Time to say goodbye: So kündigst du gut

Veröffentlicht von Dorothea 20/03/2024

So geht es einfach nicht weiter! 
Eure Kollegin funktioniert nicht so, wie ihr euch das wünscht. Oder die Zusammenarbeit im Team hakt. Immer wieder gibt es Konflikte mit dem Kollegen. Alle sind genervt.

Zeit, sich zu trennen. Eigentlich.

Und doch drückt ihr euch schon lange um diesen Schritt. Mit allen möglichen Ausreden:

  • „Es wird schon noch besser werden.“
  • „Besser die als keine.“
  • „Der ist zwar schwierig, aber wir können einfach nicht auf ihn verzichten.“
  • „Entlassen ist schlecht für die Moral.“

Kaum etwas meiden wir so sehr, wie die Trennung von einem Kollegen oder einer Kollegin, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht ins Team passen.

Das ist eigentlich auch gut so. Denn eine Kündigung ist letztlich ein Scheitern. Wir haben jemandem Hoffnung gemacht, es aber nicht geschafft, die richtige Person zu finden und ins Team zu integrieren. Unser Gegenüber muss erkennen, dass seine Leistung nicht gereicht hat oder sie nicht ins Team passt. Schmerzlich ist das in jedem Fall.

Aber auch aufgeschobene Kündigungen helfen keinem:
❌ Euch nicht, da ein schlechter Performer Aufmerksamkeit von den guten Leuten abzieht.
❌ Dem Team nicht, dem ihr signalisiert, dass schlechte Leistungen oder ein mangelnder Teamfit irgendwie ok sind.
❌ Dem Betroffenen nicht, der vielleicht in einem anderen Umfeld wirklich seine PS auf die Straße bringen würde.

Also lieber früher als später kündigen und dabei mit größtmöglicher Sorgfalt vorgehen.

Aber wie sieht eine gute, wertschätzende Kündigung aus? (Und ein letztes Mal auch zum Anhören: Spotify  Apple  Podigee).

Lass dich inspirieren und gehe mutig den nächsten Schritt. Vom Gründer zum CEO.

Zu einer guten Trennung kommt ihr in 8 Schritten. Am wichtigsten ist dabei der erste Schritt: Eine kritische Reflektion, ob du wirklich alle Hebel gezogen hast.

Der erste Schritt: Haben wir wirklich alles versucht?

Eine Kündigung ist der richtige Weg, wenn du die folgenden 4 Aussagen eindeutig mit Ja beantwortest:

Die Kollegin wusste genau, was von ihr erwartet wurde.
Ihr hattet ihre Rolle und Aufgaben intensiv besprochen. Vielleicht habt ihr sogar gemeinsam ein Impact Profil erstellt und damit alle Verantwortungsbereiche und Leistungserwartungen transparent festgelegt. Auch bei den konkreten Aufgaben habt ihr die Erwartungen immer gut abgeklärt.

Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Immer wieder sprechen wir in Coachings über Mitarbeiter, mit denen nie wirklich über die Erwartungen gesprochen wurde. „Das muss ein Head of Marketing doch einfach wissen!“, „Sie hat doch immer „ja“ gesagt, wenn ich gefragt habe, ob das für sie passt.“

Aber so ist das nicht. Keiner muss irgendetwas „einfach wissen“, jedes Unternehmen, jeder Manager tickt anders. Auch ein „Ja, mache ich.“ ist ohne genaue Spezifikation, was die Person genau machen will, keinen Cent wert.

Wenn die Aufgaben nicht klar waren: Gebt eine neue Chance und seid dieses Mal super klar. Nicht selten überrascht die Kollegin dann mit der gewünschten Performance. Denn eigentlich wollen wir ja nur unser Bestes geben.

Der Kollege hatte die notwendigen Ressourcen, Informationen und Kompetenzen.
Mögliche Lernfelder habt ihr frühzeitig adressiert und du hast ihm Möglichkeiten gegeben, die Defizite auszugleichen. Du hast ihm den Kontext der Aufgaben erläutert und er hatte genügend Zeit und Budget, die Aufgaben zu erledigen.

Wenn das nicht der Fall war: Zeit für die Entwicklung nehmen. Mehr Informationen zur Verfügung stellen, Zeit und Ressourcen. Vielleicht war der Person der Kontext ja nicht klar. Vielleicht ist es gar nicht so tragisch und nach ein paar tieferen Erläuterungen passt alles.

Im Umfeld gibt es Kollegen, die in einer vergleichbaren Rolle hervorragend performen.
Sprich: Es ist grundsätzlich möglich, diese Rolle auszufüllen. Gerade in Startups sind viele Rollen am Anfang riesig. Jeder macht alles, es wimmelt nur so von eierlegenden Wollmilchsäuen. Das funktioniert, solange das Team klein und die Komplexität gering ist. Und auch mal was schief gehen darf.

Aber irgendwann geht es eben nicht mehr. Dann braucht es mehr Spezialwissen und Erfahrung. Ein Mensch, der in den ersten Jahren des Startups mit den unterschiedlichsten Rollen jonglieren konnte, scheitert jetzt. Es braucht andere Kompetenzen.

In diesem Fall kann es helfen, nach einer alternativen Rolle zu schauen. Werdet euch über die besonderen Stärken der Person klar und schaut, ob es eine bessere Rolle im Team gibt.

Der Kollegin war klar, welche Konsequenzen es hat, wenn sie nicht performt.
Wann immer etwas nicht geklappt hat, hast du ihr zügig Feedback zu Verbesserungsmöglichkeiten gegeben und klargemacht, was passiert, wenn keine Verbesserung eintritt.

Auch das höre ich in Coachings immer wieder. Kollegen bringen konsequent nicht die Leistung oder arbeiten nicht mit dem Team zusammen. Aber es wird nie offen adressiert. Gerade bei schwierigen Kollegen wird das Feedback oft gemieden. Aarrg! Dann müsste man ja mit diesem Stinkstiefel in den Dialog gehen, konstruktives kritisches Feedback geben. Das aber fällt schwer. Also lieber weiter so.

Ein klares Feedback kann unglaublich viel bewegen. In beide Richtungen. Im besten Fall versteht dein Gegenüber endlich, was die ganze Zeit schwierig war und ist dankbar für eine echte Chance. Ich erlebe es aber auch immer wieder, dass sich schwierige Menschen ertappt fühlen und dann das Unternehmen in kürzester Zeit von selbst verlassen.

Wenn du auch nur einmal mit Nein antwortest: Jetzt ist nachsteuern angesagt. Dein Kollege hat eine echte Chance verdient. Lass dich überraschen, welche Energien es freisetzt, wenn ihr offen und ehrlich über eure gegenseitigen Erwartungen sprecht. Denn Offenheit schafft Vertrauen. Und Vertrauen ist die Basis von High Performance.

Von der Entscheidung bis zum Abschied

Du hast alle 4 Statements mit einem klaren Ja beantwortet. Dann ist es Zeit, den Trennungsprozess anzustoßen. Zügig. Verzögern bringt keinem was.

Für dich als Führungskraft stehen nun die nächsten 7 Schritte an (plus die HR Prozesse, die ich hier aber nicht weiter betrachte):

Schritt 2: Bestätigung der Entscheidung.
Lasse dich mit deiner Entscheidung von einem neutralen Dritten challengen. Besprecht noch mal alle vier Punkte. Wenn dein Gegenüber das bestätigt, kannst du ganz sicher sein, dass du wirklich alles versucht hast.

Schritt 3: Bring dich ins richtige Mindset.
Eine Kündigung wird zu einem besseren Prozess, wenn du aus folgender Haltung  agierst: Jeder Mensch hat seine Stärken. Hier war nur nicht das richtige Umfeld, um diese Stärken zur Geltung zu bringen. Sei dir deiner Verantwortung bewusst. Auch du hast in diesem Prozess Fehler gemacht: Du hast den falschen Menschen ausgesucht, nicht richtig ausgebildet, nicht die richtigen Ressourcen zur Verfügung gestellt, verpasst, gezielt Vertrauen aufzubauen. Qualifiziere dein Gegenüber nicht einfach nur als doofen Minderleister ab. 

Schritt 4: Kenne die Bedingungen des Exits.
Werde dir vor dem Trennungsgespräch klar, was die Bedingungen des Ausstiegs sind: Kündigungsfrist, Abfindung, Urlaubsansprüche, eventuelle Unterstützungsleistungen, Dauer der Übergabe…. Habe alles parat. Idealerweise als großzügiges Angebot. Nichts ist für Trennungskandidaten schlimmer, als nachher noch hart über die Bedingungen verhandeln zu müssen.

Schritt 5: Führe das Trennungsgespräch. Selbst.
Führe Trennungsgespräche mit deinen direkten Mitarbeitern immer persönlich. Du hast die Verantwortung. Kein Outsourcing an HR oder die nächste Ebene. Stelle sicher, dass du dein Gegenüber menschlich behandelst. Schaffe keine Situation, in der sich das Gegenüber schämen muss. Nimm dir Zeit und stell dich gleichzeitig darauf ein, dass es ganz schnell gehen kann. Beides ist möglich.

Schritt 6: Kommunikation an das Team.
Kommuniziere selbst kritische Trennungen mit Wertschätzung und Respekt. Betont die Leistung des Kollegen, zeigt auch seine guten Seiten. Wartet mit der Kommunikation nicht zu lange. Kündigungen sprechen sich im Flurfunk unglaublich schnell herum. Außerdem wollt ihr das Signal geben, dass eine zuvor schwierige Situation jetzt eindeutig gelöst wurde. Gerade wenn es vorher Konflikte gab, werden diese Ankündigungen oft mit Erleichterung aufgenommen.

Macht euch auch nicht zu viele Sorgen über die Lücke, die der Weggang hinterlässt. Wenn es vorher Probleme gab, löst die Kündigung oft eine ganze Welle der Unterstützung im Team aus. Ich habe es selten erlebt, dass ein Weggang wirklich unendliche Löcher produziert hat. Im Gegenteil. Oft überwiegt die Überraschung, wie wenig abhängig die Organisation doch von einzelnen ist.

Schritt 7: Offboarding.
Die Entscheidung ist durch und kommuniziert. Jetzt geht es ans Offboarding. Zwingt den Kollegen nicht, bis zum bitteren Ende der Kündigungsfrist zu bleiben, sondern macht eine gute, knappe Übergabe. Ihr habt euch aus guten Gründen für eine Trennung entschieden, dann könnt ihr jetzt nicht Zeit schinden und die Arbeitsleistung noch maximal ausnutzen.

Setzt eure Kollegin aber auch nicht direkt vor die Tür (es sei denn, es ist etwas wirklich Schlimmes passiert). Nach einer Kündigung haben viele Betroffenen erst mal das Bedürfnis, jetzt alles besonders sauber und sorgfältig zu hinterlassen. Das ist Teil der inneren Leugnung, eine normale Trauerreaktion. Gebt den Raum, das zu verarbeiten – ihr könnt euch sicher sein, dass dieses Bedürfnis nach ein paar Tagen verschwindet und die Gekündigte dann nur zu gerne die Segel streicht.

Schritt 8: Abschied.
Führt in der finalen Abschiedsphase ein ausführliches Feedback-Gespräch. Ist die Entscheidung mal gefallen und bei allen Seiten verdaut, tritt eine Phase der neuen Offenheit ein. Die Spannungen fallen ab, und es werden Gespräche möglich, die vorher undenkbar waren. Ich habe das selbst immer wieder erlebt –  auf beiden Seiten. 

Seid neugierig und holt euch Feedback zum Unternehmen und seiner Kultur. Reflektiert gemeinsam, was schief gelaufen ist und was ihr besser machen könntet. Fragt auch, was die Gekündigte jetzt im Flurfunk hört – denn oft teilen sich die anderen Kollegen gegenüber Menschen, die das Unternehmen verlassen, besonders gerne mit. Denn jetzt sie haben jemanden, der ihren Frust teilt.

Und zelebriert dann den Ausstand – mit einer kleinen Feier, ermutigenden Worten und einem Geschenk zur Erinnerung.

Time to say goodbye!

Trennungen sind niemals wirklich schön. Aber wenn ihr diese acht Schritte sorgfältig geht, könnt ihr euch sicher sein, dass sie eure Kultur positiv prägen. Denn sie zeigen:

  • Du stellst dich schwierigen Entscheidungen und löst sie konsequent.
  • Dir sind die gemeinsamen Werte und Leistungsansprüche wichtiger als deine persönliche Komfortzone.
  • Du nimmst die Menschen wahr, mit all ihren Stärken, Schwächen und Emotionen. Deine Mitarbeiter sind nicht nur Arbeitskraft.
  • Du nimmst die Zeit für die wirkliche Führung.

Auch wenn es komisch klingt: Viel Erfolg bei der nächsten Trennung.

Key Take Aways

Kündigungen gehören zu den schwierigsten Führungsaufgaben. Kein Wunder, dass oft viel zu lange warten, selbst wenn die Zusammenarbeit schon lange nicht mehr passt. 

Mit diesem 8 Schritten etabliert ihr wertschätzende und faire  Kündigungen:

1. Schritt:  Kündigung hinterfragen. Haben wir wirklich alles versucht? Kündigt nur, wenn ihr diese 4 Fragen mit „JA“ beantworten könnt. Ist nur ein Nein dabei, hat der oder die Betroffene eine Chance verdient: 

  • Die Kollegin wusste genau, was von ihr erwartet wurde. 
  • Der Kollege hatte die notwendigen Ressourcen, Informationen und Kompetenzen.
  • Im Umfeld gibt es Kollegen, die in einer vergleichbaren Rolle hervorragend performen.
  • Der Kollegin war klar, welche Konsequenzen es hat, wenn sie nicht performt.

2. Schritt: Lass die Entscheidung von einem unbeteiligten Dritten challengen. Hast du wirklich alles durchdacht?
3. Schritt: Bring dich in das richtige Mindset: Jeder Mensch hat seine Stärken. Vielleicht war bei uns nur nicht der richtige Platz.
4. Schritt: Setze dich mit den Bedingungen des Exits auseinander: Kündigungsfrist, Abfindung, Urlaubsansprüche, eventuelle Unterstützungsleistungen, Dauer der Übergabe.
5. Schritt: Führe das Trennungsgespräch. Persönlich. Kein Outsourcing an HR oder die nächste Ebene. 
6. Schritt: Kommunikation an das Team. So bald wie möglich. Mit Wertschätzung und Respekt
7. Schritt: Offboarding. Zügig. Nicht noch Arbeitsleistung schinden.
8. Schritt: Abschied. Nehmt euch nochmal richtig Zeit für ein  Abschiedsgespräch. Selten lernst du mehr über eure Kultur. Und zelebriert dann den Ausstand.

Trennungen sind niemals wirklich schön. Aber wenn ihr diese acht Schritte sorgfältig geht, könnt ihr euch sicher sein, dass sie eure Kultur positiv prägen. 

Und nun zu dir! 

  • Hast du Kündigungskandidaten, die schon lange auf deiner Liste stehen?
  • Wie viele „Ja‘s“ konntest du geben?
  • Was ist der nächste Schritt?

Viel Erfolg!

Weiterführende Artikel 

Was ist eigentlich dein Job?: Kennt ihr euren Beitrag, eure Ziele und Verantwortungen? Macht euch mit dem Impact Profil euer WHY – WHAT und HOW klar.