Die 4 Reiter der Beziehungs-Apokalypse

Woran erkenne ich eigentlich, dass unsere Gründerbeziehung Richtung Abgrund läuft? 

Schon mal von den vier Reitern der Apokalypse gehört? In der Bibel stehen sie für Gefahren, die die Menschheit bedrohen: Kampf, Krieg, Lebensmittelknappheit und Tod.

Dieses drastische Bild hat der Beziehungspsychologie John Gottman übernommen und die vier Reiter der Beziehungsapokalypse definiert: 
Kritik, Rechtfertigung, Verachtung und Mauern. 

Vier Zeichen, die den Niedergang einer Beziehung ankündigen. Ich erlebe diese vier Reiter der Beziehungsapokalypse regelmäßig in Gründerkonflikten. Ihre Intensität zeigt mir, wie kurz die Beziehung vor dem Scheitern steht.

Woran du die Reiter erkennst, und wie ihr euch ihnen entgegenstellt, kannst du in diesem Blogartikel lesen.

Vom Love Lab zur Gründerbeziehung

Die meisten Gründerteams, mit denen ich an Beziehungsthemen arbeite, sprechen amüsiert von „Eheberatung“.

Ziemlich treffend – denn tatsächlich erleben Gründerteams, die Beziehungsprobleme haben, so ziemlich die gleiche Dynamik wie Paare auf dem Weg in die Scheidung (o.k. Sex mal ausgenommen).

Einer der renommiertesten Paartherapeuten weltweit ist John Gottman.

In seinem „Love-Lab“ haben John Gottman und sein Team seit 1986 mehrere tausend Paare beobachtet. Das Setting: Er lässt Paare eine Auseinandersetzung haben und nimmt sie per Video auf. Gleichzeitig misst er mit verschiedenen Sensoren den Stresslevel des Paares. In diesem Video kannst du das Setting sehen.

Heute reichen Gottman 15 Minuten Beobachtung, um die Zukunft einer Beziehung mit hoher, über 80%-iger Wahrscheinlichkeit vorauszusagen.

Paare, die sich wahrscheinlich irgendwann trennen, zeigen fünf Zeichen:

  • Harter Start. Die Diskussion wird ziemlich schnell negativ und anklagend.
  • Die Paare zeigen die vier Reiter der Beziehungsapokalypse: Kritik, Rechtfertigung, Verachtung und Mauern.
  • Flooding. Mindestens einer der Partner ist im Konflikt emotional überwältigt. Maximaler Stress. Das Übermaß an Gefühlen paralysiert.
  • Gescheiterte Reparaturversuche. Die Deeskalationsversuche des Partners werden nicht wahrgenommen oder sogar abgewertet.
  • Schlechte Erinnerungen. Die gemeinsame Vergangenheit wird neu geschrieben: Positive Erfahrungen werden vergessen, negativen treten in den Vordergrund.

Während die ersten drei Signale eine Trennung mit 82%-iger Sicherheit vorhersagen, steigt die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns auf 90%, wenn sich Partner nicht mal mehr auf den Versuch einer Deeskalation einlassen.

Wenn Paare schließlich auch noch ihre Vergangenheit neu schreiben, schaffen sie den Dreh nur noch mit Unterstützung. Denn dann sind die Paare de facto ständig in Alarmstimmung. Sie meiden sich und fühlen sich immer einsamer.

Vieles davon habe ich auch in Gründer- und Führungsbeziehungen beobachtet.

Allen voran die vier Reiter der Beziehungsapokalypse.

? ? Destruktive Kritik

Steffen ist völlig überlastet. Eine Nachtschicht nach der anderen. Seine Mitgründerin Anna sieht er nur noch selten. Arbeitet die überhaupt? Die macht sich doch sicher einen Lenz im Vergleich zu ihm. Und schon platzt es im nächsten Gründermeeting aus ihm heraus: „Immer diese Unzuverlässigkeit, dass du das einfach nicht hinbekommst. Deinetwegen muss ich immer länger arbeiten.“

Der erste Reiter ist destruktive Kritik, die auf den Charakter des Gegenübers abzielt und generalisiert: Immer, nie….

Hinter destruktiver Kritik steht oft ein Bedürfnis, dass nicht erfüllt wird. Eigentlich wollte Steffen endlich mal früher aufhören zu arbeiten. Er ist frustriert, dass es nicht klappt, fühlt sich als Opfer und schiebt seinem Gegenüber die Schuld dafür in die Schuhe. Und schon geht es um Ich vs. Du.

Das Gegenmittel: Viele Menschen tun sich schwer, ihre Bedürfnisse klar und eigenverantwortlich zu artikulieren. Überlege dir, was du eigentlich brauchst und wie dich dein Partner dabei unterstützen kann. Damit übernimmst du Verantwortung für deine eigenen Bedürfnisse – statt dein Gegenüber zu verfolgen.

Sprich deine Bedürfnisse klar und deutlich aus. Nutze dabei eine positive Sprache und die Ich-Form. „Ich brauche mehr Zeit für mich (Mein Bedürfnis). Es würde mir helfen, wenn wir unsere Arbeitsteilung neu überdenken (Lösungsansatz).“

Auch das Feedback-Format SBI-D (mehr dazu in diesem Blog-Artikel) eignet sich super, um von der destruktiven Kritik zur konstruktiven Problemlösung zu kommen.

???‍♂️ Der zweite Reiter: Rechtfertigung

Anna zischt sofort zurück. „Ist doch nicht mein Problem, dass du dich überall einmischt und immer mehr Arbeit auf dem Tisch hast. Ich habe halt mein Team in Griff.“ Jetzt ist Steffen erst recht auf 180: „Ja, aber nur, weil wir immer nur deine Einstellungen priorisieren, während ich mich zurückhalte…“

Und schon läuft die Eskalation hoch…

Kritik, vor allem destruktive, bringt uns instinktiv in die Defensive. Wir fühlen uns angegriffen und halten dagegen. Das Problem: Dein Gegenüber fühlt sich mit seinen Bedürfnissen nicht ernst genommen. Denn mit der Rechtfertigung schiebst du dem Gegenüber die Schuld wieder zu. Lösung? Fehlanzeige. Der Konflikt eskaliert ungehemmt weiter.

Das Gegenmittel: Versuche zu verstehen, was dein Gegenüber braucht, zeige Verständnis dafür. Übernimm Verantwortung, statt direkt ins Drama zu gehen. Reflektiere, was dein Anteil am Problem ist, entschuldige dich dafür und versucht dann gemeinsam, eine Lösung zu finden.

„Ok, ich sehe, dass es dir nicht gut geht. Ja, wir haben erst mal mein Team aufgebaut. Das war zu diesem Zeitpunkt die richtige Entscheidung. Aber wir haben verpasst, dein Team nachzuziehen. Das tut mir leid. Lass uns überlegen, wie wir hier weiter machen.“

Das Zusammenspiel von Kritik und Verteidigung vs. gemeinsamer Problemlösung haben Liz und Mollie ganz wunderbar auf den Punkt gebracht.

?? Der Dritte Reiter: Verachtung

Gründerteams, die es nicht schaffen, den Teufelskreis von Kritik und Verteidigung zu durchbrechen, zünden die nächste Stufe. Verachtung. Gottman nennt sie „Die Schwefelsäure einer Beziehung“.

Wenn wir unsere Frustrationen nicht auflösen, entwickeln wir ein Zerrbild des Menschen, mit dem wir arbeiten. Mit der Realität hat das im Zweifel wenig zu tun. Dieses Zerrbild missachten wir, halten wir im Vergleich zu uns selbst für minderwertig.

Die Verachtung erlebe ich in Konfliktmoderationen in den individuellen Vorgesprächen. „Dorothea, das sage ich jetzt nur dir.“ Und schon wird vom Leder gezogen:

„Der bekommt nichts auf die Reihe.“, „Die ist arrogant und überheblich, dabei versteht sie einfach nicht, worum es hier geht.“ „Der ist nur noch hier, weil ich das zulasse.“ Alles schon gehört.

Die Quintessenz aller Bemerkungen: Ich bin sehr viel mehr wert als du.

Direkt ausgesprochen wird die Verachtung selten. Ihr Ventil: Respektlose, herablassende Bemerkungen, Sarkasmus, feindseliger Humor, Augenrollen, Spott – das ganze Arsenal.

Verachtung ist der stärkste Prädiktor für eine anstehende Trennung. Wenn ihr das Ruder jetzt noch umreißen wollt, müsste ihr das Zerrbild positiv überschreien. ASAP.

Das Gegenmittel: Nehmt euch jeden Tag Zeit füreinander und zeigt euch gegenseitig Wertschätzung, Dankbarkeit, Zuneigung und Respekt. Wirklich zeigen, gemeinsam darüber sprechen, nicht nur darüber nachdenken. Der KPI den ihr erreichen müsst ist 5:1. Fünf positive Bemerkungen für jede negative.

Damit überschreibt ihr Schritt für Schritt das Zerrbild und schafft die positive Basis, die ihr braucht, um eure Konflikte konstruktiv zu lösen. Eine super Übung sind die „30 Days of corporate appreciation“ der Conscious Leadership Group: Jeden Tag eine Reflexion zur Wertschätzung deines Gegenübers.

? ? Der Vierte Reiter: Mauern

Auf Verachtung reagieren wir mit Mauern und Rückzug. Die negative Stimmung ist nur schwer zu ertragen. Wir ziehen uns zurück, minimieren die Zeit miteinander, fressen die negativen Gefühle in uns hinein. Nicht hilfreich.

Tatsächlich gingen jeder Gründertrennung, die ich begleitet habe, mehrere Monate voraus, in denen sich die Gründer nur noch ad hoc zu Entscheidungen austauschten. Die persönliche Beziehung war weitgehend eingestellt. Ein Teufelskreis, denn ohne den persönlichen Austausch wird das Zerrbild der Verachtung nicht korrigiert.

Das Mauern zeigt sich auch im dringenden Wunsch vieler frustrierter Gründer nach super scharfen Rollenprofilen. Ihre Hoffnung: Wenn klar ist, was wir jeweils machen, dann kann ich in meinem Bereich schalten und walten, wie ich es will. Ich kann mein Gegenüber raushalten und muss mir ihre Nörgelei nicht mehr anhören.

Jetzt steht ihr an der Klippe eurer Beziehung, nur noch wenige Schritte, bald wird Trennung unausweichlich.

Das Gegenmittel: Selbstfürsorge. Zieh dich nicht in dich zurück, sondern verlasse den akuten Konflikt. „Sorry, aber ich fühle mich in diesem Konflikt gerade am Limit. Lass uns das ein anderes Mal weiter diskutieren.“ Ihr könnt auch ein gemeinsames Passwort zum Abbruch destruktiver Konflikte definieren.

Nimm dir Zeit, komm runter, lenk dich ab. Gehe in Gedanken an einen Ort, der dich beruhigt. Das gibt dir Zeit, den Stresszyklus zu durchbrechen und wieder klarer zu denken. Ohne Stress kommt dann auch die Empathie für dein Gegenüber zurück. Und die braucht ihr, wenn ihr den Weg zurück zu einer starken Gründerbeziehung gehen wollt.

Key Take Aways

Gründerbeziehungen auf dem Weg in den Abgrund haben immer die gleichen Vorzeichen: Die vier Reiter der Beziehungs-Apokalypse, Kritik, Rechtfertigung, Verachtung und Mauern.

Wenn ihr beim Mauern gelandet seid, steht ihr an der Klippe. Nur noch wenige Schritte, und eure Beziehung stürzt ab. Die Trennung scheint unausweichlich.

Es sei denn, ihr reißt das Ruder herum und geht den Weg zurück:

  • Selbstfürsorge. Seid gut zu euch. Reduziert den Stress, verlasst eure Konflikte bevor sie eskalieren. Raus aus den Mauern und rein in die Empathie.
  • Positives Bild. Schaut darauf, was ihr gegenseitig an euch schätzt, nicht auf die schwierigen Seiten. Das löst die Verachtung Schritt für Schritt auf.
  • Gegenüber verstehen. Verstehe die Bedürfnisse deines Gegenübers. Sehe deinen Anteil, sucht gemeinsam eine Lösung. Euer Gegner ist das Problem, nicht ihr.
  • Bedürfnisse klar äußern. Überleg dir, was du brauchst und wie dich dein Gegenüber unterstützen kann. Übernimm Verantwortung, statt ihn mit Kritik zu verfolgen.

Und nun zu dir!

Wie läuft es in deiner Co-Founder oder Führungs-Beziehung

  • Welcher der Reiter haben sich bereits gezeigt?
  • Was willst du machen, um sie zurückzutreiben?
  • Wie gut verstehst du deine Mitgründer / Führungskollegen?
  • Was schätzt du besonders an ihnen? Sag es ihnen.
  • Wie kannst du dich ihnen mehr Zuwenden?

Viel Erfolg!

Schwierige Kollegen: Süsses und bitteres Gift

Die geniale Programmiererin. Unglaublich schlau, auf ihrem Gebiet einfach unschlagbar. Aber persönlich eine echte Katastrophe. Wo sie hin kommt, wächst kein Gras mehr.

Der nette Kollege der ersten Stunde. Er lebt und atmet eure Unternehmenskultur. Aber schon lange reicht seine Leistung nicht mehr für das, was ihr braucht.

Zwei unterschiedliche Fälle, eine große Gemeinsamkeit:

Sie sind giftig für unser Team und trotzdem fällt es uns unglaublich schwer, uns zu einer klaren Haltung durchzuringen. Oft schleppen wir diese Kollegen Monate bis Jahre mit, ohne etwas an der Situation zu ändern.

Wie ihr in beiden Fällen zu einer klaren Lösung kommt – das ist der Schwerpunkt dieses Blogartikels.

Das süße und das bittere Gift

Schwierige Kollegen sind immer wieder ein wichtiges Thema in meinen Coachings, meist verbunden mit der Frage: Behalten oder Kündigen.

Kündigen fällt zum Glück keinem leicht. Zu viel hängt daran:

  • Das persönliche Schicksal des Betroffenen.
  • Die Performance im Team.
  • Der Teamspirit.

Nichts, was man leicht aufs Spiel setzt. Bei zwei Typen von Kollegen fällt die Entscheidung besonders schwer:

  • Bei den toxischen High Performern, dem bitteren Gift. Sie zeigen eine hohe fachliche Performance, aber kaum Kulturfit.
  • Bei den freundlichen Low Performern, dem süßen Gift. Sie sind der Kulturfit, aber die fachliche Leistung reicht einfach nicht.

Toxische High Performer

Annabel war fachlich der Hammer. Nur sie kannte das IT-System im Detail. Nichts war dokumentiert, alles Wissen nur in ihrem Kopf.

Im Umgang mit dem Team war sie leider toxisch: Sie übernahm keine Dienste, blockte jede Bitte um Unterstützung ab und minimierte damit ihren Arbeitsaufwand.

Mit dieser Taktik schuf sich Annabel über Jahre eine kuschelige Komfortzone. Ständig war sie im Verfolger-Modus unterwegs (Siehe Artikel zu Drama-Dreieck). Ihre ätzenden Kommentare hielten Kollegen und Chef auf Abstand. Die Stimmung im Team: Frustriert und verbittert.

Kündigen? Bloß nicht! Zu groß die Sorge, dass es nach ihrem Weggang einen Systemzusammenbruch gäbe, den das Team nicht in Griff bekäme.

Freundliche Low Performer

Zoltan war eine echte Seele. Mitarbeiter der ersten Stunde, bester Freund eines Gründers. Hatte mitgelitten und mitgefochten. Er lebte und atmete die Kultur.

Leider fiel es ihm immer schwerer, mit dem Tempo des Teams und dem wachsenden Qualitätsstandard mitzuhalten. Zu viele Fehler, zu ungenau.

Seine sichtbare Überforderung erregte das Mitleid des Teams. Alle versuchten zu helfen, luden sich seine Probleme auf ihre Schultern und wurden zu Rettern.

Auf seine Weise war auch Zoltan giftig für das Klima im Team. Denn „seine“ Message war: Hauptsache nett sein, dann geht es auch ohne Performance.

Kündigen? Bloß nicht! Zu groß die Sorge, dass mit seinem Weggang die Stimmung einbrechen und die Kultur des Unternehmens leiden würde.

Na, kennst du eine dieser Situationen? Willkommen im Club!

Zwei unterschiedliche Fälle mit der immer gleichen Charakteristik:

  • Einseitige Bewertung der Individualleistung,
  • Fehlende Berücksichtigung der Teamperformance.
  • Drama und fehlende Verantwortungsübernahme.

Auch das Ergebnis ist vergleichbar: Die Stimmung und die Gesamtperformance des Teams leiden.

Wenn du einen dieser Fälle im Team hast, gibt es nur eines: Raus aus dem Schlamassel und Klarheit schaffen.

Ganzheitlicher, teamorientierter Performancestandard

Schwierige, für das Team giftige Kollegen leben fast immer von einer einseitigen Performancebewertung, die den Impact des individuellen Handelns auf das Team vernachlässigt.

Sprich: Eine grottige fachliche oder kulturelle Performance wird durch eine gute Performance in der jeweils anderen Dimension überkompensiert.

In der Einzelbetrachtung mag diese Rechnung ja funktionieren. Doch als Leader optimierst du nicht den Output einzelner, sondern die Gesamtleistung deines Teams.

Und die leidet in beiden Fällen erheblich. Durch dein Zögern signalisierst du dem Team: Hier reicht es, nur auf einem Teil der Zylinder zu laufen.

In einer echten Wachstumskultur bewertet ihr die fachliche und die kulturelle Performance jeweils unabhängig voneinander. Beides muss erfüllt sein. Defizite auf der einen Seite können nicht durch Stärken auf der anderen Seite kompensiert werden.

Und ihr berücksichtigt bei der Bewertung immer auch den Impact des Teammitglieds auf den Rest des Teams: Der Beitrag jedes Einzelnen muss die Gesamtleistung des Teams steigern.

Raus aus dem Drama, rein in die Eigenverantwortung

Egal ob süß oder bitter: Giftige Mitarbeiter sind immer im Drama unterwegs.

In der bitteren, aggressiven Variante spielen sie den Verfolger und machen mit ihrer ätzenden, abwertenden Art und Weise das Team zu Opfern.

In der süßen, netten Variante sind sie das arme, machtlose Opfer, das vom Rest des Teams gerettet wird.

Beiden gemeinsam ist die fehlende Übernahme von Eigenverantwortung. Jemand anderes räumt hinter ihnen auf.

Wenn du nicht agierst, sondern die Situation hinnimmst, bist du ein zentraler Mitspieler im Drama: Als Opfer der Umstände und / oder als Retter des Teams.

Deine Aufgabe als Leader ist es, diese Menschen wieder in die volle Verantwortung zu bringen. Oder – sollte das nicht gelingen – selbst in die Verantwortung zu gehen und dich von ihnen zu trennen.

Der erste Schritt auf dem Weg dahin ist dein eigener Rollenwechsel.

Raus aus der Opferrolle, rein in den Gestalter: Du definierst die fachlichen und kulturellen Performancestandards und schaffst damit Klarheit über die Spielregeln.

Aus dieser Klarheit heraus wirst du dann zum Challenger und übst liebevollen Druck aus: „Das sind die Regeln. Wie willst du damit umgehen? Mitspielen oder Spielfeld verlassen?“ Das klingt erst mal scharf, ist aber ein klarer Appell an die Eigenverantwortung. Denn dein Gegenüber ist nicht machtlos, sondern kann frei wählen.

Beim „Toxischen High Performer“ heißt das: „Mir ist es egal, wie viel Wissen du bunkerst. Ich spiele dein Spiel ab heute nicht mehr mit. Du kannst aber gerne nach unseren Regeln spielen. Oder du gehst.“

Beim „Netten Low Performer“ heißt es: „Bist du dir wirklich sicher, dass du hier im Team noch glücklich bist? Gibt es vielleicht ein Umfeld, dass besser für dich passt? Oder brauchtest du einfach einen Wakeup Call, der dich aus deiner Komfortzone holt?“

Entscheidet sich dein Kollege für das Mitspielen, wirst du zum Coach. Hilfe zur Selbsthilfe. Jetzt ist der letzte Make-or-Break-Punkt erreicht: Ist dein Gegenüber coachable? Hört sie sich dein Feedback offen an? Lässt er sich auf seine Weiterentwicklung ein?

Beides habe ich in Coachings schon erlebt.

Da war die toxische High Performerin. In dem Moment, in dem ihr Chef aus der Opfer-Rolle ausstieg und in den Gestalter und Challenger wechselte, war ihr klar: „Sch…, mein Spiel funktioniert nicht mehr. Ich bin dann mal weg.“ Kaum hatte sie das Unternehmen verlassen, kam es zum befürchteten Systemausfall. Der aber in einer fantastischen Teamaktion zügig gelöst wurde. Der Weggang von Annabel hatte die Energie des Teams wieder freigesetzt. Heute ist die Stimmung im Team klasse, die Performance so hoch wie nie zuvor.

Und da war der nette Low Performer. Nachdem sein Chef aus dem Retter in den Challenger und Coach wechselte, ging Zoltan zunehmend in die Eigenverantwortung. Er wollte unbedingt im Team bleiben. Und fing endlich an, seine Qualitätsprobleme ernsthaft zu lösen. Geht doch! Auch hier sind heute alle super happy.

Key Take Aways

Schwierige, für das Team giftige Kollegen zeigen das immer gleiche Muster: Einseitige Performance-Standards, fehlende Berücksichtigung des negativen Impacts auf das Team. Ein netter Mensch, der die PS nicht auf die Straße bekommt. Die toxische High Performerin, unter der das ganze Team leidet.

Die Lösung:

  • Ganzheitlicher Performancestandard. Berücksichtige die fachliche Leistung und den Kulturfit. Beides muss gegeben sein, gegenseitige Kompensation gibt es nicht.
  • 1+1 > 1: Jedes Teammitglied muss einen positiven Impact auf die Gesamtleistung des Teams haben. Keiner darf das Team schwächen.
  • Gestalten. Schwierige Kollegen machen uns oft zu Opfern und Rettern. Verlass das Drama, indem du klare Spielregeln aufstellst.
  • Challengen. Übe liebevollen Druck aus: „Hier sind die Regeln. Entscheide selbst: Mitspielen oder gehen.“ Auch das ist Selbstverantwortung.
  • Coachen: Gib Feedback,biete Hilfe zur Selbsthilfe an. Zeigt sich dein Gegenüber coachable: Super, geht doch. Wenn nicht: Dann geh doch.

Und nun zu dir!

Hast du schwierige Kollegen im Team?

  • Was für ein Typus sind sie: Süßes oder bitteres Gift?
  • Was hält dich davon ab, ihnen gegenüber klarer zu sein?
  • Wie kannst du dich ihnen gegenüber die die Gestalterrolle bringen?
  • Wie machst du als Challenger und Coach weiter?

Viel Erfolg!