Schaffe echtes Ownership statt Ja-Sager

„Ich bin so frustriert. Ich habe Emile eine Aufgabe übergeben und es ist mal wieder nichts passiert.“

So beginnt einer meiner Lieblingsdialoge im Coaching.
Dorothea: „Ich verstehe deinen Frust. Was hat sie dir denn zugesagt?“
Coachee: „Sie hat gesagt, sie macht es.“
Dorothea: „Okay. Was genau hat sie gesagt?“
Coachee: „JA.“

Argh! Damit sind wir mitten im Problem.
Denn wenn dein Gegenüber deine Anfrage nur mit JA beantwortet, weißt du nur eines sicher: Dass dein Gegenüber JA sagen kann.

Aber nicht, was sie damit meint. Ein JA lässt viel zu viel offen und ist damit Einfallstor für fatale Missverständnisse.

Ein vollständiges Commitment ist spezifisch und klar. Es stellt sicher, dass beide Parteien wissen, was genau sie verabredet haben. Nur ein vollständiges Commitment stellt echte Ownership sicher.

Wie du zu einer vollständigen Verpflichtung kommst und was du dafür braucht, ist das Thema dieses Blogartikels. Und wie neuerdings immer auch als Podcast Aufnahme: Spotify Apple Podcast Podigee

Ein JA sagt gar nichts

Die richtige Übergabe von Verantwortung ist einer unserer größten Skalierungshebel. Erst letzthin habe ich über den Gesamtprozess geschrieben. Den Artikel findest du hier.

Das größte Problem: Die fehlende Klarheit in der Abstimmung.

Oft hakt es überall: Schwammige Anfragen, kein Abgleich des gemeinsamen Verständnisses, unkonkrete Antworten.

Stell dir vor, du hast morgen eine Beiratssitzung, für die du dringend noch ein paar Reporting-Slides von deiner CFO brauchst.

Du bittest sie freundlich:

„Ich brauche diese Slides so schnell wie möglich. Schickst du sie mir?“

Für dich ist völlig klar: „Ich brauche die Präsentation spätestens in einer Stunde. Ich will dem Beirat zeigen, wie groß unsere Umsatzsprünge sind. Sie weiss ja, dass morgen das Beiratsmeeting ist und ich noch alles zusammenführen muss.“

Deine CFO ist gerade super busy. Ihre kurze Antwort: „Ja, ich tue mein Bestes.“

Klingt wie eine Zusage. Für die du in der Hektik der Vorbereitung total dankbar bist. Thema abgehakt. Das sollte laufen.

Dummerweise hat deine Kollegin etwas ganz anders im Kopf: „Ich mache das, sobald ich mit deiner Anfrage von gestern durch bin. Und es wird nur ein erster Entwurf sein, weil ich nicht genau weiß, was du genau brauchst.“

Nach einer Stunde hältst du nach, nichts ist passiert. Am Ende machst du es schnell selbst – und ärgerst dich, dass mal wieder alles an dir hängen bleibt…

„Klar ist freundlich, unklar ist unfreundlich.“

ist sicher einer der meistzitierten Sätze auf dem Buch „Dare to Lead“ von Brené Brown. Kurz aber mächtig.

Viel zu of vermeiden wir klare Aussagen. Klare Aussagen empfinden viele als scharf und fordernd. Wir wollen unserem Gegenüber nicht zu nahetreten und hoffen, dass er unsere Andeutung auch so versteht.

Die fehlende Klarheit fühlt sich leider nur im ersten Moment gut an, führt aber meist zu Missverständnissen und beschädigt am Ende euer Vertrauen. Wie gesagt. Unklar ist unfreundlich.

Je klarer wir in unseren Aussagen und Abstimmungen sind, desto sicherer fühlen wir uns. Tacheles reden ist befreiend und damit freundlich.

Vor allem bei der Verantwortungsübergabe.

Klarheit müssen wir in allen drei Phasen der Verantwortungsübergabe herstellen:

Klare Anfragen und Antworten machen jede Absprach erfolgreich. In der Führung genauso wie in der Kommunikation mit Kunden. Ich möchte nicht wissen, wie viele Geschäftsbeziehungen gescheitert sind, weil der Auftragnehmer „Ja“ gesagt hat, ohne zu wissen was eigentlich auf ihn zukommt.

Klare Anfrage

Eine klare Anfrage hat 5 Bestandteile:

Klare Formulierung: Formuliere deine Anfrage so, dass sie vom Empfänger verstanden werden kann. Typische Probleme: Unbekannte Fachbegriffe, Business Denglish, vage Andeutungen.

Klarer Anforderer: Mach klar, von wem die Anfrage ist. In unserer Geschichte macht es z.B. einen Riesenunterschied, ob du diese Slides als persönlichen Backup brauchst, oder der Beiratsvorsitzende ganz bestimmte Daten angefordert hat.

Klarer Adressat: Schon mal die Geschichte von Jeder, Jemand, Niemand und Irgendjemand gehört? „Eine wichtige Arbeit war zu erledigen und Jeder war sicher, dass sich Jemand darum kümmert. Irgendjemand hätte es tun können, aber Niemand tat es…“ Mach klar, wen du ansprichst. Namentlich.

Klare Ergebnisse: Definiere spezifische, beobachtbare Erfüllungskriterien: Was, bis wann. „Diese Slides, so schnell wie möglich“ ist unkonkret. Was genau soll der Inhalt sein, gibt es Vorlagen? Was heißt so schnell wie möglich? Sofort? Oder wenn es dem Adressaten passt?

Klares Ziel: Kommuniziere, warum du etwas brauchst, was du damit erreichen willst. „Ich möchte dem Beirat mit zeigen, wie gut sich unsere Umsätze in den letzten 3 Monaten entwickelt haben…“, hätte es der CFO erlaubt, eine Darstellung zu wählen, die das besonders hervorhebt.

Auf den Punkt gebracht lautet eine klare Anfrage:

“Liebe:r A, um das Ziel Z zu erreichen, bitte ich dich, X bis Y zu machen.”

Damit ist der erste Schritt getan. Die Anfrage, das Kurz-Briefing ist raus. Schon mal viel besser als die unspezifische Anfrage.

Klärung Verständnis

Bitte nun dein Gegenüber sein Verständnis deiner Anfragen zu wiederholen. In seinen eigenen Worten: „Was ist bei dir angekommen? Kannst du das kurz zusammenfassen?“

So eine offene Frage klingt anfangs ungewohnt und steif. Ist aber unglaublich hilfreich. Wenn dein Gegenüber sein Verständnis in eigenen Worten wiederholt, hörst du, ob wirklich alles klar ist. Wenn nicht, könnt ihr offene Punkte und mögliche Missverständnisse klären, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Sobald ihr beide das gleiche Verständnis habt, kommt der dritte Schritt.

Klare Antwort

Dein Gegenüber kann nur dann eine klare Antwort gegeben, wenn er weiss, was er leisten kann. Also nicht einfach Ja sagen, sondern erst mal die folgenden Fragen beantworten:

  • Wie würde ich diese Anfrage lösen? Was will ich liefern?
  • Was ist ein realistischer Zeitrahmen?
  • Habe ich die notwendigen Fähigkeiten und Ressourcen?
  • Wer soll mich unterstützen? Und wie?
  • Bin ich bereit, die Verantwortung zu übernehmen?

Anhand dieser Fragen kann dein Gegenüber die Machbarkeit deiner Anfrage für sich einschätzen.

Und dann eine klare Antwort geben. Eine Antwort, die zeigt, dass sie die volle Ownership über die Erfüllung der Aufgabe übernehmen.

Die erste klare Antwort ist eine Variante des ”Ja“.

Eine wunderbare Antwort, wenn alle fünf Fragen klar sind und das „Ja“ zu einer vollständigen Verpflichtung ergänzt wird. Eine vollständige Verpflichtung definiert, wer, was bis wann liefert und wie der Zeitrahmen für die gegenseitige Rechenschaft aussieht:

„Ja, ich verspreche, X bis Y zu liefern. Zu folgenden Check-in Zeitpunkten können wir den Fortschritt überprüfen.

Aber nicht immer passt diese klare Zusage.

Je nach Situation gibt es noch fünf andere Optionen:

  • „Nein, das kann ich nicht versprechen. (Ich versuche es aber).“ ist die richtige Antwort, wenn es irgendwelchen Gründen nicht möglich ist, das Gewünschte zu liefern. Fehlende Zeit, Ressourcen, Kompetenzen…
  • „Bevor ich zusage, brauche ich mehr Klarheit über XX.“ ist eine gute Antwort, wenn dein Gegenüber noch offene Fragen an dich hat.
  • „Ich verpflichte mich, bis (Datum x) zu antworten.“ gibt dem Antwortenden die Chance, selbst Dinge zu klären, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Z.B. ob eine Kollegin, die er braucht, verfügbar ist.
  • „Ich mache es, wenn X eintritt. Passt das?“ Eine Zusage unter Vorbehalt hätte bei der CFO bedeuten können: „Ich mache es, sobald ich mit dieser Aufgabe fertig bin. Das dauert etwa 30 Minuten. Ist das ok für dich?“
  • „Lass mich ein Gegenangebot machen. Ich kann X nicht bis Y machen, aber ich kann A bis B anbieten.“ Ist eine gute Antwort, wenn deine Anfrage nicht so gemacht werden kann, wie du es willst, es aber Alternativen gibt, die dein Ziel ebenso gut erfüllen.

All diese Antworten haben eines gemeinsam: Sie machen ganz klar, was möglich ist und vermeiden damit die Unsicherheit eines schnell dahingesagten „Ja“. Dein Gegenüber zeigt mit diesen differenzierten Antworten seine volle Verantwortung über die Ausführung deiner Anfrage. Er gestaltet, statt einfach nur abzunicken.

Ich will keine Ja-Sager!

Soweit die Theorie. Aber wie bringst du diese Abstimmung in den Führungsalltag?

Am besten in dem du dieses Vorgehen genau so mit deinen Teamies besprichst:

„Ihr dürft von mir eine klare, vollständige Anfrage erwarten. Fragt nach, wenn etwas unklar ist.

Lasst uns dann unser gegenseitiges Verständnis klären. Besser jetzt, als wenn du schon in die falsche Richtung gelaufen bist.

Mach dir dann Gedanken, ob und wie das für dich machbar ist. Ich will keine Ja-Sager, sondern reflektierte Menschen, die echte Ownership über ihre Aufgaben und deren Ausführung übernehmen.

Wenn du dann ein vollständiges Commitment geben kannst, ist das super. Aber auch die anderen fünf Antworten sind angemessen, wenn sie uns helfen, eine gute, machbare Lösung zu finden.“

Key Take Aways

Ein „Ja“ ist kein Commitment. Denn ihm fehlt jegliche Klarheit zur Ausführung der Anfrage.

Eine vollständige Verpflichtung definiert, was unter welchen Bedingungen möglich ist und schafft damit Klarheit und Sicherheit für beide Seiten.

Diese Schritte bringen euch zu einer vollständigen Verpflichtung.

  • Klare Anfrage. Auf den Punkt gebracht lautet eine klare Anfrage: Liebe:r A, um das Ziel Z zu erreichen, bitte ich dich, X bis Y zu machen. Sie klärt in verständlichen Worten, wer, was, bis wann, von wem braucht, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
  • Klärung Verständnis: Klärt dann erst mal, ob ihr beide das Gleiche versteht. Die Frage „Was ist bei dir angekommen? Kannst du das kurz zusammenfassen?“ leitet den Klärungsprozess ein
  • Klares Commitment: Eine klare Antwort setzt voraus, dass sich dein Gegenüber Gedanken macht, was eigentlich möglich ist. Und erst dann antwortet. Idealerweise kann er eine vollständige Verpflichtung eingehen: „Ja, ich verspreche, X bis Y zu liefern. Zu folgenden Check-in Zeitpunkten können wir den Fortschritt überprüfen.
  • 5 alternative Antworten. Nicht immer ist die Anfrage erfüllbar. Je nach Situation kann eine dieser 5 Antworten angemessener sein: „Nein, das kann ich nicht versprechen. (Ich versuche es aber).“ ;  „Bevor ich zusage, brauche ich mehr Klarheit über XX“, „Ich verpflichte mich, bis (Datum X) zu antworten.“; „Ich mache es, wenn X eintritt. Passt das?“; „Lass mich ein Gegenangebot machen. Ich kann X nicht bis Y machen, aber ich kann A bis B anbieten.“

Mach deinem Team klar: Ich will keine Ja-Sager. Ich will, das wir zu einem guten, gemeinsamen Ergebnis kommen. Das gibt deinem Team die Sicherheit, dass auch unbequemere Antworten als das schnelle „Ja“ ok sind.

Und nun zu Dir!

  • Wie stellst du heute deine Anfragen? Bist du klar genug?
  • Wie schnell akzeptierst du ein „Ja“ als Antwort auf deine Anfrage? Bohrst du nach oder lässt du es einfach stehen?
  • Wie bringst du dein Gegenüber zu vollständigen Verpflichtungen? Welche Alternativen lässt du zu?

Viel Erfolg bei der Umsetzung!

Weiterführende Artikel

Gib endlich deine Verantwortung ab! Sichere Verantwortungsübergabe in 5 Schritten

Photo by Christina Wocintechchat by Unsplash

Sprich mit mir! Erfolgreiche 1:1 Meetings

„Wöchentliche, einstündige 1:1 Meetings mit all meinen Direct Reports? So viel Zeit? Und wann arbeite ich?“

Denkst du auch so? Schade, denn 1:1 Meetings sind dein effektivstes Führungsinstrument…

Viele Gründer und Führungskräfte nutzen ihre 1:1 Meetings nur für persönliche Updates und Reportings. 30 Minuten alle 2-4 Wochen. Wenn sie denn überhaupt stattfinden.

Das Problem: Gerade in Stresszeiten haben wir das Gefühl, “Da wird ja nur gequatscht, das bringt mir nichts.”

Und schwupp, sind sie aus dem Kalender geflogen.

Das unbewusste Signal an dein Gegenüber: “Du bist mir nicht wichtig genug.”

Grrr! Ziemlich ? für eure Beziehung!

Und komplett falsch.

Denn gut gemachte 1:1-Meetings sind dein produktivstes Führungsinstrument.

Wie du sie am besten gestaltest, ist das Thema dieses Blogartikels – den du alternativ auch hier hören kannst: Spotify Apple Podcast Podigee

Warnung: Ad Hoc Meetings schaden der Beziehungsgesundheit

Viele Führungskräfte verzichten auf regelmäßige 1:1 Meetings.

„Wir sehen uns doch mehrfach in der Woche und besprechen in Ad hoc Meetings, was gerade ansteht. Warum brauche ich dann noch 1:1 Meetings?“

Ganz einfach: Weil die meisten Ad Hoc Meetings hektisch zwischen Tür und Angel stattfinden und sich nur um die Lösung ganz konkreter Probleme drehen. Außerdem kennen sie meist nur eine Kommunikationsrichtung: Ich, Chefin, mache dir, Teammitglied, eine kurze Ansage.

Langfristiger Beziehungsaufbau und nachhaltige Verantwortungsübergabe? Fehlanzeige. Im Gegenteil: Wenn wir hektisch versuchen, ein paar Feuer zu löschen, bleibt keine Zeit für Empathie und persönliche Entwicklung.

1:1-Meetings – Die produktivsten Stunden deiner Woche

Ich liebe meine Freundin und Gründercoachin Julia Derndinger für ihre klaren Worte:

„Ich sage meinen Kunden immer, wenn du für einen Direct Report nicht die eine Stunde in der Woche Zeit hast, kannst du ihn gleich entlassen. Da gucken die dann immer entgeistert.

Wenn ich mich nicht diese eine Stunde zur Verfügung stelle, dann weiss ich nicht wie der Bereich läuft, kann kein Feedback geben, kann nicht beim Entscheiden helfen, kann nicht die Bereiche mit einander Verknüpfen, kann keine Wertschätzung zeigen, kann nicht helfen die Extrameile zu gehen und und und !

Wenn mir ein CEO sagt, er braucht die nicht! RUN .,,,,,“

Eine Meinung, die ich zu 100% teile.

Ich dränge alle meine Coachees dazu, wöchentliche, einstündige 1:1s mit all ihren Direct Reports einzuführen.

Denn strukturierte 1:1-Meetings schaffen den Rahmen für den gegenseitigen Vertrauensaufbau, die Abstimmung der Prioritäten und die Arbeit an konkreten Fragestellungen. Und weil ihr in ihnen sowohl inhaltlich als auch an eurer Beziehung arbeitet, fühlen sie sich maximal produktiv an.

Sie werden das Letzte sein, das du aufgeben willst.

1:1 Meetings gehören deinem Mitarbeiter

Im 1:1-Meeting stehen dein Teammitglied und seine Verantwortung im Vordergrund.

Die gemeinsame Stunde gibt euch neben der Arbeit an konkreten Aufgaben Raum für viele Themen, die in Ad hoc Absprachen nicht adressiert werden:

  • Persönliche Leistung: Wo stehst du im Hinblick auf deine Ziele? Was lernst du daraus?
  • Beziehung zu den Kollegen: Wie gut interagierst du mit deinen Kollegen? Wie haltet ihr die übergreifenden Prozesse am Laufen?
  • Teamführung: Wie führst du dein Team? Wie motivierst du dein Team zu Höchstleistung? Wie bekommst du die richtigen Menschen ins Team?
  • Persönliche Entwicklung: Hast du das Gefühl voranzukommen? Was möchtest du gerne lernen? Wie siehst du deine nächsten Schritte?

In den 1:1-Meetings kannst du dir auch Feedback zu deiner Arbeit und zur Entwicklung des Gesamtunternehmens holen: Was sollte ich aufhören, weitermachen oder anfangen? Was ist das größte Problem in unserer Organisation? Was macht uns besser?

Vertrauens- und Motivationsbooster

Gut gemacht sind 1:1 Meetings echte Vertrauens- und Motivationsbooster, denn sie adressieren wesentliche menschliche Bedürfnisse.

Sicherheit + Verbindung + Bedeutung = Vertrauen. In regelmäßigen bilateralen Meetings lernt ihr euch gegenseitig kennen und baut eine Verbindung zueinander auf. Ihr gewinnt gegenseitige Sicherheit über euer Vorgehen und eure Kompetenz. Du zeigst, dass dir dein Gegenüber wichtig ist. Damit schafft ihr die Basis für eine offene Kommunikation, aufrichtiges Feedback und eine produktive Zusammenarbeit.

„Die regelmäßigen 1:1 Meetings mit meinen Mitarbeitern haben unsere Zusammenarbeit komplett verändert. Ich kenne meine Kollegen jetzt besser und weiss, wo ihre Herausforderungen liegen. Die Motivation ist extrem gestiegen. Durch das wachsende Vertrauen fällt es immer leichter, Feedback zu geben und auch mal kritische Themen anzusprechen. Das hätte ich schon viel früher machen sollen – wusste aber nie, wie es geht.“

Feedback eines meiner Coachees

Sinn + Meisterschaft + Autonomie = Motivation. In 1:1 Meetings kannst du deinem Teammitglied zeigen, wie ihre Arbeit zum größeren Ganzen beiträgt. Du hast Zeit für das Coaching und unterstützt damit das Bedürfnis nach Meisterschaft. Schließlich sind die gemeinsamen Absprachen, die ihr in diesem Rahmen trefft, Grundlage für die wachsende Autonomie deines Teammitglieds. All das ist unglaublich motivierend. Besser geht es kaum.

Dein Teamie gestaltet, du bist Challenger und Coach

1:1 Meetings werden besonders produktiv, wenn du ihre Gestaltung in die Verantwortung deines Teammitglieds legst. Von der Vorbereitung bis zur Dokumentation.

Damit erlebst du live, welche Prioritäten er setzt, wie sie Themen angeht und ob ihr wirklich das gleiche Verständnis eurer Entscheidungen habt.

Als Führungskraft unterstützt du deine Mitarbeiter im 1:1 mit guten Fragen, effektiver zu werden und zu wachsen. Agiere als Coach oder Challenger deiner Mitarbeiter, nicht als „Chef-Ansager“. Sei präsent, höre aktiv zu und stelle gute Fragen. Idealerweise hörst du 90% der Zeit zu und redest nur 10% der Zeit!

Mit dieser Rollenteilung schaffst du ein echtes Empowerment!

Die Standardagenda

Als produktiv hat sich bei der Gestaltung von 1:1 Meeting die folgende Standardagenda (im Agendabeispiel grün abgehakt) erwiesen. Ihr könnt sie als Template in eurem Task Management anlegen. Bei mir ist das Asana.

0_Vorbereitung (Vortag). Bitte dein Teammitglied die Detail-Agenda festzulegen: Welche Themen will sie im Meeting adressieren? Welche Entscheidungen treffen? Welches vorbereitende Material solltest du dir anschauen? Ihre Vorbereitung zeigt dir, welche Prioritäten sie setzt und wo du gegebenenfalls noch nachhalten musst.

1_Persönlicher Check-in (10 min). Startet eure Meetings mit einem persönlichen Check-in: Wie geht es dir? Im privaten Umfeld und im Arbeitsumfeld? Damit lernst du deine Mitarbeiterin besser kennen und erfährst frühzeitig, ob es persönliche Herausforderungen gibt, die ihre Arbeit beeinflussen. Und du zeigst, was dir wirklich an ihr liegt. „Du siehst uns als Menschen, nicht nur als Arbeitskraft“ ist eine der schönsten Rückmeldungen, die du bekommen kannst.

2_KPI / Ziele-Check (5 min): Check im zweiten Block, wo deine Mitarbeiterin im Hinblick auf ihre Ziele oder OKR steht. Vermeidet dabei das reine Reporting, sondern diskutiert, was es braucht, um die Ziele zu erreichen. Checkt in diesem Block auch, inwieweit die Entscheidungen aus dem vorhergehenden 1:1 Meeting umgesetzt wurden.

3_Agenda-Check (5 min). Als nächstes folgt der Abgleich eurer Themenliste. Startet mit den Themen, die deine Kollegin auf die Agenda gesetzt hat. Wenn eure Prioritäten voneinander abweichen, ist das die Basis für eine wichtige Diskussion: Warum erachtet sie bestimmte Themen als wichtig? Warum siehst du es anders? Woher kommen die unterschiedlichen Perspektiven? Bereits diese Diskussion ist ein gegenseitiger Feedback- und Coaching-Prozess.

4_Arbeitsphase (30 min). Arbeitet in jeder Session konkret an 2-3 Themen oder Entscheidungen. Diese Arbeitsphase stellt eure Produktivität sicher und stärkt eure Bindung. Idealerweise schreibt deine Mitarbeiterin die wichtigsten Punkte und Entscheidungen gleich mit.

5_Nächste Schritte (5 min): Geht nach der Arbeitsphase noch mal alle Entscheidungen und To Dos durch. Ist das wirklich euer gemeinsames Verständnis? Klärt, was noch offen ist. Achtet vor allem auf vollständige Entscheidungen: Wer macht was bis wann, und wann finden die nächsten Updates statt. Das schafft Klarheit und stellt sicher, dass du ein echtes Committment von ihr hast.

6_Feedback & Check-out (5 min). Endet jedes Meeting mit gegenseitigem Feedback: Was solltet ihr weitermachen, was aufhören und was anfangen? Lasst nichts anbrennen.

Oft fällt es anfangs schwer, diese neue Routine aufrecht zu erhalten. Wenn ihr aber erlebt, wie produktiv und hilfreich diese Meetings sind und wie sie die Kommunikation und das Vertrauen zwischen euch verbessern, werdet ihr bald nicht mehr auf sie verzichten wollen.

„Alles ist trainierbar. Egal, welche Fähigkeit du erlernen willst, „Neunzig Minuten deiner Zeit alle zwei Wochen können die Arbeitsqualität deines Mitarbeiters und dein Verständnis dessen, was er tut, nachhaltig verbessern. Ihr entwickelt eine gemeinsame Informationsbasis und ähnliche Vorgehensweisen. Das ist der einzige Weg, auf dem eine effiziente und effektive Verantwortungsübergabe stattfinden kann.“mit genügend Training, Übung und Willen kannst du darin immer besser werden.“

Andy Grove, Gründer von Intel

Key Take Aways

Gute 1:1 Meetings schaffen den Rahmen für euren gegenseitigen Vertrauensaufbau, die Abstimmung eurer Prioritäten und die Arbeit an konkreten Fragestellungen. Und weil ihr in ihnen sowohl inhaltlich als auch an eurer Beziehung arbeitet, fühlen sie sich maximal produktiv an.

Sie werden das Letzte sein, das du aufgeben willst.

Mit dieser Agenda holt ihr das Beste aus den Meetings aus euren 1:1s:

0_Vorbereitung (Vortag): Dein Teammitglied legt die Agenda fest. Du schaust sie dir an und überlegst, was du gerne ergänzt.

1_Persönliches Check-in (10 min): Ankommen, persönlicher Austausch. Ihr lernt euch immer besser kennen, stärkt eure Verbindung.

2_KPI / Ziele Check  (5 min): Wo steht dein Teammitglied im Hinblick auf seine oder ihre Ziele? Das gibt dir Sicherheit, zu wissen, was läuft.

3_Agenda-Check (5 min): Abgleich der Prioritäten. Hat dein Teammitglied die richtigen Prios? Wo musst du nachsteuern?

4_Arbeitsphase (30 min): Arbeitet konkret an 2-3 Themen oder Entscheidungen. Diese Arbeitsphase stellt eure Produktivität sicher und stärkt eure Bindung.

5_Nächste Schritte (5 min): Dein Teammitglied dokumentiert, was bis zum nächsten Mal passiert. Auf Klarheit und Committments achten.

6_Feedback & Check-out  (5 min). Gebt euch gegenseitig Feedback auf die Zusammenarbeit der letzten Woche. Lasst nichts anbrennen.

Und nun zu Dir!

  • Mit wem machst du 1:1-Meetings? Wie nutzt du sie aktuell?
  • Wie gut kennst du deine Teamies bereits? Wie kannst du die 1:1-Meetings nutzen, um eure Beziehung zu vertiefen?
  • Wie willst du deine 1:1-Meetings künftig gestalten? Wie bereitest du dich auf diese Meetings vor? Wie reflektierst du sie?

Viel Erfolg bei der Umsetzung!

Weiterführende Artikel

Mehr Motivation & Engagement…. Lerne die Bedürfnisse deiner Kollegen kennen und schaffe ein Klima des Vertrauens und der Motivation.

Das Geheimnis guter Fragen: Gute Fragen machen dich zum Coach und Challenger.

Ein gutes Feedback ist ein Feedforward. Ein Feedbackformat, das wirklich was bewegt.

Photo by Christin Hume on Unsplash

Gib endlich deine Verantwortung ab!

Welche Superpower eint Leader, die ihr Team und ihr Unternehmen nachhaltig zum Wachsen bringen?

Verantwortung abgeben, loslassen!  

Nur, wenn du nachhaltig Verantwortung abgibst, kann dein Unternehmen abheben. Dann bekommst du den Kopf frei für Aufgaben, die außer dir keiner machen kann. Und deine Kollegen wachsen in immer größere Aufgaben hinein, lernen Dinge, die sie sich vielleicht nie zugetraut hätten. Verantwortung übergeben heißt skalieren.   

Leider fällt die Verantwortungsübergabe vielen schwer. Selbermachen bedeutet Kontrolle und fühlt sich wirksam an. Verantwortung abgeben verlangt Vertrauen – aber habe ich das überhaupt?  Und überhaupt: Keiner macht es so, wie ich es will.  Wer so denkt, macht sich zum größten Engpass seines Unternehmens. 

Das Gute: Mit dem richtigen Mindset und der richtigen Technik ist die Verantwortungsübergabe eigentlich ganz leicht!   

Gib endlich deine Verantwortung ab

Mit einer guten Verantwortungsübergabe stellst du sicher, dass

 ✅ beide Parteien ein gemeinsames Ziel und Ergebnis vor Augen haben.
 ✅  du darauf vertrauen kannst, dass das Richtige passiert,
 ✅  ihr in einem guten Austausch zu einem abgestimmten Vorgehen kommt,
 ✅  du ein klares Commitment bekommst: Was, Wer, mit Wem bis Wann,
 ✅  und es euch leicht fällt, den Erfolg nachzuhalten.

Vielen Gründern fällt es schwer, Verantwortung zu übergeben. Die Gründe: Verständnisprobleme, fehlendes Vertrauen, Kontrollbedürfnis.

Statt Verantwortung zu übergeben, geben sie Anweisungen. Die bitteschön möglichst genau so befolgt werden sollen. Dumm nur: Der Geführte macht dann das, was du erwartest. Die Verantwortung für die Ausführung und die Qualität der Ergebnisse bleibt bei dir. Befehle statt Empowerment.

Moderne Führung, preußische Wurzeln

Die Erkenntnis, dass Befehle in komplexen, sich schnell ändernden Umwelten scheitern, ist nichts Neues. Bereits im 19. Jahrhundert erkannte man im preußischen Militär: Ein Befehl beschreibt den Weg zum Ziel. Aber „kein Plan überlebt die erste Feindberührung.“ Wer in unübersichtlichen Situationen dem Wortlaut eines Befehls folgt, ist zum Scheitern verurteilt.

Und so wurde ein damals revolutionäres Führungskonzept entwickelt: Das „Führen mit Auftrag“ oder etwas eingängiger im englischen „Commander‘s Intent“: Die Führungskraft definiert das Ziel und den Kontext der Mission: Erobert diesen Hügel aus Grund x. Der Geführte oder das Team wählt dann seinen eigenen Weg zum Ziel.

Mit diesem Führungsprinzip hat das preußische Militär das Why, What, How von Simon Sinek vorweggenommen. Das Ergebnis: Partnerschaftliche Führung auf Augenhöhe, Flexibilität unter veränderten Umständen, und vor allem die Entlastung der Führung durch einen echten Übergang der Verantwortung.

Gemeinsame Sicht mit Briefing-Backbriefing

Ein zentraler Bestandteil des „Commander‘s Intent“ ist das wechselseitige Briefing und Backbriefing.

Jeder hat einen eigenen Blick auf die Realität. Als Führungskraft siehst du vor allem das große Ganze und die Gesamtstrategie. Dein Kollege steckt tief in den Details. Er sieht die operativen Probleme und Stolpersteine.

Auch wenn ihr gleichen Worten benutzt: Aufgrund der unterschiedlichen Bilder in euren Köpfen könnt ihr dennoch aneinander vorbeireden.

Stellt bei jeder Verantwortungsübertragung sicher, dass ihr das gleiche Verständnis habt. Im Briefing erklärt erst die eine Seite, was sie anstrebt und warum. Im Backbriefing erklärt die Gegenseite dann in eigenen Worten, was bei ihr angekommen ist. Schließlich gleich ihr eure Perspektive ab, bis ihr sicher seid, über das Gleiche zu reden.

Die wenigen Minuten, die diese Abstimmung „kostet“, holt ihr über eine bessere Umsetzung und die Reduktion von Missverständnissen und Abstimmungsschleifen locker wieder rein.

In die Verantwortung führen

Und nun zum „Führen mit Auftrag“.

Die Übertragung von Verantwortung nach diesem Prinzip erfolgt in fünf Schritten. In Summe unterstützen sie alle Eigenschaften von High Performance Teams: Vertrauen, kritischen Diskurs, Verpflichtung, Rechenschaft und gemeinsame Zielorientierung. Die perfekte Basis für die Entstehung von Hochleistung!

Schritt 1: Vorbereitung. Am Anfang steht die Vorbereitung des „Auftrags“. Setze dich mit dem Projekt auseinander, das du in die Verantwortung deiner Kollegin geben möchtest, und definiere die Ziele und Rahmenbedingungen.

Ein gutes Briefing enthält vier Bausteine (deutsches, englisches Template zum runterladen):

  • Ziel & Kontext: Was soll erreicht werden? Warum soll es erreicht werden?
  • Zeitrahmen: Welche Zeit steht zur Umsetzung zur Verfügung?
  • Beteiligte / Stakeholder: Wer ist sonst noch involviert? Was sind die Ziele der Beteiligten?
  • Rahmenbedingungen: Welche Ressourcen sind verfügbar: Zeit, Menschen, Geld? Welche Freiräume gibt es, was darf allein entschieden werden, was nicht?

Mit der bewussten Reflexion baust du deine Verpflichtung zur Aufgabe auf. Jetzt weißt du, was du willst. Das typische „Mal eben über den Zaun werfen“ entfällt und damit eine wesentliche Quelle unbefriedigender Verantwortungsübergaben. Denn mal ehrlich: Wie oft reichen wir eine Aufgabe weiter, von der wir selbst nicht genau wissen, was sie eigentlich erreichen soll! Wie soll es dann erst deinen Kollegen gehen?

In den Teams, die ich begleite, sind unklar definierte Aufgaben ein Dauerbrenner. Die Mitarbeiter versuchen ihr Bestes in der Interpretation, stochern dabei aber im Nebel. Und das Ergebnis frustriert alle. Garbage in, Garbage out.

Schritt 2: Aufgabenklärung. Im zweiten Schritt stellst du deiner Kollegin das Briefing vor. Ganz wichtig: Lass mögliche Umsetzungswege erst mal außen vor. Klingt einfach, ist es aber nicht. Wir sind es gewöhnt immer gleich auch Anweisungen zur Umsetzung zu geben.

Das Problem: Sobald du den Weg vorgibst, bist du dein eigener Gefangener. Denn dann bleibt die Verantwortung für die Ausführung de facto bei dir. Eine echte Übergabe von Verantwortung ist hier bereits gefährdet -­­ und zwar durch dich selbst!

Bitte deine Kollegin dann, ihr Verständnis des Ziels in den eigenen Worten zusammenzufassen. Niemals nur fragen: „Hast du das verstanden?“. Denn ein „Ja“ auf diese Frage bedeutet nur, dass irgendetwas verstanden wurde – aber nicht was.

Geht dann in die Klärung und entwickelt ein gemeinsames Zielverständnis.

Über den Austausch lernst du deine Kollegin besser kennen: Welche Perspektive hat sie? Wie gut versteht und bewertet sie die Situation? Welche Kompetenzen hat sie, was muss sie noch lernen? Wo muss ich helfen, wo kann sie allein laufen?

Wenn du dich in diesen Briefings auf deine Kollegen einlässt und ihnen aktiv zuhörst, entsteht tiefes Vertrauen. Das Beste dabei: Das passiert im Arbeitsprozess, ohne besondere „Kennenlerntermine“.

Die Auftragsklärung ist abgeschlossen, wenn ihr ein gemeinsames Bild der Aufgabe habt.

Schritt 3: Ausarbeitung. Jetzt ist es Zeit für die Kollegin, ins „stille Kämmerlein“ zu gehen und ihren Weg zum Ziel zu entwickeln. Auch für das Backbriefing gibt es ein einfaches Template (in der gleichen Datei wie das Briefing):

  • Zieldefinition: Mein Verständnis des Ziels und des Kontexts
  • Umsetzung: Was werde ich tun, um das Ziel zu erreichen? Welche Ergebnisse will ich liefern, wie messe ich den Erfolg?
  • Zeitrahmen: Wieviel Zeit brauche ich? Bis wann kann ich fertig werden? Was sind gute Meilensteine und Update-Termine?
  • Notwendige Schnittstellen / Ressourcen: Wie werde ich mit den Beteiligten zusammenarbeiten, was brauchen ich von ihnen, was werde ich bereitstellen?

Durch diese Überlegungen baut deine Kollegin ihre Verpflichtung zur Aufgabe auf und übernimmt Verantwortung. Denn der Weg, den sie vorschlägt, ist ihr Weg und keine ungeprüfte Vorgabe von oben. Mit der Reflexion des Ergebnisses und der Erfolgsmessung übernimmt sie Rechenschaft.

Schritt 4: Verantwortungsübergang. Setzt euch dann wieder zusammen. Bitte deine Kollegin, ihre Überlegungen vorzustellen. Dein Job: Erst mal nur zuhören, maximal Verständnisfragen stellen. Damit signalisierst du: Ich nehme dich und deine Überlegungen ernst und schätze deine Arbeit.

Wenn du verstanden hast, was deine Kollegin vorschlägt, kannst du deine eigenen Ideen zur Umsetzung ergänzen. Gemeinsam könnt ihr dann den Vorschlag optimieren.

Mit dem erneuten Zuhören und kritischen Diskurs stärkt ihr euer Vertrauen weiter. Durch den Briefing-Backbrief-Prozess siehst du, wie viel Unterstützung deine Kollegin braucht und kannst entscheiden, wie eng du die Umsetzung begleitest. Das gibt dir Sicherheit.

Auch die Kollegin gewinnt Sicherheit. Sie kann mutiger agieren, da sie weiß, was du willst und dass du ihre Entscheidungen grundsätzlich mitträgst. Durch den wechselseitigen Input steigt auch die Qualität der Umsetzung. Ihr integriert beide Perspektiven: Das Gesamtbild und die operative Erfahrung.

Schließlich einigt ihr euch auf die Kernelemente der Auftragserfüllung: Wer, was, mit wem, bis wann. Ganz wichtig: Die Termine für die Updates. Wenn alles klar ist, geht die Verantwortung final auf die Kollegin über.

Schritt 5: Updates & Abnahme. Schließlich geht es an die Umsetzung. Macht die verabredeten Updates, setzt euch zur finalen Abnahme zusammen. Da ihr die Ziele und das Vorgehen gemeinsam diskutiert und beschlossen habt, fühlt sich die Rechenschaft jetzt ganz natürlich an: Ihr überprüft gemeinsam den Fortschritt der Arbeit. Und die gute Abstimmung macht den Erfolg viel wahrscheinlicher

Die Erkenntnisse aus den Updates sind auch die Basis für das Feedback und das Coaching eurer Kollegin.

Tipps zur praktischen Umsetzung

„Führen mit Auftrag“ bedeutet für viele ein ziemliches Umdenken. Erst nachdenken, dann machen. Die Briefings kosten mehr Zeit, als wenn du nur eine Anweisung über den Zaun wirfst. Du setzt dich intensiv mit den Menschen auseinander und setzt dich ihren kritischen Nachfragen aus.

Wie also bringst du dich dazu, am Ball zu bleiben?

  • Mal dir plastisch aus, wie es sich anfühlt, wenn wirklich alle Kollegen anfangen, Verantwortung zu übernehmen. Puh! Was eine Erleichterung!
  • Übe erst mal mit ausgewählten Kollegen. Erkläre was du vorhast und warum dieses Führungsinstrument so mächtig ist. Ich wette, deine Kollegen haben großes Interesse, diesen Ansatz gemeinsam mit dir zu lernen, da es auch ihre Arbeit nachhaltig verbessert.
  • Starte mit mittelgroßen Projekten, bei denen sich der Aufwand lohnt. Bei kleinen Verantwortungsübergaben kannst du die Checkliste einfach im Kopf durchgehen. Mach dir klar, dass es ums Prinzip geht, nicht um Regeltreue.
  • Gehe offen in den Prozess. Nichts ist demotivierender, als wenn du den Prozess pro forma durchläufst, der Weg aber eigentlich definiert ist. Oder bei Routineaufgaben ohne Alternativen. In beiden Fällen werden sich deine Kollegen vorgeführt fühlen und sich erst recht der Verantwortung entziehen.

Mit zunehmender Übung wird diese neue Arbeitsweise immer natürlicher werden. Wenn du schließlich selbst ein gutes Gefühl hast, lohnt es sich, das Prinzip des „Commander’s Intent“ im gesamten Unternehmen zu verankern.

Mit etwas Übung könnt ihr mit dem „Commander’s Intent“ eine Kultur der Eigenverantwortung schaffen. Wenn du an die Verantwortungsübergabe auch noch Feedback und das Coaching der Kollegen hängst, ist der persönliche Entwicklungszyklus komplett.

Key Take Aways

Ein guter Prozess der Verantwortungsübergabe besteht aus 5 Schritten

  • Zieldefinition durch dich
  •  Gemeinsame Vorstellung und Abklärung des Ziels
  • Erarbeitung des Vorgehens durch dein Gegenüber
  • Gemeinsame Vorstellung und Abklärung des Vorgehens
  • Und schließlich der Umsetzung inklusive Check-ins und Abnahme

Dieser Prozess kostet euch mehr Zeit in der Übergabe, spart aber unglaublich viel Zeit und Frustration, die sich bei der sonst typischen Misskommunikation ergibt. Und er schafft einen sicheren Raum für die volle Verantwortungsübernahme!

Mission Completed. Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Und nun zu dir!

  • Wie delegierst du bisher? In welchen Situationen wurde die Verantwortung wirklich übernommen, wann nicht? Was war der Unterschied?
  • Geh eine Situation, in der es nicht funktioniert hat, nochmal in Gedanken durch. Was ändert sich, wenn du mit „Führen mit Auftrag“ arbeitest?
  • Wie kannst du die nachhaltige Verantwortungsübergabe in deinen Alltag einbauen? Was hilft dir, sie wirklich zu verinnerlichen?

Weiterführende Artikel

Mit Vertrauen zu High Performance: High Performance Teams sind gut in diesen 5 Aktivitäten: Vertrauen, kritischer Diskurs, Verpflichtung, Rechenschaft und gemeinsame Zielorientierung.

Volate – Fliegt!

Photo by Jesse Ramirez on Unsplash

Schaffe eine Wachstumskultur

Habt ihr eine Wachstumskultur?

Eine Kultur, die Raum für das individuelle Wachstum jedes Einzelnen schafft; die das ganze Team und das Unternehmen über sich hinauswachsen lässt?

Eine echte Wachstumskultur spürst du sofort.

Da ist diese unglaubliche Energie und die Lust am gemeinsamen Erfolg. Und der stellt sich auch ein: Unternehmen mit einer Wachstumskultur wachsen stärker und sind nachhaltiger aufgestellt.

Die Schaffung einer Wachstumskultur einer eurer wichtigsten Hebel zum Erfolg. Oder wie Salim Ismail es formuliert:

„Kultur ist der größte immaterielle Wert deines Unternehmens.” 

Zeit also, sich mit den Eigenschaften einer Wachstumskultur auseinanderzusetzen.

Wachstumskultur: Nährboden für High Performance

Beim Wort Wachstumskultur denke ich immer an Petrischalen.

Flache Glasschalen, in denen ein Nährmedium die wachsenden Mikroorganismen mit Wasser und Nährstoffen versorgt. In einem guten Nährmedium finden die Mikroorganismen das optimale Wachstumsklima. In schlechten Nährmedien sterben sie ab.  

Mit Unternehmenskulturen passiert das gleiche: Eine starke Wachstumskultur ist der Nährboden für das Wachstum jedes einzelnen und das Wachstum eures Unternehmens.

Das Gegenteil, eine toxische Kultur, blockiert das individuelle Wachstum. Rückzug und Abgrenzung sind die Folge. Ökonomisches Wachstum entsteht hier nur durch massiven Druck von oben.

Die 8 Tugenden einer Wachstumskultur

Es gibt nicht die eine gute Unternehmenskultur. Jede Unternehmenskultur ist so individuell, wie die Leader und Menschen in ihnen.

Und doch gibt es acht Tugenden, die alle Unternehmen mit Wachstumskulturen eint.

Eine Kultur mit diesen acht Tugenden ist von tiefem Vertrauen, Motivation und Engagement geprägt.

Die Tugenden verstärken sich gegenseitig. Als Gesamtpaket schaffen sie die Begeisterung, die zu höchster Leistung führt. Menschlichkeit und Leistungsorientierung beflügeln sich in diesen Kulturen, statt im Widerspruch zu stehen.

Die acht Tugenden einer Wachstumskultur zeigen sich auch in den Kununu- und Glassdoor-Bewertungen euer Mitarbeiter. Ab 4,3 aufwärts seid ihr auf dem richtigen Weg.

Und nun zu den 8 Tugenden einer Wachstumskultur.

Um die verschiedenen Tugenden plastischer zu machen, findest Du immer ein paar Zitate aus Kununu und Glassdoor.

Demütige Ambition

Demütige Ambition verbindet zwei scheinbar widersprüchliche Haltungen: Ihr habt eine große, ambitionierte Vision, verliert dabei aber nicht die Bodenhaftung. Die große Show überlasst ihr anderen, ihr überzeugt lieber durch konsistente Leistung.

Demütige Ambition ist die Kerneigenschaft eines „Level 5 Leaders“, den Jim Collins als Voraussetzung für die Führung langfristig erfolgreicher Unternehmen identifiziert.

  • „Hier arbeiten Menschen, die Lust haben, das Produkt und das Unternehmen nach vorn zu bringen. Dynamisch und leistungsorientiert.“ 
  • „High ambition meets great culture.“

Respekt & Wertschätzung 

In Wachstumskulturen wird jeder Einzelne als Mensch gesehen, mit seinen Bedürfnissen und Kompetenzen respektiert und geschätzt. Leistungen und Erfolge werden gefeiert und anerkannt.

Quer durchs Unternehmen begegnen sich die Kollegen auf Augenhöhe. Respekt und Augenhöhe zeigen sich nicht nur im Miteinander, sondern auch in der Gestaltung eines guten und flexiblen Arbeitsumfeldes.

Wachstumskulturen sind keine Sweat Shops. Balance wird ernsthaft angestrebt, auch wenn sie nicht immer eingehalten werden kann.

  • „Das Klima ist jederzeit respektvoll und wertschätzend.“
  • „Work Life Balance ist sehr gut, wird von den Gründern gefördert und vorgelebt.“
  • Very nice office. New hardware. Multiple Screens. Comfy chairs and well-equipped meeting rooms. Quiet spaces.“

Tiefe Verbundenheit

In Wachstumskulturen fühlen sich die Menschen eng miteinander verbunden. Ausgeprägtes Vertrauen fördert die Zusammenarbeit. Die Teams sind über die Grenzen ihrer Bereiche hinweg stark vernetzt. Es herrscht ein ausgeprägter Teamspirit, oft über die eigentliche Arbeit hinweg.

Das vertrauensvolle Miteinander schafft eine ausgeprägte psychologischen Sicherheit, die wiederum der Rahmen für Innovation und Risikobereitschaft ist.

  • „Untereinander, auch mit dem Management setzt sich der Zusammenhalt oft über die Zeit in der Firma hinaus fort.“
  • „Ich habe noch in keinem bisherigen Job einen stärkeren Zusammenhalt – auch Abteilungsübergreifend – mitbekommen.“ 

Authentische Vielfalt

Wachstumskulturen sind divers. Kulturell, aber vor allem im Sinne einer Diversity of Mindset. Die Unterschiedlichkeit wird authentisch gelebt und zelebriert. 

Nicht, weil bestimmte Quoten erfüllt werden müssen, sondern aus tiefer Überzeugung. Denn alle wissen: Unterschiedliche Perspektiven führen zu besseren Entscheidungen.

  • “Ich liebe unser internationales Team.“
  • „Wir haben ein diverses Team, bei dem niemand unterschiedlich behandelt wird.“

Radikale Aufrichtigkeit

Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz sind Markenzeichen von Wachstumskulturen. Wachstumskulturen leben vom ehrlichen, wertschätzenden Feedback. Es wird klar und direkt kommuniziert – sowohl gute als auch schlechte Nachrichten.

Probleme werden offen adressiert und können schnell gelöst werden. Die Mitarbeiter kennen die Unternehmenszahlen und übernehmen echte Ownership.

  • „Direkte Kommunikation, Probleme im Team werden sofort besprochen.”
  • „Geschäftsentwicklung wird regelmäßig mit allen besprochen. Jede Frage ist erlaubt und wird ehrlich vom Management beantwortet.“

Selbstverantwortung

Wachstumskulturen bringen Menschen und Teams systematisch in die Verantwortung.

Es herrscht ein tiefes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und den Leistungswillen aller. Mit bestem Resultat: Menschen, denen viel zugetraut wird, leisten auch viel.

Die Selbstverantwortung zeigt sich in flachen Hierarchien, großem Freiraum und Gestaltungsfreiheit für jeden einzelnen.

  • „Man hat viele Freiheiten und trägt entsprechend Verantwortung für seine Arbeit.“
  • „Gut finde ich die Mitgestaltungsmöglichkeit und Eigenverantwortung.“
  • „Ich schätze das hohe Maß an Selbstorganisation“

Disziplinierter Fokus

In Wachstumskulturen wird diszipliniert und fokussiert gearbeitet. Es werden wenige, klare Prioritäten gesetzt und diese systematisch und ergebnisorientiert abgearbeitet.

Damit entwickeln sich Unternehmen mit Wachstumskulturen wesentlich schneller, als Unternehmen, die versuchen, alles gleichzeitig zu machen – und am Ende kaum etwas zu Ende bringen.

Disziplinierter Fokus heißt auch: Pünktlichkeit und Zeitbewusstsein. Agilität ist hier keine als Ausrede für Verzögerungen.

  • „Führen mit nachvollziehbaren Zielen.“
  • „Strategische Ziele werden klar kommuniziert“

Konstantes Lernen

Der Name sagt es schon: Wachstumskulturen sind stark von der Möglichkeit des persönlichen Wachstums geprägt.

Das Lernen jedes einzelnen wird on the Job, durch herausfordernde Projekte, und durch unterschiedlichste Entwicklungsprogramme unterstützt. Individuelle Entwicklungsbudgets geben Freiraum in der Gestaltung der Entwicklung.

Aber auch die Organisation selbst wird systematisch weiterentwickelt. Wachstumskulturen schaffen lernende Organisationen.

  • „Hier ist ein guter Ort, um zu wachsen. Es gibt ein Growth-Budget, zahlreiche Gelegenheiten zu lernen und ein unglaublich dynamisches Arbeitsumfeld.“
  • „Viele Möglichkeiten in kurzer Zeit sich weiterzuentwickeln, breites Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten“

Kultur als Hebel für mehr Wachstum

Eure Wachstumskultur könnt ihr aktiv gestalten, zur Entwicklung jeder Tugend gibt es viele Ansatzpunkte.

Am besten startet ihr mit einer Einschätzung eurer Kultur. Bewertet eurer Kultur dazu entlang der folgenden Skala:

Und leitet dann für alle Dimensionen Maßnahmen zur Weiterentwicklung ab. Hier ein Beispiel aus einem meiner Kulturworkshops:

Das Ergebnis: Wettbewerbsvorteile, Wachstum und Glück

Die aktive Kulturarbeit lohnt sich: Nachhaltige Wettbewerbsvorteile, Wachstum und Glück sind euer Lohn.

Wettbewerbsvorteile. Kunden und Kollegen spüren den Geist eurer Kultur und fühlen sich euch besonders verbunden. Damit ist eure Wachstumskultur Wettbewerbsvorteil im Kampf um attraktive, profitable Kunden und im War of Talents.

Wachstum. Eure Wachstumskultur ist der Mittelpunkt Nabe des Schwungrads, das überdurchschnittliches Wachstum schafft. Unternehmen mit Wachstumskulturen sind nachweislich profitabler und wachstumsstärker als ihre Konkurrenten.

Glück. Das schönste Ergebnis einer Wachstumskultur sind glückliche, engagierte und motivierte Kollegen (und Kunden), Spaß am Arbeiten und eine tolle Arbeitsatmosphäre, die auch mit wachsender Größe des Unternehmens nicht an Attraktivität verliert.

Oder um mit Glassdoor und Kununu zu sprechen:

  • „Arbeiten darf auf Spaß machen.“
  • „Ich stehe jeden Morgen mit Lust und Freude auf!“
  • Oder „Schlicht gesagt „Top“!“

Viel Spaß bei der Gestaltung eurer Wachstumskultur.

Key Take Aways

Eine Wachstumskultur ist eine Unternehmenskultur, die Raum für das individuelle Wachstum jedes Einzelnen schafft und die damit das ganze Team und das Unternehmen über sich hinauswachsen lässt.

So unterschiedlich die individuellen Unternehmenskulturen auch sein mögen. Echte Wachstumskulturen zeigen die immer gleichen 8 Tugenden.

  • Demütige Ambition. Große Vision gepaart mit Bodenständigkeit.
  • Respekt & Wertschätzung. Jeder wird als Mensch gesehen und geschätzt
  • Tiefe Verbundenheit. Ausgeprägter Teamspirit, über das Unternehmen hinweg.
  • Authentische Vielfalt. Diversity of Mindset wird aus Überzeugung gelebt.
  • Radikale Aufrichtigkeit. Maximale Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz.
  • Selbstverantwortung. Menschen wird viel zugetraut, Verantwortung übergeben.
  • Disziplinierter Fokus. Klare Ziele und Prioritäten, systematisches Abarbeiten.
  • Konstantes Lernen. Lernen auf allen Ebenen: Individuum, Team, Organisation.

Und nun zu dir!

  • Habt ihr eine Wachstumskultur? Bewerte entlang der Skala und hole auch Feedback aus dem Team.
  • Was sagen die Kommentare in Kununu und Glassdoor über eure Kultur aus? Und zu welchen Themenfeldern kommt die meiste Kritik?
  • Welche drei Maßnahmen bringen euch einen großen Schritt Richtung Wachstumskultur?

Weiterführende Artikel

Liebe dein Team und hebe ab. Vertiefung zum Thema „Tiefe Verbundenheit“

Führe dein Team in den Flow!

Diesen Text gibt es auch zum Hören! Spotify Apple Podcast Podigee

Vor ein paar Wochen hatte ich eine spannende Diskussion mit Dominik, einem meiner Coachees und Co-Founder eines super innovativen Tech Anbieters.

Er schwärmte von der Anfangszeit seines Startups, als er die Plattform seines Unternehmens programmierte. Eine herausfordernde Tätigkeit, die unglaublich viel Kreativität verlangte. Er arbeitete fast rund um die Uhr. Und magischerweise schien ihm das eher Energie zu geben als zu nehmen. 

Sprich: Er war tief im Flow. ?

Leider hat sich das seit einiger Zeit geändert. Heute hat er große Teams, führt konsequent „nur noch“, ist ein super Leader. Aber das Flowgefühl stellt sich nur noch selten ein. 

Seine große Frage:
„Wie komme ich wieder in den Flow? Und wie bringe ich als Leader mein Team in den Flow?„

5x so produktiv im Flow

Die Fragen von Dominik ist super relevant für die Führung unserer Teams. 

In den Flow zu kommen ist der weltbeste Produktivitätshack. ?

Laut einer Studie von McKinsey sind Top Executives im Flowzustand 5x so produktiv, wie im „normalen“ Leben.

Ein Zustand der totalen Vertiefung, wir gehen in unserer Tätigkeit auf, fühlen uns eins mit der Welt und vergessen die Zeit. 
Im Flow haben wir fast übermenschliche Energien, sind kreativ und schaffen großartiges. Ganz zu schweigen vom Glückgefühl, dass uns der Flow gibt.

Wie großartig, wenn wir einen den Schalter für den Flow hätten!

Zutaten für den Flow

So magisch sich der Flow für uns anfühlt – die psychologische Forschung versteht heute sehr gut, was uns in den Flow bringt.

Flow kann entstehen, wenn diese 4 Bedingungen gegeben sind.

  • Große Herausforderung. Anspruchsvolle, aber machbare Aufgaben, keine Überforderung.
  • Klar definiertes Ziel. Wie wissen genau, wohin wir wollen und was dafür zu tun ist.
  • Totaler Fokus: Wir können uns komplett auf unsere Aufgabe konzentrieren.
  • Direktes Feedback: Wir sehen direkt, was wir schaffen, alles ist unter Kontrolle.

Vom Gründer-Flow …

Kein Wunder, dass wir uns in den Anfangszeiten unserer Startups ständig im Flow befinden. Denn in der Phase des Aufbruchs sind alle Bedingungen erfüllt.

  • Wir stehen vor einer großen Herausforderung. Ideen entwickeln, Produkt bauen, Kunden sprechen. Vieles davon haben wir im Studium oder in anderen Jobs gelernt. Sprich: Es ist anspruchvoll, aber machbar.
  • Wenige, sehr klare Ziele: Unser Produkt auf den Markt bringen und Geld einsammeln. Noch ist alles relativ übersichtlich.
  • Wir können gut fokussieren. Das Team ist noch klein. Jeder hat seinen Job, wenig lenkt ab. 
  • Direktes Feedback: Build-Measure-Learn. Schnelles Feedback in Reinkultur. 

Die perfekten Zutaten für den Flow ? 

Das Ergebnis: Wir sind glücklich und bekommen unglaublich viel geschafft. All Nighter kein Problem – der Flow gibt uns die Energie, die wir brauchen.

Und wir erleben den Flow nicht nur individuell, sondern auch als Team. 
Denn wir teilen die eine Vision, wenige Menschen arbeiten jeweils auf ihren Stärken zusammen, jeder weiss was zu tun ist, die Kommunikation ist eng und vertrauensvoll.

Ein großartiges Gefühl.

Freude entsteht an der Grenze zwischen Langeweile und Anspannung. Dort, wo Herausforderung und Handlungsfähigkeit im Gleichgewicht sind.“

Mihály Csíkszentmihályi.

…zum Leader-Stress

Leider bleibt es nicht dabei. Das Unternehmen wächst. Die Aufgaben verändern sich. Und das Flowgefühl stellt sich immer seltener ein.  

Wenn man die Flow-Bedingungen betrachtet, ist das völlig logisch. Denn mit dem wachsenden Unternehmen verändert sich alles:

⚡️ Wir vom werden Macher zum Leader. Auf diese Herausforderung hat uns keiner vorbereitet. Wir fühlen wir uns mit diesem neuen Job überfordert. Auch sonst wächst die Komplexität und bringt das Team an die Grenzen der Kompetenz.

⚡️ Viele Ziele, konkurrierende Prioritäten. In der ersten Wachstumsphase muss unglaublich viel gleichzeitig passieren. Tech, Vertrieb, Teamaufbau. Lauter neue Kompetenzen und keiner, der es macht. 

⚡️ Vorbei mit dem Fokus. Ständig werden wir gestört und unterbrochen. Multitasking ist angesagt – wider besseres Wissen.

⚡️ Die direkte Wirksamkeit fehlt. Die Früchte unserer Arbeit erleben wir nur noch sehr indirekt. Macher sind jetzt andere. Wie gerne würden wir mal wieder eine Marketing-Kampagnen fahren, etwas programmieren. Da sah man wenigstens was läuft.

Das Ergebnis: 
Stress statt Flow. 
Energiefresser statt Energiebooster. 
Und die Produktivität sinkt. 
Jedenfalls solange wir unsere Teams nicht explizit in den Flow bringen.

In den Flow führen

Die gute Nachricht: Flow ist machbar. Du kannst dein Team bewusst in den Flow führen. Das Rezept dazu ist einfach: Schaffe ein Umfeld, dass die 4 Flow-Bedingungen erfüllt.

? Optimale Herausforderung
Die Herausforderungen der Skalierung sind klar gesetzt. Daran kannst du nichts drehen. Aber du kannst sicherstellen, dass das Team alle notwendigen Kompetenzen hat. 

  • Trainiert die fehlenden Kompetenzen. Je ausgeprägter unsere Kompetenz, desto häufiger kommen wir in den Flow. Gut ausgebildete Teams haben mehr Spaß, als Teams, die ständig überfordert sind. 
  • Ergänzt das Team mit erfahrenen Managern, die die Skalierung schon mal durchlaufen haben und wissen was zu tun ist.
  • Legt besonderen Wert auf die Leadership Ausbildung. Für dich und die Leader in deinem Team. Führung hat kaum einer gelernt. Ohne ein grundlegendes Verständnis von Führung werdet ihr euch immer unsicher fühlen. In den Flow bringt das nicht.

? Wenige, gut definierte Ziele 
Die meisten Scaleups nehmen sich zu viel gleichzeitig vor. Zudem ist das Big Picture oft verloren gegangen. Daher: Ein paar Schritte zurückgehen und wieder für Klarheit sorgen.  

  • Aktualisiert eure Mission und Vision und kommuniziert sie umfassend. Macht beides erlebbar – und erklärt dem Team, wie es dazu beitragen kann.
  • Versteht euer Flywheel und fokussiert euch auf das größte Bottleneck. Nehmt euch maximal 1-2 Prioritäten vor. Der Rest kommt erstmal auf die Not-To-Do-Liste. Genießt die Energie, wenn alle an einem Strang ziehen, statt sich in widersprüchlichen Prioritäten zu verheddern.

? Fokus-Zeiten schaffen
Fokus ist alles. Wenige, klare Ziele sind ein erster Schritt. Aber nur, wenn das Team konzentriert an ihnen arbeiten kann. Wie oft höre ich: Ich kann mich nicht konzentrieren, ich werde ständig gestört. Aber angenommen, der potenzielle Störer versucht sich auch gerade zu konzentrieren…

  • Legt gemeinsame Fokuszeiten fest, in denen alle im Team an ihren Projekten arbeiten. Stellt euch vor, eure Company schafft es 2x in der Woche für 2h konzentriert zu arbeiten. 4 Stunden, in denen alle Ablenkungen auf stumm geschaltet werden. Multipliziert mit der Produktivität von 5…. Genial. Das geht zwar nicht für jeden Bereich – aber doch für die meisten.
  • Bündelt Anfragen in festen Sprechzeiten. Es ist eine Unsitte aus den aktionistischen Startup Tagen, das jeder jederzeit Fragen stellen kann. Das stört nicht nur, sondern führt zur gelernten Hilflosigkeit. Warum mir die Mühe machen, ein Problem zu lösen, wenn mir mein Boss sofort die Antwort gibt. 

? Erfolge feiern, wie sie fallen
Direktes Feedback heißt: Ich sehe meinen Erfolg oder Misserfolg, und zwar ohne Verzögerung. Wachstumsunternehmen tun sich damit oft schwer. Der Blick geht oft nur nach vorne. Erfolge und Misserfolge werden schnell abgehakt. Und weiter geht’s.

Reflektiert eure Misserfolge und feiert eure Erfolge. Damit gebt ihr euch direktes Feedback. Jeder Meilenstein, den ihr feiert, gibt euch einen Energiebooster und feuert euch an, den nächsten Schritt zu gehen. Jede Fuck-up Session hilft zu lernen und besser zu werden – und macht euch damit kompetenter. Siehe Optimale Herausforderung.

? Wirksamkeit neu definieren
Für dich als Macher auf dem Weg zum Leader liegt die größte Herausforderung in der „Wirksamkeitsverschiebung“. Du musst neu definieren, was Erfolg und Wirksamkeit für dich bedeutet. 

Als Macher hast du dich angestrengt und es ist etwas passiert. Sprich: Anstrengung = Erfolg = Wirksam. 

Als Leader bist du erfolgreich, wenn dein Team selbständig und konzentriert arbeiten kann, es alle seine Entscheidungen selbst trifft, nicht mehr abhängig von dir ist…

Jetzt ist die Gleichung eher: Leichtigkeit = Erfolg = Wirksam. 

Sprich: Du bist wirksam, wenn du es schaffst, dein Team in den Flow zu bringen.

Und das ist die beste Nachricht:
Als Leader kannst du dich selbst in den Flow bringen, wenn du alles tust, damit dein Team in den Flow kommt. 
Die perfekte positive Rückkopplung.

Key Take Aways

Auch als Scale up könnt ihr in den Flow kommen. Und solltet es auch – denn damit maximiert ihr Spass und Produktivität. 
Dazu hast du fünf Hebel:

  • Kompetenzen ausbauen. Je höher eure Kompetenz, desto eher kommt ihr in den Flow. Trainiert jeden im Team und ergänzt euch durch erfahrene Manager.
  • 1-2 Ziele, Not To Do Liste. Klare Ziele bringen alle in den Flow. Arbeitet eure Herausforderungen sequenziell statt parallel ab. 
  • Schafft gemeinsame Fokuszeiten. Fokuszeiten und Deep Work echte Flow Booster. Und wenn alle gleichzeitig drin sind, gibt es auch keine Störungen.
  • Erfolge feiern, aus Misserfolgen lernen. Stellt sicher, dass alle spüren, was erreicht wurde. Das motiviert und bringt in den Flow.
  • Good News: Wenn du dein Team in den Flow bringst, kommst du selbst in den Flow. 

Und nun zu dir!

Reflektiere deinen Umgang mit dem Flow:

  • Wann warst du das letzte Mal im Flow? Was hast du da gemacht?
  • Wie erlebst du deine Wirksamkeit als Leader?
  • Wie geht es dem Team? Seid ihr im Flow?
  • Wie sehen die Flow Trigger bei euch aus? Was läuft schon gut, wo hakt es?
  • Was willst du als erstes Angehen, um dich und dein Team wieder in den Flow zu bringen?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Mit der Anmeldung zum Newsletter stellst du sicher, dass du künftig keine Anregungen rund um Leading Myself, Leading my Team und Leading my Business verpasst.

Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

7 Fragen an Anna Ott von HV Capital

Wenn jemand weiss, was es bedeutet, gesunde Startup-Organisationen zu führen, dann Anna Ott, VP People und ESG bei HV Capital.

Seit 20 Jahren arbeitet Anna auf allen Seiten – mit Startups, VCs und Acceleratoren. Vor HV Capital war sie bei Lycos, iPotentials, Team Europe und Hub:raum. Für ihre herausragende Arbeit wurde sie vom Capital als Top „40 unter 40“ gewählt.

Ihr großes Ziel: Talent-zentrische Organisationen, in denen alles ineinandergreift: Talentakquise, Performance Management, Führung und Kultur.

So entsteht Growth Leadership!

Um so mehr freue ich mich, Anna meine Leadership-Fragen zu stellen.

Anna, deine Arbeit mit den Gründern bei HV Capital schätze ich sehr. Wie du die ehemals unterschätzen People-Fragen zum strategischen Thema machst – Hut ab.

Vom Macher zum Leader, vom Gründer zum CEO – was ist aus deiner Erfahrung der größte Entwicklungsschritt für die Gründer, die ihr begleitet?

Der wichtigste Schritt auf dem Weg vom Gründer zum CEO ist die Introspektion.

Sich selbst lesen zu lernen oder ganz profan: Eine Bedienungsanleitung für sich selbst zu haben. Ich hatte mal ein schönes Gespräch mit drei Gründern, die sagten: Wir sind zu alt, um nicht mehr an Selbsterkenntnis zu glauben, wir kennen alle unsere Trigger.“ Und ich dachte mir: Das ist Gold.

Denn darum geht es: Dass der Mensch, der den lebensverändernden Schritt wagt, Gründerin oder Gründer zu werden, gleichzeitig beginnt, eine Reise zu sich selbst zu machen. Ich glaube fest daran: Wenn ich weiß, wer ich bin, wo meine Trigger und meine Schattenseiten liegen, dann schaffe ich es, eine Organisation zu bauen, die stark ist.

Stark heißt für uns als Investoren Wachstum und Erfolg. Aber stark heißt auch: Eine gesunde Organisation, die nicht toxisch ist.

Anna Ott

In der die Menschen die Gründerinnen und Gründer gerne auf ihrer anstrengenden, aber schönen Reise begleiten.

Unabdingbar dafür ist es, dass man anfängt, sich selbst lesen zu lernen. Das geht nicht über Nacht, Bücher reichen auch nicht, da braucht es eine langfristige Coaching-Begleitung. Es ist eine persönliche Wachstumsreise.

Es macht unglaublich viel Spaß, mit Gründern zu arbeiten, die das verstehen und hinkriegen. Sie haben eine spürbar andere Qualität. Die überrascht man nicht mit Erkenntnissen über sich selbst. Die sehen sich jeden Tag selbst im Spiegel und wissen, was sie da sehen.

Und das ist ein toller Teil meiner Arbeit: Zu erleben, wenn Menschen anfangen, in Richtung Selbsterkenntnis zu gehen.

Wie früh erkennt ihr das? Du bist ja sicher im Prozess der Investition eingebunden. Wonach schaut ihr da?

Aktuell sind der Investment-Entscheidungsprozess und mein Prozess der Begleitung noch etwas disconnected. Im Investment-Entscheidungsprozess werden viele Faktoren bewertet. Natürlich werden dabei auch die Gründer anschaut. Dabei geht es aber vor um die Passung zwischen den jeweiligen Investment-Kollegen und den Gründerteams. Das ist zentral, denn hier geht es um eine Langfristbeziehung, die stark auf Vertrauen angelegt ist.

Da hat jeder unserer fast 20 Investment-Kollegen seine eigene Signatur. Das muss einfach passen, denn hier startet eine Beziehung, die auf acht bis zehn Jahre angelegt ist. Wenn dieser Fit zwischen Gründer und Investment-Kollege nicht da ist, dann ist es egal, ob ich die Person qualitativ gut finde oder nicht.

Was ich mir aber immer anschaue, ist die Frage: Arbeiten die mit einem Coach? Wer ist der Mentor, wenn sie mal frustriert sind? Wo lassen Sie ihren Druck ab? Wer hält sie accountable? Was ist Ihr soziales Umfeld?

Wenn ich jemanden neu kennenlerne, und er erzählt mir „Ich habe hier einen Coach und da einen Mentor und hier habe schon diese Diagnostik“, dann merke ich: Okay, da muss ich mir keinen Kopf machen. Der ist schon auf der Reise.

Dann gibt es aber auch solche, die eher abwiegeln: „Nee, nee, brauche ich nicht. Alles gut. Läuft. Ich kriege das schon allein hin.“ Dann platziere ich das Thema immer wieder. Oder erzähle von anderen Gründern, die froh sind, dass sie einen Coach haben. Und die erfolgreich sind, weil sie gecoacht wurden.

Das ist kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Meilenstein. Natürlich freut es mich, wenn sie dann so ein halbes Jahr später kommen und sagen, „Anna, ich glaube, ich hätte jetzt auch gern einen Coach. Wen könntest du denn da empfehlen?“ Dann merke ich: Jetzt beginnen sie ihre Reise.

Das erlebe ich auch. Ich habe Coachees, die frühzeitig sagen „Ich weiss, dass ich mich selbst verstehen muss, damit ich gut führen und das Unternehmen nach vorne bringen kann.“ Das ist natürlich toll. Aber es gibt auch Gründer, die erstmal gegen ihre persönliche Glasdecke gerauscht sein müssen, bevor sie mit der Selbstentwicklung starten.

Genau.

Und es gibt kein größeres Geschenk, als mitzuerleben, wie sie ihr Potenzial dann entfalten. Manchmal ist es fast ein Aufblühen.

Anna Ott

Die gehen gerader, gestärkter und offener, die haben einen wacheren Blick. Ich würde fast behaupten: Man sieht es, wenn Gründer die Reise der Selbsterkenntnis begonnen haben. Die Art und Weise, wie sie zuhören, wie sie reden, wie sie über Menschen in ihrem Umfeld sprechen.

Natürlich ist es auch einen langsames Kennenlernen. Mit jedem Gespräch, dass wir miteinander führen, kommen wir dem Kern näher. Wo können wir hier helfen? Wo müssen wir dran und wo vielleicht auch nicht? Wo lassen sie es auch zu?

Du hast jetzt viele Leader gesehen. Wessen Führung inspiriert dich und warum? Oder was für eine Art von Führung inspiriert dich?

Auf dieser Frage habe ich etwas rumgekaut. Gibt es den einen inspirierenden Leader? Ich glaube nicht, vielleicht habe ich auch noch zu wenige erlebt. Ich bin ja immer an der Seitenlinie.

In den frühen Phasen von Startups, bei den First Time Leadern, ist die Führungsqualität noch am Anfangslevel. Die meisten wurden ja selber nie geführt. Die schlingern, weil sie erst mal ihren Stil finden müssen. Da passiert dann ganz viel gleichzeitig.

Und dann gibt so ein paar, die sind schon weiter in der Entwicklung. Da ist mehr Reife in der Führung, das sieht man dann auch. Die machen dann oft Sachen, die ich schön finde. Neulich hatten wir einen CEO in einem der größeren Startups, der ein sehr gutes Gespür dafür hat, wie er sehr hochkalibrige Leute für sich gewinnt. Der weiss, dass er bei jedem Menschen den ganz individuellen Trigger finden muss, um sie für sich zu gewinnen.

Letzthin hat er eine CRO für sein Unternehmen geclosed. Eine sehr schwierige Suche, da er sehr anspruchsvoll war. Als er die richtige Person gefunden hatte, hat er alle Hebel in Bewegung gesetzt, um diese Person zu gewinnen. Er ist zu ihr ins Ausland gefahren, hat lange Walking Talks gemacht, alles erzählt, super transparent, authentisch und offen. Sehr viel auch Vertrauen maximiert. Und er hat auch die anderen Stakeholder, in dem Fall die Familie, mit an Bord genommen.

Wir haben so einige Gründer, über die ich tolle Geschichten erzählen könnte. Ich schätze Leader, die sich wirklich für die andere Person interessieren und versuchen, diese Person für sich zu gewinnen, ohne ihnen blühenden Landschaften zu verkaufen. Wenn ab Tag eins das Vertrauen maximiert wird, startet auch die Führungsbeziehung auf einem ganz anderen Level.

Dann entsteht eine Leadership, die auf echter Followership basiert.

„Das ist die Qualität von Followership, an der wir die Gründer messen: Wird denen gefolgt oder verlassen die Ratten sofort das sinkende Schiff, wenn eine wirtschaftlich schwierigere Lage kommt.“

Anna Ott

Ich finde den Satz fantastisch: „Ab Tag eins auf Vertrauen maximiert.“ Denn tatsächlich sehe ich das auch in meiner Arbeit. Am Ende geht es immer darum, echtes Vertrauen aufzubauen.

Du sprachst vorhin von guten Unternehmen, die geschaffen werden sollen. Was macht für dich gute Führung aus?

Im Venture Capital machen wir eine Druckbetankung. Da sind die Erwartungen des Marktes, die Erwartung der Gründer an sich selbst, die Erwartung der Mitarbeiter an den Erfolg, an dem sie Teil haben wollen und so weiter. Wir haben einen Druck auf dem Kessel, der kaum größer sein kann. Die Stärke, nach der ich suche, und die wir an vielen Stellen sehen, ist es, das auszuhalten. In der Lage zu sein, diesen Druck zu regulieren, egal woher er kommt.

Erlebbar wird das in wirtschaftlichen Krisenphasen oder schwierigen Momenten, die wir in den letzten zweieinhalb Jahre gefühlt immer hatten. Wie ist dann der Zusammenhalt der Organisation? Steigt der Turnover? Verlassen die Ratten das sinkende Schiff oder bleiben alle dabei und kämpfen mit?

Es ist auch eine Stärke mal „nein“ zu Projekten und Wachstumschancen sagen zu können, nicht alles mitnehmen zu müssen. Klarheit zu haben: Was ist der Weg, von dem wir nicht abweichen, auf den wir uns gemeinsam einschwören? Worauf fokussieren wir uns? Wichtig sind auch die Klarheit in den Entscheidungen und Art wie Entscheidungsprozesse ablaufen.

Stärke hat für mich ganz viele Faktoren: Die Fähigkeit einer Organisation, durch unvorhersehbare Gewässer zu gehen und den Zusammenhalt auf dem Boot hinzubekommen. Das alle wissen, was ihre Rolle ist, wohin die Reise geht und wie sie auch in verändernden Situationen dieses Schiff gemeinsam steuern und navigieren.

Die letzten zweieinhalb Jahre waren ein guter Lackmustest. Da hat sich gezeigt, wer wirklich navigieren kann. Das hat weder damit zu tun, dass der Markt für die perfekt ist oder dass die Investoren sie besonders unterstützen, sondern dass sie einen Zusammenhalt im Team haben, der es ihnen ermöglicht, durch schwierige Lagen zu gehen.

Wichtiges Thema: Zusammenhalt der Mannschaft. Wenn Startups scheitern, dann zu 65% aufgrund von Gründerkonflikten. Da zeigt es sich, ob das Gründerteam ein echtes Team ist oder nur ein Pseudo-Team, das sich irgendwie die Aufgaben teilt.

„Ja, es macht eine riesen Unterschied, ob das Team rein transaktional ist oder ob es Vertrauen und Ehrlichkeit maximiert.“

Anna Ott

Sprich: Lässt man auch mal Befindlichkeiten zu, oder will man einfach nur performen und alle sind entweder AAA+ Player oder Underperformer. Performance spielt immer eine große Rolle, das ist der Antrieb für alle. Es ist die Tonalität, die den Unterschied macht.

In der Tat. Gute Unternehmen schaffen eine Balance zwischen Performance und People Orientierung. Eine reine Performance Orientierung ist gefährlich, da ist der Mensch nur ein Rädchen in der Maschine. Bei einer reinen People Orientierung fehlt oft der Drang nach vorne. Die richtig guten Leute suchen nach der Balance. Als Mensch gesehen werden und Performance bringen. Aber dieser Mittelweg ist nicht trivial.

Ja, und der Schlüssel dazu ist das richtige Maß der Kontrolle. Performance ist schwierig, wenn sie mit zu viel Kontrolle gemischt wird. Und nicht kontrollieren ist auch schwierig, da fehlt die Führung. Wenn ich die Leute einfach so machen lasse, dann gebe ich zwar viel Freiraum, aber da passiert das auch nicht so richtig viel.

„Startups müssen die richtige Balance von Performance, Kontrolle und Vertrauen entwickeln.“

Anna Ott

Das geht nicht über Nacht. Über die Zeit müssen sie ihr Menschenbild so drehen, dass sie sagen: Ich muss die Leute nicht kontrollieren, ich kann ihnen vertrauen. Ich möchte ihnen vertrauen und gebe ihnen Vorvertrauen. Auf die Gefahr hin, dass ich Misstrauen bekomme, versuche ich, die Leute an den Stellen zu platzieren, wo sie ihr Potenzial entfalten, und wo sie zusammen mit mir Ownership am ganzen Schiff und an der gemeinsamen Reise haben.

Und dann erlaube ich es mir, loszulassen. Loslassen ist sicher auch das große Motiv deiner Arbeit, oder? Der Weg von: Ich kontrolliere alles, ich weiß alles, ich besitze jede Information, zu: Es wird jeden Tag ein bisschen weniger. Die Balance von Nähe und Distanz. Zu Menschen, zu Entscheidungen, zu Dingen, die passieren, Projekten. Das ist eine mühsame, schmerzhafte Reise. Ich bewundere die Menschen, die das hinkriegen.

Das interessante an dieser Reise ist: Die Kontrolle bleibt immer da. Sie wird nur anders ausgeübt. Es ist der Weg von der persönlichen Kontrolle, dem „Ich habe das im Griff.“, hin zu, „Ich schaffe Strukturen.“ Ich institutionalisiere meine persönliche Kontrolle über klare Ziele, eine starke Kultur und klare Rollen.

Ja, genau darum geht es: Das System löst die individuelle Kontrolle ab.

Du sagtest vorhin schon: Es sind schwierige Zeiten. Ihr stellt ja gerade sicher, dass alle eure Startups wetterfest für die nächsten anderthalb, zwei Jahre werden. Wie gehst du mit solchen Zeiten um?

Investoren schalten in diesen Zeiten den Modus um. Für uns waren die letzten zwei Jahre super anstrengend, weil der Markt so überhitzt war und wir schnell handeln mussten. Gefühlt sind wir immer allem hinterhergerannt und das fühlt sich nie gut an. Wo man so denkt, ist das alles wirklich so heiß gekocht?

Jetzt es ist nicht mehr so heiß, vielleicht sogar ein bisschen frisch. Aber das sind die Phasen, wo ich, aber auch viele von meinen Investment Kollegen, wieder näher an die Unternehmen rücken. Näher an den Gründern sein, näher an den Teams, mehr Zeit mit ihnen verbringen und schauen, wie wir ihnen helfen können.

Die meisten sind aufgrund der letzten zweieinhalb Jahre schon relativ wetterfest. Ein paar Organisationen sind natürlich zu jung, um das schon durchgelebt zu haben. Aber wir können auf sehr viel Erfahrung aus 22 Jahren zurückgreifen.

In den letzten zwei Jahre waren es viele neue Beziehungen. Da kam gefühlt jede Woche ein neues Team ins Portfolio. Jetzt, wo es bei uns und im Markt ein bisschen ruhiger geworden ist, nehmen wir uns die Zeit, wieder an der Beziehungstiefe zu arbeiten. Jetzt stärken wir die Leute, die wir schon haben.

Wie gehst du selbst mit schwierigen Zeiten um? Wie bleibst du in der Energie? 

Wo kriege ich Energie her? Ehrlich gesagt, die letzten zweieinhalb Jahre waren auch für Menschen wie mich total anstrengend. Ich lebe von der Nähe zu Menschen. Ironischerweise hatte ich zuletzt eher zu viele neue Menschen. Aber nur virtuell, und nicht mit der Beziehungsqualität, die mir eigentlich wichtig ist.

Jetzt geht es wieder in die richtige Richtung. Ich blühe gerade auf. Ich kriege meine Energie durch lange, gute und ruhige Gespräche mit Menschen, die ich auch persönlich sehen kann. Das passiert jetzt immer mehr, und das ist sehr gut für mich.

Ich habe jetzt wieder Zeit, mit den Startups Workshops zu machen. Wir treffen uns persönlich, ich hole meine Post-its wieder raus und staube meine Time Timer ab. Das habe ich die letzten Monate schon gemacht. Ich liebe Momente, wo ich mit anderen in einem Raum bin und unstrukturiert an spannenden Themen arbeite. Für mich waren die letzten zwei Jahre anstrengend, weil ich über Zoom keine Brainstormings machen kann. Jetzt haben wir alle Bock uns zusammenzusetzen und gemeinsam laut zu denken. Ich kann das einfach besser in Person.

Dafür hatte ich die letzten zweieinhalb Jahre sehr viel Zeit zum Lesen. Jetzt freue mich darauf, dass ich rausgehen und das Wissen teilen kann. Und das wir ein paar Sachen davon wirklich umsetzen. Diversity hattest du schon angesprochen. Das ist ein Riesenthema bei uns. ESG grundsätzlich. Da ist noch ganz viel zu erarbeiten, gemeinsam mit unserem Startup Portfolio und dem Ökosystem. Dafür haben jetzt, wo es etwas weniger wild ist, die Zeit. Jetzt können wir uns mal in Ruhe hinsetzen und überlegen, wie wir diese Probleme lösen können.

Was hast du zuletzt gelesen? Was empfiehlst du Gründern?

Ich könnte dir 1.000 Bücher sagen. Aber es gibt zwei Bücher, die ich Gründern am häufigsten empfehle und auch schenke. Wenn es eine Gründerbibliothek gäbe, müssten sie auf jeden Fall drinnen sein:

„How To Get Your Act Together: A Judgement-Free Guide to Diversity and Inclusion for Straight White Men” von Suki Sandhu und Felicity Hassan.

“Do Purpose: Why brands with a purpose do better and matter more” von David Hieatt.

Das erste ist ein wirklich gutes Buch zum Thema Diversity und Inklusion. In diesem Buch stehen alle Antworten auf die Frage, wie man Diversity leben kann. Und es ist schön geschrieben. Das zweite Buch auch ist sehr inspirierend. Von der Do Library habe ich glaube ich fast alle. Auch das Buch „Do Lead“ ist sehr gut.

Tatsächlich bringe ich dieses Startup-Bundle immer wieder neuen Gründern mit. Das sind ja Hosentaschenbücher. Die kannst du wirklich sehr schnell lesen.

Dein Buch „Vom Gründer zum CEO“ habe ich auch schon 10.000 mal empfohlen und diverse Startups haben es auch schon gelesen.

Kommen wir zur letzten Frage: Welchen Rat würdest du einem First Time Leader geben?

Coaching.

„Mein Rat an First Time Leader: Trau dich, die Reise nach innen zu machen.“

Anna Ott

Da schließt sich der Kreis zu meinem ersten Satz, zur Introspektion. Ich finde es gut, im Laufe seines Lebens mehr über sich selbst zu erfahren.

Ich bin jetzt 40 und ich habe das Gefühl, ich weiß immer noch nicht alles. Dabei habe ich aufgrund meiner Profession bestimmt schon vor 20 Jahren angefangen, jeden Diagnostik-Test, den ich kriegen kann, zu machen. Ich hatte Coaching-Stunden und weiß ich nicht alles.

Für mich gibt es keinen schöneren Aha-Moment, als wenn jemand die Sprache findet, um seine eigenen Trigger zu beschreiben. Tatsächlich geht es ganz viel um Sprache. Dass man Worte findet, sich zu beschreiben. Es gibt ein weiteres Buch, das ich sehr schön finde: „Atlas of the Heart“ von Brene Brown. Ein Lexikon über Emotionen.

Ich bin so obsessed damit, weil ich denke, oft geht es einfach nur darum, die Worte finde, die beschreiben, was in mir vorgeht. Und es gibt verschiedene Wege, da hinzukommen. Bücher lesen ist einer. Coaching hilft auch sehr, die Sprache zu finden, mit der ich meine Gefühle artikulieren kann. Aus verschiedenen Studien wissen wir: Wenn ich das richtige Wort für meine Gefühle finde, habe ich schon den ersten Moment der Selbsterkenntnis.

Dann kann ich sagen: Ich bin jetzt frustriert oder ich bin jetzt wütend oder ich bin jetzt gereizt. Wenn ich das granularer und granularer beschreiben kann als vorher, dann habe ich schon den ersten Schlüssel gefunden, um mich selbst zu regulieren, aber auch um das zu kommunizieren und es zu lösen.

Das ist der Tipp, den ich First Time Leadern gebe: Erweitere die Klaviatur der Sprache über dich selbst und lerne dich verstehen. Was auch immer der individuelle Weg ist. Ob Meditation, Yoga oder Retreats in Bali – I don’t know. No judgement. Finde die Sprache. Denn wenn die Menschen ihren Gemütszustand nur mit drei Worten beschreiben können; von: Mir geht es gut. Mir geht es geht so. bis: Mir geht es schlecht, dann weiß ich, da ist noch viel möglich.

Da ist viel möglich. Tolles Thema. Was ein ganz wunderbares Gespräch!

Danke Anna für deine Impulse. Gerade für Gründer ist es so wichtig zu verstehen, wie sie sich und ihre Unternehmen zum Blühen bringen können.

In 5 Schritten zur effektiven Entscheidung

„Für unsere gemeinsamen Entscheidungen brauchen wie mehr Zeit – dafür sind sie aber auch besser.“ Die Erkenntnis hatte ein Gründer in unserem letzten Coaching.

Bisher hatte er die meisten Entscheidungen schnell und für sich getroffen. Da ist dann auch schon mal was daneben gegangen.

Seit ein paar Wochen ist das anders. Es gibt ein Leadership Team, in dem die wesentlichen Entscheidungen gemeinsam adressiert werden. Die Erkenntnis des Gründers: „Ich verstehe die Probleme besser und bekomme neue Perspektiven dazu.“

Was ein wunderbares Beispiel für den enormen Effekt systematischer Entscheidungsprozesse im Führungsteam.

Der Entscheidungsprozess

Zu effektiven Entscheidungen kommt ihr, wenn ihr diese 5 Schritte eines Entscheidungsprozesses rigoros durchlauft:

  • Problem verstehen,
  • Ziele & Anforderungen definieren,
  • Richtige Lösung finden,
  • Umsetzung sicherstellen,
  • Umsetzung tracken, Zielerreichung überprüfen.

Soweit im Schnelldurchgang. Aber was heißt das genau?

Problem verstehen

Es gibt ein wunderbares Zitat von Einstein.

„Wenn ich eine Stunde Zeit hätte, um ein Problem zu lösen, würde ich 55 Minuten damit verbringen, über das Problem nachzudenken und fünf Minuten über die Lösung“

Albert Einstein

Wir lieben es, Entscheidungen zu treffen. Aber was ist eigentlich das Problem? Wir hören von einer Herausforderung und schwupp – schon geben wir eine Antwort. Lösung gefunden, fühlt sich gut an.

Ist es aber nicht unbedingt. Denn wenn wir das Problem nicht richtig verstehen, ist eine gute Entscheidung reine Glückssache.

Oder wir treffen Entscheidungen, die gar nicht bei uns liegen sollten, sondern im Team. Das nennt sich dann Micromanagement.

Folgende Überlegungen helfen dir beim grundlegenden Verständnis des Problems:

  • Generisch oder Standard: Kümmere dich als Leader vor allem um generische Fragestellungen. Erarbeitet für diese Herausforderungen Entscheidungsprinzipien und Strukturen, mit denen diese Problemklasse dann standardmäßig vom Team gelöst werden kann. Und überlasst die Lösung von Standardproblemen dem Team. Das ist Empowerment.
  • One-Way vs. Two-Way-Door: Super Kriterium von Jeff Bezos. One-Way-Door-Entscheidungen lassen sich nur schwer rückgängig machen. Sie müssen sehr sorgfältig und mit ausreichend Zeit getroffen werden. Two-Way-Door-Entscheidungen sind leicht reversibel. Triff sie schnell und stell sicher, dass das Ergebnis nach einem angemessenen Zeitraum überprüft wird.

Im Gründer- oder Leadership Team solltet ihr euch vor allem um generische One-Way-Probleme kümmern. Z.B. Strategische Ausrichtung, Gehaltsstrukturen, Organisation… Steigt bei diesen Problemen tiefer in die Analyse ein:

  • Was ist das Problem? Woran zeigt es sich? Was macht es so problematisch?
  • Was ist der Kontext? Wann tritt das Problem auf? In welchem Umfeld?
  • Wie relevant ist das Problem? Wer ist vom Problem betroffen, wie stark? Was passiert im Umfeld? Wie wirkt sich das Problem aus?
  • Was ist die Priorität des Problems? Wie wichtig, wie dringend ist die Lösung? 
  • Was ist das Ziel? Was soll mit der Lösung erreicht werden? Welche Chancen und Risiken ergeben sich?

Ziele und Anforderungen definieren

Macht euch als nächstes klar, welche Bedingungen eure Entscheidung erfüllen muss. Beantwortet dazu die folgenden 3 Fragen:

  • Welche Ziele soll die Entscheidung erreichen?
  • Was ist das Minimalziel, das wir erreichen wollen?
  • Welche Bedingungen muss die Lösung erfüllen?

Trefft nur Entscheidungen, die diese Kriterien erfüllen. Sie sind der Qualitätsmaßstab eurer Entscheidungsfindung.

Die richtige Lösung finden

Ihr habt jetzt einen guten Blick für das eigentliche Problem und wisst, was eine gute Entscheidung ausmacht. Wahrscheinlich habt ihr auch schon eine erste These, wie die Entscheidung aussehen könnte.

Tatsächlich beginnen gute Entscheidungsprozess nicht, wie oft gesagt, mit Daten und Fakten. Sondern mit einer Meinung zur möglichen Lösung.

Eurer Lösungshypothese.

Nur wenn ihr diese Hypothese klar definiert und markiert, könnt ihr bewusst Alternativen entwickeln. Und dann für diese Hypothese und ihre Alternativen die richtigen Daten und Fakten sammeln.

Für den Prozess heißt das:

  • Hypothesen aufstellen. Was glauben wir über den Rahmen der Entscheidung zu wissen? Was wäre ein möglicher Lösungsansatz?
  • Hypothesen hinterfragen. Was würde uns zeigen, dass diese Hypothesen wahr oder falsch sind? Definiert Messgrößen für den Erfolg der Entscheidung.
  • Lösungsalternativen entwickeln:  Entwickelt und durchdenkt mindestens eine, wenn nicht zwei ernstzunehmende Alternativen. Seid kreativ, hinterlegt die Alternativen mit Daten und Fakten und wägt die Risiken und Chancen ab.
  • Entscheidung treffen. Trefft dann die Entscheidung, mit der ihre eure Ziele und Anforderungen bestmöglich erfüllt. Meidet komfortable, aber faule Kompromisse.

Bei der Entwicklung der Alternativen werdet ihr immer wieder erleben, dass Teammitglieder ganz andere Meinungen haben. Nutzt diese Differenzen im Team als Impuls, um euren Lösungsraum zu erweitern. Stellt dir dafür folgende Frage: „Wenn ich darauf vertraue, dass der Standpunkt meines Gegenübers vertretbar, rational und intelligent ist: Was sieht er, was ich aktuell nicht sehe? Was bringt ihn zu seiner Perspektive?“

Umsetzung sicherstellen

Super. Ihr habt eine Entscheidung getroffen. Das fühlt sich gut an. Haken dran. Weiter zur nächsten Entscheidung.

Funktioniert leider nicht. Viele Entscheidungen versanden, weil die Umsetzungsplanung fehlt. Sie sind dann nichts weiter als gute Vorsätze –  wie Peter Drucker so schön sagt.

„No decision has been made unless carrying it out in specific steps has become someone‘s work assignment and responsibility. Until then there are only good intentions.“

Peter Drucker

Im vierten Schritt der effektiver Entscheidungsprozesse macht ihr eure Entscheidung umsetzbar. Beantwortet und dokumentiert dazu die folgenden Fragen:

  • Was genau wurde entschieden?
  • Was muss jetzt passieren?
  • Wer übernimmt die Verantwortung?
  • Wer ist von dieser Entscheidung betroffen und muss informiert werden?
  • Haben wir die richtigen Ressourcen für die Umsetzung?
  • Bis wann muss die Entscheidung umgesetzt sein, was sind Meilensteine?

In der Kurzfassung sind das die 3Ws: Wer, Was, bis Wann.

Besonders wichtig für effektive Entscheidungsprozesse ist eine überzeugende Kommunikation in das Team. Ihr überzeugt eure Kollegen, wenn

  • ihr glaubwürdig seid. Baut einen Track Rekord gut durchdachter und erfolgreich umgesetzter Entscheidungen auf.
  • eure Entscheidung nachvollziehbar ist. Macht die Daten, Informationen und den Entscheidungsweg transparent.
  • ihr die Empfindungen eurer Kollegen berücksichtigt. Zeigt, dass ihr versteht, was die Entscheidung auslösen kann. Geht auf diese Emotionen ein. Macht euch dabei klar: Verständnis ist nicht gleich Zustimmung.

Umsetzung tracken, Zielerreichung überprüfen

Geschafft. Entscheidung getroffen und kommuniziert. Jetzt kann nichts mehr schief gehen.

Diese Haltung erlebe ich in vielen Teams: Wir haben unseren Job gemacht, jetzt sind die anderen dran. Der Rest muss jetzt laufen.

Tut es aber nicht. Denn auch jetzt kann noch alles Mögliche dazwischenkommen. Verfolgt die Implementierung und haltet die Verantwortlichen accountable. Die Entscheidung ist erst vollständig, wenn sie umgesetzt ist. So lange seid ihr noch in der Verantwortung.

Und macht dann den letzten wichtigen Schritt: Überprüft nach der vollständigen Umsetzung, was ihr mit dieser Entscheidung erreicht habt. Stellt dazu die folgenden Fragen:

  • Haben wir das Ziel der Entscheidung erreicht? Wo müssen wir nachsteuern?
  • Haben unsere Hypothesen gestimmt? Welche Hypothesen müssen wir revidieren?
  • Bei älteren Entscheidungen: Ist die Entscheidung noch relevant?
  • Was sagt uns das Ergebnis über den Entscheidungsprozess? Was müssen wir beim nächsten Mal besser machen?

Klingt mühselig und zeitintensiv? Ja ist es. Es wird euch erst mal schwerfallen, euer Entscheidungstempo runterzudrehen. Euch Zeit zu nehmen, statt einfach ein paar Entscheidungen rauszuhauen.

Gute Entscheidungsprozesse sind aufwändig.

Dafür sind sie effektiv. Sie helfen uns, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, es gut zu durchdenken und bis zur Realisierung durchzutragen.

Sie bringen uns dazu, unseren eigentlichen Führungsjob zu machen: Die Strukturen und Entscheidungsprinzipien zu definieren, mit denen unsere Teams ihren Job machen können.

Viel Spaß beim Ausprobieren.

Und nun zu dir!

Wie kommt ihr zu effektiven Entscheidungen?

  • Bei welchen Schritten im Entscheidungsprozess hakt es bei euch am meisten?
  • Kümmert ihr euch um die richtigen Entscheidungen?
  • Nehmt ihr euch die Zeit, das eigentliche Problem zu verstehen?
  • Versteht ihr eure Hypothesen und diskutiert Alternativen?
  • Durchdenkt ihr auch die Umsetzung?
  • Wie gut verfolgt ihr die Umsetzung und reflektiert ihr die Zielerreichung?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Mit der Anmeldung zum Newsletter stellst du sicher, dass du künftig keine Anregungen rund um Leading Myself, Leading my Team und Leading my Business verpasst.

Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

Entscheide dich, zack zack!

Ihr kommt mit euren Initiativen nicht voran? Eure Meetings sind frustrierend und ergebnislos? Das Energielevel im Team so lala? Dabei arbeitet ihr die ganze Zeit auf Hochtouren. Eigentlich müsste doch viel mehr gehen!

Diese Diskussion hatte ich gerade wieder mit zwei Gründerteams. Die Ursache für viele dieser Phänomene ist ein Thema, dass uns oft kaum bewusst ist:

Effektive Entscheidungen.

Entscheidungen zu treffen, ist DER Job von Leadern. Aber nur selten machen wir uns Gedanken darüber, was das eigentlich bedeutet.

Und das ist fast schon fahrlässig. Denn gute Entscheidungen machen nicht nur euer Business besser, sie geben euch auch Energie und empowern euer Team.

Höchste Zeit mal zu schauen, was effektive Entscheidungen ausmacht. Und da das ein breites Feld ist, gibt es dieses Mal zwei Artikel dazu. In diesem Artikel schauen wir uns an, was effektive Entscheidungen ausmacht und was uns dabei blockiert. Im nächsten Artikel schauen wir dann an, wie ein guter Entscheidungsprozess aussieht, der diese Probleme und Blockaden überwindet.

Red Flags der Entscheidungsfindung

Bevor wir weiter eintauchen: Wie effektiv trefft ihr eigentlich Entscheidungen?

10 Red Flags zeigen typische Probleme ineffektiver Entscheidungsprozesse. Was davon kommt dir bekannt vor?

1. Wir treffen eine unendliche Anzahl von Entscheidungen. Oft auch total belanglosen Kleinsch…

2. Zu viele Köche machen es schwer, effektiv zu entscheiden.

3. Wir treffen alle Entscheidungen so schnell wie möglich. Nur nicht in den Details verlieren.

4. Wir vermeiden die wirklich großen Entscheidungen und halten uns lieber die Tür offen.

5. Wir nehmen uns selten die Zeit, um Alternativen und Szenarien durchzudenken.

6. Es fühlt sich immer so an, als würde der Lauteste entscheiden.

7. Unsere Entscheidungen werden selten dokumentiert; das kostet zu viel Zeit.

8. Viele Entscheidungen werden nicht gut kommuniziert.

9. Viele Entscheidungen werden in sehr kurzer Zeit infrage gestellt.

10. Nur wenige unserer Entscheidungen werden konsequent umgesetzt.

Und? Wie oft hast du „Ja“ gesagt? Wo hakt es bei euch am meisten? In der Auswahl der richtigen Entscheidungen? Im Prozess bis zur Entscheidung? Oder in der Umsetzung?

Effektive Entscheidungen

Was ist eigentlich eine „Effektive Entscheidung“? Also eine Entscheidung, die wir als Leader treffen sollten?

Jeff Bezos gibt uns einen wichtigen Hinweis:

“As a senior executive, what do you really get paid to do? You get paid to make a small number of high quality decisions. Your job is not to make thousands of decisions every day.

Right now, I’m working on a quarter that will reveal itself 3 years from now. If I make 3 good decisions a day, that’s enough. They should be as high quality as I can make them.”

Jeff Bezos

Sprich: Als Leader fokussieren wir auf wenige sehr gute Entscheidungen. Auf Entscheidungen, die einen nachhaltigen Impact auf die Zukunft haben. Eine hohe Qualität erreichen wir durch bewusste Entscheidungsprozesse, die alle wesentlichen Faktoren inklusive der Umsetzung berücksichtigen.

Damit erfüllen effektive Entscheidungen 5 Kriterien:

  • Strukturiert: Effektive Entscheidungsfindung basiert auf einem strukturierten Prozess mit klar definierten Elementen. Die Systematik hilft, Bias und Befindlichkeiten zu reduzieren.
  • Essenziell. Konzentriert euch auf wenige, wesentliche Entscheidungen. Den Rest delegieren, oder mit Routinen hinterlegen.
  • Grundsätzlich. Ihr dringt bis zur Wurzel der Probleme vor und schafft Grundsatzlösungen, statt nur individuelle Probleme und Einzelfälle zu entscheiden.
  • Rigoros. Ihr hinterfragt das Problem und möglichen Lösungen intensiv. Ihr springt nicht gleich auf die erste Option und spielt auch Konsequenzen der 2. und 3. Ordnung durch.
  • Vollständig. Entscheidungsfindung endet nicht mit dem Beschluss. Sie ist erst vollständig, wenn die Umsetzung sichergestellt ist und allen Betroffenen kommuniziert wurde.

Nimm dir jetzt mal die letzten 5 Entscheidungen vor, die du getroffen hast. Wie effektiv waren diese Entscheidungen?

  • Hattet ihr einen systematischen Prozess?
  • Waren es essenzielle Entscheidungen oder eigentlich Alltagsentscheidungen?
  • Wie grundsätzlich bist du an die Problemlösung gegangen?
  • Habt ihr verschiedene Alternativen beleuchtet?
  • Wie gut habt ihr die Umsetzung durchdacht und kommuniziert?

Entscheidungen in Wachstumsunternehmen

Diese ersten Überlegungen zu effektiven Entscheidungen zeigen: Dein Job sind die wenigen großen Entscheidungen, die tendenziell mehr Zeit brauchen.

Da aber liegt der Hase im Pfeffer: Langsam wenig zu machen – das ist so gar nicht das Selbstbild der meisten Gründer.

Effektive Entscheidungen sind gerade in Wachstumsunternehmen echte Herausforderung, die in den tiefen Gewohnheiten und Bedürfnissen der Gründerinnen und Gründer verankert ist.

Entscheidungen im Startup: Schnell, direkt

In der Anfangszeit des Startups liegt die ganze Entscheidungsmacht bei euch, dem Gründerteam. Ihr seid an allem ultradicht dran, alle Informationen sind in eurem Kopf, und ihr wollt schnell sein. Das Team ist klein, die Entscheidungen werden quer über den Tisch kommuniziert, da geht nicht viel verloren. Und in die Umsetzung seid ihr eng eingebunden. Direkte Ergebniskontrolle.

In dieser Situation ist es richtig und wichtig, dass ihr schnell Entscheidungen trefft. Und ihr liebt es. Denn jede Entscheidung ist ein kleiner Schritt nach vorn.

Entscheidungen geben euch das gute Gefühl, wirksam zu sein. Ganz direkt. Ihr treibt die Dinge voran. Sichtbar und messbar an der Zahl der Entscheidungen.

Entscheidungen im Scale up: Strukturiert, umfassend

Das ändert sich, wenn das Team wächst. Die fehlende Effizienz von Entscheidungsprozessen ist ein typischer Wachstumsschmerz.

  • Ihr macht nicht mehr alles selbst und habt damit nicht mehr alle Informationen. Ihr müsst andere in die Entscheidungsfindung einbinden.
  • Die Komplexität der Probleme und der Organisation wächst. Quick Wins zielen jetzt schnell am eigentlichen Problem vorbei.
  • Die Anzahl der Entscheidungen steigt exponentiell. Ihr könnt nicht mehr alles selbst entscheiden. Und sollt es auch nicht. Denn das ist der beste Weg, euer Team zu demoralisieren.
  • Ihr seid nicht mehr die Umsetzer. Wenn die Umsetzung nicht durchdacht und kommuniziert wird, wird die Entscheidung nie realisiert.

Schnelle Schüsse geht jetzt vermehrt nach hinten los. Oder es wird aufgrund der Komplexität gar nicht mehr geschossen. Wichtige Entscheidungen werden aufgeschoben.

All dies blockiert euch. Ihr fühlt euch nicht mehr wirksam. Das Flow-Gefühl der direkten Umsetzung geht verloren. Und damit fehlt euch ein wesentlicher Energiegeber.

Wirksamkeit neu definieren

Zu effektiven Entscheidungen kommt ihr nicht nur durch die Einführung guter Entscheidungsprozesse. Der größte Hebel liegt im Verständnis eurer ganz persönlichen Entscheidungsblockaden. Der Schlüssel dazu: Das Verständnis deiner inneren Antreiber und ihrer Wirkung auf deine Entscheidungspräferenzen.

Sei Stark

Du willst möglichst emotionsfrei entscheiden. Klarheit und Stärke zeigen. Gewinnen ist dir wichtig. Klare Entscheidungen, die DU triffst, geben dir Power.

Das kann aber auch nach hinten losgehen, wenn deine Dominanz zu falschen Entscheidungen führt. Wenn es mehr um „Deine“ als um die „richtige“ Entscheidung geht.

Dein Hebel: Binde in deine Entscheidungen einen starken „Devils Advocat“ ein. Genieße die Reibung und das Ringen um die richtige Lösung. Hole dir selbstbewusste Sparringspartner, die ein gutes Gespür für die emotionale Lage im Team haben. Damit schaffst du einen guten Ausgleich.

Sei perfekt  

Du willst die Dinge wirklich gut machen, Details sind dir wichtig. Mit deinem Perfektionismus hilfst du dem Team vollständige Entscheidungen zu treffen.

Zur Blockade wird dein Perfektionismus, wenn du nach immer mehr Informationen suchst und die Entscheidung immer weiter aufschiebst.

Dein Hebel: Mach dir bei jeder Entscheidung klar, wie reversibel sie ist. Nutze deine Rigorosität bei den wegweisenden, irreversiblen Entscheidungen. Und arbeite bei allen anderen nach dem Motto „Good enough for now, safe enough to try.“.

Sei schnell

Du liebst es, schnell zu sein. Ein Leben auf der Überholspur. Du treibst das Team zu schnellen Entscheidungen. Raus damit und weiter, ein guter Gegenpol zum Perfektionisten

Problematisch wird dein Speed, wenn euch Business immer komplexer wird. Schnell hingeworfene, oberflächliche Entscheidungen verfehlen dann oft das eigentliche Ziel.

Dein Hebel: Verschiebe deine Wahrnehmung. Von der schnellen Entscheidung hin zur schnellen Umsetzung. Mach dir klar: Jede Minute, die du in durchdachte, geplante und kommunizierte Entscheidungen investierst, resultiert in einer schnelleren und besseren Umsetzung.

Mach‘s allen recht

Dir ist es wichtig, geschätzt zu werden und du willst alle mitnehmen. Eine gute Entscheidung ist für dich eine, der alle zustimmen und die keine Konflikte produziert.

Problematisch, wenn das Team wächst. Denn dann steigt die Gefahr fauler Kompromisse und nie endender Konsensschlachten.

Dein Hebel: Fokussiere auf Entscheidungen, die für Klarheit sorgen. Klare Arbeitsprinzipien, Verantwortlichkeiten und Strukturen erleichtern die Zusammenarbeit und minimieren Friktionen. Und unterstützen damit die Harmonie, die du dir wünschst. 

Streng dich an

Du bist unglaublich pflichtbewusst und strengst dich gerne an. Du gibst nie auf. Dein Durchhaltevermögen bringt euch durch mühselige Entscheidungen.

Gefährlich wird diese Tendenz, wenn du Entscheidungen überkomplizierst. Wer seine Befriedigung aus der Härte der Entscheidung zieht, bringt sie nur selten zu Ende.

Dein Hebel: Gib dir für jede Entscheidung einen festen Zeitrahmen, innerhalb dessen die Entscheidung getroffen werden muss. Und lass dich darauf von deinen Kollegen zur Rechenschaft ziehen.

Wo erkennst du dich wieder? Wo deine Kollegen? Nehmt euch diese Liste auch gerne im Team vor und überlegt, wie ihr einander bestmöglich unterstützt, um zu effektiven Entscheidungen zu kommen.

Entscheidet euch!

Effektive Entscheidung zu treffen, ist DEIN Job. Die wenigen Entscheidungen, mit denen ihr eure Zukunft gestaltet: Strukturiert, essenziell, grundsätzlich rigoros und vollständig.

Je größer euer Unternehmen wird, desto strukturierte müsst ihr euch mit dieser Aufgabe auseinandersetzen. Und dafür nicht nur die richtigen Prozesse etablieren (nächster Artikel), sondern vor allem sicherstellen, dass ihr euch nicht selbst blockiert.

Und nun zu dir!

Wie effektiv sind deine Entscheidungen?

  • Wie viele Red Flags haben eure Entscheidungsprozesse?
  • Triffst du effektive Entscheidungen: Strukturiert, essenziell, grundsätzlich, rigoros und vollständig?
  • Was sind deine typischen Entscheidungsblockaden? Wie kannst du sie adressieren?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Mit der Anmeldung zum Newsletter stellst du sicher, dass du künftig keine Anregungen rund um Leading Myself, Leading my Team und Leading my Business verpasst.

Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

7 Fragen an Aimie-Sarah Carstensen von ArtNight

Aimie-Sarah Carstensen hat 2016 ArtNight gegründet.

ArtNight ist ein echtes Herzensprojekt. Getrieben von der Vision, Menschen dazu zu inspirieren, ihre tägliche Routine zu durchbrechen und ihren kreativen Flow zu erleben – für mehr Glück und Lebensfreude im Alltag. In der Coronazeit dann auch im virtuellen Raum, aber nicht weniger kreativ.

Kreative Schaffenskraft ist einer meiner wichtigsten Werte. Und genau das lebt Aimie: In ihrem Leben dreht sich alles um Unternehmertum, persönliche Weiterentwicklung, Leadership und Kreativität. Growth Leadership at it’s best!

Um so mehr freue ich mich, Aimie meine 7 Leadership-Fragen zu stellen.

Danke Aimie, dass du dir die Zeit für die sieben Leadership-Fragen nimmst. Ich freue mich ganz besonders darauf, mit dir zu sprechen: Ich bewundere deine Arbeit, ein wirklich kreatives Unternehmen aufzubauen, und erlebe dich als eine Führungskraft, die eine große innere Freiheit gewonnen hat.

Meine erste Frage: Vom Macher zum Leader, was war dein größter Entwicklungsschritt?

Mein erster richtig großer Entwicklungsschritt war es, zu lernen loszulassen und nicht alles selbst machen zu müssen. Nicht alles immer kontrollieren zu wollen, sondern mich darauf zu konzentrieren, wie ich ein gutes Team aufbauen und die Stärken von jedem Einzelnen gut nutzen kann.

Ich sage immer: Die Richtung vorgeben und die Leitplanken setzen. Leitplanken setzen heißt nicht, jeden einzelnen Schritt wie ein Kontrolletti zu kontrollieren. Sondern ein Ziel zu geben, dass sehr klar ist.

Ziel und Leitplanken und dann ist der Weg klar. Wunderbares Bild. Spricht mir sehr aus dem Herzen. Als du dich selbst auf den Weg begeben hast, hattest du da Menschen, die dich inspiriert haben? Was genau hat dich da inspiriert?

Ich habe keine klassischen Vorbilder, sondern ich beobachte sehr gerne.

Ich war schon sehr jung Führungskraft, mit 24 bekam ich mein erstes Team. Schon da habe ich immer sehr viel beobachtet. Wie machen es andere? Wie gehen andere in der Situation mit gewissen Themen um? Dabei habe ich auch viele Negativbeispiele erlebt, wo ich immer dachte, nee, so will ich das nicht machen.

Und ich habe immer versucht, meine Beobachtungen mit meinen eigenen Werten und meiner eigenen Persönlichkeit zusammenzubringen. Und dabei überlegt: Hey, das fand ich cool, das fand ich irgendwie nicht so gut, wie würde ich in gewissen Situationen damit umgehen. Das war für mein persönliches Wachstum extrem hilfreich. Immer offen zu sein für Learnings, immer zu beobachten, mich selbst und andere, und daraus kontinuierlich zu lernen.

„Für mich ist Führung – also mich selbst zu führen und auch andere zu führen – wie ein Muskel, den man trainiert.“

Aimie-Sarah Carstensen

Das gilt auch für die schwierigen Situationen. Die erste Kündigung, die man aussprechen muss: Horror! Egal, wie gut du dich vorbereitest. So schlimm es sich anhört, aber man trainiert mit der Zeit, wie man selbst damit umgeht, wie andere damit umgehen, wie man auch das Gegenüber gut abholt. Das immer wieder zu üben und offen dafür zu sein, das hilft in der Entwicklung.

Und das macht auch die Führungskräfte aus, die ich bewundere: Menschen, die immer offen sind für Learnings, die permanent versuchen sich weiterzuentwickeln und aus Situationen zu lernen.

Guter Punkt. Ein Wachstums-Mindset ist eine der vier zentralen Eigenschaften von Growth Leadern. Wenn das Team wächst und du wächst nicht mit, dann hast du als Leader schlechte Karten. Das funktioniert einfach nicht.

Was ist deine Führungsvision? Was möchtest du schaffen?

Vier Werte sind mir sehr wichtig: Freiheit, Mut, Neugier und Mitgefühl. Das alles miteinander zu verbinden und immer wieder ein Check-in mit mir selbst zu machen.

Wie führe ich mich selbst? Damit fängt alles an. Wenn ich selbst unzufrieden und nicht richtig auf der Spur bin, dann kann ich keine gute Führungskraft sein.

Wenn ich nicht sortiert bin und mir das Ziel nicht klar ist, kann ich das auch meinem Team nicht richtig vorgeben.

Also immer wieder bei mir selbst anzufangen. Wenn etwas schiefgeht oder man sich aufregt, sage ich meinem Team: Du kannst nur dich selbst ändern, also fange genau da an.

Und dann radikal wertebasiert, Mindset-fokussiert zu arbeiten. Ein paar Sachen machen mich ganz fuchsig. Wenn man hinter dem Rücken über jemanden spricht und nicht direkt. Wenn man den Elefanten im Raum nicht anspricht, sondern drum herumredet. Ich sage dann immer: „State the obvious promptly“ – ein wunderschöner Satz!

Meine Führungsvision? Ich habe keine feste Vision, es ist eine kontinuierliche Entwicklung, ein ständiges Verbessern der Kommunikation und eine kontinuierliche Verbesserung der Zusammenarbeit mit verschiedenen Menschen.

Aimie-Sarah Carstensen

Und sich auch immer zu überlegen: In welchem Status ist das Unternehmen jetzt. Wenn man im Krisenmodus ist, braucht es viel mehr und engere Führung, engere Leitplanken. Wenn es supergut läuft und alle total motiviert sind, die Vision sehr klar ist, sind die Leitplanken breiter, man gibt wieder mehr Freiheiten und arbeitet auch selbst freier.

Und da sehr flexibel zu bleiben. Das ist der Schlüssel: Viele Learnings zu machen, flexibel zu bleiben und sich kontinuierlich der Situation anzupassen.

Du sprachst von den engeren Leitplanken in der Krise. Tatsächlich hat es euch in der Coronazeit ja Hardcore getroffen. Vor allem am Anfang. Ihr seid dann sehr kreativ damit umgegangen. Wirklich fantastisch, was ihr da geschafft habt. Aber was hat dich durch die schlimmsten Zeiten gebracht?

Ich stehe jeden Morgen auf und versuche einfach, mein Bestes zu geben.

Früher dachte ich regelmäßig: „Oh, das hätte ich noch besser machen können“ oder „Warum habe ich jetzt die Entscheidung getroffen und nicht eine andere?“

Das war nicht hilfreich. Irgendwann habe ich dann entschieden: Ich gebe einfach jeden Tag mein Bestes und das Beste ist gut genug. Das Beste ist jeden Tag anders. Je nachdem, wie viel Energie ich habe oder was mich im Moment gerade beschäftigt. Mehr kann ich dann an dem Tag nicht tun, das reicht. Diese Haltung hat mich sehr gut durch die Krise gebracht.

Ein Riesen-Learning war es auch, Flexibilität in der Führung zu gewinnen. Ich musste verstehen, dass in diesen Krisenzeiten oder auch jetzt mit meinem Management Team, eine ganz andere Rolle von mir erwartet wird, als ich sie davor hatte.

Vor der Krise haben viele Teammitglieder nach Empowerment gerufen, nach Freiheit und eigener Entscheidungsgewalt. Keiner sollte mitbestimmen.

In der Krise war das plötzlich ganz anders: Jetzt sollte ich die Entscheidungen treffen, ich sollte sehr dominant führen und sagen, wir laufen jetzt da lang und nicht da lang. Denn im Endeffekt nehmen nur wenige Menschen gerne ein Risiko auf sich.

Es war also eine ganz neue Rolle und anderer Führungsstil, der von mir verlangt wurde. Anfangs dachte ich: Das kann doch nicht sein, dass ich jetzt so bossy sein soll. Kann ich aber. Auf meine Art und Weise.

Das hat mir extrem geholfen: Zu verstehen, in welcher Unternehmensphase welche Art von Führung von mir verlangt wird. Und explizit danach zu fragen. Wie oft haben wir ein Bild davon im Kopf, wie wir sein sollten. Ich habe dann einfach nachgefragt: Was erwartet ihr in dieser Situation von mir? So, und dann habe ich die knallharte Antwort bekommen und wusste ganz genau, was zu tun ist.

Ich finde deine Erfahrung unglaublich spannend. Es zeigt, wie wichtig psychologische Sicherheit für das Team ist. Wenn es gut läuft, ist die Grundsicherheit im Team groß. Dann werden Freiräume geschätzt. Wenn die Grundsicherheit aber gering ist, wie in der Coronakrise, dann musst du als Leader diese fehlende Sicherheit kompensieren.

Sich klar zu sein: Als gute Führungskraft bin ich ein Secure Leader. Und die Sicherheit, die ich geben muss, hängt von den Umfeldfaktoren ab. Du hast das fantastisch beschrieben. Ich glaube, das sollten sich Führungskräfte noch viel klarer machen.

Absolut! Gleichzeitig, nicht zu glauben, dass man das alles selbst definieren muss. Für mich war es eine totale Erleichterung, einfach nachzufragen, was meine Teammitglieder von mir erwarten. Aber wie oft fragt man wirklich: „Was erwartet ihr jetzt von mir in dieser Situation?“ Oft hat man Schiss, was dann als Antwort kommt. Denn das muss man ja dann auch abliefern. 

Aber es ist erstaunlich, wie oft ich in der Vergangenheit, was ganz anderes im Kopf hatte als das, was dann wirklich erwartet wurde. Diese Klarheit zu schaffen gibt so viel Frieden. Dann ist das einfach geklärt und steht nicht im Raum.

Das zu fragen finde ich super. Bei unseren Kunden tun wir das ja auch. Da fragen wir regelmäßig: Was wollt ihr eigentlich? Als Gründer hat man aber zwei Gruppen von Kunden. Die da draußen, aber auch die Kollegen, die genauso Kunden von einem sind und die man auch nach ihren Bedürfnissen fragen sollte. Das bringt einen wirklich weiter!

Kommen wir zur nächsten Frage: Du strahlst eine unglaubliche Energie aus. Was gibt dir diese Energie?

Ich mache mir schon immer viel Gedanken darüber, was mir Energie gibt und was mich Energie kostet. Und ich versuche, viele Energiekiller aus meinem Leben zu verbannen.

Wie schon gesagt: Wenn man etwas verändern will, muss man immer bei sich selbst anfangen. Und das dann verändern.

Ich brauche beispielsweise viel Schlaf. Mindestens sieben, siebeneinhalb Stunden. Ich halte schon mal mehrere Tage mit weniger Schlaf durch, merke dann aber, dass ich eine niedrige Grundenergie habe. Da steuere ich bewusst dagegen. Ich gehe früher aus dem Büro oder ich lasse Veranstaltungen aus. Vor allem, wenn ich genau weiß, dass ich eine anstrengende Woche vor mir habe, in der ich viel Energie brauche. Sich dessen sehr bewusst zu sein – das hilft.

Ein weiterer Hebel ist der Umgang mit Zeit. Wie oft sagen wir: Ich habe keine Zeit. Das stimmt aber nicht, wir nehmen uns keine Zeit. „Ich habe keine Zeit!“ habe ich aus meinem Wortschatz verbannt. Stattdessen sage ich: „Dafür will ich mir keine Zeit nehmen“ oder „Dafür nehme ich mir gerne Zeit“. Das ist ein kompletter Mindset Shift.

Zeit passiert mir nicht. Ich treffe eine aktive Entscheidung, mir für etwas Zeit zu nehmen und ich bin mir dann auch darüber bewusst, dass ich mir für andere Themen keine Zeit nehme. Damit aktiv umzugehen, hilft mir sehr, meinen Energiehaushalt zu managen.

Aimie-Sarah Carstensen

Schließlich liebe ich das, was ich tue. Ich gehe darin total auf, habe eine riesige Leidenschaft dafür und das gibt mir per se sehr viel Energie. Eigentlich habe ich immer viel Energie, schon beim Aufwachen. Für mich ist jeder Tag ein Geschenk, jeder Tag bietet die Möglichkeit, etwas zu verändern. Ich nutze mein Leben und meine Energie – wofür, das ist natürlich auch immer ganz unterschiedlich.

Ich hatte Phasen, in denen ich alles Mögliche probiert habe, vom 5am-Club bis zur Produktivitätsoptimierung. Heute glaube ich, man muss einfach nur auf sich selbst hören: Was tut mir gut, was nicht? Worauf habe ich jetzt Lust, worauf nicht? Und sich dann die Freiheit nehmen, danach zu agieren. Wenn ich merke, heute ist ein Tag, an dem ich mich nur im Bett vergraben will, dann muss ich mich an diesem Tag nicht durch alles durchboxen und es im Zweifelsfall doppelt machen. Dann akzeptiere ich das. OK, heute ist halt so ein Tag. Dann ist es halt so.

Das Gute: Und du hast es in der Hand. Selbst wenn du das Gefühl hast, andere saugen Energie von dir, dann sind es eigentlich nicht die anderen, sondern du lässt es zu. Sich dieser Möglichkeit der Selbstbestimmung bewusst zu sein und dementsprechend zu agieren, das gibt mir Energie.

Ja, super. Was ist denn das letzte gute Buch, was du gelesen hast?

Das ist „The Effektive Exekutive“ von Peter Drucker? Ein faszinierendes Führungs-Buch. Auch da geht es ganz viel um Selbstführung.

Dass man sich überlegt: Wie kann ich sinnlose Aktivitäten aus meinem Leben verbannen? Solche, die einfach nur die Zeit töten. Wie kann ich mich in der Arbeit auf meine Stärken konzentrieren, wie werde ich effektiv, in dem ich meine Stärken gut einsetze? Wie schaffe ich ein effektives Team, das gut mit mir zusammenarbeitet? Und wie entwickle ich mich kontinuierlich weiter, wie lerne ich?

Ein sehr, sehr schönes Buch mit auch sehr vielen pragmatisch guten Tipps darin. Für ein relativ altes Buch (Anmerkung: 1. Auflage in 1967) ist es ganz schön aktuell. Interessant, dass bei uns Menschen eigentlich immer wieder die gleichen Themen aufpoppen.

Und dass wir immer noch nicht verstanden haben, dass sich Produktivität nicht unbedingt an Zeit oder langen Arbeitstagen misst. Wie oft sprechen wir davon, effizient zu arbeiten. Aber was heißt das eigentlich? Und was heißt es, effektiv zu arbeiten? Eben nicht nur meine Zeit optimal einzusetzen, sondern uns an den richtigen Ergebnissen zu messen. Das fand ich ganz, ganz hervorragend.

Super, danke für den Tipp. Ich habe es auch schon gelesen und finde es großartig. Zum Abschluss: Welchen Rat würdest du einem First Time Leader geben?

Seinen eigenen Werten treu zu bleiben und authentisch zu bleiben.

Wenn Dinge echt schiefgelaufen sind, in meinen Teams oder unternehmerisch, dann hatte das meistens die Ursache, dass ich das Gefühl hatte, ich muss jetzt eine andere Rolle spielen oder dass ich andere nachgemacht habe.

Das führt dann manchmal dazu, dass man Menschen nicht gut behandelt, dass man Fehlentscheidungen trifft und dass man sich selbst ein bisschen verliert.

Ich glaube, ich bin dann die beste Führungskraft, wenn ich bei mir selber bleibe und meinen Werten treu bin. Dafür muss man sich intensiv Gedanken machen: Was ist mir wichtig, was akzeptiere ich, was akzeptiere ich nicht?

Es gibt immer wieder Unternehmer, die haben eine „Manager on one page“, auf der die zusammenfassen: Was ist mir wichtig? Wie ticke ich? Wie agiere ich? Warum tue ich das so? Ich arbeite auch gerade daran.

Sich seiner selbst bewusst zu werden, authentisch zu sein und seinen Werten treu zu bleiben. Das ist mein großer Tipp and First Time Leader.

Aimie-Sarah Carstensen

Wow, großartig. Kann ich nur so unterschreiben. Toller Ratschlag. Genau da zu starten: Wer bin ich eigentlich? Was ist mir wichtig?

Aimie, vielen, vielen Dank für dieses inspirierende Gespräch, denn da kommt wunderbar durch, wie ich dich erlebe! Vielen, vielen Dank.

Bring dein Team in den Groove

Ich liebe Jazz. Wenn sich die Musik aus dem Samen einer kleinen Melodie am Anfang immer weiter entfaltet. Wenn ich vor lauter Groove meine Füße nicht mehr stillhalten kann.

Ich liebe die Kreativität des immer neuen Erfindens, der Improvisation und Weiterentwicklung. Das Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Musiker, die auf Basis eines kleinen gemeinsamen Nenners großartige neue Stücke erschaffen.

Und ich glaube, dass wir in der Führung unglaublich viel vom Jazz lernen können. Denn Jazz Combos sind echte High Performance Teams. Aber was macht diese Teams aus? Wie kommen sie in den Groove? Und was ist die Rolle ihres Leaders?

So What

Du willst wissen, was echten Groove ausmacht? Dann hör dir mal „So What“ von Miles Davis an – ein geniales Stück, zu seiner Zeit revolutionär.

Und ein First Take. Vor der Aufnahme war dieses Stück noch nie gespielt worden. Nie. Es gab die Melodie von Miles. Mehr nicht. Alles andere ist spontane Entwicklung und Exploration.

So wie bei euch im Unternehmen. Auch ihr habt am Anfang nur eine Idee. Alles andere müsst ihr neu erfinden und auf dem Wege weiterentwickeln.

Und auch ihr habt in den meisten Fällen nur einen „First Take“. Der kann klappen, wenn alle gut aufeinander hören und sich aufeinander einlassen, oder er kann gnadenlos schiefgehen.

Die Jazz Combo

Jazz Combos sind das perfekte Beispiel von High Performance Teams: 3 bis maximal 8 Musiker. Wahrhaft divers, jedes Instrument ist nur einmal vertreten. Bei So What sind das die 6 Musiker Miles Davis (Trompete), John Coltrane (Tenor Sax), Cannonball Adderley (Alt Sax), Bill Evans (Klavier) und Jimmy Cobb (Drums).

Jeder Musiker hat seine ganz eigene Klanglichkeit, seinen eigenen Raum zur Improvisation. Aber er hat immer auch eine Verantwortung im Team. Eine klare Rollenaufteilung sorgt dafür, dass die Combo bei aller Improvisation nicht auseinanderfällt.

Die Melodieinstrumente führen in die Themen ein: Trompete, Saxofon, auch mal das Klavier. Dazu kommt die Rhythmusgruppe, die Drums, der Bass, die Bassgitarre. Und es gibt die Instrumente, die den Teppich der Akkorde legen: Klavier, Gitarre oder Vibraphone. Zusammen schaffen sie den Groove, auf dessen Basis improvisiert wird.

Ohne diese Basis landen wir im Free Jazz, der auch sehr spannend sein kann, aber uns in den meisten Fällen eher anstrengt, und der selten diesen unglaublichen Groove einer klassischen Jazz Formation entwickelt.

Der Groove

Jazz Combos improvisieren mit einer unglaublichen Freiheit. Produktiv wird diese Freiheit auf Basis einer minimalen, unverhandelbaren Struktur.

Diese definierte Minimalstruktur schafft den Groove: Melodie, Rhythmus und Akkorde.

Die Melodie

Die Melodie ist die Storyline. Sie wird am Anfang einmal durchgespielt und taucht dann immer wieder in Stücken oder Variationen auf. Der rote Faden, den jeder kennt und umspielt.

Eure Melodie ist eure Vision und Mission. Ein gutes Zusammenspiel ist nur möglich, wenn ihr eine gemeinsame Story habt, die jeder in jedem Detail versteht. Ohne eure gemeinsame Melodie fehlt euch die gemeinsame Sprache.

Der Rhythmus.

Während die Melodie in der Improvisation weiterentwickelt wird und immer neue Varianten zeigt, bleibt der zugrundeliegende Rhythmus konstant. Er taktet die zeitliche Abstimmung.

Euer Rhythmus ist eure Meeting Kadenz: Regelmäßige Treffen, klar durch eine Agenda strukturiert. Am besten habt ihr Weeklies, um die operativen Themen zu lösen und den Vorschritt zu prüfen. Halbtägige Monthlies, mit Zeit für die größeren strategischen Projekte. Quarterlies und Jahres-Meetings, in denen ihr eure Vision und Strategie weiterentwickelt.

Ohne diesen Rhythmus weiß bald keiner mehr wo die anderen stehen. Ich erlebe das in vielen Leadership Teams. Aus Zeitgründen wird auf einen festen Meeting Rhythmus verzichtet. In ad hoc Meetings wird das offensichtliche, dringende entschieden. Aber es fehlt der Raum für die weniger offensichtlichen Themen, das gemeinsame Verständnis. Und so entstehen in Teams ohne einen klaren Abstimmungsrhythmus immer mehr Missverständnisse.

Nur fehlt lediglich noch ein wesentliches Strukturelement:

Die Akkorde

Akkorde sind drei und mehr Töne, die zusammenklingen, es ist die harmonische Struktur hinter der Melodie. Das Wort stammt von dem lateinischen „accordare“ ab: In Übereinstimmung bringen, Übereinstimmung der Gefühle.

Und genau darum geht es! Hinter jeder Melodie liegen definierte Akkordfolgen. Jeder Jazzer kennt die Akkorde, die zu einer Melodie gehören und weiß welche Tonräume dazu gehören.  

Mit diesem Verständnis der Harmonie können sie die aus ihrer Sicht passenden Töne frei wählen. Und damit die Magie der Improvisation schaffen: Jeder spielt frei, aber über den gemeinsamen Konsens der Akkordfolgen klingt es trotzdem immer richtig.

Die Akkorde der Führung sind die gemeinsamen Werte. Mit ihrer Definition schaffen wir die Basis für harmonisches Zusammenarbeiten im Team. Und wie im Jazz reicht es nicht, nur die eigentlichen Werte zu kennen, sondern wir müssen auch verstehen, welche Haltungen und Verhaltensweise zu diesen Werten passen. Das sind unsere Arbeitsprinzipien – die praktische Umsetzung der Werte.

Lead Sheet

Melodie, Rhythmus, Akkorde. Im Jazz wird diese Minimalstruktur in den sogenannten „Lead Sheets“ festgehalten. Eine Seite, die Melodie, der Takt, die Akkorde in vereinfachter Notation. Die Quintessenz des Grooves.

Es ist genau diese minimale, unverhandelbare Struktur, die großartige Improvisationen und Innovationen erlaubt. Aus dem Stand.

Das Lead Sheet der Teamführung ist die Team Charta. Ihr möchtet zu einem High Performance Team zusammenwachsen? Dann nehmt euch die Zeit, eure Minimalstruktur zu definieren. Überlegt euch, was eure Mission und Vision ist, in welchem Rhythmus ihr euch abstimmt und auf Basis welcher Werte und Arbeitsprinzipien ihr zusammenarbeiten. Schreibt sie auf und haltet euch dann an diese Struktur. Sklavisch.

Denn diese Minimalstruktur schafft einen klaren Rahmen für eure Zusammenarbeit. Und schafft damit neue Freiräume zur Improvisation.

Unter diesen Links findest du Templates für eure Team Charta (Deutsch / Englisch)

So What Live

Zurück zu So what. Hör dir jetzt noch einmal die Aufnahme an. Und denk daran, dass sie ein First Take ist. Die Minimalstruktur war klar, alles andere ist im Moment entstanden.

Sie startet ganz vorsichtig. Das Klavier lotet die Akkorde aus, das Schlagzeug und der Bass gesellen sich leise dazu. Erste Melodiefragmente liegen in der Luft. Dann setzt der Takt ein, kurze Zeit später folgt die Melodie. Immer mehr Musiker kommen ins Wechselspiel. Eine Phase der gemeinsamen Normierung. Jetzt sind alle im Groove. Und auf dieser sicheren gemeinsamen Basis löste sich das wunderbare Solo von Miles heraus…. einfach großartig.

Der Band Leader

Jazz Combos sind im Kern selbstorganisierende Teams. Aber was ist dann die Rolle des Band Leaders?

Zunächst einmal stellt der Band Leader das Team zusammen. Er sucht Musiker, die aus seiner Sicht optimal zusammenpassen. Miles Davis hatte die unglaubliche Gabe, herausragende jungen Talente zu finden. Selten griff er als alte Buddies zurück. Er suchte immer nach Menschen, die das Team nach vorne bringen, die den neuen Style verstehen. Es ist wirklich unglaublich, welche Jazz Heroen jeweils mit Miles Davis gestartet sind.

Wenn das Team steht, sorgt er für die richtigen Anregungen und Impulse. So What hatte eine ganz neue Akkordstruktur. Neuland für alle Musiker. Ein guter Band Leader ist immer auch ein Agent Provocateur. Er bringt sein Team dazu, alte Wege zu verlassen und neues zu probieren.

Zwar hat er auch ein Solo. Das erste Solo nach der gemeinsamen Intro. Damit zeigt er seinen Blick auf „So What“. Und dann überlässt er den anderen das Feld. Miles ist sogar so relaxed, dass er beim 2. Solo aus der Band heraustritt und erst mal eine raucht. Denn er weiß: Auf Basis der definierten Minimalstruktur kann sein Team jetzt großartiges schaffen. Auch ohne ihn.

Kommt in den Groove

Bringe dein Team in den Groove. Stellt ein diverses Team zusammen, in dem jeder seinen eigenen Beitrag hat und seine Rolle im Team kennt.

Definiert eure Minimalstrukturen und haltet sie in eurer Team Charta fest:

  • Eure Mission und Vision
  • Euren gemeinsamen Meetingrhythmus
  • Eure Werte und Handlungsprinzipien.

Kommt dann Schritt für Schritt in den Groove. Und schafft damit den Raum, um über euch hinauszuwachsen.

Und genieße du als Band Leader die neue Freiheit. Denn wenn dein Team in den Groove gekommen ist, kannst du dir auch mal eine Auszeit nehmen.

Und nun zu dir

  • Wie divers ist dein Team, haben alle klare Rollen?
  • Was ist eure gemeinsame Mission und Vision? Kennt sie jeder?
  • Was ist euer Rhythmus? Wie taktet ihr eure Zusammenarbeit?
  • Was sind eure Werte und Arbeitsprinzipien?
  • Bist du Manager oder ein echter Band Leader?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Mit der Anmeldung zum Newsletter stellst du sicher, dass du künftig keine Anregungen rund um Leading Myself, Leading my Team und Leading my Business verpasst.

Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!