das sie herausfordert und accountable hält.

Deine Einladung an das Board: Stellt mir die unangenehmen Fragen und haltet meine Entscheidungen nach. Helft mir, immer besser zu werden.

Mit diesen 5 Hebeln schafft du einen Beirat, der euch auf das nächste Level bringt.

  • Das richtige Mindset: Mein Beirat hilft mir, meine Arbeit zu reflektieren und zu besseren Entscheidungen zu kommen. Ich liebe es, hinterfragt und accountable gehalten zu werden. So werde ich immer besser. Ein echtes Must Have für mich.
  • Finde einen erfahrenen Chair. Der ideale Chair ist eine unabhängige Person, die keinen Investor vertritt und sich auf die Rolle als Leader des Beirats und Sparringspartner eures Leadership Teams konzentriert. Suche nach einem erfahrenen Manager mit ausgeprägten zwischenmenschlichen Kompetenzen.
  • Motivierte Beiräte, gegenseitiges Vertrauen: Baue bewusst das Vertrauen und die Motivation der Beiräte auf. Verstehe deine Beiräte: Was sind ihre Ziele und was brauchen sie? Steuere deine Zusammenarbeit so, dass ihre Bedürfnisse erfüllt sind.
  • Entwickle euren Beirat zum High Performance Team. Nutze dafür die 5 Disziplinen des Teamführung: Steuere den Prozess aktiv, gerne zusammen mit dem Chair. Macht aus dem Beirat ein echtes Team. Definiert mit eurer Team Charta eure Mission und klare Arbeitsregeln. Habt produktive Meetings und macht eure Arbeit Schritt für Schritt immer besser.
  • Produktive Beiratsmeetings: Weg von Reportingschlachten, hin zu intensiven Diskussionen eurer Strategie und Herausforderungen. Die Voraussetzung: Gute Vorbereitung. Das Reporting sollte jeder vorher gelesen haben. Nutzt in den Meetings mindestens 50% der Zeit für echte Diskussionen und Entscheidungsfindung. Halte den Beirat proaktiv auf dem Laufenden. Das schafft Vertrauen.

Viel Erfolg bei der Umsetzung.

Und nun zu dir!

  • Habt ihr einen Beirat und welche Rolle hat dieser Beirat bei euch?
  • Aus welcher inneren Haltung arbeitest du mit dem Beirat?
  • Wie arbeitest du aktuell mit dem Chair zusammen? Ist er hinreichend unabhängig?
  • Wie aktiv steuerst du deinen Beirat? Seid ihr ein echtes Team?
  • Wie führst du eure Meetings?

Wenn du tiefer eintauchen willst

Mehr Motivation & Engagement mit bedürfnisorientierter Führung: Vertrauen, Motivation und Engagement sind wesentliche Treiber von Wachstum. Lerne hier, wie du sie gezielt fördern kannst.

Bring dein Team in den Groove: Jazz Combos sind die perfekten High Performance Teams. Klein, divers, selbstorganisiert. Lerne vom Jazz –  bringe dein Team zum Grooven.

Schluss mit unproduktiven Meetings. Wie war deine Woche bisher? Zu viele unproduktive Meetings? Mit diesen 4️ Schritten bringst du deine Meetings auf das nächste Level. Schritt 1: Liebe deine Meetings ♥️

Time to say goodbye: So kündigst du gut

So geht es einfach nicht weiter! 
Eure Kollegin funktioniert nicht so, wie ihr euch das wünscht. Oder die Zusammenarbeit im Team hakt. Immer wieder gibt es Konflikte mit dem Kollegen. Alle sind genervt.

Zeit, sich zu trennen. Eigentlich.

Und doch drückt ihr euch schon lange um diesen Schritt. Mit allen möglichen Ausreden:

  • „Es wird schon noch besser werden.“
  • „Besser die als keine.“
  • „Der ist zwar schwierig, aber wir können einfach nicht auf ihn verzichten.“
  • „Entlassen ist schlecht für die Moral.“

Kaum etwas meiden wir so sehr, wie die Trennung von einem Kollegen oder einer Kollegin, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht ins Team passen.

Das ist eigentlich auch gut so. Denn eine Kündigung ist letztlich ein Scheitern. Wir haben jemandem Hoffnung gemacht, es aber nicht geschafft, die richtige Person zu finden und ins Team zu integrieren. Unser Gegenüber muss erkennen, dass seine Leistung nicht gereicht hat oder sie nicht ins Team passt. Schmerzlich ist das in jedem Fall.

Aber auch aufgeschobene Kündigungen helfen keinem:
❌ Euch nicht, da ein schlechter Performer Aufmerksamkeit von den guten Leuten abzieht.
❌ Dem Team nicht, dem ihr signalisiert, dass schlechte Leistungen oder ein mangelnder Teamfit irgendwie ok sind.
❌ Dem Betroffenen nicht, der vielleicht in einem anderen Umfeld wirklich seine PS auf die Straße bringen würde.

Also lieber früher als später kündigen und dabei mit größtmöglicher Sorgfalt vorgehen.

Aber wie sieht eine gute, wertschätzende Kündigung aus? (Und ein letztes Mal auch zum Anhören: Spotify  Apple  Podigee).

Lass dich inspirieren und gehe mutig den nächsten Schritt. Vom Gründer zum CEO.

Zu einer guten Trennung kommt ihr in 8 Schritten. Am wichtigsten ist dabei der erste Schritt: Eine kritische Reflektion, ob du wirklich alle Hebel gezogen hast.

Der erste Schritt: Haben wir wirklich alles versucht?

Eine Kündigung ist der richtige Weg, wenn du die folgenden 4 Aussagen eindeutig mit Ja beantwortest:

Die Kollegin wusste genau, was von ihr erwartet wurde.
Ihr hattet ihre Rolle und Aufgaben intensiv besprochen. Vielleicht habt ihr sogar gemeinsam ein Impact Profil erstellt und damit alle Verantwortungsbereiche und Leistungserwartungen transparent festgelegt. Auch bei den konkreten Aufgaben habt ihr die Erwartungen immer gut abgeklärt.

Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Immer wieder sprechen wir in Coachings über Mitarbeiter, mit denen nie wirklich über die Erwartungen gesprochen wurde. „Das muss ein Head of Marketing doch einfach wissen!“, „Sie hat doch immer „ja“ gesagt, wenn ich gefragt habe, ob das für sie passt.“

Aber so ist das nicht. Keiner muss irgendetwas „einfach wissen“, jedes Unternehmen, jeder Manager tickt anders. Auch ein „Ja, mache ich.“ ist ohne genaue Spezifikation, was die Person genau machen will, keinen Cent wert.

Wenn die Aufgaben nicht klar waren: Gebt eine neue Chance und seid dieses Mal super klar. Nicht selten überrascht die Kollegin dann mit der gewünschten Performance. Denn eigentlich wollen wir ja nur unser Bestes geben.

Der Kollege hatte die notwendigen Ressourcen, Informationen und Kompetenzen.
Mögliche Lernfelder habt ihr frühzeitig adressiert und du hast ihm Möglichkeiten gegeben, die Defizite auszugleichen. Du hast ihm den Kontext der Aufgaben erläutert und er hatte genügend Zeit und Budget, die Aufgaben zu erledigen.

Wenn das nicht der Fall war: Zeit für die Entwicklung nehmen. Mehr Informationen zur Verfügung stellen, Zeit und Ressourcen. Vielleicht war der Person der Kontext ja nicht klar. Vielleicht ist es gar nicht so tragisch und nach ein paar tieferen Erläuterungen passt alles.

Im Umfeld gibt es Kollegen, die in einer vergleichbaren Rolle hervorragend performen.
Sprich: Es ist grundsätzlich möglich, diese Rolle auszufüllen. Gerade in Startups sind viele Rollen am Anfang riesig. Jeder macht alles, es wimmelt nur so von eierlegenden Wollmilchsäuen. Das funktioniert, solange das Team klein und die Komplexität gering ist. Und auch mal was schief gehen darf.

Aber irgendwann geht es eben nicht mehr. Dann braucht es mehr Spezialwissen und Erfahrung. Ein Mensch, der in den ersten Jahren des Startups mit den unterschiedlichsten Rollen jonglieren konnte, scheitert jetzt. Es braucht andere Kompetenzen.

In diesem Fall kann es helfen, nach einer alternativen Rolle zu schauen. Werdet euch über die besonderen Stärken der Person klar und schaut, ob es eine bessere Rolle im Team gibt.

Der Kollegin war klar, welche Konsequenzen es hat, wenn sie nicht performt.
Wann immer etwas nicht geklappt hat, hast du ihr zügig Feedback zu Verbesserungsmöglichkeiten gegeben und klargemacht, was passiert, wenn keine Verbesserung eintritt.

Auch das höre ich in Coachings immer wieder. Kollegen bringen konsequent nicht die Leistung oder arbeiten nicht mit dem Team zusammen. Aber es wird nie offen adressiert. Gerade bei schwierigen Kollegen wird das Feedback oft gemieden. Aarrg! Dann müsste man ja mit diesem Stinkstiefel in den Dialog gehen, konstruktives kritisches Feedback geben. Das aber fällt schwer. Also lieber weiter so.

Ein klares Feedback kann unglaublich viel bewegen. In beide Richtungen. Im besten Fall versteht dein Gegenüber endlich, was die ganze Zeit schwierig war und ist dankbar für eine echte Chance. Ich erlebe es aber auch immer wieder, dass sich schwierige Menschen ertappt fühlen und dann das Unternehmen in kürzester Zeit von selbst verlassen.

Wenn du auch nur einmal mit Nein antwortest: Jetzt ist nachsteuern angesagt. Dein Kollege hat eine echte Chance verdient. Lass dich überraschen, welche Energien es freisetzt, wenn ihr offen und ehrlich über eure gegenseitigen Erwartungen sprecht. Denn Offenheit schafft Vertrauen. Und Vertrauen ist die Basis von High Performance.

Von der Entscheidung bis zum Abschied

Du hast alle 4 Statements mit einem klaren Ja beantwortet. Dann ist es Zeit, den Trennungsprozess anzustoßen. Zügig. Verzögern bringt keinem was.

Für dich als Führungskraft stehen nun die nächsten 7 Schritte an (plus die HR Prozesse, die ich hier aber nicht weiter betrachte):

Schritt 2: Bestätigung der Entscheidung.
Lasse dich mit deiner Entscheidung von einem neutralen Dritten challengen. Besprecht noch mal alle vier Punkte. Wenn dein Gegenüber das bestätigt, kannst du ganz sicher sein, dass du wirklich alles versucht hast.

Schritt 3: Bring dich ins richtige Mindset.
Eine Kündigung wird zu einem besseren Prozess, wenn du aus folgender Haltung  agierst: Jeder Mensch hat seine Stärken. Hier war nur nicht das richtige Umfeld, um diese Stärken zur Geltung zu bringen. Sei dir deiner Verantwortung bewusst. Auch du hast in diesem Prozess Fehler gemacht: Du hast den falschen Menschen ausgesucht, nicht richtig ausgebildet, nicht die richtigen Ressourcen zur Verfügung gestellt, verpasst, gezielt Vertrauen aufzubauen. Qualifiziere dein Gegenüber nicht einfach nur als doofen Minderleister ab. 

Schritt 4: Kenne die Bedingungen des Exits.
Werde dir vor dem Trennungsgespräch klar, was die Bedingungen des Ausstiegs sind: Kündigungsfrist, Abfindung, Urlaubsansprüche, eventuelle Unterstützungsleistungen, Dauer der Übergabe…. Habe alles parat. Idealerweise als großzügiges Angebot. Nichts ist für Trennungskandidaten schlimmer, als nachher noch hart über die Bedingungen verhandeln zu müssen.

Schritt 5: Führe das Trennungsgespräch. Selbst.
Führe Trennungsgespräche mit deinen direkten Mitarbeitern immer persönlich. Du hast die Verantwortung. Kein Outsourcing an HR oder die nächste Ebene. Stelle sicher, dass du dein Gegenüber menschlich behandelst. Schaffe keine Situation, in der sich das Gegenüber schämen muss. Nimm dir Zeit und stell dich gleichzeitig darauf ein, dass es ganz schnell gehen kann. Beides ist möglich.

Schritt 6: Kommunikation an das Team.
Kommuniziere selbst kritische Trennungen mit Wertschätzung und Respekt. Betont die Leistung des Kollegen, zeigt auch seine guten Seiten. Wartet mit der Kommunikation nicht zu lange. Kündigungen sprechen sich im Flurfunk unglaublich schnell herum. Außerdem wollt ihr das Signal geben, dass eine zuvor schwierige Situation jetzt eindeutig gelöst wurde. Gerade wenn es vorher Konflikte gab, werden diese Ankündigungen oft mit Erleichterung aufgenommen.

Macht euch auch nicht zu viele Sorgen über die Lücke, die der Weggang hinterlässt. Wenn es vorher Probleme gab, löst die Kündigung oft eine ganze Welle der Unterstützung im Team aus. Ich habe es selten erlebt, dass ein Weggang wirklich unendliche Löcher produziert hat. Im Gegenteil. Oft überwiegt die Überraschung, wie wenig abhängig die Organisation doch von einzelnen ist.

Schritt 7: Offboarding.
Die Entscheidung ist durch und kommuniziert. Jetzt geht es ans Offboarding. Zwingt den Kollegen nicht, bis zum bitteren Ende der Kündigungsfrist zu bleiben, sondern macht eine gute, knappe Übergabe. Ihr habt euch aus guten Gründen für eine Trennung entschieden, dann könnt ihr jetzt nicht Zeit schinden und die Arbeitsleistung noch maximal ausnutzen.

Setzt eure Kollegin aber auch nicht direkt vor die Tür (es sei denn, es ist etwas wirklich Schlimmes passiert). Nach einer Kündigung haben viele Betroffenen erst mal das Bedürfnis, jetzt alles besonders sauber und sorgfältig zu hinterlassen. Das ist Teil der inneren Leugnung, eine normale Trauerreaktion. Gebt den Raum, das zu verarbeiten – ihr könnt euch sicher sein, dass dieses Bedürfnis nach ein paar Tagen verschwindet und die Gekündigte dann nur zu gerne die Segel streicht.

Schritt 8: Abschied.
Führt in der finalen Abschiedsphase ein ausführliches Feedback-Gespräch. Ist die Entscheidung mal gefallen und bei allen Seiten verdaut, tritt eine Phase der neuen Offenheit ein. Die Spannungen fallen ab, und es werden Gespräche möglich, die vorher undenkbar waren. Ich habe das selbst immer wieder erlebt –  auf beiden Seiten. 

Seid neugierig und holt euch Feedback zum Unternehmen und seiner Kultur. Reflektiert gemeinsam, was schief gelaufen ist und was ihr besser machen könntet. Fragt auch, was die Gekündigte jetzt im Flurfunk hört – denn oft teilen sich die anderen Kollegen gegenüber Menschen, die das Unternehmen verlassen, besonders gerne mit. Denn jetzt sie haben jemanden, der ihren Frust teilt.

Und zelebriert dann den Ausstand – mit einer kleinen Feier, ermutigenden Worten und einem Geschenk zur Erinnerung.

Time to say goodbye!

Trennungen sind niemals wirklich schön. Aber wenn ihr diese acht Schritte sorgfältig geht, könnt ihr euch sicher sein, dass sie eure Kultur positiv prägen. Denn sie zeigen:

  • Du stellst dich schwierigen Entscheidungen und löst sie konsequent.
  • Dir sind die gemeinsamen Werte und Leistungsansprüche wichtiger als deine persönliche Komfortzone.
  • Du nimmst die Menschen wahr, mit all ihren Stärken, Schwächen und Emotionen. Deine Mitarbeiter sind nicht nur Arbeitskraft.
  • Du nimmst die Zeit für die wirkliche Führung.

Auch wenn es komisch klingt: Viel Erfolg bei der nächsten Trennung.

Key Take Aways

Kündigungen gehören zu den schwierigsten Führungsaufgaben. Kein Wunder, dass oft viel zu lange warten, selbst wenn die Zusammenarbeit schon lange nicht mehr passt. 

Mit diesem 8 Schritten etabliert ihr wertschätzende und faire  Kündigungen:

1. Schritt:  Kündigung hinterfragen. Haben wir wirklich alles versucht? Kündigt nur, wenn ihr diese 4 Fragen mit „JA“ beantworten könnt. Ist nur ein Nein dabei, hat der oder die Betroffene eine Chance verdient: 

  • Die Kollegin wusste genau, was von ihr erwartet wurde. 
  • Der Kollege hatte die notwendigen Ressourcen, Informationen und Kompetenzen.
  • Im Umfeld gibt es Kollegen, die in einer vergleichbaren Rolle hervorragend performen.
  • Der Kollegin war klar, welche Konsequenzen es hat, wenn sie nicht performt.

2. Schritt: Lass die Entscheidung von einem unbeteiligten Dritten challengen. Hast du wirklich alles durchdacht?
3. Schritt: Bring dich in das richtige Mindset: Jeder Mensch hat seine Stärken. Vielleicht war bei uns nur nicht der richtige Platz.
4. Schritt: Setze dich mit den Bedingungen des Exits auseinander: Kündigungsfrist, Abfindung, Urlaubsansprüche, eventuelle Unterstützungsleistungen, Dauer der Übergabe.
5. Schritt: Führe das Trennungsgespräch. Persönlich. Kein Outsourcing an HR oder die nächste Ebene. 
6. Schritt: Kommunikation an das Team. So bald wie möglich. Mit Wertschätzung und Respekt
7. Schritt: Offboarding. Zügig. Nicht noch Arbeitsleistung schinden.
8. Schritt: Abschied. Nehmt euch nochmal richtig Zeit für ein  Abschiedsgespräch. Selten lernst du mehr über eure Kultur. Und zelebriert dann den Ausstand.

Trennungen sind niemals wirklich schön. Aber wenn ihr diese acht Schritte sorgfältig geht, könnt ihr euch sicher sein, dass sie eure Kultur positiv prägen. 

Und nun zu dir! 

  • Hast du Kündigungskandidaten, die schon lange auf deiner Liste stehen?
  • Wie viele „Ja‘s“ konntest du geben?
  • Was ist der nächste Schritt?

Viel Erfolg!

Weiterführende Artikel 

Was ist eigentlich dein Job?: Kennt ihr euren Beitrag, eure Ziele und Verantwortungen? Macht euch mit dem Impact Profil euer WHY – WHAT und HOW klar.

Wo sabotierst du eure Kultur?

Ich bin mir sicher:

Die Frage: „Habt ihre eine toxische Unternehmenskultur?“ wirst du empört von dir weisen. „Natürlich nicht! Wir verstehen und alle super!“

Toxische Kulturen verbinden wir mit egomanischen Führungskräften, die Angst und Schrecken verbreiten, mit Einschüchterung, Missbrauch und Mobbing. Wir denken an Unternehmen wie Wirecard oder den Fleischproduzenten Tönnies.

Zum Glück gibt es nur wenige Unternehmen, die so offensichtlich toxisch sind.

Und doch gibt es viel mehr ungesunde Kulturen, als wir im ersten Moment denken. Kulturen, die verhindern, dass alle Menschen wachsen können und damit verhindern, das Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten.

Das tragische dabei: Oft werden sie von Menschen geführt, die eigentlich gute Unternehmen schaffen wollen. Unternehmen, in denen alle mit viel Spaß zusammenarbeiten.

Menschen wie du.

Verstehe, welche ungesunden Anteile sich in deine Unternehmenskultur eingeschlichen haben. Und setze das richtige Gegengift ein. Das ist das Thema dieses Blogartikels.

Was ist eigentlich eine ungesunde Kultur?

Auf die Fährte ungesunder Kulturen, die quasi aus Versehen geschaffen werden, hat mich Startup Coach Alisa Cohn gebracht.

In ihrem Buch „From Start-up to Grown-up“ beschreibt sie eine Reihe solcher Kulturen. Sie hat alle in ihren Coachings erlebt – und auch mir kamen alle bekannt vor. Sei es aus den Coachings oder aus meinem eigenen Berufsweg.

Der Name sagt es schon: Ungesunde Kulturen schränken das persönliche Wachstum der Teammitglieder ein. Und verhindern damit das gesunde Wachstum eures Unternehmens.

Sie sind das Gegenteil einer Wachstumskultur. Denn die schafft Raum für das Wachstum jedes Einzelnen und lässt damit das ganze Team und das Unternehmen über sich hinauswachsen.

Unternehmen mit einer echten Wachstumskultur haben bei aller Unterschiedlichkeit einen gemeinsamen Nenner: Sie teilen die gleichen 8 Tugenden.

Einen gemeinsamen Nenner haben auch die unterschiedlichen toxischen Kulturen: Jede von Ihnen verletzt mindestens eine dieser Tugenden massiv.

In der „Mega-Kultur“ fehlt es zum Beispiel an demütiger Ambition. In der „Spiegel-Kultur“ an authentischer Vielfalt. Diese Erkenntnis ist unglaublich hilfreich. Denn sie öffnet den Weg zum Gegengift: Die gemeinsame Arbeit an genau dieser Tugend.

Kommen wir damit zum Praktischen: Welche sieben ungesunden Kulturen gibt es, wie entstehen sie und wie findet ihr den Weg raus.

Mega-Kultur

Die Mega-Kultur ist überoptimistisch. Alles ist Mega – Super – Fantastisch. Wir sind die Besten, die Kunden sind toll, wie haben die coolsten Mitarbeiter. Alles großartig, eigene Schwächen und Probleme werden nicht adressiert. Retros? Feedback? Alles eher selten. Warum auch? Ist doch alles super.

  • Ursache. Die Gründer von Mega-Kulturen sind oft charismatische, mitreißende Menschen. Sie möchten ein Unternehmen schaffen, in dem alle mit Spaß und Energie zusammenarbeiten. Tief in ihrem Herzen haben sie die Sorge: Wenn nicht alles super ist, verunsichert das mein Team. Im Extremfall sind es Menschen, die sich über andere stellen – und mit ihren Fixed Mindsets einfach alles wissen.
  • Problem. In einer Mega-Kultur werden Probleme kleingeredet. Außerdem fehlt die Reflektion – und damit die Grundlage für das gemeinsame Lernen. Wo alles mega ist, wird nichts hinterfragt und verbessert. Immer mehr zählt nur die große Show. Beispiele sind WeWork oder früher mal Enron.
  • Gegengift Demütige Ambition & Konstantes Lernen. Natürlich brauchst du einen großen Traum. Bleibe dabei aber auf dem Boden. Überlasst die große Show den anderen, überzeugt lieber durch konsistente Leistung. Und hört nie auf, euch kritisch zu hinterfragen und zu lernen. Nur dann bleibt ihr vorne.

Zweigeteilte Kultur

Ein Unternehmen, aber zwei Teilorganisationen, die im Clinch miteinander stehen, statt gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten. Besonders beliebt: Sales vs. Produkt / Tech. Die Teams beäugen sich kritisch bis abwertend. Tech lästert über Sales: „Die wollen doch nur um jeden Preis verkaufen“, Sales beschwert sich über Tech: „Denen ist es doch egal, was die Kunden brauchen, sie wollen sich nur selbst verwirklichen.“

  • Ursache: Zwei Gründer, zwei unterschiedliche Charaktere. Auf der einen Seite die introvertierte, hoch strukturierte CTO, die genaue Pläne braucht. Auf der anderen Seite der extrovertierte, kreative CEO, der gerne neue Ideen in den Ring wirft. Mit einer klaren Aufgabenteilung stellen sie sicher, dass jeder seinen Bereich so führen kann, wie er oder sie das will. Und schon entstehen zwei Subkulturen.
  • Problem: Die Gründer meiden den direkten Konflikt zum „Wie“ der gemeinsamen Führung und Kultur und verlagern diesen Konflikt in die Teams. Auf operativer Ebene geht die Energie in die ständige Konfliktlösung, statt in die gemeinsame Arbeit.
  • Gegengift Respekt & Wertschätzung. Um eine zweigeteilte Kultur aufzulösen, braucht es zuallererst Respekt und Wertschätzung. Seht jeden Einzelnen als Menschen, der nur das Beste will. Respektiert eure Bedürfnisse und Kompetenzen. Begegnet euch auf Augenhöhe. Dann lösen sich die Konflikte viel leichter.

Best Buddy-Kultur

Rund um die Gründer gibt es einen Inner Circle, der besonders eng und freundschaftlich miteinander ist. Der Freund aus Schulzeiten, der einer der ersten Kollegen ist. Die coole, junge Kollegin, die genauso tickt wie ich und die ich zu jedem wichtigen Meeting mitnehme. Der Rest des Teams? Alles ok, solange die gut funktionieren.

  • Ursache. Anfangs ist es schwer, Mitarbeiter zu finden, die sich auf das Startup-Risiko einlassen. Was liegt da näher, als Menschen anzustellen, die wir kennen. Und natürlich arbeiten wir am liebsten mit Menschen, die genauso ticken wie wir: „Was ist falsch daran, ich darf mir als Gründer ja wohl aussuchen, mit wem ich arbeite!“
  • Problem. Best Buddies werden oft zu Untouchables. Kritisch ist das, wenn sie nicht performen. Denn das wird keiner aussprechen. Ein weiteres Problem: Als Gründer bist du eine zentrale Identifikationsfigur. Wenn deine Kollegen das Gefühl haben, dass nur deine Buddies Zugang zu dir bekommen, sie aber nicht, führt das zu massiver Frustration.
  • Gegengift Verbundenheit. Schafft einen Teamspirit, der alle miteinschließt, nicht nur den Inner Circle. Das schafft psychologischen Sicherheit, die wiederum der Rahmen für offenes Feedback, Innovation und Risikobereitschaft ist.

Spiegel-Kultur

In einer Spiegel-Kultur stellen die Gründer nur Menschen ein, die so ticken wie sie selbst. Wer nicht passt, wird durch subtilen Druck passend gemacht oder verlässt das Unternehmen. Das Resultat: Eine scheinbar starke, aber übermäßig homogene Kultur.

  • Ursache. Besonders anfällig für Spiegel-Kulturen sind zwei Arten von Gründern. Gründer, die sehr für ihre Eigenschaften bewundert werden. Und Gründer mit starkem Ego, denen die Wertschätzung für komplementäre Kompetenzen fehlt.
  • Problem. Nobody is perfekt. Und damit führt das Nachahmen der Gründer nicht nur zu einer Verstärkung ihrer guten, sondern auch zur Verstärkung ihrer schlechten Eigenschaften. Zweites Problem: Wenn alle gleich denken, fehlt die Vielfalt der Perspektiven, die gute Entscheidungen ausmacht.
  • Gegengift Authentische Vielfalt. Diversity of Mindset. Lebt und zelebriert die Unterschiedlichkeit. Nicht weil ihr bestimmte Quoten erfüllen müsst, sondern aus tiefer Überzeugung. Denn unterschiedlichste Perspektiven führen zu besseren Entscheidungen.

Harmonie-Kultur

Es gibt Kulturen, die einfach zu nett sind. Konflikte und kritischer Diskurs finden nicht statt. Probleme werden systematisch unter den Teppich gekehrt. Statt in den direkten Konflikt zu gehen, werden Probleme lieber hinter dem Rücken der Betroffenen gelöst. Die Konfliktvermeidung wird zum Beziehungsgift.

  • Ursache. Die Gründer von Harmonie-Kulturen haben oft einen starken inneren Antreiber es allen recht zu machen. Sie möchten von jedem gemocht werden, bloß keinen mit kritischen Bemerkungen vergraulen.
  • Problem. Ohne Reibung keine Energie. Und ohne kritisches Feedback kein Wachstum. Harmoniekulturen bleiben weit unter ihrem Potenzial, denn in diesen Kulturen fehlt das gegenseitige Challenging, das uns nach vorne bringt.
  • Gegengift Radikale Aufrichtigkeit. Wachstumskulturen leben vom ehrlichen, wertschätzenden Feedback. Es wird klar und direkt kommuniziert – sowohl gute als auch schlechte Nachrichten. Probleme werden offen adressiert und können schnell gelöst werden.

Deine Aufgabe als Chef ist es nicht beliebt zu sein, sondern andere Menschen zum Wachsen zu bringen. Und wir wachsen nur, wenn wir unsere Komfortzone verlassen.

Bodo Janssen

Sisyphus Kultur

In einer Sisyphus-Kultur haben die Gründer das Gefühl, alles selbst anschieben zu müssen. Keine Entscheidung wird ohne sie getroffen. Sie mischen sich in alle Projekte ein. Früher oder später geben alle Mitarbeiter auf und fallen in die erlernte Hilflosigkeit. Die Reaktion der Gründer: „Hab ich doch gewusst: Ohne mich geht es nicht…“

  • Ursache. Die Gründer haben Schwierigkeiten, Vertrauen aufzubauen. Das kann zwei Gründe haben. Entweder sind Perfektionisten, keiner kann es ihnen recht machen. Oder sie sind unklar in ihrer Verantwortungsübergabe, erreichen nicht das Gewollte und holen sich dann die Verantwortung zurück.
  • Problem. Solange die Gründer schieben, geht es nach oben. Aber wehe, sie lassen los. Dann bricht schnell alles in sich zusammen. Nachhaltige Unternehmensentwicklung ist damit unmöglich.
  • Gegengift Selbstverantwortung. Wachstumskulturen bringen Menschen und Teams systematisch in die Verantwortung. Es herrscht ein tiefes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und den Leistungswillen aller. Mit bestem Resultat: Menschen, denen viel zugetraut wird, leisten auch viel.

Speed-Kultur

Viele Startups arbeiten mit einem Wahnsinnstempo, wie auf Speed. Alle sind maximal angespannt. Zeit für Reflexion und Recovery? Fehlanzeige. Dafür ist jetzt keine Zeit. Lieber aktionistisch alles gleichzeitig anstoßen. Und dabei wie im Hamsterrad auf der Stelle treten.

  • Ursache. Viele Gründer haben einen ausgeprägten „Sei Schnell“ Antreiber. Sie wollen alles schnell und sofort machen – und erwarten das gleiche vom Team. Ihre Ungeduld bringen sie mit scharfen, harten Ansagen zu Gehör. Anerkennung und Lob sind selten.
  • Problem. Speed-Kulturen treiben oft gemeinsam in den Burnout. Natürlich braucht es Sprints um voranzukommen. Aber Profisportler wissen: Top-Leistungsfähigkeit verlangt auch Erholung und Entspannung. Sonst bricht das System zusammen. 100 Projekte gleichzeitig sind eine Scheinproduktivität, wenn nichts zu Ende gebracht wird.
  • Gegengift Disziplinierter Fokus. Disziplin und Fokus machen aus dem Hamsterrad ein Schwungrad. Wenige, klare Prioritäten werden systematisch und ergebnisorientiert abgearbeitet. Eins nach dem anderen, in einem guten gemeinsamen Takt. Das macht euch schnell.  

Und? Wo erkennst du euch wieder?

Ich hatte immer das Privileg, mit Gründern zu arbeiten, die gute Unternehmen schaffen wollen. Und doch habe ich die Downsides einer Mega- und einer Best Buddy-Kultur live erlebt.

Aber der Blick auch die Tugenden der Wachstumskultur hilft mir heute, die richtigen Anstöße zur Weiterentwicklung zu geben.

Key Take Aways

Natürlich gibt es Angst- und Misstrauenskulturen hinter denen „böse“ Menschen stehen.

Aber die meisten ungesunden Kulturen werden aus Versehen geschaffen. Von Menschen, die eigentlich das Beste für ihr Team wollen – und dabei unbewusst eine oder mehrere Tugenden einer Wachstumskultur lernen.

Und genau das ist auch das Gegengift für die sieben ungesunden Kulturen: Stellt sicher, dass die entsprechende Tugend in eurem Team gelebt wird.

  • Mega-Kultur: Die Mega-Kultur ist überoptimistisch und ein bisschen lernfaul. Gegengift: Demütige Ambition & Konstantes Lernen
  • Zweigeteilte Kultur: Ein Unternehmen, aber zwei Teilorganisationen, die im Clinch stehen, statt gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten. Gegengift: Respekt & Wertschätzung.
  • Best Buddy-Kultur: Rund um die Gründer gibt es einen Inner Circle, der besonders eng und freundschaftlich miteinander ist. Gegengift: Verbundenheit – mit allen.
  • Spiegel-Kultur. DieGründer stellen nur Menschen ein, die so ticken wie sie selbst. Der Rest passt sich an. Gegengift: Authentische Vielfalt.
  • Harmonie-Kultur. Manchen Kulturen sind einfach zu nett. Konflikte und kritischer Diskus finden nicht statt. Gegengift: Radikale Aufrichtigkeit.
  • Sisyphus-Kultur. Die Gründer glauben, alles selbst anschieben zu müssen. Keine Entscheidung, kein Projekt ohne sie. Gegengift: Selbstverantwortung.
  • Speed-Kultur. Alles muss schnell und gleichzeitig passieren.  Und doch geht nichts voran. Hamsterrad.Gegengift: Disziplinierter Fokus.

Und nun zu dir!

  • Welche ungesunden Seiten erkennst du in eurer Organisation?
  • Was ist dein Beitrag dazu? Was treibt dich an, so zu handeln? Erkennst du deine inneren Antreiber?
  • Was müsstest du an deiner Haltung und Arbeitsweise verändern, um die richtigen Impulse zu geben?

Viel Erfolg bei der Weiterentwicklung eurer Kultur.

Weiterführende Artikel

Schaffe eine Wachstumskultur: Eine starke Wachstumskultur ist der Nährboden für High Performance. Sie lässt jeden einzelnen, euer Team und euer Unternehmen über sich hinauswachsen.

Deine Inneren Antreiber: Stärken und Schwächen: Unsere inneren Antreiber: Gleichzeitig Überlebensregeln, Superpower und Schatten. Lerne, wie sie dein Führungs- und Stressverhalten bestimmen.

7 Prinzipien starker Gründerteams

Gründerteams und Start-ups sind wie Eltern mit Kindern. Gemeinsam bringt ihr ein Unternehmen in die Welt. Ihr verwirklicht eure Lebensträume, schafft etwas, das euch idealerweise überlebt.

Und wie Familien funktioniert ihr als Team nur gut, wenn zwischen euch eine lebendige Verbundenheit herrscht, gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen. Nur dann strahlt ihr die Einigkeit aus, die eurem Team Sicherheit gibt.

Leider leben sich viele Gründerteams im Alltagsstress mit der Zeit auseinander, irgendwann werden nur noch die Sachfragen geklärt. Wie in einer Ehe, die mit der Zeit erkaltet ist. Dann ist die “Gründer-Scheidung” nicht mehr fern.

Die Lösung: Baut gemeinsam ein Haus. Euer solides Beziehungshaus. Lernt euch umfassend kennen, geht aufeinander zu, stärkt euer Vertrauen. Und entwickelt damit die lebendige Verbundenheit, die euch und euer gemeinsames Unternehmen trägt.

In diesem Blogartikel stelle ich 7 Prinzipien vor, mit denen ihr eure lebendige Verbundenheit im Team pflegen könnt. (wie immer auch zum Anhören: Spotify  Apple  Podigee).

Von der Gründerscheidung zur Beziehungspflege

In den vergangenen Jahren wurde ich immer gebeten „Gründer-Scheidungen“ zu begleitet. Die Wertschätzung war verloren gegangen, der ständige Konflikt zermürbte alle.

Alle diese Scheidungen hatten das gleiche dysfunktionale Beziehungsmuster:

  • Die Gründer wussten, dass ihre Beziehung nicht mehr funktionierte
  • Sie arbeiteten nur noch nebeneinanderher. Der letzte persönliche Austausch war oft Monate her.
  • Jeder versuchte die Probleme allein zu lösen. Gerne auch mal die Probleme im Aufgabenfeld des Mitgründers. Massive Übergriffigkeit!
  • Alle fühlten sich alleingelassen. Unter dem Deckmantel der „Professionalität“ wurden alle Emotionen weggeblockt.

Mein Job in diesem Fall: Einen sicheren Raum schaffen, in dem die Trennung gesichtswahrend besprochen werden konnte. Zu retten war da nichts mehr. Wie frustrierend.

Nur der Mediator einer Scheidung zu sein, macht mich nicht glücklich.

Meine Frage: Wie entwickeln Gründerteams lebendige Beziehungen, die auch in schwierigen Zeiten tragfähig bleiben?

Fündig wurde ich beim amerikanischen Paartherapeuten John Gottman. Er hat Tausende von Paaren begleitet und die Dynamiken des Scheiterns von Beziehungen genau beschrieben.

Nicht zuletzt das dysfunktionale Beziehungsmuster, das ich bei den Gründerteams entdeckt hatte. Gottman nennt es: Die Totenglocke der Beziehung.

Als Paartherapeut blieb John Gottman nicht bei der Analyse stehen. Sondern entwickelte eine Methode zur Propylaxe. Das Ergebnis:

Das Haus der soliden Beziehungen

Das Haus der soliden Beziehungen besteht aus sieben Stockwerken 1️⃣ –  7️⃣  und zwei tragenden Wänden 🧱.  

Die tragenden Wände sind Vertrauen und Verpflichtung. Ohne sie bricht der Rest wie ein Kartenhaus zusammen.

Die Stockwerke bauen aufeinander auf. Ohne das Fundament tiefer gegenseitiger Kenntnis fällt es schwer, sich gegenseitige Wertschätzung zu zeigen. Konflikte lassen sich schwer managen, wenn es am gegenseitigen Wohlwollen fehlt. Und so weiter…

Haus Solider Beziehungen. In Anlehnung an John Gottman

🧱Vertrauen

Ohne Vertrauen geht nichts. Menschen, denen wir vertrauen, trauen wir mehr zu. Wir teilen gerne unsere Verantwortung mit ihnen. Die Zusammenarbeit fühlt sich richtig gut an. Offen, entspannt und zielorientiert. Gemeinsam bekommen wir richtig viel gerockt.

Ohne Vertrauen ist jede Interaktion anstrengend. Wir fühlen uns unsicher und meiden den direkten Austausch. Damit schwächen wir das Vertrauen immer weiter.

Reflektiert im Gründerteam immer wieder, wie gut euer Vertrauen ist. Dazu könnt ihr das Modell der 6 Säulen des Vertrauens nutzen, dass ich in diesem Blogartikel beschrieben habe.

🧱Verpflichtung

Wir sind uns verpflichtet, wenn wir willens sind, uns gegenseitig überall mit hinzunehmen. Die Verpflichtung übersetzt das Vertrauen in konkretes Handeln.

Das ist in schwierigen Beziehungen oft nicht der Fall. Erst letzthin sprach ich mit einem Gründer, der versuchte seinen Mitgründer aus den Investoren-Meetings rauszuhalten. Seine Begründung: „Mit seiner Art zu kommunizieren, macht der alles kaputt.“ Das fehlende Vertrauen manifestierte sich in der fehlenden Verpflichtung.

Stellt euch die Frage: Bin ich bereit, meine Mitgründer in jedes Investoren- oder Kundenmeeting mitzunehmen? Wie verhalte ich mich, wenn er oder sie dabei ist? So wie immer oder anders? Gibt es da etwas, was mich stört, oder wofür ich mich schäme? Wovor schütze ich mich / uns dann?

Und überlegt dann, was es braucht, damit ihr euch mit einem guten Gefühl überall mit hinnehmt. Egal wo ihr seid.

1️⃣ Tiefe gegenseitige Kenntnis

Das Fundament jeder guten Beziehung ist die tiefe gegenseitige Kenntnis.

Nehmt euch Zeit, euch richtig gut kennenzulernen. Ein guter Startpunkt dafür sind die „50 Questions to Explore with a Potential Co-Founder”, von Gloria Lin, Mitgründerin von  Siteline.

Lernt eure jeweilige Vergangenheit und familiäre Prägung verstehen, eure Stärken und Schwächen, gleicht eure Arbeitsweisen und persönlichen Träume miteinander ab.

„Stepping outside of your comfort zone. If you’re willing to be honest about who you really are, and open-minded about who your partner is, your relationship will grow stronger. Your understanding of each other will be deeper. Your life together will be happier.“

John Gottman

Persönlichkeitsprofile wie der Clifton Strength Finder und der 16 Personalities-Test helfen euch beim gegenseitigen Verständnis. Tipp: Zum 16-Personalities Test gibt es auch Beschreibungen, was die Beziehung jeweils unterschiedlicher Profile prägt (truity.com).

Idealerweise kennt ihr euch im Gründerkreis genauso gut wie eure jeweiligen Partner oder Partnerinnen.

2️⃣  Zuneigung und Wertschätzung teilen

Jeder Mensch braucht Bestätigung. Am meisten von seinem Partner. Das gilt auch in der Gründerbeziehung.

Sprecht regelmäßig aus, was ihr aneinander besonders schätzt. Das regelmäßige Teilen der gegenseitigen Wertschätzung ist ein probates Gegenmittel gegen einen der größten Beziehungszerstörer: Die Verachtung.

Fragt euch: Was schätze ich besonders an meinen Mitgründern? Wo ergänzen sie mich? Wofür bin ich dankbar? Wann habe ich ihnen das zum letzten Mal gesagt?

Und zeigt euch dann ganz bewusst und spezifisch eure Zuneigung und Wertschätzung:

„Ich bin so stolz darauf, wie du…“, „Mich beeindruckt, wie du…“, „Ich mag, wie du…“, „Ich bin dankbar, dass du…“

Spart nicht mit positivem Zuspruch. Das ist Balsam für die Seele gerade in stressigen Zeiten.

3️⃣ Gegenseitige Zuwendung

Wenn wir Aufmerksamkeit oder Beistand von unserem Gegenüber brauchen, machen wir ein Bid, ein Angebot zur Verbindung, wie Gottman es nennt.

Hier ein paar Beispiele für Bids unter Gründern:

  • Bitte um Aufmerksamkeit: “Kannst du mir kurz Feedback zu … geben?“
  • Bitte um Unterstützung: „Kannst du mir einen Rat geben…“
  • Wunsch nach Austausch: „Ich muss dir unbedingt erzählen…“
  • Unterstützung im Stress: “Mit ist das gerade alles zu viel, lass uns einen Weg finden…“

In starken Beziehungen erkennt das Gegenüber dieses Verbindungsangebot und reagiert positiv darauf. Damit wendet er sich seinem Gegenüber zu. Das stärkt die Beziehung und schafft einen sicheren Raum, in dem alle Parteien offen ihre Bedürfnisse artikulieren.

„How people reacted to their partner’s bids for connection was in fact the biggest predictor of happiness and relationship stability. These fleeting little moments, it turned out, spelled the difference between happiness and unhappiness, between lasting love and divorce.“

John Gottman

In schwierigen Beziehungen werden diese Angebote oft abgelehnt. Oder, noch schlimmer, gänzlich überhört. Das Signal: Ich wende mich von dir ab. Du bist mir nicht wichtig. Das verunsichert und führt dazu, dass sich die bittende Person immer weiter zurückzieht.

Der hektische Gründeralltag bietet den idealen Nährboden für verpasste Bids. Das Tempo ist groß, jeder hat unglaublich viel zu tun. Alle sind im Stress-Tunnel. Da noch die feinen Signale der anderen zu hören – echt schwierig. Zudem haben viele Gründer das Bedürfnis, stark und perfekt zu sein, und bitten nur sehr „leise“ für sich.

Missverständnisse sind so vorprogrammiert. Ihr fühlt euch nicht gesehen und gehört. Das frustriert und unterminiert das gegenseitige Vertrauen.

Die Lösung: Beobachtet, wie jeder von euch seine „Bids“ formuliert. Überlegt gemeinsam, wie ihr sicherstellt, dass sie von eurem Gegenüber verstanden werden. Und haltet den Anteil abgelehnter Bids möglichst gering.

4️⃣ Wohlwollen

Gelingende Beziehungen leben vom gegenseitigen Wohlwollen. „Ich bin ok, Du bist ok“ ist die Grundhaltung gesunder Beziehungen. Ihr betrachtet euch als ein starkes Team, in dem jeder sein Bestes gibt.

In schwierigen Beziehungen fehlt das Wohlwollen. Wenn etwas schief geht, wird dem Gegenüber nachlässiges oder sogar böswilliges Verhalten unterstellt.

Da hat der eine Gründer in der Hektik der Funding-Runde vergessen, wichtige Information weiterzuleiten. Und schon wird gemutmaßt: „Der will mich hier ausbooten.“ Das Tech Team kämpft mit Problemen und der Sales-Gründer unterstellt fehlendes Committment zur gemeinsamen Sache. „Denen ist doch völlig egal, was unsere Kunden brauchen.“

Das gegenseitige Wohlwollen könnt ihr erhalten, in dem ihr eure schwierigen Gefühle offen aussprecht und euch damit die Chance gebt, sie aufzuklären.

5️⃣ Konfliktmanagement

Konflikte lassen sich nicht vermeiden. Erst recht nicht beim Aufbau von Unternehmen. Euer Job: Werdet Meister in der konstruktiven Konfliktlösung.

Der erste Schritt dazu ist die Anerkennung des gegenseitigen Einflusses. Konflikte lassen sich nur dann lösen, wenn euch klar ist: Es gibt nicht nur den einen Weg. Jede Konfliktpartei trägt mit wertvollen Beiträgen gleichberechtigt zur Lösung bei.

In schwerwiegenden Gründerkonflikten ist die Annahme des gegenseitigen Einflusses verloren gegangen. Der Beitrag des Gegenübers wird kleingeredet. Nur einer hat Recht. Ich habe mir schon unglaubliche Tiraden über die fehlende Kompetenz der Mitgründer angehört. Ein klares Zeichen, dass es hier nicht viel weiter geht.

Hilfreich ist die Unterscheidung zwischen lösbaren und dauerhaften Konflikten.

Lösbare Konflikte sind meist situativ. Es geht um Sachfragen, nicht um eure grundsätzliche Haltung. Unter Austausch der jeweiligen Wahrnehmungen und Informationen lassen sich diese Konflikte zügig lösen.

Dauerhafte Probleme basieren auf Unterschieden in der Persönlichkeit oder den Lebensbedürfnissen. Ein Gründer hat eine junge Familie, der er auch Zeit widmen will, während ein anderer Gründer noch völlig offen in seiner Zeitgestaltung ist. Ein Gründer ist ein ausgeprägter Perfektionist, während es dem anderen nicht schnell genug gehen kann.

Dauerhafte Probleme haben per se keine finale Lösung. Hier ist euer Wohlwollen gefragt. Etabliert zu diesen Konflikten mit einem offenen Diskurs und findet immer wieder situative Teillösungen. Gelingt das nicht, rutscht ihr in eine gegenseitige Blockade, die mittelfristig eure Beziehung zerstört.

6️⃣ Lebensträume realisieren

In einer starken Gründerbeziehung verfolgt ihr gemeinsame Ziele, die auf eure individuellen Lebensträume einzahlen.

Schwierig wird es, wenn die Lebensträume und damit die Ziele stark voneinander abweichen. Ein Gründer träumt von der finanziellen Freiheit. Sein Ziel: Mit Hilfe von VCs schnell groß werden und dann verkaufen. Die Mitgründerin sieht sich als Gründerin einer Familiendynastie. Ihr Ziel: nachhaltiges Wachstum, keine Abhängigkeit von Investoren.

Ein solch massiver Zielkonflikt hat das Potenzial zur Blockade der Beziehung. Nicht ohne Grund ist der Austausch über die Lebensziele ein wesentlicher Fragenblock in den 50 Fragen an potenzielle Co-Founder.

Sprecht regelmäßig über eure persönlichen Ziele und Lebensträume. Gebt euch Updates, wenn sich etwas ändert und entwickelt eure gemeinsame Vision immer weiter.

7️⃣ Gemeinsame Kultur schaffen

Das letzte Stockwerk des Hauses solider Beziehungen ist die Schaffung einer gemeinsamen (Beziehungs-)Kultur.

Etabliert als Gründerteam gemeinsame Rituale der Verbundenheit. Die „Gründer Date Night“ in der ihr auch mal über persönliches sprecht. Eine besondere Art, eure Erfolge zu feiern und Misserfolge zu reflektieren. Der persönliche Check-in am Anfang jedes Gründermeetings. All diese Rituale festigen eure Beziehung und geben ihr einen besonderen Stellenwert. Je stärker eure Rituale, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ihr sie auch in Krisenzeiten lebt und sie euch dann stärken. Und überlegt dann, wie ihr das Gesamtteam in diese Rituale mit einbezieht: Die gemeinsame Weihnachtsrede vor dem Team, die Glocke für die Vertriebserfolge, gemeinsame Frühstücke, in denen ihr die Verdienste des Teams feiert. Denn im Business ist es wie in der Familie: Das Team übernimmt die Beziehungsdynamiken, die das Gründerteam vorlebt.

„Tiny little doses, every day, is what it takes to make a healthy relationship. Why? Because that’s exactly what a relationship is – not one big thing, but a million tiny things, every day, for a lifetime.”

John Gottman

Gut Gründerbeziehungen entstehen nicht auf den wenigen Offsites. Integriert die Prinzipien des Hauses solider Beziehungen in euren Alltag. Dann schafft ihre die lebendige Verbundenheit, die euer ganzes Team trägt.

Key Take Aways

Das Haus der soliden Beziehungen zeigt wie ihr lebendiger Gründerbeziehungen gestalten könnt. Es besteht aus 7️⃣ Stockwerken und zwei tragenden Wänden 🧱. Ohne die tragenden Wände bricht der Rest wie ein Kartenhaus zusammen. Die Stockwerke 1 bis 7 bauen aufeinander auf.

🧱 Vertrauen. Ohne Vertrauen geht nichts. Arbeitet als Gründerteam systematisch am gegenseitigen Vertrauen

🧱Verpflichtung. Wir sind uns verpflichtet, wenn wir willens sind, uns gegenseitig überall mit hinzunehmen. Die Verpflichtung übersetzt das Vertrauen in konkretes Handeln.

1️⃣ Tiefe gegenseitige Kenntnis ist das Fundament jeder guten Beziehung. Idealerweise kennt ihr euch im Gründerkreis genauso gut, wie eure jeweiligen Partner.

2️⃣ Zuneigung & Wertschätzung teilen. Zeigt euch bewusst eure Zuneigung und Wertschätzung. Das ist Balsam für die Seele gerade in stressigen Zeiten.

3️⃣ Gegenseitige Zuwendung. Hört genau hin, wen jemand aus eurer Runde ein Verbindungsangebot macht, und wendet euch eurem Gegenüber zu.

4️⃣ Wohlwollen. „Ich bin ok, Du bist ok“ ist die Grundhaltung gesunder Beziehungen. Betrachtet euch als ein starkes Team, in dem jeder sein Bestes gibt.

5️⃣ Konfliktmanagement. Konflikte lassen sich lösen, wenn euch klar ist: Es gibt nicht nur den einen Weg. Jede Konfliktpartei trägt mit wertvollen Beträgen gleichberechtigt zur Lösung bei.

6️⃣ Lebensträume realisieren. Verfolgt gemeinsame Ziele, die auf eure individuellen Lebensträume einzahlen.

7️⃣ Gemeinsame Kultur schaffen. Eure Rituale der Verbundenheit prägen eure Kultur. Je stärker die Rituale, desto besser helfen sie euch durch Krisenzeiten.

Integriert den Bau und die Pflege eures „Beziehungs-Hauses“ in euren Alltag und schafft damit eine starke Kultur der lebendigen Verbundenheit.

Und jetzt zu dir

  • Wie bewusst pflegt aktuell eure Beziehungen im Gründerteam?
  • Wie gut ist euer Gründerteam auf den verschiedenen Stockwerken des Beziehungshauses unterwegs?
  • Wo sind die größten Defizite? Was könnt ihr dagegen unternehmen?

Weiterführende Artikel

Vertrauen ist machbar. Baue auf diese 6 Säulen. Vertrauen ist die Voraussetzung von High Performance. Lies hier, wie du systematisch Vertrauen aufbaust und kittest. Denn Vertrauen ist machbar.

5 Hebel zur Prävention toxischer Konflikte. 20% deiner Zeit gehen für Konfliktlösungen drauf. Wie du sicher stellst, dass kein Konflikt toxisch wird.

Konfliktklärung leicht gemacht. In vier Schritten zu einer SPITZE Konfliktklärung. Wie du einen Konflikt moderierst, ohne zwischen die Räder zu kommen.

Flywheel: Bringt euren Laden in Schwung

Welche 4-6 Wachstumstreiber bringen euer Unternehmen auf Überholspur? 🚀

Die meisten von uns glauben, dass wir unser Business verstehen. Bis wir erstmals unser Flywheel erarbeiten – ein mächtiger Mechanismus, der unser Unternehmen in Schwung bringt und das Wachstum beschleunigt. ⚙️

Das Flywheel ist ein gut geöltes Schwungrad, das die entscheidenden Treiber eures Unternehmens miteinander verbindet. Sein Ziel: Selbstverstärkendes Wachstum.

Das Konzept wurde von Jim Collins aus der Analyse langfristig erfolgreicher Unternehmen entwickelt. Der Schlüssel zum Erfolg: Wahre Champions verstehen  im Detail, was ihr Geschäft antreibt, und arbeiten systematisch an der Weiterentwicklung dieser Wachstumstreiber.

Dieses Schwungrad in Gang zu setzen, ist anfangs ziemlich anstrengend. Die investierte Energie wird erst mal „im Rad gespeichert“. Aber wenn es mal angefangen hat, sich zu drehen, wird es unaufhaltsam schneller und schneller. Ein echter Game Changer.  🌟

Für mich ist das Flywheel das effektivste Werkzeug zur Skalierung von Unternehmen und sollte einen festen Platz in eurem strategischen Arsenal einnehmen. Bereit für den Durchbruch?

Wie ihr euer Flywheel identifiziert und in der Unternehmensführung einsetzt, ist der Fokus dieses Blogartikels Lass dich inspirieren und gehe mutig den nächsten Schritt. Vom Gründer zum CEO.

Was ist das Flywheel?

Das Flywheel ist ein sich selbst verstärkender Kreislauf zentraler Unternehmenstreiber, die sich gegenseitig verstärken und somit das Wachstum eures Unternehmens vorantreiben.

Das Konzept des Flywheels wurde von Jim Collins entwickelt, indem er langfristig erfolgreiche Unternehmen analysierte. Er fand heraus, dass erfolgreiche Unternehmen besonders gut verstehen, was ihr Geschäft antreibt, und diese Treiber langfristig und systematisch weiterentwickeln.

“The flywheel, when properly conceived and executed, creates both continuity and change. On the one hand, you need to stay with a flywheel long enough to get its full compounding effect. On the other hand, to keep the flywheel spinning, you need to continually renew, and improve each and every component.”

Jim Collins

Wie bei einem echten Schwungrad ist das Flywheel anfangs schwer in Gang zu bringen, da die Energie, die ihr investiert, zunächst im Rad gespeichert wird. Aber sobald es in Bewegung kommt, dreht es sich schneller und schneller und ist kaum mehr aufzuhalten?

Bei Amazon sieht das Flywheel z.B. so aus

Das Amazon Flywheel nach Jeff Bezos (Quelle: Amazon.jobs)

Die Vorteile eures Flywheels

Die Erarbeitung eures Flywheels bringt euch auf drei Ebenen einen riesigen Schritt nach Vorne:

Verständnis der Wachstumsdynamik: Mit dem Flywheel entwickelt ihr ein gemeinsames Verständnis eurer Wachstumsdynamik. Ihr verlasst das Bereichsdenken und treibt das Wachstum eures Unternehmens gemeinsam voran.

Priorisierung strategischer Initiativen: Das Flywheel erleichtert die Erarbeitung von Prioritäten erheblich. Analysiert immer wieder, bei welchen Treibern des Flywheels gerade die größten Engpässe liegen. Das sind eure Prioritäten. Macht das Flywheel zu einem festen Bestandteil der OKR oder sonstigen Quartalsplanung.

Erarbeitung strategischer Metriken: Ihr macht euer Flywheel steuerbar, indem ihr für jeden der vier bis sechs Treiber jeweils einen passenden strategischen KPI entwickelt. Damit könnt ihr den Erfolg der strategischen Initiativen, die ihr im nächsten Schritt entwickelt, optimal verfolgen.

“For a truly great company, the Big Thing is never any specific line of business or product or idea or invention. The Big Thing is your underlying flywheel architecture, properly conceived.”

Jim Collins

Zum Flywheel in 7 Schritten

Verstanden: Das Flywheel ist ein wesentliches strategisches Instrument. Aber wie kommt ihr dahin? In meiner Workshoparbeit hat sich das folgende Vorgehen als produktiv erwiesen.

Schritt 1: Entwurf eures generischen Schwungrades

Entwickelt zuerst eine allgemeine Vorstellung eures Flywheels. Wo beginnt es? Was folgt als Nächstes? Und was kommt danach? Jede Komponente des Flywheels sollte nahtlos in die nächste Stufe des Flywheels übergehen.

Wenn ihr unterschiedliche Geschäftmodelle habt, kann es sein, dass ihr zwei Schwungräder braucht. So ist bei einem Self Service Modell wahrscheinlich die Benutzerfreundlichkeit der Plattform besonders wichtig. Bei Managed Services steht dagegen die Qualität des Services im Vordergrund.

Wenn ihr das Flywheel im Team entwickelt, könnt ihr mit einem individuellen Brainstorming beginnen, bei dem jeder zunächst sein eigenes Flywheel skizziert. Vergleicht dann eure Ansätze und entwickelt einen gemeinsamen Entwurf. Diese Diskussion allein ist schon spannend, da ihr euer Unternehmen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet.

Schritt 2: Sammelt eure großen Erfolge

Sammelt Marktinitiativen, Vertriebsprozesse und Angebote, die besonders erfolgreich waren und eure Erwartungen übertroffen haben.

Schritt 3: Erstellt eine Liste von Misserfolgen

Genauso wichtig ist das Lernen aus den Misserfolgen. Sammelt jene Initiativen und Angebote, die gescheitert sind oder eure Erwartungen nicht erfüllt haben.

Schritt 4: Vergleicht die Muster

Versucht jetzt die Unterschiede zwischen den Erfolgen und Misserfolgen zu verstehen. Was sind typische Erfolgsmuster? Was sagt das über das Flywheel aus? Wie ist das mit den Misserfolgen?

Geht so tief wie möglich in die Ursachenanalyse. Fragt euch mit den „7 Warums“ bis zur eigentlichen Ursache durch. In dieser Analyse liegt das Gold. In unseren Strategieworkshops haben wir hier die größten Aha-Erlebnisse gehabt.

So geht es bei Marktplatz-Modellen beispielsweise oft nicht nur um die reine Anzahl der Teilnehmer und Angebote auf der Plattform, sondern um eine bestimmte Qualität des Angebots. Eine bestimmte Kundenleistung kann verlangen, dass ihr sehr spezifische Lieferanten braucht…

Schritt 5: Perfektioniert euer Flywheel

Jetzt ist es an der Zeit, euer Flywheel zu optimieren. Überarbeitet es, passt die Reihenfolge an und kommentiert im Detail, wie jede Komponente euer Unternehmen in Schwung bringt.

Schritt 6: Realitätscheck

Fast fertig. Jetzt müsst ihr nur noch einen Gegencheck machen. Erklärt das Flywheel eure Erfolge und Misserfolge? Verändert das Flywheel so lange, bis ihr euch jeden Erfolg als Ergebnis erklären könnt, das direkt aus dem Flywheel resultiert, und die größten Enttäuschungen als Versäumnisse bei der Umsetzung des Flywheels zeigt.

Schritt 7: Entwickelt eure strategischen Metriken

Der letzte Schritt ist die Definition der strategischen Metriken. Wählt für jeden Treiber des Flywheels einen gut messbaren KPI. Mit diesen Metriken könnt ihr der ganzen Company zeigen, wie gut ihr euer Flywheel und damit eure Company in Schwung bringt.

Rechnet für einen ersten Entwurf des Flywheels mit etwa 3-4 Stunden.

Laufende Arbeit mit dem Flywheel

Die Erstellung des Flywheels ist nur der erste Schritt. Seine volle Wirkung zeigt es erst in aktivem Einsatz.

Überlegt für jeden Treiber, wie ihr dessen Funktionsweise optimieren könnt. Neue Prozesse? Technologie? Andere Vermarktungskanäle? Das Spektrum ist beliebig groß.

Überlegt dann, bei welchen Treibern ihr aktuell die größten Herausforderungen habt. Was sind die ein oder zwei Engpässe, die ihr zuerst lösen müsst? Was passiert, wenn diese gelöst sind, wie geht es dann weiter? Diese Überlegungen sind wichtige Bausteine eurer strategischen Planung.

“What matters most is how well you understand your flywheel and how well you execute on each component over a long series of iterations.”

Jim Collins

Übersetzt diese Engpässe dann jeweils in strategische Initiativen: Was könnt ihr tun, um den Engpass zu beseitigen? Wie könnt ihr den Erfolg dieser Initiative durch die Verbesserung der passenden strategischen Metrik kontinuierlich überprüfen?

Das Flywheel ist niemals komplett fertig. Ihr werdet es immer wieder an neue Erkenntnisse zu Markt, Kunden und Unternehmen anpassen. Nehmt euch in euren Quartalsupdates jeweils eine Stunde Zeit und stellt euch dabei folgende Fragen:

  • Wie gut sind wir mit dem Flywheel unterwegs? Wie haben sich die strategischen Metriken entwickelt?
  • Welche Engpässe haben wir gelöst und welche sind neu entstanden?
  • Gibt es Veränderungen im Markt und in unseren Produkten, die eine Anpassung des Flywheels verlangen?

Key Take Aways

Das Flywheel ist eines der wichtigsten strategischen Instrumente. Mit der Identifizierung eurer wesentlichen Geschäftstreiber bekommt ihr einen klareren Blick auf eure Erfolgsfaktoren und ihr Zusammenspiel.

Die Erarbeitung eures Flywheels hilft euch, euer Verständnis für die Dynamik eures Wachstums zu vertiefen, eure strategischen Initiativen zu priorisieren und die richtigen strategischen Metriken für euren Erfolg zu entwickeln.

Ihr erarbeitet das Flywheel in 7 Schritten – und einem 3-4 stündigen Workshop:

  • Schritt 1: Skizziert euer generisches Schwungrad. Formuliert eure ersten Thesen und erstellt einen groben Entwurf.
  • Schritt 2: Sammelt eure großen Erfolge, Marktinitiativen, Vertriebsprozessen und Angeboten, die erstaunlich gut gelaufen sind.
  • Schritt 3: Erstellt eine Liste von Misserfolgen. Denn auch aus ihnen zieht ihr wertvolle Erkenntnisse.
  • Schritt 4: Vergleicht die Muster.  Entschlüsselt, was die Erfolge von den Misserfolgen unterscheidet. Welche Muster erkennt ihr? Was bedeuten sie für euer Flywheel?
  • Schritt 5: Perfektioniert euer Flywheel. Detailliert das Flywheel anhand dieser Muster. Kommentiert, was genau die verschiedenen Treiber des Schwungrads ausmacht.
  • Schritt 6: Realitätscheck. Kann euer Flywheel wirklich alle Erfolge und Misserfolge erklären? Wenn nicht, dann optimiert es, bis es in jeder Hinsicht funktioniert.
  • Schritt 7: Strategischen Metriken ableiten. Der letzte Schritt ist die Ableitung der strategischen Metriken. Wählt für jeden Treiber eures Flywheels einen messbaren KPI aus. Diese Metriken messen euren Erfolg auf eurer Reise, zeigen, wie gut ihr euer Flywheel in Schwung bringt.

Euer Flywheel ist niemals abgeschlossen; passt es regelmäßig an neue Erkenntnisse zu Markt, Kunden und Unternehmen an. Stellt euch bei Quartalsupdates folgende Fragen: Wie gut nutzen wir das Flywheel? Wie entwickeln sich die strategischen Metriken? Welche Engpässe haben wir gelöst und welche sind neu entstanden? Gibt es Marktveränderungen oder Produktanpassungen, die eine Aktualisierung des Flywheels erfordern?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Und nun zu dir

  • Was sind die 4-6 wichtigsten Treiber eures Erfolgs?
  • Welche Kennzahlen messen ihre Performance?
  • Wie verändert die Kenntnis des Flywheels eure Prioritäten?

Deine 7 Jobs als Gründer-CEO

Was ist mein Job als Gründer-CEO?

Diese Frage diskutiere ich regelmäßig mit Gründern in der Series A.

Du hast es geschafft. Euer Unternehmen hat sich am Markt etabliert. Euer Team ist auf 80 und mehr Mitarbeiter angewachsen. Ihr habt tolle Experten im Team, die ersten Senior Hires. In fast allen Bereichen gibt es jetzt Teamleads. Du musst immer weniger selbst machen.

Ein fantastischer Erfolg. Denn 80% der Startups schaffen es nicht mal bis zur Series A.

Und doch ist die Stimmung vieler Gründer in dieser Phase angeschlagen. Der klassische Gründer-Blues. Das Gefühl, keinen relevanten Beitrag mehr zu liefern.

Du fragst dich: „Welchen Wert habe ich, wenn ich aus der ganzen operativen Arbeit raus bin?“

Auch wenn du dich schon lange CEO nennst – der eigentliche Schritt steht erst jetzt an. Du wirst zum Gründer-CEO. Und verlagerst damit den Schwerpunkt deiner Arbeit auf ganz neue Felder.

Was die 7 Jobs starker Gründer-CEOs sind und was sie für dich bedeuten, ist der Fokus dieses Blogartikels.

Mein Job als Scaleup CEO

Eins ist klar. Auch als CEO hast du weiterhin alle Hände voll zu tun. Ich habe das selbst in meiner aktiven Zeit erlebt. Gelangweilt habe ich mich nie.

Nehmen wir mal meinen Job als CEO von affilinet. Operativ war ich in diesem Job nie tätig. Bin direkt als CEO eingestiegen. 190 Mitarbeiter in 7 europäischen Ländern. Als AG was Affilinet zu dieser Zeit zwar schon weitgehend in den Händen der United Internet, aber dennoch an der Börse notiert. Hauptsitz war in München.

Ich hatte 10 Direct Reports – die sieben Chef:innen der Landesgesellschaften, den Head of Strategie, die Head of Marketing und den Head of Product.

Typisch waren in diesem Job 60-Stunden-Wochen. Und wie verteilten die sich?

Mit den Führungskräften in München und meine Vorstandskollegen, dem CFO und dem CTO hatte ich wöchentliche Jour Fixes. Damit war schon mal ein knapper Tag durch.

Jede Woche war ich zwei Tage bei den europäischen Landesgesellschaften. Ein halber Tag Business Review mit den Landeschef:innen,die andere Tageshälfte Austausch mit den Teams. Ich sprach mit einzelnen Menschen und mit Teams über das Unternehmen, die Märkte und unsere Strategie. Und ich ließ mir ihre Arbeit vorstellen, stand ihnen als Coach und Sparringspartner zur Seite.

Der zweite Tag galt dem Markt: Austausch mit wichtigen Kunden und Partnern, Branchenevents. Mein Job dabei: Unsere Story präsentieren, eine Vision für den Markt zeigen und ein Gefühl für Trends und Bedürfnisse gewinnen. All das half mir, den Markt und seine Dynamik zu verstehen. Essenzieller Input für die Weiterentwicklung der Strategie.

Einen halben Tag pro Woche widmete ich mich der Suche und Weiterentwicklung von Top Talenten für unsere Schlüsselpositionen. Mir war es wichtig, im guten Kontakt mit allen High Performern im Unternehmen zu stehen. Das Signal: Ich sehe dich! Du bist mir wichtig.

Alle zwei Monate trafen wir uns für 1,5 Tage mit dem erweiterten Führungsteam. Die Teilnehmer: Der Vorstand und alle meine Direct Reports. Mit mir 13 Menschen – eigentlich eine viel zu große Runde. Wir schauten uns die Performance an und arbeiteten gemeinsam an strategischen Projekten. Und wir nahmen uns Zeit für das persönliche Kennenlernen – ohne tiefe Verbundenheit kein Vertrauen.

Einmal im Quartal stellten wir uns als Vorstand dem Aufsichtsrat: Reporting und Diskussion der Strategie. Vor illustrer Runde: Ralph Dommermut und Michael Scheeren, ehemaliger CFO von United Internet gehörten zu den Mitgliedern.

Die übrige Zeit – je nach Woche 1-2 Tage – war strategischen Projekten gewidmet:

  • Die Neuausrichtung des Unternehmens in einem stagnierenden Markt,
  • der Aufbau neuer Länder und Geschäftsfelder: Schweiz, Programmatic Buying…
  • Das Revival der affilinet Identität und Kultur
  • Ein Unternehmenszukauf und dessen Integration (Autsch – ganz schlechte Entscheidung ?)

Meine To Do Liste war endlos. Um so wichtiger war es, immer wieder zu schauen: Mache ich wirklich nur das, was nur ich machen kann? Mit einem super Coach diskutierte ich regelmäßig meine Arbeit. Sein Input hat mir unglaublich weitergeholfen.

Zusammen ergibt das einen ziemlich intensiven Job. Und das ist nicht mal alles, was auf der Liste eines Gründer-CEOs steht. Ich hatte immerhin den großen Vorteil, dass erst mal keine weiteren Finanzierungsrunden anstanden…

Aber nun raus aus dem konkreten Beispiel, rein in die 7 Jobs eines Gründer-CEOs.

Job #1: Strategisch Führen

Gib mutig die Richtung vor.

Du kennst den Markt und dein Unternehmen. Richte das Team mit einem begeisternden Nordstern aus und definiere den Weg dahin. Und schlage den Takt für die Umsetzung.

Dazu gehören 4 Arbeitsbereiche.

  • Tiefe Marktkenntnis: Deine Marktverständnis hat dich deine Company gründen lassen. Bleib am Ball und entwickle ein starkes Gefühl für Marktdynamiken. Spüre die Veränderungen und gib den Impuls für notwendige Strategieanpassungen.
  • Starke Mission & Vision: Finde den Sweet Spot zwischen Markt und euren Kompetenzen. Schafft eine begeisternde Vision. Aber nicht im stillen Kämmerlein: Involviere dein Leadership Team und sichere damit ihr Committment
  • Mutige Strategie, fokussierte Ressourcen: Definiere eine Strategie, die euch eure Vision jeden Tag einen Schritt näher bringt. Triff mutige, große Entscheidungen und unterstütze sie mit einem fokussierten Ressourceneinsatz.
  • Klare Ziele, enge Taktung. Etabliere ein effektives Management Operations System, das eure Strategie systematisch in klare operative Ziele übersetzt. OKR, Bids, all das ist geeignet, die richtige Taktung in der Umsetzung zu garantieren.

Challenge deine strategische Führung mit der Leitfrage: Bin ich mutig genug?

Job #2: Organisation Ausrichten

Das Softe ist das Harte.

Sei das Mastermind hinter eurer Organisation. Skaliert euch mit einer Wachstumskultur und einer Struktur mit klaren Verantwortlichkeiten. Stell sicher, dass ihr eure Schlüsselpositionen jederzeit optimal besetzen könnt.

Dazu gehören 3 Arbeitsbereiche.

  • Wachstumskultur: Eure Kultur ist der größte immaterielle Wert eures Unternehmens. Anfangs habt ihr sie automatisch gelebt. Jetzt müsst ihr sie gestalten. Definiert eure Kernwerte, zeigt was euch wichtig ist und lebt es vor. Tag für Tag.
  • Agile & stabile Struktur: Schafft eine Struktur, die zwei scheinbare Gegensätze vereint: Ein stabiler Kern mit agilen Elementen. Stellt sicher, dass jeder seinen Beitrag und seine Verantwortung kennt und sich dafür accountable halten lässt.
  • Talent Management: Besetzt eure Schlüsselrollen mit dem besten, passendsten Leuten. Such neue Talente, bevor du sie brauchst – in und außerhalb eurer Company. Schaffe eine Talent-Pipeline, die du bei Vakanzen sofort aktivieren kannst.

Challenge deine Arbeit an der organisatorischen Ausrichtung mit der Leitfrage: Nehme ich die weichen Orga-Themen ernst genug?

Job #3: Leadershipteam Aufbauen

CEO in groß, Unternehmen in klein.

Das Leadershipteam skaliert deine Verantwortung und ist dein Transmissionsriemen in die Organisation. Sein Aufbau ist eine eigene Führungskompetenz.

Dazu gehören 4 Arbeitsbereiche:

  • Das richtige Team: Schaffe ein Leadership Team mit komplementären Kompetenzen. Investiere in den Teamzusammenhalt. Und fördere eine Kooperation, die über die Grenzen des Teams hinaus geht.
  • Die richtigen Themen: Fokussiert euch auf Themen, die nur ihr im Team machen könnt. Und die einen nachhaltigen Impact haben. Stellt sicher, dass ihr euch nicht verzettelt.
  • Im Groove sein:  Etabliert einen Arbeitsrhythmus, der Raum für operative UND strategische Themen gibt. Euer Ziel: Fokus in der Strategie, Schnelligkeit in der Umsetzung.
  • Effektive Entscheidungen: Gute, konsequent umgesetzte Entscheidungen sind der Output eurer Arbeit. Strukturierte, datengetriebene Entscheidungsprozesse helfen euch dabei.

Challenge deine Arbeit an der organisatorischen Ausrichtung mit der Leitfrage: Habe ich ein echtes High Performance Team geschaffen?

Job #4: Investoren Gewinnen

Ausreichend Wasser unterm Kiel halten.

Die Investorengewinnung ist für Gründer-CEOs noch viel zentraler als für CEOs etablierter Unternehmen. Denn ohne neues Funding ist eure Reise ganz schnell zu Ende.

Dazu gehören 3 Arbeitsbereiche:

  • Gute Storyline: Du hast eine super Strategie – du musst sie aber auch verkaufen können. Nicht jede Strategie passt in das Funding-Marktumfeld. Finde die richtige Balance.
  • Fundingrunden: Eigentlich ist immer Fundingrunde. Stell dein Unternehmen so auf, dass du jederzeit in das nächste Funding gehen könntest. Klare Story, gute KPI, exzellenter Track Record, Top Team. Das sind die großen Hebel.
  • Investoren Management: Kenne deine Trauminvestoren und baue frühzeitig einen intensiven Kontakt auf. Denke immer schon eine Runde weiter. Schaffe Vertrauen bevor du es brauchst.

Challenge eure Investorengewinnung mit der Leitfrage: Kann ich jederzeit meine Wunschinvestoren gewinnen?

Job #5: Beirat Steuern

Hilf deinem Board dir zu helfen.

Neben dem Leadership Team ist dein Beirat dein wichtigstes Support Team. Mach es zu einem echten Partner. Das geht nur mit Vertrauen und Transparenz auf beiden Seiten.

Dazu gehören 3 Arbeitsbereiche:

  • Vertrauensvolle Beziehungen: Schaffe Vertrauen durch radikale Transparenz. Baue eine enge Beziehung zum Beiratsvorsitzenden und gute Verbindungen mit jedem einzelnen Mitglied auf. Schaffe Kontakte zwischen Beirat und eurem Leadership.
  • Richtige Kompetenzen, gut genutzt: Nutze die gesammelte Weisheit des Beirats. Klärt die Rollen der Mitglieder. Aufsicht vs. Beratung? Wer bringt sich wie ein? Stell sicher, dass der Beirat euer Unternehmen wirklich versteht. Passt den Beirat an eure Bedürfnisse an.
  • Effektive Boardmeetings: Bereitet die Meetings gut vor. Versteht die Bedürfnisse aller und klärt wichtige Themen im Vorfeld. Schafft einen klaren Fokus auf die Zukunftsthemen. Lass das Board sich selbst steuern.

Challenge dein Beiratsmanagement mit der Leitfrage: Nutze ich das Wissen meines Beirats bestmöglich?

Job #6: In Der Welt Verankern

Verantwortlich handeln.

Mit unseren Unternehmen sind wir Teil unserer Gesellschaft. Wir tragen Verantwortung für die Menschen um uns herum und für unsere Umwelt. Heute und in Zukunft.

Dazu gehören 3 Arbeitsbereiche:

  • Gesellschaftliche Verantwortung: Macht euch klar, was euer Beitrag zur Gesellschaft ist – euer „Why“ und verankert ihn tief im Unternehmen. Nutzt eure Stärken, schafft einen Impact. Steht auch in schwierigen Zeiten für eure Mission ein.
  • Effektive Stakeholder Interaktionen: Verstehe, was eure Stakeholder bewegt. Was ist ihr Why? Beantworte es mit einem einheitlichen Narrativ. Begrenze die Zeit, die du „draußen“ verbringst – die Möglichkeiten sind unendlich. Deine Zeit nicht.
  • Krisenmanagement: Wahre Haltung zeigt sich in der Krise. Macht zu kritischen Themen regelmäßige Stress-Tests. Etabliert einen War Room. Bewahrt eure langfristige Perspektive. Sei in der Krise ein sicherer, zuversichtlicher Leader. Das schafft Vertrauen.

Challenge dein Stakeholdermanagement mit der Leitfrage: Werden wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht?

Job #7: Persönliche Effektivität sichern

Tu nur, was nur du tun kannst.

Ständig jonglierst du mit mehreren Bällen. Stress ist die Normalität. Das geht nur, wenn du in deiner Energie bleibst und einen klaren persönlichen Anker hast. Denn nur dann kannst du der CEO deines Teams werden, der Chief Energy Officer.

Dazu gehören 3 Arbeitsbereiche:

  • Zeit- und Energiemanagement: Arbeite wie ein Top Athlet: Wechsle zwischen An- und Entspannung. Organisiere deinen Tag rund um deine Energiebooster. Plane Puffer für Unerwartetes ein. Baue dein Support Team: Coaching, Assistenz, Chief of Staff. 
  • Growth Leadership Mindset: Stell sicher, dass du immer in deinem Besten Ich bleibst. Konsistenz schafft Vertrauen. Leadership ist lernbar – baue dein eigenes Entwicklungsprogramm. Und strahle immer Zuversicht und Hoffnung aus. Das ist dein Job.
  • Demütige Ambition: Sei ein Level 5 Leader: Demütig und unglaubliche ambitioniert zugleich. Es geht nicht um dich, sondern um das große Ganze. Sei dankbar: Für eure Erfolge, deinen Support, eure Chancen und eure Lernerfahrungen.

Challenge deine persönliche Effektivität mit der Leitfrage: Bin ich der CEO – Chief Energy Officer meines Teams?

Key Take Aways

Du hast es geschafft. Ihr habt eine super Series A-Finanzierung. Euer Team ist auf 100 und mehr Mitarbeiter angewachsen. Du machst immer weniger selbst, hast tolle Experten im Team, vielleicht auch schon die ersten VPs eingestellt.

Zeit der CEO zu werden, den dein Team jetzt braucht. Wirklich in die übergreifende Führung zu gehen. Aber was ist der Job eines CEO. Vor allem der eines Gründer-CEOs?

Als Gründer-CEO hast du 7 Aufgabenfelder:

  • Strategisch führen – Mutig die Richtung vorgeben: Nutze deine tiefe Marktkenntnis um eure Mission & Vision zu definieren. Treffe mutige strategische Entscheidungen und takte die Umsetzung.
  • Organisation ausrichten – Das Softe ist das Harte: Schafft eine Wachstumskultur. Gebt euch eine flexible Struktur mit klaren Verantwortlichkeiten. Stell sicher, dass ihr eure Schlüsselpositionen jederzeit optimal besetzen könnt.
  • Leadershipteam aufbauen – CEO in Groß, Unternehmen in klein. Bringe die richtigen Menschen zusammen. Orchestriere ihre Zusammenarbeit mit einem guten Rhythmus. Schafft effektive Entscheidungsprozesse.
  • Investoren gewinnen – Ausreichend Wasser unter dem Kiel: Definiere eine investorenkompatible Storyline. Sei immer bereit für das nächste Funding und kenne deine Trauminvestoren – bevor du sie brauchst.
  • Beirat managen – Hilf deinem Beirat dir zu helfen. Die Basis: Vertrauensvolle Beziehungen – versteht euch als Team! Nutzt das versammelte Wissen und führt effektive Beiratsmeetings.
  • In der Welt verankern – Verantwortlich handeln. Mit deinem Unternehmen bist du Teil unserer Gesellschaft. Macht euch klar, was euer Beitrag ist, Verstehe eure Stakeholder und etabliere ein gutes Krisenanagement.
  • Persönliche Effektivität sichern – Tu nur, was nur du tun kannst. Werde zum CEO, zum Chief Energy Officer. Manage deine Energie und Zeit. Entwickle dein persönliches Leadership Mindset. Sei zugleich ambitioniert und demütig.

Sei dir sicher: Wenn du diese 7 Jobs meisterst, wirst du dich nie wieder fragen, was dein Mehrwert für dein Unternehmen ist.

Und nun zu Dir!

  • Bist du mutig genug?
  • Nimmst du weiche Orga-Themen ernst genug?
  • Hast du ein echtes High Performance Leadership Team?
  • Kannst du jederzeit deine Wunschinvestoren gewinnen?
  • Nutzt du das Wissen deines Beirats bestmöglich?
  • Werdet ihr eurer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht?
  • Bist du der CEO, der Chief Energy Officer, deines Teams?

Viel Erfolg bei der Umsetzung!

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Schaffe eine Wachstumskultur

Habt ihr eine Wachstumskultur?

Eine Kultur, die Raum für das individuelle Wachstum jedes Einzelnen schafft; die das ganze Team und das Unternehmen über sich hinauswachsen lässt?

Eine echte Wachstumskultur spürst du sofort.

Da ist diese unglaubliche Energie und die Lust am gemeinsamen Erfolg. Und der stellt sich auch ein: Unternehmen mit einer Wachstumskultur wachsen stärker und sind nachhaltiger aufgestellt.

Die Schaffung einer Wachstumskultur einer eurer wichtigsten Hebel zum Erfolg. Oder wie Salim Ismail es formuliert:

„Kultur ist der größte immaterielle Wert deines Unternehmens.” 

Zeit also, sich mit den Eigenschaften einer Wachstumskultur auseinanderzusetzen.

Wachstumskultur: Nährboden für High Performance

Beim Wort Wachstumskultur denke ich immer an Petrischalen.

Flache Glasschalen, in denen ein Nährmedium die wachsenden Mikroorganismen mit Wasser und Nährstoffen versorgt. In einem guten Nährmedium finden die Mikroorganismen das optimale Wachstumsklima. In schlechten Nährmedien sterben sie ab.  

Mit Unternehmenskulturen passiert das gleiche: Eine starke Wachstumskultur ist der Nährboden für das Wachstum jedes einzelnen und das Wachstum eures Unternehmens.

Das Gegenteil, eine toxische Kultur, blockiert das individuelle Wachstum. Rückzug und Abgrenzung sind die Folge. Ökonomisches Wachstum entsteht hier nur durch massiven Druck von oben.

Die 8 Tugenden einer Wachstumskultur

Es gibt nicht die eine gute Unternehmenskultur. Jede Unternehmenskultur ist so individuell, wie die Leader und Menschen in ihnen.

Und doch gibt es acht Tugenden, die alle Unternehmen mit Wachstumskulturen eint.

Eine Kultur mit diesen acht Tugenden ist von tiefem Vertrauen, Motivation und Engagement geprägt.

Die Tugenden verstärken sich gegenseitig. Als Gesamtpaket schaffen sie die Begeisterung, die zu höchster Leistung führt. Menschlichkeit und Leistungsorientierung beflügeln sich in diesen Kulturen, statt im Widerspruch zu stehen.

Die acht Tugenden einer Wachstumskultur zeigen sich auch in den Kununu- und Glassdoor-Bewertungen euer Mitarbeiter. Ab 4,3 aufwärts seid ihr auf dem richtigen Weg.

Und nun zu den 8 Tugenden einer Wachstumskultur.

Um die verschiedenen Tugenden plastischer zu machen, findest Du immer ein paar Zitate aus Kununu und Glassdoor.

Demütige Ambition

Demütige Ambition verbindet zwei scheinbar widersprüchliche Haltungen: Ihr habt eine große, ambitionierte Vision, verliert dabei aber nicht die Bodenhaftung. Die große Show überlasst ihr anderen, ihr überzeugt lieber durch konsistente Leistung.

Demütige Ambition ist die Kerneigenschaft eines „Level 5 Leaders“, den Jim Collins als Voraussetzung für die Führung langfristig erfolgreicher Unternehmen identifiziert.

  • „Hier arbeiten Menschen, die Lust haben, das Produkt und das Unternehmen nach vorn zu bringen. Dynamisch und leistungsorientiert.“ 
  • „High ambition meets great culture.“

Respekt & Wertschätzung 

In Wachstumskulturen wird jeder Einzelne als Mensch gesehen, mit seinen Bedürfnissen und Kompetenzen respektiert und geschätzt. Leistungen und Erfolge werden gefeiert und anerkannt.

Quer durchs Unternehmen begegnen sich die Kollegen auf Augenhöhe. Respekt und Augenhöhe zeigen sich nicht nur im Miteinander, sondern auch in der Gestaltung eines guten und flexiblen Arbeitsumfeldes.

Wachstumskulturen sind keine Sweat Shops. Balance wird ernsthaft angestrebt, auch wenn sie nicht immer eingehalten werden kann.

  • „Das Klima ist jederzeit respektvoll und wertschätzend.“
  • „Work Life Balance ist sehr gut, wird von den Gründern gefördert und vorgelebt.“
  • Very nice office. New hardware. Multiple Screens. Comfy chairs and well-equipped meeting rooms. Quiet spaces.“

Tiefe Verbundenheit

In Wachstumskulturen fühlen sich die Menschen eng miteinander verbunden. Ausgeprägtes Vertrauen fördert die Zusammenarbeit. Die Teams sind über die Grenzen ihrer Bereiche hinweg stark vernetzt. Es herrscht ein ausgeprägter Teamspirit, oft über die eigentliche Arbeit hinweg.

Das vertrauensvolle Miteinander schafft eine ausgeprägte psychologischen Sicherheit, die wiederum der Rahmen für Innovation und Risikobereitschaft ist.

  • „Untereinander, auch mit dem Management setzt sich der Zusammenhalt oft über die Zeit in der Firma hinaus fort.“
  • „Ich habe noch in keinem bisherigen Job einen stärkeren Zusammenhalt – auch Abteilungsübergreifend – mitbekommen.“ 

Authentische Vielfalt

Wachstumskulturen sind divers. Kulturell, aber vor allem im Sinne einer Diversity of Mindset. Die Unterschiedlichkeit wird authentisch gelebt und zelebriert. 

Nicht, weil bestimmte Quoten erfüllt werden müssen, sondern aus tiefer Überzeugung. Denn alle wissen: Unterschiedliche Perspektiven führen zu besseren Entscheidungen.

  • “Ich liebe unser internationales Team.“
  • „Wir haben ein diverses Team, bei dem niemand unterschiedlich behandelt wird.“

Radikale Aufrichtigkeit

Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz sind Markenzeichen von Wachstumskulturen. Wachstumskulturen leben vom ehrlichen, wertschätzenden Feedback. Es wird klar und direkt kommuniziert – sowohl gute als auch schlechte Nachrichten.

Probleme werden offen adressiert und können schnell gelöst werden. Die Mitarbeiter kennen die Unternehmenszahlen und übernehmen echte Ownership.

  • „Direkte Kommunikation, Probleme im Team werden sofort besprochen.”
  • „Geschäftsentwicklung wird regelmäßig mit allen besprochen. Jede Frage ist erlaubt und wird ehrlich vom Management beantwortet.“

Selbstverantwortung

Wachstumskulturen bringen Menschen und Teams systematisch in die Verantwortung.

Es herrscht ein tiefes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und den Leistungswillen aller. Mit bestem Resultat: Menschen, denen viel zugetraut wird, leisten auch viel.

Die Selbstverantwortung zeigt sich in flachen Hierarchien, großem Freiraum und Gestaltungsfreiheit für jeden einzelnen.

  • „Man hat viele Freiheiten und trägt entsprechend Verantwortung für seine Arbeit.“
  • „Gut finde ich die Mitgestaltungsmöglichkeit und Eigenverantwortung.“
  • „Ich schätze das hohe Maß an Selbstorganisation“

Disziplinierter Fokus

In Wachstumskulturen wird diszipliniert und fokussiert gearbeitet. Es werden wenige, klare Prioritäten gesetzt und diese systematisch und ergebnisorientiert abgearbeitet.

Damit entwickeln sich Unternehmen mit Wachstumskulturen wesentlich schneller, als Unternehmen, die versuchen, alles gleichzeitig zu machen – und am Ende kaum etwas zu Ende bringen.

Disziplinierter Fokus heißt auch: Pünktlichkeit und Zeitbewusstsein. Agilität ist hier keine als Ausrede für Verzögerungen.

  • „Führen mit nachvollziehbaren Zielen.“
  • „Strategische Ziele werden klar kommuniziert“

Konstantes Lernen

Der Name sagt es schon: Wachstumskulturen sind stark von der Möglichkeit des persönlichen Wachstums geprägt.

Das Lernen jedes einzelnen wird on the Job, durch herausfordernde Projekte, und durch unterschiedlichste Entwicklungsprogramme unterstützt. Individuelle Entwicklungsbudgets geben Freiraum in der Gestaltung der Entwicklung.

Aber auch die Organisation selbst wird systematisch weiterentwickelt. Wachstumskulturen schaffen lernende Organisationen.

  • „Hier ist ein guter Ort, um zu wachsen. Es gibt ein Growth-Budget, zahlreiche Gelegenheiten zu lernen und ein unglaublich dynamisches Arbeitsumfeld.“
  • „Viele Möglichkeiten in kurzer Zeit sich weiterzuentwickeln, breites Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten“

Kultur als Hebel für mehr Wachstum

Eure Wachstumskultur könnt ihr aktiv gestalten, zur Entwicklung jeder Tugend gibt es viele Ansatzpunkte.

Am besten startet ihr mit einer Einschätzung eurer Kultur. Bewertet eurer Kultur dazu entlang der folgenden Skala:

Und leitet dann für alle Dimensionen Maßnahmen zur Weiterentwicklung ab. Hier ein Beispiel aus einem meiner Kulturworkshops:

Das Ergebnis: Wettbewerbsvorteile, Wachstum und Glück

Die aktive Kulturarbeit lohnt sich: Nachhaltige Wettbewerbsvorteile, Wachstum und Glück sind euer Lohn.

Wettbewerbsvorteile. Kunden und Kollegen spüren den Geist eurer Kultur und fühlen sich euch besonders verbunden. Damit ist eure Wachstumskultur Wettbewerbsvorteil im Kampf um attraktive, profitable Kunden und im War of Talents.

Wachstum. Eure Wachstumskultur ist der Mittelpunkt Nabe des Schwungrads, das überdurchschnittliches Wachstum schafft. Unternehmen mit Wachstumskulturen sind nachweislich profitabler und wachstumsstärker als ihre Konkurrenten.

Glück. Das schönste Ergebnis einer Wachstumskultur sind glückliche, engagierte und motivierte Kollegen (und Kunden), Spaß am Arbeiten und eine tolle Arbeitsatmosphäre, die auch mit wachsender Größe des Unternehmens nicht an Attraktivität verliert.

Oder um mit Glassdoor und Kununu zu sprechen:

  • „Arbeiten darf auf Spaß machen.“
  • „Ich stehe jeden Morgen mit Lust und Freude auf!“
  • Oder „Schlicht gesagt „Top“!“

Viel Spaß bei der Gestaltung eurer Wachstumskultur.

Key Take Aways

Eine Wachstumskultur ist eine Unternehmenskultur, die Raum für das individuelle Wachstum jedes Einzelnen schafft und die damit das ganze Team und das Unternehmen über sich hinauswachsen lässt.

So unterschiedlich die individuellen Unternehmenskulturen auch sein mögen. Echte Wachstumskulturen zeigen die immer gleichen 8 Tugenden.

  • Demütige Ambition. Große Vision gepaart mit Bodenständigkeit.
  • Respekt & Wertschätzung. Jeder wird als Mensch gesehen und geschätzt
  • Tiefe Verbundenheit. Ausgeprägter Teamspirit, über das Unternehmen hinweg.
  • Authentische Vielfalt. Diversity of Mindset wird aus Überzeugung gelebt.
  • Radikale Aufrichtigkeit. Maximale Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz.
  • Selbstverantwortung. Menschen wird viel zugetraut, Verantwortung übergeben.
  • Disziplinierter Fokus. Klare Ziele und Prioritäten, systematisches Abarbeiten.
  • Konstantes Lernen. Lernen auf allen Ebenen: Individuum, Team, Organisation.

Und nun zu dir!

  • Habt ihr eine Wachstumskultur? Bewerte entlang der Skala und hole auch Feedback aus dem Team.
  • Was sagen die Kommentare in Kununu und Glassdoor über eure Kultur aus? Und zu welchen Themenfeldern kommt die meiste Kritik?
  • Welche drei Maßnahmen bringen euch einen großen Schritt Richtung Wachstumskultur?

Weiterführende Artikel

Liebe dein Team und hebe ab. Vertiefung zum Thema „Tiefe Verbundenheit“

Loslassen lernen, Leichtigkeit gewinnen

Diesen Text gibt es auch zum Hören! Spotify Apple Podcast Podigee

Ich arbeite gerade mit einem Coachee, nennen wir ihn Philipp. Anfang dreißig, das Unternehmen läuft super, das Team wächst – und doch werden die Aufgaben auf seinem Tisch halt einfach nicht weniger.

Im Gegenteil. Philipp hat das Gefühl, unter einem Berg von Arbeit begraben zu sein, die eigentlich sein Team übernehmen sollte.

Also haben wir mal angeschaut, was ihn an der Übergabe der Verantwortung blockiert. Und haben fünf typische Blocker identifiziert:

  • Fehlende Klarheit
  • Fehlendes Vertrauen
  • Schnell und sofort
  • Retter-Impuls
  • Fehlende direkte Wirksamkeit

Das Verständnis dieser fünf Blocker war ein echter Eye Opener für Philipp.

Argh! So viel Selbstsabotage!

Super! Denn Probleme, die in uns selbst liegen, können wir auch selbst lösen.

Wie diese Blockaden im Detail aussehen und wie du sie lösen kannst – das ist der Schwerpunkt dieses Blogartikels.

Die größten Blockaden der Delegation liegen in dir

In meinem Buch „Vom Gründer zum CEO“ hat es Martin Giese, selbst erfahrener Leader, CEO Coach und Angel Investor wunderbar formuliert:

„Der schwierigste Schritt auf dem Weg vom Gründer zum CEO ist das Loslassen und das Vertrauen, da man sich nicht immer um alles selber kümmern kann.

Ein schwieriger Schritt, weil er mit unserer Transformation vom Macher zum Leader verbunden ist.

? Macher-Mindset: Direkte Kontrolle, Intuitives Vorgehen

Als Macher sind wir ganz direkt an den Dingen dran. Wir

  • wissen ungefähr, wohin wir wollen,
  • haben ein Gefühl dafür, was wir können,
  • haben die Kontrolle über unser Tempo,
  • entscheiden über unsere eigene Arbeitslast,
  • spüren die Wirkung unserer Arbeit unmittelbar.

Wir haben die volle Kontrolle über unser Tun. Wir starten einfach mal und adjustieren dann auf dem Weg.

? Leader-Mindset: Indirekte Kontrolle, explizites Vorgehen

All das ändert sich, wenn wir Verantwortung übergeben wollen. Dann müssen wir

  • klare Ziele formulieren,
  • anderen Vertrauen,
  • ein realistisches Zeitgefühl entwickeln,
  • Verantwortung zumuten,
  • und die Wirksamkeit unserer Arbeit neu erfahren.

Klingt trivial, ist aber eine unglaubliche Umstellung. Und dagegen wehrt sich unser Unterbewusstsein mit Händen und Füssen.

Schon sind wir bei den fünf häufigsten Blockaden der Verantwortungsübergabe. Und wie Philipp sie im Alltag erlebt hat.

Klare Ziele formulieren

Blockade #1: Fehlende Klarheit

In der Hektik des Alltags fehlt Philipp die Zeit, sich zu überlegen, was er eigentlich delegieren will, und welches Ziel erreicht werden soll. Wenn er dann kleinere Themen unausgegoren über den Zaun wirf, geht es meist schief.

Lösung #1: Mache deine Ziele explizit

Wenn wir Dinge selbst tun, sind sie meist Work in Progress. Wir wissen so grob, was wir erreichen wollen und hangeln uns so durch. Bei der Delegation geht das nicht. Wenn du nur vage Erwartungen kommunizierst, ist ein gutes Ergebnis reiner Zufall.

Mach dir vorab klar, was das Ziel der Verantwortungsübergabe ist. Reflektiere die Rahmenbedingungen: Zeitrahmen, Stakeholder, verfügbare Ressourcen. Idealerweise schreibst du dein Briefing auf, denn das Schreiben offenbart die Lücken unserer Überlegungen. Lade über diese Links (deutsch, englisch) dein Briefing-Template herunter.

Vertrauen aufbauen

Problem #2: Fehlendes Vertrauen

Seine neueren Teammitglieder kennt Philipp nicht so gut, weiß nicht, wie sie ihren Job machen. Also traut er sich nicht, ihnen einzelne Projekte zu übergeben.

Lösung: Baue schrittweise Vertrauen auf

Projekte übergeben wir nur ungern an Menschen, deren Leistungsfähigkeit wir nicht kennen. Also müssen wir Vertrauen aufbauen. Im Großen und im Kleinen.

Vertrauen im Großen: Ich vertraue deiner grundsätzlichen Leistungsfähigkeit. Dieses Vertrauen entwickelt sich mit der Zeit. Startet eure Zusammenarbeit mit kleineren, weniger kritischen Projekten und baut die Zusammenarbeit schrittweise aus. Reflektiert bei jedem Schritt, wie gut die Zusammenarbeit funktioniert. Mehr zum Prozess des Vertrauensaufbaus in diesem Blog-Artikel.

Vertrauen im Kleinen: Ich vertraue deiner Leistungsfähigkeit bei diesem spezifischen Projekt. Dieses Vertrauen gewinnt ihr durch einen strukturierten Prozess der Verantwortungsübergabe (Mehr dazu hier). Der Startpunkt ist dein Briefing. Erklären deinem Gegenüber das Ziel und die Rahmenbedingungen und lass ihn dann beides mit seinen eigenen Worten erklären. Ein super Check, ob ihr das gleiche Verständnis habt oder ob es noch Klärungsbedarf gibt.

Lass deinen Kollege dann einen Vorschlag zur Umsetzung erarbeiten – erst mal nur für sich. Lass dir diesen Vorschlag vorstellen. Jetzt kannst du sehen, was er plant, ob das so passt oder wo ihr noch nachsteuern müsst. Erst wenn das geklärt ist, erfolgt die Verantwortungsübergabe. Mit diesem Prozess baut ihr Vertrauen ganz konkret auf. Ein Zeitinvest zu Beginn der Zusammenarbeit, der euch viel Zeit und Frustration erspart.

Realistisches Zeitverständnis

Blockade #3: Schnell und Sofort

Philipp möchte, das alles schnell geht und am besten sofort passiert. Aber die Übergabe braucht Zeit, und dann muss es ja auch erst mal passieren. Also macht er die Dinge lieber „mal eben selbst“.

Lösung: Langsam schneller ans Ziel

Viele von uns haben einen „Sei Schnell“-Antreiber. Ich kenne das selbst nur zu gut 😉 Dieser innere Antrieb möchte die Kontrolle über deine Arbeits-Geschwindigkeit haben. Er gaukelt uns vor, dass wir schneller sind, wenn wir es „mal eben selbst tun“.

Für einzelne Aufgabe mag das stimmen. Aber nicht für den Berg an „mal eben schnell“-Jobs, der sich auf unserm Schreibtisch türmt. Abgesehen davon, dass viele „mal eben schnell“ Aufgaben gut von anderen gemacht werden können.

Entwickle ein „realistische Zeitverständnis“

  • Addiere die Zeiten der ganzen „mal eben“ Projekte zusammen. Autsch!
  • Mach dir klar, wie viele dieser Projekte auf deinem Schreibtisch vergammeln und gar nicht passieren. Soweit zu „Schnell und Sofort“
  • Reflektiere, inwieweit dich „mal eben“-Aufgaben von deinen eigentlichen Themen abhalten.

Und überlege dann, wie du all diese kleineren Jobs im Team verteilen kannst. Die Übergabe kostet dann zwar Zeit – aber sicher sehr viel weniger als der Zeitgewinn, denn du aus der Befreiung von diesen Jobs ziehst.

Verantwortung zumuten

Blockade #4: Retter-Impuls

Nicht nur Philipp ist überlastet, auch das Team ächzt unter der Arbeit. Weitere Belastungen will Philipp dem Team nicht zumuten, lieber macht er es selbst.

Lösung: Nimm dein Team ernst

Beim Retter-Impuls schlägt ein weiterer innerer Antreiber zu: „Machs allen recht.“

Wir möchten unserem Team helfen und entscheiden, sie nicht mit noch mehr Aufgaben zu belasten. Damit werden wir zu ihrem „Retter“. Meist ohne ihr Wissen.

Augenhöhe sieht anders aus. Denn die wohlmeinende Unterstützung hat eine massive Downside: Als „Retter“ sprichst du deinem Team die Kompetenz ab, über die eigene Arbeit zu entscheiden. Vielleicht wäre ja mehr gegangen? Oder ihr hättet gemeinsam neu priorisieren können?

Diskutiere künftige die zusätzlichen Aufgaben mit deinem Teammitglieder oder dem Team. Entscheidet gemeinsam, wie ihr sie umsetzt. Lass dich von der Einsatzbereitschaft deines Teams überraschen. Du wirst dich wundern, wie viel da geht.

Wirksamkeit neu erfahren

Blockade #5: Direkte Wirksamkeit fehlt

„Verantwortungsübergabe ist ja nur Gelaber, da mache ich nichts.“ Philipp hat das Gefühl, dass ihn die Abstimmungen Zeit kosten, die er für seine eigentlichen Aufgaben braucht. Und schwupp fällt sie hinten über.

Lösung: Erlebe die Wirksamkeit der Verantwortungsübergabe bewusst.

Definiere deine Wirksamkeit neu. Als Leader bist du wirksam, wenn du immer mehr deiner Aufgaben in dein Team gibst und es in die Lage versetzt, diese Aufgaben so gut wie du oder sogar besser zu erfüllen. Andy Grove bring es auf den Punkt: „Dein Output als Leader ist der Output deines Teams.“

Mach die Wirksamkeit deiner Verantwortungsübergabe messbar. Wunderbare KPI sind:

  • Projekte, die du erfolgreich an Dritte übergeben hast.
  • Steigende Produktivität deines Teams
  • # der Stunden / Woche, die du jetzt für strategische Themen hast.

5 Blockaden und 5 pragmatische Lösungen. Wenn du diese Prinzipien in deine Verantwortungsübergabe einbaust, wird es dir immer leichter fallen, loszulassen. Und du gewinnst Zeit für deine eigentlichen Führungsaufgaben. Was eine Erleichterung!

Key Take Aways

Wir möchten so gerne loslassen und sabotieren uns doch selbst. Verantwortungsübergabe wird leicht, wenn du diese 5 Prinzipien verfolgst.

  • Mache deine Ziele explizit. Werde dir klar, was das Ziel und die Rahmenbedingungen der Verantwortungsübergabe sind. Nutze dafür das Briefing Template.
  • Bau schrittweise Vertrauen auf: Vertrauen ist die Grundlage jeder erfolgreichen Verantwortungsübergabe. Betrachte sie als einen expliziten Prozess.
  • Langsam schneller ans Ziel. Eine gute Verantwortungsübergabe kostet Zeit. Aber viel weniger, als wenn du weiterhin alles selbst machst. 
  • Mute deinem Team was zu. Du musst hier keinen retten. Traue der Kompetenz deiner Teammitglieder, binde sie aktiv in die Verteilung der Verantwortung ein.
  • Erlebe deine Wirksamkeit neu. Wenn du Verantwortung übergibst, hast du viel mehr Impact, als wenn du alles selbst machst. Nimm diesem Impact bewusst wahr.

Und nun zu dir!

Reflektiere, was du brauchst, um loszulassen

  • Welcher dieser Blockaden erlebst du besonders stark?
  • Was wäre möglich, wenn du diese Blockaden überwindest?
  • Was wirst du ab morgen anders machen?

Viel Erfolg!

Erfolgreich durch die Krise

Corona, Lieferengpässe, Krieg in der Ukraine, Energiepreisshock, drohende Rezession. Eine Krise jagt die andere. Es ist wirklich beängstigend.

Viele Unternehmen setzen jetzt auf ein Krisenmanagement, dass auf fünf Spielregeln basiert:

⚡️ Fire & Forget.

⚡️ Kosten runter, egal um welchen Preis.

⚡️ Keine Zeit für Demokratie.

⚡️ Erst das Fressen, dann die Moral.

⚡️ Erstmal machen, denken können wir später.

Die Liste der Unternehmen, die 20-30% ihrer Belegschaft abbauen, wird immer länger. Leider rauschen diese die Unternehmen damit oft nur tiefer und tiefer in die Krise. Von einer Entlassungswelle zur nächsten. Siehe Gorillas…

Was aber macht ein nachhaltiges Krisenmanagement aus? Wie könnt ihr die Krise wirklich als Chance nutzen? Das ist der Schwerpunkt dieses Blogartikels.

Nachhaltiges Krisenmanagement nutzt die Chancen und lässt euch aufblühen.

Mit einem nachhaltigen Krisenmanagement dreht ihr die Spielregeln des üblichen Krisenmanagements auf den Kopf und setzt auf diese 5 Prinzipien:

? Prepared Leadership.

? Das Team an Bord behalten.

? Die Weisheit des Teams nutzen.

? Mission & Werte leben.

? Lernen für die Zukunft.

„Be Prepared“

⚡️ Fire & Forget, Augen zu und durch… Die Krise ist eine Ausnahmesituation mit eigenen Regeln. Wenn die Krise vorbei ist, kehren wir in den normalen Arbeitsrhythmus zurück. Als wäre nichts gewesen. Bloß schnell wieder vergessen. So agieren jetzt viele.

? Prepared Leadership

„Be Prepared“ ist das perfekte Motto für gutes Krisenmanagement. Das zeigen Erika James und Lynn Wooten in ihrem Buch „The Prepared Leader“. Ihre Frage: Warum schaffen es die einen Leader, Krisen und Katastrophen fast unbeschädigt zu überwinden, während andere komplett scheitern?

Die einfache Antwort: Es sind die Prepared Leaders, die vorbereiteten Leader, die die Krise mit ihren Teams nicht nur überleben, sondern in ihr aufblühen.

Aus ihren Forschungen haben sie 5 Phasen des Krisenmanagements abgeleitet, mit denen ihr eure Unternehmen optimal durch Krisen führen könnt:

  • Phase 1: Signale frühzeitig erkennen. Viele Krisen kündigen sich lange Zeit vorher an. Lasst euren Gefahrenradar ständig laufen. Sucht gemeinsam mit euren Teams nach möglichen Warnzeichen, versteht die Muster dahinter. Nehmt unterschiedliche Perspektiven ein: Die eurer Kollegen, Kunden, Shareholder…
  • Phase 2: Vorbereitung und Prävention. Startet mit der Vorbereitung konkreter Maßnahmen sobald sich das Bild der Krise schärft. Gerne mit unterschiedlichen Szenarien. Seid dabei kreativ, lotet die Agilität eurer Organisation aus. Und kommuniziert eure Überlegungen offen an das Team. So schafft ihr Sicherheit und nehmt alle mit.

Ein Klient von mir hat diese beiden ersten Phasen exzellent gemanagt. Schon frühzeitig hat sich das Team zusammengesetzt und eine Vielzahl an Daten ausgewertet. Darauf basierend wurden 3 Szenarien erarbeitet: Sonnenschein, Sturm und Hurrikan. Die Prämisse aller Szenarien: Keine Entlassungen. Diese Szenarien wurden breit in das Team kommuniziert. Das Ergebnis: Das Team ist super fokussiert. Jeder weiss, was gebraucht wird, um das Unternehmen gut durch die nächsten Monate zu bringen.

  • Phase 3: Schadensbegrenzung. Die Krise ist da. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Ihr setzt die geplanten Maßnahmen um und steuert wo nötig nach. Behaltet alle Risiken im Blick: Finanzen, Team, euren Ruf. Schlüssel für den Erfolg in dieser Phase sind effektive Kommunikation und die Bereitschaft, gezielte Risiken einzugehen.
  • Phase 4: Erholung: Eure Erholung beginnt parallel zur Schadensbegrenzung. Bewahrt den klaren Blick auf eure langfristigen Ziele und nutzt die Krise, um euch von eurer Konkurrenz abzusetzen. Entwickelt neue krisenfeste Produkte, investiert antizyklisch, holt die Top Leute ins Team, die andere gerade entlassen, nutzt die sinkenden Marketing-Kosten für einen extra Booster….
  • Phase 5: Lernen & Reflektion. Die dümmsten Fehler sind die, aus denen wir nicht lernen. Nehmt euch nach der Krise die Zeit, eure Erfahrungen und Learnings systematisch auszuwerten. Was hat funktioniert, was nicht? Was würden wir wieder so machen. Und übersetzt diese Reflektion in ein Handbuch für die nächste Krise.

Mit diesem Prozess des Krisenmanagements seid ihr immer gut auf Schwierigkeiten vorbereitet.

Übernehmt Verantwortung für euer Team

⚡️ Kosten runter, egal um welchen Preis ist das Motto vieler Krisenmanager. „Wer Angestellten jetzt nicht kündigt, handelt „selbstmörderisch“ – hat der Investor Johann „Hansi” Hansmann gerade markig verkündet.

In seiner Replik bringt es Patrick Leibold, CEO von celebrate (u.a. Kartenmacherei), auf den Punkt: „Wir haben die Grenzen des Wachstums lange ignoriert (…). Zu viel Risikobereitschaft und zu viel Zockerei (…) werden jetzt auf dem Rücken von Arbeitnehmern ausgetragen”.

? Das Team an Bord behalten

Die beste Krisenvorsorge ist ein nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen. Aber selbst die besten Unternehmen können durch Krisen an ihre Grenze gebracht werden.

Und trotzdem gehen sie nicht den scheinbar einfachen Weg, ihre Teams abzubauen. Ihre Krisenpläne haben eine klare Prämisse: Das Team bleibt an Board. Sie übernehmen damit die Verantwortung für ihr Team, statt es einfach fallen zulassen. Das erhält auch in der Krise das Vertrauen. Und ist die Grundlage für die Erholung. Denn ohne Team ist es schwer, die Chancen wahrzunehmen.

Ein tolles Beispiel ist die Kartenmacherei. Als gebootstrapptes Unternehmen stand nachhaltiges Wirtschaften schon immer im Vordergrund. Mit Corona brach das Kerngeschäft um 80% ein. Team rausschmeißen war keine Option. Stattdessen wurde offen mit dem Team kommuniziert und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Das Ergebnis: Auch im Coronajahr 2021 wuchs die Kartenmacherei deutlich.

Schafft ein diverses, interdisziplinäres Krisenteam

⚡️ Keine Zeit für Demokratie. Da klassische Krisenmanagement ist eine Top-Down-Führung. Ein enger Kreis an Managern entscheidet und setzt diese Entscheidungen dann möglichst rigide durch.

? Die Weisheit des Teams nutzen

Leider bleiben dabei wichtige Informationen außen vor oder kommen zu spät an. Nichts ist in der Krise so entscheidend, wie die gesammelte Weisheit des Teams.

  • Schafft ein interdisziplinäres, diverses Krisen-Team und bringt quer über die Organisation alle Menschen zusammen, deren Informationen und Kompetenzen zur Lösung der Krise beitragen.
  • Macht regelmäßige Krisensitzungen in der großen Runde. Auch wenn nicht immer jeder etwas beitragen kann. Sie bekommen alles mit und können die Infos direkt weitertragen.
  • Entscheidet soweit möglich gemeinsam. Bei unklaren Situationen hast du als Leader das letzte Wort. Wichtig: Immer Entscheidungen treffen. Nichts offen lassen.

Zeigt Charakter (guten natürlich)

⚡️ Erst das Fressen, dann die Moral. Unsere Werte? Vergiss es, gibt jetzt wichtigeres. Unsere Mission? Egal, das sind doch nur Sprüche fürs Employer Branding. Und das brauchen wir jetzt eh nicht.

? Mission & Werte leben

„In der Krise beweist sich der Charakter.“ Ich liebe dieses Zitat von Helmut Schmidt.

Wenn ihr euer Handeln auch in Krisenzeiten an eurer Mission und euren Werten ausrichtet, gewinnt ihr das tiefe Vertrauen des Teams. Und das braucht ihr, um gemeinsam mit dem Team durch die schwierigen Zeiten zu gehen

Ein tolles Beispiel ist die Temporary Living Plattform Wunderflats. Ihre Mission: „Wohnen auf Zeit in einem echten Zuhause.“ Als der Krieg in der Ukraine ausbrach, öffnete Wunderfalts seine Wohnungs-Plattform und konnte so viele tausend Ukrainern ein neues Zuhause bieten vermitteln Kostenlos. Um das zu ermöglichen, wurde ein wesentlicher Teil des Teams mehrere Monate auf dieses Projekt gestafft.

Eine starke gemeinsame Mission und Werte stärken gerade in Krisenzeiten den Zusammenhalt. Wir wollen alle gerne wissen, wofür wir uns einsetzen. Und wofür wir gegebenenfalls auf Gehalt verzichten, wenn es hart auf hart kommt.

Stellt das Unternehmen auf den Prüfstand

⚡️ Erst mal machen, nachdenken können wir später. Das Problem: Der Stress der Krise macht uns anfällig für voreingenommene Entscheidungen. Wir wollen nur das sehen, was wir glauben zu wissen, Confirmation Bias at it’s best. Und sowieso: Schuld sind immer die Umstände.

? Lernen für die Zukunft

Krisen treffen jedes Unternehmen. Guter Unternehmen sehen sich nicht als Opfer der Krise, sondern machen sie zu einer umfassenden und aktiven Lernerfahrung.

Krisen sind der ultimative Prüfstand eures Geschäftsmodells und eurer Organisation. Sie zeigen gnadenlos alle Probleme auf: Abhängigkeit von wenigen Lieferanten und Kunden, schlechte Prozesse, schlechte Führung, toxische Kultur, fehlende Digitalisierung…

Die Krise ist eine Riesenchance, euer Unternehmen endlich richtig aufzustellen. Nehmt euch Zeit, eure Probleme zu verstehen und schafft echte Lösungen.

  • Vor der Krise: Lernt, Krisensignale zu identifizieren und Muster zu interpretieren. Macht ein Krisen-Benchmarking: Wie gehen andere mit Krisen um, was läuft schief, was machen sie gut.
  • In der Krise: Geht den aufkommenden Problemen auf den Grund und schafft nachhaltige Lösungen. Nutzt die breiten Erfahrungen und Kreativität des Teams.
  • Nach der Krise: Macht eine umfassende Krisen-Retro. Diskutiert quer durch die Organisation, wie eure Krisenprozesse funktioniert haben und optimiert sie für die nächste Krise. Dokumentiert eure Learnings. Denn nach der Krise ist vor der Krise.

Key Take Aways

Geht gestärkt aus der Krise hervor, in dem ihr mit diesen 5 Prinzipien des nachhaltigen Krisenmanagements arbeitet:

  • Prepared Leadership. Macht das Krisenmanagement zu einem laufenden Prozess. Dann kann euch nichts überraschen.
  • Das Team an Bord behalten. Die Krisenpläne guter Unternehmen haben eine klare Prämisse: Keinen Menschen entlassen.
  • Die Weisheit des Teams nutzen. Schafft ein interdisziplinäres Krisenteam. Je breiter die Perspektive, desto kreativer die Lösungen.
  • Werte & Mission leben. Zeigt, wie wichtig euch auch jetzt eure Werte und Mission sind. Das schafft tiefes Vertrauen. Und ohne das kommt ihr nicht durch die Krise.
  • Lernen für die Zukunft. Krisen sind der Prüfstand eures Geschäftsmodells und eurer Organisation. Macht die Krise zu einer Lernerfahrung. Vor, in und nach der Krise.

Wenn ihr mit diesen Prinzipien arbeitet, macht ihr euer Unternehmen nicht nur krisensicher. Sondern ihr bringt zum Leben, was Max Frisch einst sagte:

„Krise ist ein produktiver Zustand, man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“

Und nun zu dir!

Reflektiere euer Krisenmanagement. Wie gut seid ihr aufgestellt?

  • Wie bereitet ihr euch auf die nächste Krise vor? Habt ihr einen klaren Prozess?
  • Wie nutzt ihr jetzt das Wissen und die Kompetenz eures Teams?
  • Was müsst ihr tun, um euer Team zu schützen?
  • Wie zeigt ihr, dass euch eure Werten und Mission auch in der Krise leiten?
  • Wie könnt ihr das organisatorische Lernen beschleunigen?

Raus aus den Turbulenzen der Skalierung!

Gerade noch lief alles so super – und plötzlich passt nichts mehr. Kunden und Team unzufrieden, Umsätze stagnieren, Stress im Führungsteam. Jetzt gilt es, das Unternehmen nochmal neu zu erfinden. Aber dann geht es wirklich ab…

Eigentlich hattet ihr gedacht, mit dem Markteintritt wäre das Schlimmste überstanden. Nun werdet ihr eines Besseren belehrt.

Was zunächst nach einzelnen Stolpersteinen aussah, wächst sich zu den Turbulenzen der Skalierung aus: Die Kunden werden anspruchsvoller, die Qualität hakt, Umsätze stagnieren, die Zufriedenheit sinkt, fehlende Strukturen produzieren Reibungsverluste. Und keiner fühlt sich verantwortlich.

Euer Unternehmen ist über sich hinausgewachsen.

Die Turbulenzen der Skalierung werden durch drei Veränderungen getriggert:

Neue Zielgruppe: Eure ersten Kunden waren Innovatoren, Menschen, die gerne was Neues ausprobieren. Leider sind das nur etwa 10% des Markts. Jetzt müsst ihr verstärkt die Mainstream-Kunden adressieren. Die aber eine ganz andere Sprache sprechen und andere Dinge von euch erwarten.

Unterdimensionierte Operations: Die wachsende Nachfrage bringt eure rudimentären Strukturen und Prozesse an die Grenze. Ohne Standardisierung und Professionalisierung kommt ihr jetzt nicht mehr weiter.

Wachsendes Team: Eure Teamgröße übersteigt die maximale individuelle Führungsspanne, die informelle Kommunikation erreicht nicht mehr jeden. Faustregel: # Kollegen > # der Gründer x 15-25. Sprich bei zwei Gründern findet der Übergang in die Turbulenzen bei 30 bis 50 Mitarbeitern statt

Die Turbulenzen sind nach der ersten Gründungsphase die zweite Gefahren-Zone des Lebenszyklus. Je länger ihr in dieser Phase bleibt, desto größer die Gefahr, dass ihr wichtige Kollegen und Kunden, die strategische Orientierung und eure ganze Energie verliert.

Eure wichtigste Aufgabe in dieser Phase: Raus aus dem ad hoc und das Unternehmen neu erfinden. Organisatorisch und strategisch.

Die Top 5 Erfolgsfaktoren

Ihr kommt erfolgreich durch die Turbulenzen, wenn ihr systematisch an diesen Top 5 Erfolgsfaktoren arbeitet:

• Institutionalisierung
• Inspirierende Vision, klare Ziele
• Echte Führung etablieren
• Wachstumskultur schaffen
• Umfassende Kommunikation

Institutionalisierung
Mit der Institutionalisierung macht ihr explizit, was vorher einfach passiert ist: Verantwortlichkeiten, Strukturen, Prozesse. Lohnenswerte Arbeit, die dazu führt, dass alle ohne übermäßigen Abstimmungsbedarf Hand in Hand arbeiten können. Auch wenn das nicht dein Lieblingsthema ist: Nur wenn du die Institutionalisierung als Gründer und CEO sichtbar und glaubwürdig unterstützt, wird sie von der Organisation angenommen.

Speziell an dieser Phase ist es, dass wir uns ständig fragen, wie wir uns selber überflüssig machen können. Also: Wie schaffen wir es, uns selber als Gründer durch Institutionen oder Prinzipien abzulösen, damit das Unternehmen auch ohne uns erfolgreich agieren kann. Das finden wir zurzeit eigentlich das Prägendste.

Alex Mahr & Jan Sedlacek, Stryber

Fokussiert euch bei der Institutionalisierung auf die Erarbeitung minimaler, unverhandelbarer Strukturen. Ihr wollt ja keine Bürokratie werden. Stellt vor allem sicher, dass alle im Team wissen, was ihre Verantwortung ist. „Jeder macht alles“ geht jetzt nicht mehr.

Am besten setzt ihr euch jetzt im Führungsteam zusammen und definiert, welche Schlüsselrollen ihr benötigt. Green Field. Erst die Verantwortlichkeiten definieren, dann mit den richtigen Menschen besetzen. Seid dabei mutig und plant nicht um einzelne Menschen herum!

Inspirierende Vision, klare Ziele

Der Ruf „Wir brauchen eine Vision!“ zeigt, dass dem Team die Orientierung fehlt. Nehmt das ernst, denn eine gemeinsame Vision und Mission ist für alle ein wichtiger Motivator.

Erarbeitet eure Mission und Vision und macht sie für alle greifbar. Setzt euch in diesem Zuge auch mit den Bedürfnissen eurer Mainstreamkunden auseinander – denn nur sie bringen euch das erwünschte Wachstum.

Hinterlegt eure Mission und Vision dann mit einer überzeugenden Strategie und klar priorisierten Jahres- und Quartalszielen. Für die gesamte Organisation und für jedes einzelne Team. Klarheit statt Ad hoc und ständiger Repriorisierung!

Und etabliert ein Management Operation System, mit dem ihr sicherstellt, dass jeder im Unternehmen jederzeit weiß, wohin die Reise geht. OKRs (Objective, Key Results) oder Bid Systeme sind jetzt eine super Idee.

Echte Führung etablieren

Euer Unternehmen ist inzwischen so groß geworden, dass ihr die direkte Führung an erste Zwischenebenen übergebt und damit in eine neue, übergreifende Führungsrolle kommt. Leader of Leaders.

Entwickelt eure Leader systematisch. Helft den Mitstreitern der ersten Jahre in die Führung hineinzuwachsen. Ergänzt euer Team mit erfahrenen Führungskräften von außen. Passt dabei aber auf, dass diese Menschen wirklich zu eurer Kultur passen. Viele Konzernleute sind von der besonderen Dynamik eurer Entwicklungsphase völlig überfordert. Nehmt euch die Zeit, sie ins Team zu integrieren und mit klaren Prioritäten zu führen. Dann profitieren alle.

Erweitert euer Gründerteam zum Leadershipteam. Dein Job ist es, dieses Team zum Hochleistungsteam zu machen. Schafft ein Klima des Respekts und Vertrauens, definiert gemeinsam die Ziele und Verantwortung des Teams, erarbeitet eure Strategie und formt eure Kultur. Stellt sicher, dass alle im Unternehmen wissen, wo ihr steht und woran ihr arbeitet. Und gewinnt über die sukzessive Lösung der großen Herausforderungen dieser Phase das Vertrauen des Teams.

Wachstumskultur schaffen

In der Turbulenzphase wird eure Kultur zu einem zentralen Führungsinstrument. Denn sie institutionalisiert dich und deine Mitgründer. Du bist der „Chief of Culture“.

Startet mit einem Review der aktuellen Kultur: Was passt? Wo haben sich Verhaltensweisen eingeschlichen, die ihr nicht wollt? Macht euch eure Werte bewusst und lebe sie gemeinsam mit dem Führungsteam vor. Überprüft auch, ob eure neuen Strukturen mit eurer Zielkultur harmonieren. Prägt eure Wachstumskultur jetzt ganz bewusst.

Umfassend kommunizieren

Schließlich geht in dieser Zeit der Veränderung nichts über eine umfangreiche Kommunikation. Euer Team, aber auch eure Kunden und Investoren müssen verstehen, was gerade passiert. Da die direkte Kommunikation nicht mehr funktioniert, musst du neue Wege finden. Kommuniziere viel und in möglichst vielen Formaten. Stell sicher, dass wirklich jeder weiß, wohin eure Reise geht.

Bleibt in eurer Energie!

Die Phase der Turbulenzen ist für dich besonders herausfordernd. Spätestens jetzt wirst du vom Gründer zum CEO. Statt selbst zu machen, gibst du künftig vor allem die grundsätzliche Ausrichtung vor und hältst nach, ob sie umgesetzt wird.

Gehe diesen Schritt ganz bewusst. Mach dir das Für und Wider deiner neuen Rolle klar und entscheide dich. Ein guter Start in diese neue Phase ist ein umfassender Review deiner Führungskompetenz. Erhebe mit einem 360-Grad-Feedback, wo du jetzt als Führungskraft stehst und korrigiere, wo nötig.

Macht dir klar, dass die notwendigen Leadership Skills erlernbar sind. Genieße die Entwicklung vom Gründer zum CEO, denn damit gewinnst du ein ganz neues Spektrum an Fähigkeiten, Power und individueller Freiheit.

Die Anstrengungen der Turbulenzen zeigen sich auch im Leadershipteam. Oft ist die Stimmung angespannt. Schnell kommt es zu Schuldzuweisungen. Kritische Themen werden ausgeschwiegen und produzieren gefährliche schwarze Löcher. Die Begeisterung des Teams für die Unternehmer wird abgelöst von Abwehr und Frustration.

Dieses Wechselbad der Gefühle könnt ihr nur bewältigen, wenn ihr alle kritischen Themen radikal offen, vertrauensvoll und mit Respekt für die unterschiedlichen Positionen diskutiert. Nutzt regelmäßige Strategie-Offsites, um über eure Rollen und Herausforderungen zu diskutieren. Was ist euch wichtig? Was wollt ihr weiter machen? Was abgeben? Wie stellt ihr euch die Zukunft vor?

So heftig diese Phase auch immer sein mag. Ihr seid nicht allein. Jedes erfolgreiche Unternehmen hat diese Phase schon erlebt – leider sprechen nur die wenigsten darüber. Sucht euch daher am besten einen Sparringspartner, der die Herausforderungen dieser Phase aus eigener Anschauung kennt und dich und das Leadership Team auf dieser Reise begleitet.

Die Turbulenzen sind eine Phase des Auf und Abs. Wenn ihr sie aber diszipliniert und sicher durchfliegt, werdet ihr euer Team schon bald in den Höhenflug gebracht haben. Und dann könnt ihr viel höher fliegen, als ihr das je erwartet hättet.

Und nun zu dir!

Erkennst du euch in den Herausforderungen wieder?

  • Welche Wachstumsschmerzen erlebt ihr?
  • Wie geht ihr dem Team die Orientierung, die es jetzt braucht?
  • Wie geht ihr das Thema Organisation und Führung an?
  • Wie schafft ihr ein High Performance Leadership Team?
  • Wie kommst du mit dem Wechselbad der Gefühle zurecht?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Mit der Anmeldung zum Newsletter stellst du sicher, dass du künftig keine Anregungen rund um Leading Myself, Leading my Team und Leading my Business verpasst.

Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

Bild von Thiebaud Vaerman