Leadership Manifest: So wollen wir führen

Obstkorb, Dienstrad, Remote Work, super Gehalt, starkes Team….

Die Liste der Features, mit denen wir Menschen für unsere Teams begeistern wollen, wird immer länger.

Doch das Wichtigste fehlt meist:

Die Führung.

„Führung“ ist DAS Angebot an eure Kollegen, das die größte Auswirkung auf euer Miteinander und die Performance des Teams hat. Wenn ihr nicht gut führt, sind all die anderen Job-Features egal.

Denn: Menschen verlassen keine Unternehmen, sie verlassen Chefs.

Dummerweise definieren die wenigsten Leadership Teams, was gute Führung für sie bedeutet. Damit wird gute Führung zum Zufallsprodukt. Mal läuft‘s, mal eben auch nicht.

Die Lösung: Macht explizit, was Führung für euch bedeutet. Beantwortet dabei die folgenden Fragen:

✅ Was wollen wir mit unserer Führung erreichen?

✅ Welche Menschen wollen wir im Team haben?

✅ Was für eine Führung brauchen diese Menschen?

✅ Wie setzen wir Führung ganz konkret in unserem Unternehmen um?

Und fasst all das zu eurem Leadership Manifest zusammen.

Ein klares Statement und ein klarer Anspruch:

🧭 So wollen wir führen.

🧭 An diesem Anspruch lassen wir uns messen.

🧭 Dahin entwickeln wir junge Leader.

Leadership Manifest

Dem Thema „Leadership Manifest“ bin ich erstmals im Buch „Trillion Dollar Coach“ begegnet, in dem der Google Gründer Eric Schmidt und seine Kollegen Jonathan Rosenberg und Alan Eagle die Arbeit mit ihrem Coach Bill Campbell beschreiben.

Bill Campbell war ein legendärer Silicon Valley Coach, der neben dem Google Management Team auch Menschen wie Larry Page, Steve Jobs, Jeff Bezos, Ben Horowitz und Sheryl Sandberg begleitete.

Ursprünglich war Bill Campbell Football Trainer. Executive Coach wurde er, nachdem er selber lange Startups und etablierte Unternehmen geführt hatte. Seine persönliche Führungshaltung hatte er in ein Leadership Manifest übersetzt, das er seinen Coachees weitergab: It’s the people.

Quelle: E. Schmidt, J. Rosenberg, A. Eagle (2019): Trillion Dollar Coach

In diesem Leadership Manifest bringt Bill Campbell auf den Punkt, was Führung für ihn bedeutet:

  • Seine Mission als Leader: Menschen sind die Grundlage für den Erfolg jedes Unternehmens. Die Hauptaufgabe jeder Führungskraft…
  • Sein Blick auf die Menschen, die er führt, und ihre Bedürfnisse: Unser Team besteht aus großartigen Menschen…
  • Seine Verantwortung und sein Handeln als Leader: Führungskräfte schaffen dieses Umfeld durch Unterstützung, Respekt und Vertrauen….

Das Leadership Manifest klärt nicht nur, was gute Führung ist, sondern stellt gleichzeitig ein öffentliches Committment gegenüber dem Team dar:

So will ich führen, das dürft ihr von mir verlangen.

Damit ist euer Leadership Manifest gemeinsam mit euren Werten das zentrale, kulturprägende Führungsinstrument. Es etabliert die Rechenschaft der Führung gegenüber dem Team und damit echte Augenhöhe.

Erarbeite dein eigenes Leadership Manifest

Natürlich kannst du in der Führung einfach das Leadership Manifest von Bill Campbell übernehmen. Viel wertvoller ist es aber, wenn du oder ihr als Leadership Team euer eigenes Manifest entwickelt.

Denn damit klärt ihr euren eigenen Führungsanspruch, macht euch klar, was euer Menschenbild ist und was ihr tun wollt, um die Menschen in eurem Team aufblühen zu lassen.

In der Empower! Masterclass und in meinen Coachings erarbeiten wir das Leadership Manifest in drei Schritten:

  • Unsere Mission als Leader.
  • Unser Menschenbild und die Bedürfnisse dieser Menschen
  • Unsere Führungsverantwortung und die Praktiken, die wir anwenden.
  • Die Erarbeitung kannst du natürlich wunderbar für dich alleine machen. Besonders mächtig wird das Leadership Manifest aber, wenn ihr es gemeinsam im Leadership Team herleitet.
  • Rechnet für einen ersten Draft mit etwa 3 Stunden, gefolgt von 1-2 Iterationen der Ausarbeitung.

Unsere Leadership Mission

Eure Mission als Leader könnt ihr mit den folgenden zwei Fragen explorieren:

  • Was bedeutet Führung für uns?
  • Was ist das ultimative Ziel unserer Führung?

Ich starte diese Überlegung gerne mit einem Brainstorming.

Individuelle Arbeit

Nimm ein Pack Post-its, gib dir 5 Minuten und schreibe alles auf, was für dich die Mission als Leader ausmacht. Fasse diese Ideen dann in einem Satz zusammen.

Hier ein Beispiel aus einem meiner Coachings:

Quelle: Beispiel aus dem Coaching

Arbeit im Team

Bei der Arbeit im Team habt ihr noch einen Zwischenschritt: Stellt euch eure Überlegungen aus dem individuellen Brainstorming gegenseitig vor und diskutiert dann die verschiedenen Perspektiven: Was ist uns allen wichtig? Wo sind Unterschiede? Was ist der gemeinsame Kern unseres Führungsverständnisses? Allein diese Diskussion ist Gold wert. Einigt euch auf 4-5 Kernthemen und formuliert daraus dann eure Leadership Mission.

Unser Menschenbild

Nachdem ihr eure grundsätzliche Leadership Mission definiert habt, schaut ihr euch an, an wen sich eure Führung richtet. Euer Team – oder genauer gesagt: Die Menschen, die eure Kultur besonders stark prägen und die ihr am liebsten für euer Team gewinnen wollt. Sprich: Eure Traumkollegen. Dazu helfen euch die folgenden Fragen

  • Was ist unser Menschenbild? Was macht die Menschen aus, die unser Team prägen sollen?
  • Was brauchen diese Menschen, um aufzublühen und über sich hinauszuwachsen?

Eure Führung muss so gestaltet sein, dass genau diese Menschen besonders gut von eurem Führungsverhalten gefördert und unterstützt werden.

Individuelle Arbeit

Definiere die 3-4 Kollegen, die in Summe optimal widerspiegeln, was euer Unternehmen und seine Kultur ausmacht.

Nimm dir dann 10 Minuten Zeit für ein Brainstorming. Schreibe zunächst für jeden Kollegen einzeln auf, welche positiven Eigenschaften sie oder ihn ausmachen. Eine Eigenschaft pro Post-it. Hilfreich ist es, für jeden der Kollegen eine eigene Post-it Farbe zu nehmen. Wenn sich Eigenschaften bei allen wiederholen: jedes Mal neu aufschreiben. Je häufiger du eine Eigenschaft nennst, desto zentraler ist sie für dein Menschenbild.

Wenn du alles erfasst hast, clusterst du die Eigenschaften: Was sind die 5-6 Eigenschaften, die eure Traumkollegen ganz besonders auszeichnen.

Hier wieder ein Beispiel aus dem Coaching.

Quelle: Beispiel aus dem Coaching

Gib den Kerneigenschaften jeweils Überschriften.

Wahrscheinlich kommen dir diese Eigenschaften irgendwie bekannt vor. Kein Wunder. Denn die Eigenschaften, die du an deinen Kollegen besonders schätzt, spiegeln immer deine eigenen Werte wider. Solltest du deine Werte bisher nicht explizit erarbeitet haben: Voila: Jetzt hast du einen super Aufsatzpunkt.

Nach der Erfassung der Eigenschaften geht es weiter mit deinem Leadership Manifest. Überlege, welche Bedürfnisse Menschen mit diesen Eigenschaften haben. Was bringt sie zum Aufblühen?

Im Beispielfall sind das: ein starkes Team, Vertrauen, klare Orientierung, Gestaltungsfreiraum, Raum zum Wachstum, …

Formuliere sowohl die Eigenschaften als auch die Anforderungen an die Führung in 1-2 Sätzen. Damit hast du den zweiten Teil deines Leadership Manifests.

Arbeiten im Team

Das Vorgehen im Team ist ähnlich. Auch hier überlegt sich jeder 3-4 Personen. Dann diskutiert ihr aber erstmal eure gemeinsame Auswahl. Allein schon diese Diskussion ist spannend: Wie blickt ihr auf euer Team? Wen schätzt ihr alle, wo habt ihr unterschiedliche Sichtweisen?

Schreibt dann jeder im individuellen Brainstorming die Eigenschaften auf und geht dann genau so weiter, wie im individuellen Prozess.

Meine Führungsverantwortung und die Umsetzung

Ihr wisst jetzt, was eure Leadership Mission ist und auf welche Menschen eure Führung ausgerichtet ist. Jetzt kommt der letzte Schritt. Überlegt euch, wie ihr diesen Anforderungen begegnen wollt:

  • Was ist unsere Verantwortung als Führungskraft?
  • Was tun wir konkret, um zu führen? Welche Führungsinstrumente setzen wir ein?

Fügt dann alle Bausteine zusammen.

So sieht das finale Dokument im Beispiel aus:

Screenshot

Quelle: Beispiel aus dem Coaching

Puh. Geschafft. Jetzt steht euer Leadership Manifest.

Kommunikation & Umsetzung

Natürlich ist dein Leadership Manifest nichts für die Schublade. Wirksam wird es erst, wenn du bzw. wenn ihr es ans Team kommuniziert und damit klar macht:

So will ich, so wollen wir führen!

Aber was ist der richtige Rahmen?

Wenn ihr das Manifest allein oder im engsten Führungsteam erstellt habt, heißt es im ersten Schritt: Alle übrigen Führungskräfte im Team mitnehmen. Macht einen Workshop, in dem ihr das Manifest vorstellt und dann gemeinsam exploriert, was das für euren Führungsalltag bedeutet. Seid auch offen, das Manifest noch etwas anzupassen oder zu ergänzen.

Stellt das fertige Leadership Manifest im Rahmen eines All Hands Meetings dem gesamten Team vor und erklärt, wie ihr auf diese Themen gekommen seid. Damit geht das Leadership Manifest live.

Macht das Leadership Manifest dann zu einem Teil eurer regulären Kulturkommunikation:

  • Stellt es in jedem Onboarding vor, gemeinsam mit eurer Vision und euren Werten.
  • Geht es mit jedem neuen Leader durch: Was bedeutet das Leadership Manifest für sie? Wie sieht eine Führung aus, die diesen Ansprüchen gerecht wird?

Lasst euch und alle Leader im Team an den Ansprüchen des Leadership Manifests messen: Holt euch regelmäßig Feedback aus dem Team, inwieweit ihr euren Ansprüchen gerecht werden. Sei es in euren 1:1 Meetings oder im jährlichen Performance Review. Das schafft echte Augenhöhe.

So kommuniziert und gelebt, schafft ihre eine ganz bewusste Führung in eurer Company. Ihr macht klar: Gute Führung ist für uns genauso wichtig, wie das Erreichen unserer wirtschaftlichen Performance.

Viel Spaß beim Erstellen eures Leadership Manifests.

Key Take Aways

Euer Leadership Manifest ist gemeinsam mit euren Werten das zentrale, kulturprägende Führungsinstrument.

Mit dem Leadership Manifest klärt ihr als Gründer und Leadership Team, wie gute Führung bei euch im Unternehmen aussehen soll. Damit definiert ihr den Maßstab, anhand dessen ihr und euer Team die Qualität eurer Führung messen. Das Resultat: Commitment und Rechenschaft auf Augenhöhe.

In diesen 3 Schritten wird es erarbeitet.

  • Unsere Mission als Leader. Umreißt im ersten Schritt grob: Was bedeutet Führung für uns? Was ist das ultimative Ziel unserer Führung? 1-2 Sätze reichen.
  • Unsere Traumkollegen und ihre Bedürfnisse: Definiert euer Menschenbild. Was macht die Menschen aus, die wir im Team haben wollen? Was brauchen sie, damit sie aufblühen? Auch wieder in 1-2 Sätzen zusammenfassen.
  • Unsere Führungsverantwortung und ihre Umsetzung. Jetzt wird es praktisch: Was ist die konkrete Verantwortung der Führungskräfte im Team? Was wollt ihr als Führungskräfte tun, um das Arbeitsklima zu schaffen, das euer Team aufblühen lässt?

Bringt euer Leadership Manifest dann zum Leben.

Kommuniziert und diskutiert es mit den Führungskräften des Teams, die bisher nicht eingebunden waren, und kommuniziert das fertige Manifest dann an das ganze Team.

Stellt sicher, dass es gelebt wird: Jeder muss es kennen und verstehen. Lasst euch in euren Feedbacks und Performance Reviews an den selbst gestellten Ansprüchen messen.

Damit macht ihr klar: Gute Führung ist für uns genauso wichtig, wie das Erreichen unserer wirtschaftlichen Performance.

Und nun zu dir!

  • Was bedeutet „Führen“ für dich? Was ist deine Mission als Leader?
  • An wen richtet sich deine Führung? Welche Menschen willst du mit deiner Führung entwickeln und welche Art von Führung brauchen sie, um aufzublühen?
  • Wie kannst du diese Führung im Alltag umsetzen. Welches Mindset und Toolset soll eure Führung künftig prägen?

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Anleitung für Mich: So funktioniere ich

„Der muss doch wissen, dass mir das wichtig ist.“
Ist das so? Weiß dein Team wirklich, was du brauchst?

Viele Missverständnisse in der Führung entstehen, weil wir glauben, dass unser Gegenüber genau weiß, was uns in der Zusammenarbeit wichtig ist.

Das „Wichtige“ kann alles Mögliche sein. Bei mir sind das Themen wie

  • Pünktlich zu Meetings erscheinen,
  • Meetings vorbereiten und nachhalten,
  • Schnell auf den Punkt kommen, statt alles endlos zu erklären,
  • Keine Termine in meine Fokuszeiten legen,
  • Usw.

Jeder hat seinen eigenen inneren Kompass mit Anforderungen und Bedürfnissen, die uns in der Zusammenarbeit wichtig sind.

Wenn diese Themen verletzt werden, ärgern wir uns. Und landen dann im Drama: „Dem ist es doch egal, was ich brauche.“ „Die ist einfach total rücksichtslos.“

Das Problem: Die meisten unserer Bedürfnisse haben wir nie offen kommuniziert. Sie stehen als implizite Annahmen im Raum – und in unseren Gedanken.

Denn tatsächlich machen auch wir uns selten klar, was eine gute Zusammenarbeit mit uns ausmacht. Und wenn wir uns schon nicht klar sind, wie sollen wir es dann erst an unsere Teammitglieder kommunizieren?

Vorhang auf für eines der effektivsten Instrumente der (Selbst-)Führung:

Die Anleitung für Mich.

In dieser Anleitung reflektierst du, was eine gute Zusammenarbeit für dich ausmacht. Wie denkst du über die Welt? Was brauchst du, damit ihr gemeinsam erfolgreich sein und Spaß haben könnt?

Was diese „Anleitung für Mich“ umfasst und wie du sie schreibst, ist der Fokus dieses Blogartikels.

Wie funktioniere ich eigentlich?

Auf das Thema „Anleitung für Mich“ bin ich erstmals im „High Growth Handbook“ von Elid Gil gestoßen. In diesem Buch wird der „Working with me-Guide“ von Claire Hughes Johnson, damals Chief Operating Officer of Stripe, vorgestellt.

Claire war als neue Führungskraft zu Stripe gekommen und wollte sicherstellen, dass jeder im Team weiss, wie sie sich die Zusammenarbeit vorstellt. Also verteilte sie ihre „Anleitung für Mich“. Alle waren begeistert. Schnell machte das Dokument die Runde und ging viral.

Kein Wunder. Es ist unglaublich produktiv, wenn wir unseren Kollegen klar kommunizieren, was wir brauchen, um erfolgreich zu sein und Spaß zu haben.

Und es macht auch uns selbst produktiver, wenn wir uns im Zuge der Erarbeitung dieses Dokuments klar darüber werden, wie wir eigentlich arbeiten und was wir von unserem Gegenüber erwarten.

Inzwischen kursiert eine ganze Reihe unterschiedlicher „Anleitungen für mich“ im Netz. Hier ein Beispiel:

Quelle: Cassie Robinson, Medium

Für mein Coaching habe ich ein Format entwickelt, dass sich besonders gut für Führungskräfte eignet. Die Fragen könnt ihr hier (deutsch englisch) als Word-Template herunterladen.

Und so sieht es aus…

Anleitung für Mich in 13 Punkten

Präambel

Das bin ich…

Beginne mit einem Überblick darüber, wer du bist, einschließlich deiner persönlichen Werte, Mission und Vision.

Bin ich eher introvertiert oder extrovertiert? Was sind meine Werte? Was bedeutet für mich Erfolg? Wofür trete ich in diesem Leben an? Was ist meine eigene Vision und Mission?

#1 Meine Führungshaltung

Das ist meine Führungsphilosophie….

Mit diesem Absatz stellst du einen Link zu eurem Leadership Manifest her, dem Dokument in dem du beschreibt, was Führung bei euch im Unternehmen bedeutet. (Wie ihr das erstellt, kommt im nächsten Newsletter).

Was bedeutet Führung für mich? Was für ein Menschenbild habe ich? Aus welcher Haltung führe ich?

#2 Vertrauen & Wertschätzung

So gewinnst du mein Vertrauen und meine Wertschätzung am schnellsten…

Mit welchen Qualitäten und Verhaltensweisen gewinnen Menschen mein Vertrauen? Womit verlieren sie es? Was schätzt du besonders an den Menschen, die mit dir arbeiten?

#3 Zusammenarbeit

Das sind meine grundsätzlichen Arbeitspräferenzen…

Was ist mein grundsätzlicher Arbeitsstil? Arbeite ich lieber im Team oder allein? Bin ich Frühaufsteher oder Nachteule? Was für eine Arbeitsumgebung gibt mir Aufwind? Wann bin ich besonders kreativ? Top Level vs. Detail?

#4 Kommunikation

So kommuniziere ich gerne…

Was ist mein Kommunikationsstil – und mit welchem Stil erreicht man mich am besten? Welche Kanäle nutze ich für welche Art von Information? Welche nutze ich nur selten? Wie erreicht man mich am besten in kritischen Situationen? Wie sollen schlechte Nachrichten an mich kommuniziert werden?

#5 Zeitmanagement

So teile ich meine Zeit ein und priorisiere ich Verantwortlichkeiten…

Was ist der generelle zeitliche Rahmen meiner Arbeit? Wie bin ich außerhalb der Arbeitszeit verfügbar? Wie offen ist mein Kalender? Habe ich so etwas wie Sprechstunden? Wann sind meine Fokuszeiten? Was sind meine wichtigsten Routinen? Wie definiere ich meine Prioritäten und wie bilden sich diese Prioritäten in meinem Zeitbudget ab?

#6 Meetings

So werden meine Meetings produktiv…

Was sind meine Erwartungen an die Vorbereitung, Pünktlichkeit, Teilnahme und Nachbereitung von Meetings? Wie häufig mache ich welche Meetings? In welcher Form (persönlich, virtuell, unter vier Augen, Gruppe)? Wie sieht die typische Agenda aus? Hänge ggf. die Agenda deines Standard 1:1 Meetings an.

#7 Entscheidungen

So treffe ich am liebsten Entscheidungen…

Wie bereite ich Entscheidungen vor? Wann entscheide ich allein, wann im Team? Wie überzeugt man mich am besten von einer Entscheidung (z.B. Daten, Social Proof, Frameworks)? Brauche ich viel Kontext oder will ich nur die Optionen verstehen? Bei welchen Entscheidungen will ich nur informiert werden? Wie sollen Entscheidungen dokumentiert werden?

#8 Feedback Geben und Nehmen

So gehe ich mit Feedback und Performance-Problemen um…

Wann und wie gebe ich typischerweise Feedback (z.B. in jedem 1:1. Meeting)? Wie und wann bekomme ich am liebsten Feedback? Wie gehe ich mit anhaltenden und grundsätzlichen Performance Problemen um?        

#9 Motivationen und Demotivatoren

Das gibt und das nimmt mir Energie…

Welche Tätigkeiten, Situationen, Verhaltensweisen und Menschen machen mir gute Laune und laden mich positiv auf? Was nimmt mir Energie und ärgert mich? Welche Situationen würde ich gerne vermeiden?

#10 Stärken und Entwicklungsfelder

Das sind meine Stärken und Entwicklungsfelder – und so können wir uns gegenseitig unterstützen…

Was sind meine persönlichen und fachlichen Stärken? Wie unterstütze ich mein Team damit? Was kann es von mir lernen? Wo habe ich Entwicklungsbedarf? Wie kann mir mein Team helfen, besser zu werden? In welchen Bereichen kann mein Team meine Schwächen ausgleichen (z.B. Liebe zu Detail)?

#11 Stressverhalten

So bin ich in meinem Besten-Ich und in meinem Stress-ich…

Wie verhalte ich mich an meinen besten Tagen? Wie an meinen schlechten Tagen? Wie verändert sich meine Führung, wenn ich gestresst bin (z.B. werde direktiver, werde still)? Was zeigt, dass ich überfordert bin?Wie kann mich mein Team im Stress am besten unterstützen?

#12 Krisenmanagement

So gehe ich mit Krisen und Druck um…

Wie will ich, dass wir in Krisen miteinander kommunizieren? Was ändert sich dann in meiner Führung? Wie treffen wir dann Entscheidungen?

#13 Fun Fact & Missverständnisse

😀 Und das solltest du auch noch über mich wissen …

Missverständnisse: Welche Verhaltensweisen von mir führen immer wieder zu Missverständnissen? Was an meinem Führungs- oder Arbeitsstil wird regelmäßig kritisiert oder missverstanden? Welche meiner Macken und Eigenarten verärgern Menschen ungewollt?

Fun Facts: Welche lustige Anekdote beschreibt mich am besten? Was sind meine Hobbies und Interessen außerhalb der Arbeit?

Puh. Eine ganz schön lange Beschreibung. Und sicher gar nicht so einfach zu erstellen. Denn über die meisten dieser Punkte haben wir noch nie so richtig nachgedacht.

Das schafft einen riesigen Raum für Missverständnisse. Denn wie soll unser Gegenüber wissen, was uns in der Zusammenarbeit wichtig ist, wenn wir das selbst nicht wissen.

Tatsächlich ist das die große Power der ”Anleitung für Mich“: Wir machen uns selbst klar, wie wir arbeiten wollen. Und schaffen damit erst die richtige Basis für eine exzellente Zusammenarbeit.

5 Schritte zur Anleitung für Mich

Die „Anleitung für Mich“ erstellst du am besten in 5 Schritten

Schritt 1 – Selbstreflexion. Beginne mit einer gründlichen Selbstreflexion. Reflektiere deinen Führungsstil, Kommunikationspräferenzen, Entscheidungsprozesse und wie du mit Zeit und Stress umgehst. Reflektiere deine Werte, was dich motiviert und demotiviert und welche Aspekte deiner Arbeit du als besonders lohnend oder herausfordernd empfindest.

Setze dich mit deinen Stärken und Entwicklungsfeldern auseinander, z.B. indem du den 16Personalities Test oder den CliftonStrengths Finder machst. Reflektiere deine inneren Antreiber und das daraus resultierende Beste- und Stress-Ich.

Frage Menschen in deinem Umfeld, wie sie dich erleben: Was muss man tun, um erfolgreich mit dir zusammenzuarbeiten? Was ist davon explizit, was eher implizit?

Schritt 2 – Erster Draft. Schreibe einen ersten Draft. Sei dabei so klar und transparent wie möglich, nur dann wird es eine sinnvolle Anleitung. Vermeide Fachjargon und schreibe in einfacher, eher unterhaltsamer Sprache. Auch wenn es sich erst mal komisch anfühlt, scheinbar Offensichtliches auszuformulieren – diese Klarheit wird euch das Leben erheblich leichter machen.

Clear is kind, unclear is unkind.

Brené Brown

Schritt 3 – Feedback einholen. Teile deinen ersten Draft mit ausgewählten Menschen in deinem Umfeld: Teammitgliedern, direkten Kollegen, Beiräten. Lass sie deinen Draft kommentieren: Passt das, oder erleben sie andere Seiten von dir? Was sollte man ihrer Meinung nach wissen, wenn man mit dir zusammenarbeitet?

Dieses Feedback gibt dir sicher weitere spannende Impulse zu deinem Arbeits- und Führungsstil.

Schritt 4 – Finalisieren. Mit dem Feedback erarbeitest du nun das finale Dokument. Mach es konkret, aber auch nicht zu lang. 2000-2500 Worte ist gut.

Schritt 5 – Umsetzung und Aktualisierung. Verwende die „Anleitung für Mich“ im Führungsalltag und beziehe dich in relevanten Situationen darauf. Mach regelmäßige Updates. Lass die Anleitung mit dir wachsen, vor allem wenn sich deine Rolle und Verantwortungen ändern.

Stelle sicher, dass die Anleitung leicht zugänglich ist. Und mache sie zu einem zentralen Teil im Onboarding neuer Kollegen. Idealerweise lädst du auch deine Teammitglieder und Kollegen ein, eine vergleichbare Anleitung zu erstellen.

Schließlich solltest du das leben, was du in deiner „Anleitung für Mich“ niedergelegt hast: Die Feedbacks, Meetings, Kommunikationswege… Nur dann wird es glaubwürdig und produktiv für eure Zusammenarbeit.

Viel Spaß beim Erstellen deiner ”Anleitung für Mich“.

Key Take Aways

Viele Missverständnisse in der Führung entstehen, weil wir unsere Erwartungen an die Zusammenarbeit mit dem Team nicht klar kommunizieren. Frei nach dem Motto: Der muss das doch wissen….

Ein super Tool, um all die impliziten Erwartungen auf den Punkt zu bringen ist die „Anleitung für Mich“. Ein Dokument, in dem wir explizit machen, wie wir uns die Zusammenarbeit im Team vorstellen.

Adressiere dabei die folgenden 13 (+1) Punkte

  • Präambel: Das bin ich…
  • Das ist meine Führungsphilosophie….
  • So gewinnst du mein Vertrauen und meine Wertschätzung…
  • Das sind meine grundsätzlichen Arbeitspräferenzen…
  • So kommuniziere ich gerne…
  • So teile ich meine Zeit ein und priorisiere ich Verantwortlichkeiten…
  • So werden meine Meetings produktiv…
  • So treffe ich am liebsten Entscheidungen…
  • So gehe ich mit Feedback und Performance-Problemen um…
  • Das gibt und das nimmt mir Energie….
  • Das sind meine Stärken und Entwicklungsfelder – und so können wir uns gegenseitig unterstützen…
  • So bin ich in meinem Besten-Ich und in meinem Stress-Ich…
  • So gehe ich mit Krisen und Druck um…
  • Und das solltest du auch noch über mich wissen 😀…

Gehe in dich und bringe alle deine Erwartungen auf den Punkt. Transparent und klar. Oder wie es Brené Brown sagt: „Clear is kind, unclear is unkind.“

Und nun zu dir!

  • Wie oft hast du in der Vergangenheit Probleme mit Kollegen gehabt, weil eure gegenseitigen Erwartungen unklar waren?
  • In welchen Bereichen deiner Arbeitsweise bist du dir selber noch nicht klar, was am besten für dich funktioniert?
  • Welche Rückmeldungen bekommst du aus dem Team zu deinen Arbeitspräferenzen?

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Time to say goodbye: So kündigst du gut

So geht es einfach nicht weiter! 
Eure Kollegin funktioniert nicht so, wie ihr euch das wünscht. Oder die Zusammenarbeit im Team hakt. Immer wieder gibt es Konflikte mit dem Kollegen. Alle sind genervt.

Zeit, sich zu trennen. Eigentlich.

Und doch drückt ihr euch schon lange um diesen Schritt. Mit allen möglichen Ausreden:

  • „Es wird schon noch besser werden.“
  • „Besser die als keine.“
  • „Der ist zwar schwierig, aber wir können einfach nicht auf ihn verzichten.“
  • „Entlassen ist schlecht für die Moral.“

Kaum etwas meiden wir so sehr, wie die Trennung von einem Kollegen oder einer Kollegin, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht ins Team passen.

Das ist eigentlich auch gut so. Denn eine Kündigung ist letztlich ein Scheitern. Wir haben jemandem Hoffnung gemacht, es aber nicht geschafft, die richtige Person zu finden und ins Team zu integrieren. Unser Gegenüber muss erkennen, dass seine Leistung nicht gereicht hat oder sie nicht ins Team passt. Schmerzlich ist das in jedem Fall.

Aber auch aufgeschobene Kündigungen helfen keinem:
❌ Euch nicht, da ein schlechter Performer Aufmerksamkeit von den guten Leuten abzieht.
❌ Dem Team nicht, dem ihr signalisiert, dass schlechte Leistungen oder ein mangelnder Teamfit irgendwie ok sind.
❌ Dem Betroffenen nicht, der vielleicht in einem anderen Umfeld wirklich seine PS auf die Straße bringen würde.

Also lieber früher als später kündigen und dabei mit größtmöglicher Sorgfalt vorgehen.

Aber wie sieht eine gute, wertschätzende Kündigung aus? (Und ein letztes Mal auch zum Anhören: Spotify  Apple  Podigee).

Lass dich inspirieren und gehe mutig den nächsten Schritt. Vom Gründer zum CEO.

Zu einer guten Trennung kommt ihr in 8 Schritten. Am wichtigsten ist dabei der erste Schritt: Eine kritische Reflektion, ob du wirklich alle Hebel gezogen hast.

Der erste Schritt: Haben wir wirklich alles versucht?

Eine Kündigung ist der richtige Weg, wenn du die folgenden 4 Aussagen eindeutig mit Ja beantwortest:

Die Kollegin wusste genau, was von ihr erwartet wurde.
Ihr hattet ihre Rolle und Aufgaben intensiv besprochen. Vielleicht habt ihr sogar gemeinsam ein Impact Profil erstellt und damit alle Verantwortungsbereiche und Leistungserwartungen transparent festgelegt. Auch bei den konkreten Aufgaben habt ihr die Erwartungen immer gut abgeklärt.

Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Immer wieder sprechen wir in Coachings über Mitarbeiter, mit denen nie wirklich über die Erwartungen gesprochen wurde. „Das muss ein Head of Marketing doch einfach wissen!“, „Sie hat doch immer „ja“ gesagt, wenn ich gefragt habe, ob das für sie passt.“

Aber so ist das nicht. Keiner muss irgendetwas „einfach wissen“, jedes Unternehmen, jeder Manager tickt anders. Auch ein „Ja, mache ich.“ ist ohne genaue Spezifikation, was die Person genau machen will, keinen Cent wert.

Wenn die Aufgaben nicht klar waren: Gebt eine neue Chance und seid dieses Mal super klar. Nicht selten überrascht die Kollegin dann mit der gewünschten Performance. Denn eigentlich wollen wir ja nur unser Bestes geben.

Der Kollege hatte die notwendigen Ressourcen, Informationen und Kompetenzen.
Mögliche Lernfelder habt ihr frühzeitig adressiert und du hast ihm Möglichkeiten gegeben, die Defizite auszugleichen. Du hast ihm den Kontext der Aufgaben erläutert und er hatte genügend Zeit und Budget, die Aufgaben zu erledigen.

Wenn das nicht der Fall war: Zeit für die Entwicklung nehmen. Mehr Informationen zur Verfügung stellen, Zeit und Ressourcen. Vielleicht war der Person der Kontext ja nicht klar. Vielleicht ist es gar nicht so tragisch und nach ein paar tieferen Erläuterungen passt alles.

Im Umfeld gibt es Kollegen, die in einer vergleichbaren Rolle hervorragend performen.
Sprich: Es ist grundsätzlich möglich, diese Rolle auszufüllen. Gerade in Startups sind viele Rollen am Anfang riesig. Jeder macht alles, es wimmelt nur so von eierlegenden Wollmilchsäuen. Das funktioniert, solange das Team klein und die Komplexität gering ist. Und auch mal was schief gehen darf.

Aber irgendwann geht es eben nicht mehr. Dann braucht es mehr Spezialwissen und Erfahrung. Ein Mensch, der in den ersten Jahren des Startups mit den unterschiedlichsten Rollen jonglieren konnte, scheitert jetzt. Es braucht andere Kompetenzen.

In diesem Fall kann es helfen, nach einer alternativen Rolle zu schauen. Werdet euch über die besonderen Stärken der Person klar und schaut, ob es eine bessere Rolle im Team gibt.

Der Kollegin war klar, welche Konsequenzen es hat, wenn sie nicht performt.
Wann immer etwas nicht geklappt hat, hast du ihr zügig Feedback zu Verbesserungsmöglichkeiten gegeben und klargemacht, was passiert, wenn keine Verbesserung eintritt.

Auch das höre ich in Coachings immer wieder. Kollegen bringen konsequent nicht die Leistung oder arbeiten nicht mit dem Team zusammen. Aber es wird nie offen adressiert. Gerade bei schwierigen Kollegen wird das Feedback oft gemieden. Aarrg! Dann müsste man ja mit diesem Stinkstiefel in den Dialog gehen, konstruktives kritisches Feedback geben. Das aber fällt schwer. Also lieber weiter so.

Ein klares Feedback kann unglaublich viel bewegen. In beide Richtungen. Im besten Fall versteht dein Gegenüber endlich, was die ganze Zeit schwierig war und ist dankbar für eine echte Chance. Ich erlebe es aber auch immer wieder, dass sich schwierige Menschen ertappt fühlen und dann das Unternehmen in kürzester Zeit von selbst verlassen.

Wenn du auch nur einmal mit Nein antwortest: Jetzt ist nachsteuern angesagt. Dein Kollege hat eine echte Chance verdient. Lass dich überraschen, welche Energien es freisetzt, wenn ihr offen und ehrlich über eure gegenseitigen Erwartungen sprecht. Denn Offenheit schafft Vertrauen. Und Vertrauen ist die Basis von High Performance.

Von der Entscheidung bis zum Abschied

Du hast alle 4 Statements mit einem klaren Ja beantwortet. Dann ist es Zeit, den Trennungsprozess anzustoßen. Zügig. Verzögern bringt keinem was.

Für dich als Führungskraft stehen nun die nächsten 7 Schritte an (plus die HR Prozesse, die ich hier aber nicht weiter betrachte):

Schritt 2: Bestätigung der Entscheidung.
Lasse dich mit deiner Entscheidung von einem neutralen Dritten challengen. Besprecht noch mal alle vier Punkte. Wenn dein Gegenüber das bestätigt, kannst du ganz sicher sein, dass du wirklich alles versucht hast.

Schritt 3: Bring dich ins richtige Mindset.
Eine Kündigung wird zu einem besseren Prozess, wenn du aus folgender Haltung  agierst: Jeder Mensch hat seine Stärken. Hier war nur nicht das richtige Umfeld, um diese Stärken zur Geltung zu bringen. Sei dir deiner Verantwortung bewusst. Auch du hast in diesem Prozess Fehler gemacht: Du hast den falschen Menschen ausgesucht, nicht richtig ausgebildet, nicht die richtigen Ressourcen zur Verfügung gestellt, verpasst, gezielt Vertrauen aufzubauen. Qualifiziere dein Gegenüber nicht einfach nur als doofen Minderleister ab. 

Schritt 4: Kenne die Bedingungen des Exits.
Werde dir vor dem Trennungsgespräch klar, was die Bedingungen des Ausstiegs sind: Kündigungsfrist, Abfindung, Urlaubsansprüche, eventuelle Unterstützungsleistungen, Dauer der Übergabe…. Habe alles parat. Idealerweise als großzügiges Angebot. Nichts ist für Trennungskandidaten schlimmer, als nachher noch hart über die Bedingungen verhandeln zu müssen.

Schritt 5: Führe das Trennungsgespräch. Selbst.
Führe Trennungsgespräche mit deinen direkten Mitarbeitern immer persönlich. Du hast die Verantwortung. Kein Outsourcing an HR oder die nächste Ebene. Stelle sicher, dass du dein Gegenüber menschlich behandelst. Schaffe keine Situation, in der sich das Gegenüber schämen muss. Nimm dir Zeit und stell dich gleichzeitig darauf ein, dass es ganz schnell gehen kann. Beides ist möglich.

Schritt 6: Kommunikation an das Team.
Kommuniziere selbst kritische Trennungen mit Wertschätzung und Respekt. Betont die Leistung des Kollegen, zeigt auch seine guten Seiten. Wartet mit der Kommunikation nicht zu lange. Kündigungen sprechen sich im Flurfunk unglaublich schnell herum. Außerdem wollt ihr das Signal geben, dass eine zuvor schwierige Situation jetzt eindeutig gelöst wurde. Gerade wenn es vorher Konflikte gab, werden diese Ankündigungen oft mit Erleichterung aufgenommen.

Macht euch auch nicht zu viele Sorgen über die Lücke, die der Weggang hinterlässt. Wenn es vorher Probleme gab, löst die Kündigung oft eine ganze Welle der Unterstützung im Team aus. Ich habe es selten erlebt, dass ein Weggang wirklich unendliche Löcher produziert hat. Im Gegenteil. Oft überwiegt die Überraschung, wie wenig abhängig die Organisation doch von einzelnen ist.

Schritt 7: Offboarding.
Die Entscheidung ist durch und kommuniziert. Jetzt geht es ans Offboarding. Zwingt den Kollegen nicht, bis zum bitteren Ende der Kündigungsfrist zu bleiben, sondern macht eine gute, knappe Übergabe. Ihr habt euch aus guten Gründen für eine Trennung entschieden, dann könnt ihr jetzt nicht Zeit schinden und die Arbeitsleistung noch maximal ausnutzen.

Setzt eure Kollegin aber auch nicht direkt vor die Tür (es sei denn, es ist etwas wirklich Schlimmes passiert). Nach einer Kündigung haben viele Betroffenen erst mal das Bedürfnis, jetzt alles besonders sauber und sorgfältig zu hinterlassen. Das ist Teil der inneren Leugnung, eine normale Trauerreaktion. Gebt den Raum, das zu verarbeiten – ihr könnt euch sicher sein, dass dieses Bedürfnis nach ein paar Tagen verschwindet und die Gekündigte dann nur zu gerne die Segel streicht.

Schritt 8: Abschied.
Führt in der finalen Abschiedsphase ein ausführliches Feedback-Gespräch. Ist die Entscheidung mal gefallen und bei allen Seiten verdaut, tritt eine Phase der neuen Offenheit ein. Die Spannungen fallen ab, und es werden Gespräche möglich, die vorher undenkbar waren. Ich habe das selbst immer wieder erlebt –  auf beiden Seiten. 

Seid neugierig und holt euch Feedback zum Unternehmen und seiner Kultur. Reflektiert gemeinsam, was schief gelaufen ist und was ihr besser machen könntet. Fragt auch, was die Gekündigte jetzt im Flurfunk hört – denn oft teilen sich die anderen Kollegen gegenüber Menschen, die das Unternehmen verlassen, besonders gerne mit. Denn jetzt sie haben jemanden, der ihren Frust teilt.

Und zelebriert dann den Ausstand – mit einer kleinen Feier, ermutigenden Worten und einem Geschenk zur Erinnerung.

Time to say goodbye!

Trennungen sind niemals wirklich schön. Aber wenn ihr diese acht Schritte sorgfältig geht, könnt ihr euch sicher sein, dass sie eure Kultur positiv prägen. Denn sie zeigen:

  • Du stellst dich schwierigen Entscheidungen und löst sie konsequent.
  • Dir sind die gemeinsamen Werte und Leistungsansprüche wichtiger als deine persönliche Komfortzone.
  • Du nimmst die Menschen wahr, mit all ihren Stärken, Schwächen und Emotionen. Deine Mitarbeiter sind nicht nur Arbeitskraft.
  • Du nimmst die Zeit für die wirkliche Führung.

Auch wenn es komisch klingt: Viel Erfolg bei der nächsten Trennung.

Key Take Aways

Kündigungen gehören zu den schwierigsten Führungsaufgaben. Kein Wunder, dass oft viel zu lange warten, selbst wenn die Zusammenarbeit schon lange nicht mehr passt. 

Mit diesem 8 Schritten etabliert ihr wertschätzende und faire  Kündigungen:

1. Schritt:  Kündigung hinterfragen. Haben wir wirklich alles versucht? Kündigt nur, wenn ihr diese 4 Fragen mit „JA“ beantworten könnt. Ist nur ein Nein dabei, hat der oder die Betroffene eine Chance verdient: 

  • Die Kollegin wusste genau, was von ihr erwartet wurde. 
  • Der Kollege hatte die notwendigen Ressourcen, Informationen und Kompetenzen.
  • Im Umfeld gibt es Kollegen, die in einer vergleichbaren Rolle hervorragend performen.
  • Der Kollegin war klar, welche Konsequenzen es hat, wenn sie nicht performt.

2. Schritt: Lass die Entscheidung von einem unbeteiligten Dritten challengen. Hast du wirklich alles durchdacht?
3. Schritt: Bring dich in das richtige Mindset: Jeder Mensch hat seine Stärken. Vielleicht war bei uns nur nicht der richtige Platz.
4. Schritt: Setze dich mit den Bedingungen des Exits auseinander: Kündigungsfrist, Abfindung, Urlaubsansprüche, eventuelle Unterstützungsleistungen, Dauer der Übergabe.
5. Schritt: Führe das Trennungsgespräch. Persönlich. Kein Outsourcing an HR oder die nächste Ebene. 
6. Schritt: Kommunikation an das Team. So bald wie möglich. Mit Wertschätzung und Respekt
7. Schritt: Offboarding. Zügig. Nicht noch Arbeitsleistung schinden.
8. Schritt: Abschied. Nehmt euch nochmal richtig Zeit für ein  Abschiedsgespräch. Selten lernst du mehr über eure Kultur. Und zelebriert dann den Ausstand.

Trennungen sind niemals wirklich schön. Aber wenn ihr diese acht Schritte sorgfältig geht, könnt ihr euch sicher sein, dass sie eure Kultur positiv prägen. 

Und nun zu dir! 

  • Hast du Kündigungskandidaten, die schon lange auf deiner Liste stehen?
  • Wie viele „Ja‘s“ konntest du geben?
  • Was ist der nächste Schritt?

Viel Erfolg!

Weiterführende Artikel 

Was ist eigentlich dein Job?: Kennt ihr euren Beitrag, eure Ziele und Verantwortungen? Macht euch mit dem Impact Profil euer WHY – WHAT und HOW klar.

Wo sabotierst du eure Kultur?

Ich bin mir sicher:

Die Frage: „Habt ihre eine toxische Unternehmenskultur?“ wirst du empört von dir weisen. „Natürlich nicht! Wir verstehen und alle super!“

Toxische Kulturen verbinden wir mit egomanischen Führungskräften, die Angst und Schrecken verbreiten, mit Einschüchterung, Missbrauch und Mobbing. Wir denken an Unternehmen wie Wirecard oder den Fleischproduzenten Tönnies.

Zum Glück gibt es nur wenige Unternehmen, die so offensichtlich toxisch sind.

Und doch gibt es viel mehr ungesunde Kulturen, als wir im ersten Moment denken. Kulturen, die verhindern, dass alle Menschen wachsen können und damit verhindern, das Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten.

Das tragische dabei: Oft werden sie von Menschen geführt, die eigentlich gute Unternehmen schaffen wollen. Unternehmen, in denen alle mit viel Spaß zusammenarbeiten.

Menschen wie du.

Verstehe, welche ungesunden Anteile sich in deine Unternehmenskultur eingeschlichen haben. Und setze das richtige Gegengift ein. Das ist das Thema dieses Blogartikels.

Was ist eigentlich eine ungesunde Kultur?

Auf die Fährte ungesunder Kulturen, die quasi aus Versehen geschaffen werden, hat mich Startup Coach Alisa Cohn gebracht.

In ihrem Buch „From Start-up to Grown-up“ beschreibt sie eine Reihe solcher Kulturen. Sie hat alle in ihren Coachings erlebt – und auch mir kamen alle bekannt vor. Sei es aus den Coachings oder aus meinem eigenen Berufsweg.

Der Name sagt es schon: Ungesunde Kulturen schränken das persönliche Wachstum der Teammitglieder ein. Und verhindern damit das gesunde Wachstum eures Unternehmens.

Sie sind das Gegenteil einer Wachstumskultur. Denn die schafft Raum für das Wachstum jedes Einzelnen und lässt damit das ganze Team und das Unternehmen über sich hinauswachsen.

Unternehmen mit einer echten Wachstumskultur haben bei aller Unterschiedlichkeit einen gemeinsamen Nenner: Sie teilen die gleichen 8 Tugenden.

Einen gemeinsamen Nenner haben auch die unterschiedlichen toxischen Kulturen: Jede von Ihnen verletzt mindestens eine dieser Tugenden massiv.

In der „Mega-Kultur“ fehlt es zum Beispiel an demütiger Ambition. In der „Spiegel-Kultur“ an authentischer Vielfalt. Diese Erkenntnis ist unglaublich hilfreich. Denn sie öffnet den Weg zum Gegengift: Die gemeinsame Arbeit an genau dieser Tugend.

Kommen wir damit zum Praktischen: Welche sieben ungesunden Kulturen gibt es, wie entstehen sie und wie findet ihr den Weg raus.

Mega-Kultur

Die Mega-Kultur ist überoptimistisch. Alles ist Mega – Super – Fantastisch. Wir sind die Besten, die Kunden sind toll, wie haben die coolsten Mitarbeiter. Alles großartig, eigene Schwächen und Probleme werden nicht adressiert. Retros? Feedback? Alles eher selten. Warum auch? Ist doch alles super.

  • Ursache. Die Gründer von Mega-Kulturen sind oft charismatische, mitreißende Menschen. Sie möchten ein Unternehmen schaffen, in dem alle mit Spaß und Energie zusammenarbeiten. Tief in ihrem Herzen haben sie die Sorge: Wenn nicht alles super ist, verunsichert das mein Team. Im Extremfall sind es Menschen, die sich über andere stellen – und mit ihren Fixed Mindsets einfach alles wissen.
  • Problem. In einer Mega-Kultur werden Probleme kleingeredet. Außerdem fehlt die Reflektion – und damit die Grundlage für das gemeinsame Lernen. Wo alles mega ist, wird nichts hinterfragt und verbessert. Immer mehr zählt nur die große Show. Beispiele sind WeWork oder früher mal Enron.
  • Gegengift Demütige Ambition & Konstantes Lernen. Natürlich brauchst du einen großen Traum. Bleibe dabei aber auf dem Boden. Überlasst die große Show den anderen, überzeugt lieber durch konsistente Leistung. Und hört nie auf, euch kritisch zu hinterfragen und zu lernen. Nur dann bleibt ihr vorne.

Zweigeteilte Kultur

Ein Unternehmen, aber zwei Teilorganisationen, die im Clinch miteinander stehen, statt gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten. Besonders beliebt: Sales vs. Produkt / Tech. Die Teams beäugen sich kritisch bis abwertend. Tech lästert über Sales: „Die wollen doch nur um jeden Preis verkaufen“, Sales beschwert sich über Tech: „Denen ist es doch egal, was die Kunden brauchen, sie wollen sich nur selbst verwirklichen.“

  • Ursache: Zwei Gründer, zwei unterschiedliche Charaktere. Auf der einen Seite die introvertierte, hoch strukturierte CTO, die genaue Pläne braucht. Auf der anderen Seite der extrovertierte, kreative CEO, der gerne neue Ideen in den Ring wirft. Mit einer klaren Aufgabenteilung stellen sie sicher, dass jeder seinen Bereich so führen kann, wie er oder sie das will. Und schon entstehen zwei Subkulturen.
  • Problem: Die Gründer meiden den direkten Konflikt zum „Wie“ der gemeinsamen Führung und Kultur und verlagern diesen Konflikt in die Teams. Auf operativer Ebene geht die Energie in die ständige Konfliktlösung, statt in die gemeinsame Arbeit.
  • Gegengift Respekt & Wertschätzung. Um eine zweigeteilte Kultur aufzulösen, braucht es zuallererst Respekt und Wertschätzung. Seht jeden Einzelnen als Menschen, der nur das Beste will. Respektiert eure Bedürfnisse und Kompetenzen. Begegnet euch auf Augenhöhe. Dann lösen sich die Konflikte viel leichter.

Best Buddy-Kultur

Rund um die Gründer gibt es einen Inner Circle, der besonders eng und freundschaftlich miteinander ist. Der Freund aus Schulzeiten, der einer der ersten Kollegen ist. Die coole, junge Kollegin, die genauso tickt wie ich und die ich zu jedem wichtigen Meeting mitnehme. Der Rest des Teams? Alles ok, solange die gut funktionieren.

  • Ursache. Anfangs ist es schwer, Mitarbeiter zu finden, die sich auf das Startup-Risiko einlassen. Was liegt da näher, als Menschen anzustellen, die wir kennen. Und natürlich arbeiten wir am liebsten mit Menschen, die genauso ticken wie wir: „Was ist falsch daran, ich darf mir als Gründer ja wohl aussuchen, mit wem ich arbeite!“
  • Problem. Best Buddies werden oft zu Untouchables. Kritisch ist das, wenn sie nicht performen. Denn das wird keiner aussprechen. Ein weiteres Problem: Als Gründer bist du eine zentrale Identifikationsfigur. Wenn deine Kollegen das Gefühl haben, dass nur deine Buddies Zugang zu dir bekommen, sie aber nicht, führt das zu massiver Frustration.
  • Gegengift Verbundenheit. Schafft einen Teamspirit, der alle miteinschließt, nicht nur den Inner Circle. Das schafft psychologischen Sicherheit, die wiederum der Rahmen für offenes Feedback, Innovation und Risikobereitschaft ist.

Spiegel-Kultur

In einer Spiegel-Kultur stellen die Gründer nur Menschen ein, die so ticken wie sie selbst. Wer nicht passt, wird durch subtilen Druck passend gemacht oder verlässt das Unternehmen. Das Resultat: Eine scheinbar starke, aber übermäßig homogene Kultur.

  • Ursache. Besonders anfällig für Spiegel-Kulturen sind zwei Arten von Gründern. Gründer, die sehr für ihre Eigenschaften bewundert werden. Und Gründer mit starkem Ego, denen die Wertschätzung für komplementäre Kompetenzen fehlt.
  • Problem. Nobody is perfekt. Und damit führt das Nachahmen der Gründer nicht nur zu einer Verstärkung ihrer guten, sondern auch zur Verstärkung ihrer schlechten Eigenschaften. Zweites Problem: Wenn alle gleich denken, fehlt die Vielfalt der Perspektiven, die gute Entscheidungen ausmacht.
  • Gegengift Authentische Vielfalt. Diversity of Mindset. Lebt und zelebriert die Unterschiedlichkeit. Nicht weil ihr bestimmte Quoten erfüllen müsst, sondern aus tiefer Überzeugung. Denn unterschiedlichste Perspektiven führen zu besseren Entscheidungen.

Harmonie-Kultur

Es gibt Kulturen, die einfach zu nett sind. Konflikte und kritischer Diskurs finden nicht statt. Probleme werden systematisch unter den Teppich gekehrt. Statt in den direkten Konflikt zu gehen, werden Probleme lieber hinter dem Rücken der Betroffenen gelöst. Die Konfliktvermeidung wird zum Beziehungsgift.

  • Ursache. Die Gründer von Harmonie-Kulturen haben oft einen starken inneren Antreiber es allen recht zu machen. Sie möchten von jedem gemocht werden, bloß keinen mit kritischen Bemerkungen vergraulen.
  • Problem. Ohne Reibung keine Energie. Und ohne kritisches Feedback kein Wachstum. Harmoniekulturen bleiben weit unter ihrem Potenzial, denn in diesen Kulturen fehlt das gegenseitige Challenging, das uns nach vorne bringt.
  • Gegengift Radikale Aufrichtigkeit. Wachstumskulturen leben vom ehrlichen, wertschätzenden Feedback. Es wird klar und direkt kommuniziert – sowohl gute als auch schlechte Nachrichten. Probleme werden offen adressiert und können schnell gelöst werden.

Deine Aufgabe als Chef ist es nicht beliebt zu sein, sondern andere Menschen zum Wachsen zu bringen. Und wir wachsen nur, wenn wir unsere Komfortzone verlassen.

Bodo Janssen

Sisyphus Kultur

In einer Sisyphus-Kultur haben die Gründer das Gefühl, alles selbst anschieben zu müssen. Keine Entscheidung wird ohne sie getroffen. Sie mischen sich in alle Projekte ein. Früher oder später geben alle Mitarbeiter auf und fallen in die erlernte Hilflosigkeit. Die Reaktion der Gründer: „Hab ich doch gewusst: Ohne mich geht es nicht…“

  • Ursache. Die Gründer haben Schwierigkeiten, Vertrauen aufzubauen. Das kann zwei Gründe haben. Entweder sind Perfektionisten, keiner kann es ihnen recht machen. Oder sie sind unklar in ihrer Verantwortungsübergabe, erreichen nicht das Gewollte und holen sich dann die Verantwortung zurück.
  • Problem. Solange die Gründer schieben, geht es nach oben. Aber wehe, sie lassen los. Dann bricht schnell alles in sich zusammen. Nachhaltige Unternehmensentwicklung ist damit unmöglich.
  • Gegengift Selbstverantwortung. Wachstumskulturen bringen Menschen und Teams systematisch in die Verantwortung. Es herrscht ein tiefes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und den Leistungswillen aller. Mit bestem Resultat: Menschen, denen viel zugetraut wird, leisten auch viel.

Speed-Kultur

Viele Startups arbeiten mit einem Wahnsinnstempo, wie auf Speed. Alle sind maximal angespannt. Zeit für Reflexion und Recovery? Fehlanzeige. Dafür ist jetzt keine Zeit. Lieber aktionistisch alles gleichzeitig anstoßen. Und dabei wie im Hamsterrad auf der Stelle treten.

  • Ursache. Viele Gründer haben einen ausgeprägten „Sei Schnell“ Antreiber. Sie wollen alles schnell und sofort machen – und erwarten das gleiche vom Team. Ihre Ungeduld bringen sie mit scharfen, harten Ansagen zu Gehör. Anerkennung und Lob sind selten.
  • Problem. Speed-Kulturen treiben oft gemeinsam in den Burnout. Natürlich braucht es Sprints um voranzukommen. Aber Profisportler wissen: Top-Leistungsfähigkeit verlangt auch Erholung und Entspannung. Sonst bricht das System zusammen. 100 Projekte gleichzeitig sind eine Scheinproduktivität, wenn nichts zu Ende gebracht wird.
  • Gegengift Disziplinierter Fokus. Disziplin und Fokus machen aus dem Hamsterrad ein Schwungrad. Wenige, klare Prioritäten werden systematisch und ergebnisorientiert abgearbeitet. Eins nach dem anderen, in einem guten gemeinsamen Takt. Das macht euch schnell.  

Und? Wo erkennst du euch wieder?

Ich hatte immer das Privileg, mit Gründern zu arbeiten, die gute Unternehmen schaffen wollen. Und doch habe ich die Downsides einer Mega- und einer Best Buddy-Kultur live erlebt.

Aber der Blick auch die Tugenden der Wachstumskultur hilft mir heute, die richtigen Anstöße zur Weiterentwicklung zu geben.

Key Take Aways

Natürlich gibt es Angst- und Misstrauenskulturen hinter denen „böse“ Menschen stehen.

Aber die meisten ungesunden Kulturen werden aus Versehen geschaffen. Von Menschen, die eigentlich das Beste für ihr Team wollen – und dabei unbewusst eine oder mehrere Tugenden einer Wachstumskultur lernen.

Und genau das ist auch das Gegengift für die sieben ungesunden Kulturen: Stellt sicher, dass die entsprechende Tugend in eurem Team gelebt wird.

  • Mega-Kultur: Die Mega-Kultur ist überoptimistisch und ein bisschen lernfaul. Gegengift: Demütige Ambition & Konstantes Lernen
  • Zweigeteilte Kultur: Ein Unternehmen, aber zwei Teilorganisationen, die im Clinch stehen, statt gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten. Gegengift: Respekt & Wertschätzung.
  • Best Buddy-Kultur: Rund um die Gründer gibt es einen Inner Circle, der besonders eng und freundschaftlich miteinander ist. Gegengift: Verbundenheit – mit allen.
  • Spiegel-Kultur. DieGründer stellen nur Menschen ein, die so ticken wie sie selbst. Der Rest passt sich an. Gegengift: Authentische Vielfalt.
  • Harmonie-Kultur. Manchen Kulturen sind einfach zu nett. Konflikte und kritischer Diskus finden nicht statt. Gegengift: Radikale Aufrichtigkeit.
  • Sisyphus-Kultur. Die Gründer glauben, alles selbst anschieben zu müssen. Keine Entscheidung, kein Projekt ohne sie. Gegengift: Selbstverantwortung.
  • Speed-Kultur. Alles muss schnell und gleichzeitig passieren.  Und doch geht nichts voran. Hamsterrad.Gegengift: Disziplinierter Fokus.

Und nun zu dir!

  • Welche ungesunden Seiten erkennst du in eurer Organisation?
  • Was ist dein Beitrag dazu? Was treibt dich an, so zu handeln? Erkennst du deine inneren Antreiber?
  • Was müsstest du an deiner Haltung und Arbeitsweise verändern, um die richtigen Impulse zu geben?

Viel Erfolg bei der Weiterentwicklung eurer Kultur.

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Deine Inneren Antreiber: Stärken und Schwächen: Unsere inneren Antreiber: Gleichzeitig Überlebensregeln, Superpower und Schatten. Lerne, wie sie dein Führungs- und Stressverhalten bestimmen.

In 5 Schritten zum High Performance Team

Ihr seid ein klasse Team. Ihr versteht euch bestens, habt gemeinsam viel geschafft. Eigentlich ist alles super…

Eigentlich – denn tief im Herzen wisst ihr, dass da noch mehr gehen müsste. Aber irgendwo hakt es. Wichtige Themen werden nicht zu Ende diskutiert, Projekte nicht abgeschlossen. Probleme unter den Teppich gekehrt. So geht es vielen Teams, mit denen ich arbeite.

Um herauszufinden, wo es hakt, greife ich gerne auf das Modell der Vertrauenspyramide zurück, das Patrick Lencioni in seinem Business-Roman „5 Dysfunktionen eines Teams“ vorgestellt hat.

Lest in diesem Artikel, was die Vertrauenspyramide ist und wie sie euch auf das nächste Level der Zusammenarbeit bringt. Ein echter Eye-Opener und absolute Grundlage für die Führung von High Performance Teams.  

Wie immer auch als Leadership Snack zum Anhören: Spotify  Apple  Podigee

Die Vertrauenspyramide

Die „Vertrauenspyramide“ ist eines meiner liebsten Führungsinstrumente.

Erfinder des Modells ist Patrick Lencioni. Mit dem Modell erklärt er, welche fünf Kompetenzen High Performance Teams brauchen, um die fünf häufigsten Gründe für das Scheitern von Teams zu überwinden.

Nach Patrick Lencioni (2014): Die 5 Dysfunktionen eines Teams

Kurze Anmerkung: Auch wenn sich das Modell an Teams richtet: Es eignet sich auch hervorragend zur Analyse problematischer 1zu1-Führungsbeziehungen.

Aber nun zum Modell.

Vertrauen vs. Unverletzlichkeit

Das Fundament exzellenter Teams ist Vertrauen. Ihr vertraut euch, wenn ihr

  • euch miteinander verbunden fühlt,
  • euch gegenseitig wertschätzt,
  • euch im Team sicher fühlt: Verlässlich, aufrichtig, die richtige Kompetenz habt.

In einem Klima des Vertrauens fühlen wir uns frei. Starke Teams halten nichts voneinander zurück. Ihre Teammitglieder reden offen und angstfrei über Fehler, Schwächen und Sorgen.

In vielen Teams hakt es schon an dieser Stufe. Frage dich selbst: Traust du dich wirklich, alles anzusprechen? Wie frei kannst du selbst über persönliche Probleme reden?

Viele Teams verstehen sich oberflächlich gut. Und doch ist jeder für sich, ein tiefer Connect fehlt. Die Folge: Alle machen sich unverletzlich und ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück, sobald es persönlich wird. Das ist die erste Dysfunktionalität.

Vertrauen schafft ihr im Team, wenn ihr euch intensiv kennen und schätzen lernt. Nutzt eure Teammeetings, um euch als ganze Menschen kennenzulernen – mit all euren Stärken und Schwächen. Schafft ein Klima, in dem es ok ist, Fehler zu machen und sie zuzugeben. Sei ein Vorbild: Sei nahbar, gib Fehler zu und zeige, wenn du etwas nicht weißt. Das signalisiert allen: Es ist ok, nicht perfekt zu sein.

Kritischer Diskurs vs. künstliche Harmonie

Teams, die sich tiefes Vertrauen schenken, gehen angstfrei in den kritischen Diskurs. Sie ringen mit einer gesunden Streitkultur um die beste Lösung und treffen die bestmögliche Entscheidung.

Fehlt das tiefe Vertrauen, fühlen sich harte Diskussionen oft unsicher an. Die Folge: künstliche Harmonie, die zweite Dysfunktionalität. Kritische, gefühlt gefährliche Diskussionen werden gemieden. Das Team tendiert zu vorschnellen Konsenslösungen – oder entscheidet gar nicht.

Auch künstliche Harmonie erlebe ich immer wieder in Gründerteams. Das größte Warnsignal ist der Satz: „Wir streiten eigentlich nie!“. Für mich eine Einladung tiefer zu bohren – meist mit großem Erfolg. Oft reichen wenige Fragen, um kontroverse Themen zu identifizieren, die bisher einfach unter den Teppich gekehrt werden.

When there is trust, conflict becomes nothing but the pursuit of truth, an attempt to find the best possible answer.

Patrick Lencioni

Das Gegenmittel: Eine gesunde Streitkultur. Der erste wichtige Schritt: Kritik und kritischen Diskurs positiv bewerten. „Streitet euch!“ sollte die neue Grundregel sein. Findet Spaß an euren Diskussionen und lotet bewusst Gegenargumente aus, bevor ihr euch entscheidet.

Lernt, mit der richtigen Feedback-Methode auch schwierige zwischenmenschliche Themen anzusprechen. Macht regelmäßige Retrospektiven eurer Zusammenarbeit. Dann wird sich ein Konflikt bald schon nicht mehr so gefährlich anfühlen.

Klare Verpflichtung vs. Ambivalenz

Die nächste Stufe der Vertrauenspyramide ist die gegenseitige Verpflichtung zu euren Entscheidungen. Und das im Sinne vom „Fight & Unite“ auch in Situationen, in denen nicht alle Ideen zum Zuge kamen.

Oft genug ist das nicht der Fall. „Die sind alle nicht committed“ ist einer der Sprüche, die ich immer wieder höre, wenn Gründer über Probleme in ihren Teams sprechen. Alle sind einverstanden, aber nichts passiert.

In den seltensten Fällen liegt das am fehlenden Willen. Das eigentliche Problem sind unvollständige Entscheidungen. Ambivalenz statt Klarheit. Die dritte Dysfunktionalität.

The enemy of accountability is abiguity.

Patrick Lencioni

Mein liebstes Beispiel: Die Partnerrunde einer Beratung hatte zwei (teure) Stunden leidenschaftlich über die Anschaffung einer Kaffeemaschine diskutiert und sich für ein Modell entscheiden. Woche um Woche verging, aber es passierte nichts. Alle waren frustriert.

Das Problem? Die Partner hatten eine Entscheidung über das „Was“ getroffen, die Kaffeemaschine. Aber sie hatten nicht definiert, wer diese Entscheidung bis wann umsetzen sollte. Die Entscheidung war unvollständig und damit ambivalent geblieben.

Die Lösung ist einfach: Stellt sicher, dass ihr alle eure Diskussionen mit einer vollständigen Entscheidung abschließt und dokumentiert. „WER macht WAS bis WANN? Mit welchen Check-ins überprüfen wir den Fortschritt?“ Das schafft eine klare Verpflichtung und die Basis für die gegenseitige Rechenschaft.

Gegenseitige Rechenschaft vs. schlechte Qualität

High Performance Teams halten ihre klaren Verpflichtungen systematisch nach. Gemeinsam. Denn erst das gegenseitige Einfordern von Rechenschaft macht die Vereinbarung produktiv. Die zentrale Grundhaltung: Wir haben als Team entschieden und wir als Team stellen die Umsetzung sicher.

Oft genug passiert genau das nicht. Mit der Übernahme der Verantwortung durch ein Teammitglied fühlt sich der Rest des Teams nicht mehr für das Ergebnis verantwortlich. Es wird gesehen, dass der Kollege seine Versprechen nicht einhält oder nicht die vereinbarte Qualität liefert. Aber ansprechen? „Ich möchte dem nicht zu nahe treten…“ „Das ist doch sein Job.“

Das Ergebnis: Die Qualität der Arbeit sinkt, Dinge werden angefangen, aber nicht fertig gestellt. Exzellente Ergebnisse entstehen so nicht.

Macht das Nachhalten von Rechenschaft zum festen Bestandteil eurer Teamarbeit. Schafft Transparenz über die Umsetzung der Entscheidungen und Arbeitspläne. Haltet bei Verzögerungen oder Problemen genau nach, was passiert ist und wie das Problem gelöst wird.

Tools dazu sind gemeinsame Projektübersichten, z.B. Kanbanboards.  Macht Updates zu den wesentlichen Commitments und offene Diskussionen etwaiger Probleme zum festen Bestandteil eurer Teammeetings.

Gemeinsame Zielorientierung vs. Individuelle Zieloptimierung

Der letzte Schritt auf dem Weg zum High Performance Team ist die gemeinsame Zielorientierung. High Performance Teams zeigen: Wir setzen uns anspruchsvolle Ziele und erreichen diese gemeinsam.

Als Menschen sind wir grundsätzlich zielorientiert. Das Problem dabei: Fehlen gemeinsamer Ziele, setzen wir uns unsere eigenen. Und die passen nicht unbedingt zu den übergreifenden Zielen. Das führt zur fünften Dysfunktion: Der individuellen Zieloptimierung.

Sie greift auch, wenn sich individuelle und übergreifende Zielsysteme widersprechen. Typisches Beispiel: Die Vertriebschefin, die nur Umsatzziele hat und daher nicht auf die Profitabilität seiner Kunden schaut, die sie aber dringend für die nächste Finanzierungsrunde braucht.

A team that is not focused on results … stagnates/fails to grow. Rarely defeats competitors. Loses achievement-oriented employees.

Patrick Lencioni

Setzt euch klare gemeinsame Ziele und stellt sicher, dass ihr diese Ziele auch im Eifer des Gefechts nicht aus den Augen verliert. Richtet eure individuellen Ziele immer mit eurem übergreifenden Ziel ab. OKR oder andere Quartals- und Jahresziel-Systeme sind dabei super hilfreich. Aber auch der regelmäßige Blick auf den Grad der Zielerreichung – gefolgt vom ausgiebigen Feiern eurer Erfolge.

Die Arbeit mit der Vertrauenspyramide

Die Vertrauenspyramide ist ein mächtiges Modell zur Entwicklung von High Performance Teams. Und ein Modell, mit dem ihr in euren Teamsessions leicht arbeiten könnt.

Geht dazu in 4 Schritten vor:

Schritt 1: Individuelle Bewertung. Jeder denkt 5 Minuten über seine eigene Einschätzung nach. Wo steht ihr in den verschiedenen Ebenen auf einer Skala von 1 – „nicht / kaum vorhanden“ bis 5 – „alles super“.

Alternativ könnt ihr auch einen kurzen Test machen, den ihr z.B. unter http://www.marketraining.ch/files/mt-article/Team-Diagnose-Fragebogen_Dysfunktionen.doc.pdf  findet.

Schritt 2: Diskussion der Einschätzungen. Stellt euch eure Bewertungen vor. Erklärt, warum ihr die jeweiligen Punkte vergeben habt, und was es aus eurer Sicht braucht, um zu einer besseren Bewertung zu kommen.

Spannend sind nicht nur eure Durchschnittswerte, sondern vor allem die Unterschiede in der Bewertung. Warum gibst du der Rechenschaft eine 2, wenn deine Mitgründer euch bei 4 sieht? Was macht den Unterschied in der Wahrnehmung aus?

Schritt 3: Erarbeitung von Maßnahmen. Überlegt, mit welchen Maßnahmen ihr die verschiedenen Dysfunktionalitäten adressieren wollt. Und einigt euch auf einen Umsetzungsplan.

Schritt 4: Nachhalten. Haltet in euren nächsten Treffen nach:Habt ihr alles so umgesetzt? Werdet ihr gemeinsam besser? Was muss sich jetzt noch ändern? Und wiederholt die gesamte Übung mindestens einmal im halben Jahr.

Allein schon diese Arbeit stärkt eure Zusammenarbeit – entlang aller fünf Dimensionen der Vertrauenspyramide.

Ihr gebt euch Vertrauen und zeigt euch verletzlich. Ihr geht in den kritischen Diskurs und sprecht offen über eure Herausforderungen. Ihr geht klare Verpflichtungen ein, für deren Umsetzung ihr euch gegenseitig zur Rechenschaft zieht. Immer mit Blick auf euer gemeinsames Ziel:

Ein High Performance Team werden.

Key Take Aways

Das Modell der Vertrauenspyramide erklärt, welche fünf Kompetenzen High Performance Teams brauchen, um die fünf häufigsten Gründe für das Scheitern von Teams zu überwinden:

  • Vertrauen. Schafft ein tiefes gegenseitiges Vertrauen. Lernt euch intensiv kennen, Zeigt euch eure gegenseitige Wertschätzung, gebt euch ein Gefühl der Sicherheit. Denn nur dann vermeidet ihr die Dysfunktion der Unverletzlichkeit, bei der sich jeder in sein Schneckenhaus zurückzieht.
  • Kritischer Diskurs. High Performance Teams ringen mit einer gesunden Streitkultur um die bestmögliche Entscheidung. Lernt produktiv zu streiten, gebt euch Feedback. Sonst droht die zweite Dysfunktionalität: Die künstliche Harmonie, bei der ihr die kontroversen Themen einfach unter den Teppich kehrt.
  • Klare Verpflichtung. Starke Teams kommen zu klaren Verpflichtungen. Sie treffen vollständige Entscheidungen: „WER macht WAS bis WANN? Mit welchen Check-ins überprüfen wir den Fortschritt?“ Und vermeiden damit die dritte Dysfunktionalität: Die Ambivalenz.
  • Gegenseitige Rechenschaft. High Performance Teams halten ihre gemeinsamen Verpflichtungen systematisch nach. Check-ins zur Umsetzung und der Austausch zu Umsetzungsproblemen sind fester Bestandteil ihrer Meetings. So kommt es nicht zur vierten Dysfunktionalität: Schlechte Qualität.
  • Gemeinsame Zielorientierung Top Teams setzen sich anspruchsvolle, untereinander abgestimmte Ziele, arbeiten systematisch auf sie hin und feiern gemeinsam ihren Erfolg. Und verhindern damit die fünfte Dysfunktion: Die individuelle Zieloptimierung.

Und nun zu dir!

  • Wo steht ihr im Team in dieser Vertrauenspyramide?
  • Wo sind eure größten Baustellen?
  • Was nimmst du dir konkret vor, um euer Team noch besser zusammenzuschweissen?

Viel Spaß bei der Umsetzung!

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Senior Executives auf Augenhöhe führen

Ein echter Meilenstein.

Endlich habt ihr die erfahrene Chief Operations Officerin (COO) gewonnen, nach der ihr so lange gesucht habt. Mit ihrer langjährigen Erfahrung bringt sie euch sicher auf das nächste Level. Außerdem passt sie mit ihrem Mindset zu 100% in eure Kultur. Endlich kannst du diesen Job abgeben.

Eigentlich kannst du dein Glück kaum fassen.

Wären da nicht all diese ambivalenten Gefühle:

„Ich gebe meinen Hauptjob ab – bin ich jetzt überflüssig?“

„Ist es nicht anmaßend, jemanden zu führen, der diesen Job so viel besser kennt als ich?“

„Was, wenn es die Neue auf meinen Job abgesehen hat?“

Und ja, die Einstellung der ersten Senior Hires verändert deine Führung radikal. Wie du diesen Gamechanger erfolgreich machst, ist das Thema dieses Blogartikels. (Wie immer auch zum Anhören: Spotify  Apple  Podigee).

Gamechanger Senior Executive

Einstellung der ersten Senior Executives ist ein riesiger Schritt für eure Company. Denn sie signalisiert: Wir sind kein wackeliges Startup mehr, sondern ein Scaleup, das fest im Markt verankert ist.

Das Signal ans Team:

Wir holen Erfahrungen und Kompetenzen ins Team, die wir selbst nicht schnell genug aufbauen können.

Ich gebe endlich ganze Bereiche ab und arbeite mit Führungskräften, für die ich nicht mehr mitdenken muss. Ich werde vom Macher und Manager zum Leader.

Die erfahrenen Manager sind ein echter Wissensbooster und Vorbilder für das Team. Sie helfen mir, die High Potentials zu halten und zu guten Leadern zu entwickeln.

Und ich habe endlich Zeit für all die CEO-Aufgaben, die bisher zu kurz kamen: Orientierung geben, Organisation bauen, Kultur schaffen, Stakeholder managen.

Das Signal an den Markt und die Investoren:

Schaut her!  Super erfahrene Manager glauben an unser Konzept. Sie „riskieren“ ihre Karriere und Lebenszeit für uns. Das machen sie nicht für jedes Startup.

Und ich bin als Leader und CEO auf Augenhöhe mit diesen Heavyweights. Ich spiele jetzt selbstbewußt in einer neuen Liga.

I hire people brighter than me and I get out of their way.

Lee Iacocca

Natürlich weißt du, wie wichtig erfahrene Manager für dich und den Erfolg deines Unternehmens sind. Und doch ist ihre Einstellung ein Schritt, der dich verunsichert.

Der Grund dieser Verunsicherung liegt in deiner eigenen Wertwahrnehmung.

Der Wert deiner Führung

Bisher wurde euer Unternehmen von deinen Ideen und deiner Energie angetrieben. Mit einem Team, das selbst relativ Junior ist. Nur wenige Teammitglieder hatten größere Vorerfahrungen. Eurer Team Leads sind mit euch in ihre Rollen hineingewachsen.

Du hast die Menschen in deinem Team angeleitet und sie haben deine Vorstellungen mehr oder weniger selbständig umgesetzt. Und gerne mal hast du selbst angepackt.

Bis zur Einstellung der ersten Senior Executives hat diese Selbstwirksamkeit dein Selbstwertgefühl geprägt. Du fühlst dich wertvoll und wirksam, wenn

  • du auf alles eine Antwort hast.
  • du weniger erfahrene Menschen anleitest.
  • du die großen Probleme löst, gerne auch mit harter Arbeit.

Jetzt ändert sich dein Spiel. Denn der erfahrene Manager

  • kommt mit Antworten, die du bisher nicht hattest.
  • übernimmt für Teile des Teams die Führung und Entwicklung.
  • löst Probleme, an denen du dir bisher die Zähne ausgebissen hattest.

Damit rutschst du von der Macher- in die Unternehmer-Rolle. Ein Job, der viel abstrakter ist als dein bisheriger Arbeitsalltag.

Die Wirkung deiner Aktivitäten ist künftig oft nur indirekt und verzögert spürbar. Aus der Selbstwirksamkeit der ersten Gründungszeit wird die Führungswirksamkeit eines Leaders und Unternehmers. (Mehr zu diesem Wandel findest du in diesem Blogartikel).

Und dieser Wandel löst Ängste aus. Das, was bisher deinen Wert prägt, gibst du ab, um eine neue Rolle auszufüllen. Kein Wunder, dass du dich als Imposter fühlst: „Wehe, die anderen sehen, dass ich eigentlich gar nichts kann und zu nichts nutze bin.“

Dein neues Selbstverständnis

Mit solchen Selbstzweifeln ist es schwer, selbstbewusst zu führen. Erst recht erfahrene Manager.

Gründer, die in der Macher-Rolle hängenbleiben, funken ihren Senior Executives gerne dazwischen. Sie versuchen zu beweisen, dass sie die Oberhand behalten und nehmen den erfahrenen Managern den Raum, den diese brauchen, um wirksam zu werden.

Du wirst erst dann ein guter Leader deiner erfahrenen Manager (und deiner Company), wenn du den Wert deiner neuen Rolle spürst.

Als Unternehmer und Leader bist du viel mehr als das Ergebnis deiner täglichen Arbeit. Du bist die DNA, das Herz und die Seele des Unternehmens.

Dein umfassendes Wissen, die moralische Instanz und deine totale, langfristige Verpflichtung – das macht den vielbeschworenen Unternehmergeist aus.

Dein Unternehmergeist ist der „unfaire“ Wettbewerbsvorteil deines Unternehmens.

Dorothea von Wichert-Nick

Du hast eine tiefe Intuition für die Bedürfnisse deines „Babys“. Du gibst die Orientierung und prägst eure Kultur. Mit deiner Energie und deinen Commitment motivierst du euer Team.

Und dieser Unternehmergeist ist dein Asset. Als Gründer bist du für dein Team immer etwas besonders. Wie in einer Familie: Kein noch so netter Onkel wird je so prägend sein, wie du als Vater oder Mutter.

Nimm dir Zeit, ein Gefühl für den Wert deiner Unternehmerrolle zu entwickeln:

  • Schreib auf, was dich – jenseits der Alltagsarbeit – für deine Company besonders macht. Wie sehr prägt deine Vision das Unternehmen und seine Kultur? Welche Stärken bringt du ein? Wie schaffst du es, dein Team immer wieder zu begeistern?
  • Spreche mit deinem Team über ihre Erwartungen an dich als Leader. Da hörst du sicher viel über eure Vision und Strategie, die Kultur, deine Beziehungen mit ihnen, deine Impulse. Und ganz wenig über deine operative Arbeit. Wahrscheinlich wünschen sich viele, dass du dich mehr auf deine echten CEO-Aufgaben konzentrierst.
  • Tausche dich mit erfolgreichen GründerCEOs aus. Höre dir Podcasts von Menschen wie Daniel Ek oder Frank Slootman an. Wie definieren sie heute ihren Wert? Wie führen sie erfahrene Manager?

Als Gründer deiner Company hast du einen Wert, der weit über die tägliche, operative Arbeit hinaus geht. Du bist absolut auf Augenhöhe mit deinen Senior Executives.

Und damit bereit für das…

Führen auf Augenhöhe

Echte Führung findet immer auf Augenhöhe statt. Du führst und wirst geführt.

Das gilt ganz besonders in der Führung erfahrener Manager. Eure Zusammenarbeit wird nur dann erfolgreich, wenn ihr euch als gleichberechtigte Partner wahrnehmt.

Die Voraussetzung dafür: Klarheit, Vertrauen und gegenseitiges Lernen.

Klarheit
Der Erfolg eurer Zusammenarbeit fängt bei deiner Klarheit an:

  • Was ist die Rolle des Managers bei uns?
  • Welche Ziele soll der neue Manager erreichen?
  • Wie sieht eine gelingende Zusammenarbeit aus?

Nur mit dieser inneren Klarheit kannst du deine Bedürfnisse gegenüber dem neuen Manager klar formulieren. Ohne innere Klarheit fühlst du dich ohnmächtig.

Klare Verantwortlichkeiten. Mach dir bereits vor der Einstellung klar, was du vom neuen Manager erwartest. Wie sieht seine Verantwortung aus? Formuliere auch das scheinbar Offensichtliche. Denn jedes Unternehmen ist anders. Es gibt nicht DEN CMO, CRO oder VP Engineering. Ohne diese Klärung redet ihr aneinander vorbei.

Deine Rollenbeschreibung ist keine feste Vorgabe. Besprecht die gegenseitigen Erwartungen und entwickelt ein gemeinsames Rollenverständnis. Klärt in diesem Zuge auch deine Rolle. Was musst du tun, damit der Neue erfolgreich sein kann? Stellt sicher, dass jeder seine Verantwortlichkeiten versteht und respektiert.

Clarity accounts for probably 80% of success and happiness.

Brian Tracy

Klare Ziele. Klare gemeinsame Ziele sind die Voraussetzung einer High Performance Führungsbeziehung. Was soll die Senior Executive bei euch erreichen? Woran willst du ihren Erfolg messen?

Diskutiert die Ziele und entwickelt sie gemeinsamen weiter. Lass dein Gegenüber dann den Umsetzungsplan mit Meilensteinen erstellen. Das ist die Basis eurer gegenseitigen Accountability.

Klarheit über Zusammenarbeit. Besprecht konkret, wie eure Zusammenarbeit aussehen soll. Erstelle dafür eine „Anleitung für mich“, in der du definierst, was eine gute Zusammenarbeit für dich ausmacht (Hier findest du ein Template).

Bitte dein Gegenüber das Gleiche für sich zu schreiben und erarbeitet damit gemeinsam eure Arbeitsweise. Dieses Dokument und die Einigung über den Modus eurer Zusammenarbeit kann unglaublich viele Frustrationen vermeiden.

Eine gute gemeinsame Klarheit ist die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Denn ein klarer Rahmen schafft Grundvertrauen.

Vertrauen

Ohne Vertrauen läuft nichts. Erst recht nicht, wenn du wichtige Teile deines Unternehmens in „fremde“ Hände legst. Schafft eine tiefe Vertrauensebene. Denn nur wenn du deiner Senior Executive vertraust, gibt du ihr den notwendigen Gestaltungsfreiraum.

Ihr baut Vertrauen auf, wenn eure Bedürfnisse nach Sicherheit, Verbundenheit und Bedeutung erfüllt sind. Gegenseitig.

Sicherheit. Ihr fühlt euch sicher, wenn eure Beziehung diese vier Eigenschaften hat:

  • Verlässlichkeit: Ihr könnt euch auf eure Zusagen und Verabredungen verlassen. Ihr haltet, was ihr versprecht, und versprecht nur, was ihr einhalten könnt.
  • Aufrichtigkeit: Ihr berichtet offen von Herausforderungen und Problem. Unangenehme Nachrichten werden nicht kaschiert.
  • Kompetenz: Ihr trefft jeweils durchdachte Entscheidungen. Und gebt offen zu, wenn etwas außerhalb eurer Kompetenz liegt.
  • Psychologische Sicherheit: Ihr könnt auch schwierige Themen ansprechen– ohne Angst vor patzigen Antworten oder Abwehrverhalten.

Verbundenheit. Lernt euch intensiv kennen. Baut eine positive Beziehung auf, die über das rein professionelle hinweg geht. Die gegenseitige Verbundenheit ist die heilende Säule des Vertrauens: Probleme und Fehler werden leichter verziehen, wenn wir uns verbunden fühlen. Ohne Verbundenheit wird jeder Fehler zum Desaster.

Bedeutung: Lernt euren Wert und eure Expertise schätzen, das schafft gegenseitigen Respekt. Nutze die Stärken und Fähigkeiten des erfahrenen Managers, um das Unternehmen voranzubringen – auch über seinen oder ihren Bereich hinweg. Stell aber auch sicher, dass er dich in deiner Rolle als Unternehmer respektiert und unterstützt.

Vertrauen schafft ihr am besten über einen offenen Kommunikationsstil. Hört euch gegenseitig viel zu und teilt eure Gedanken. Und stellt sicher, dass ihr euch auch nach der ersten, intensiven Einarbeitungszeit regelmäßig in 1:1-Meetings austauscht.

Gemeinsames Lernen

Führen auf Augenhöhe ist ein gemeinsamer Lernprozess.

Hilf dem Manager, dein Unternehmen und Team zu verstehen und sich in die Organisation zu integrieren. Nimm in den gemeinsamen Diskussionen die Rolle eines Challengers und Coaches ein.

Traue vor allem deiner Intuition. Du hast bei einer Entscheidung der Managerin ein komisches Bauchgefühl? Nicht einfach wegdrücken, frei nach dem Motto „Die weiss schon, was sie tut.“  Du kennst dein Unternehmen vom ersten Tag an. Intuitiv nimmst du schwache Signale wahr, die ein Neuer nicht erkennen kann. Nutze dein Bauchgefühl als Impuls, um die Entscheidungen deines Gegenübers zu hinterfragen.

Nutze gleichzeitig die Chance, von den Erfahrungen der neuen Managerin zu lernen. Dies zeigt nicht nur Demut, sondern erweitert deine Führungskompetenz. Lass dir vom ihr genau erklären, wie sie Entscheidungen trifft und Strukturen aufbaut.

Gebt euch regelmäßig und offen Feedback und bringt euch damit gegenseitig auf das nächste Level.

Gute partnerschaftliche Führung zwischen dir als Gründer und euren Senior Executives bringt dein Unternehmen auf das nächste Level und kann euer Unternehmen über Jahre prägen. So wie die Partnerschaft von Sheryl Sandberg und Mark Zuckerberg bei Meta.

Key Take Aways

Die Einstellung der ersten Senior Executives ist ein Gamechanger, der viele Gründer verunsichert. Denn die Führung erfahrener Manager verlangt ein neues Selbstverständnis.

  • Als Gründer und Macher fühltest du dich wirksam, wenn du Antworten geben und konkrete Probleme lösen konntest. Das übernimmt jetzt der Senior Executive.
  • Als Leader und Unternehmer hast du einen Wert, der weit über deine tägliche, operative Arbeit hinaus geht. Du bist das Herz und die Seele deines Unternehmens.

Nur aus dieser Haltung heraus kannst du auf Augenhöhe führen. Und das ist bei erfahrenen Managern besonders wichtig. Die Voraussetzung dafür: Klarheit, Vertrauen und gegenseitiges Lernen.

  • Klarheit. Werde dir klar, was du vom deinem Senior Executive erwartest: Wie sieht seine Rolle aus, welche Ziele hat er, wie willst du mit ihm zusammenarbeiten? Kläre das erst für dich selbst und stimme es dann mit dem Betreffenden ab.
  • Vertrauen. Arbeitet konkret am Aufbau des gegenseitigen Vertrauens. Schaut immer wieder, wie gut die drei Säulen ausgebaut sind: Sicherheit, Verbundenheit und gegenseitige Bedeutung.
  • Gegenseitiges Lernen. Führung auf Augenhöhe ist ein gemeinsamer Lernprozess. Unterstützt euch gegenseitig in euren Rollen und helft euch immer besser zu werden.

So bringt ihr euer Unternehmen gemeinsam auf das nächste Level.

Und jetzt zu dir

  • Wie definierst du aktuell deinen Wert für das Unternehmen? Durch deine konkreten Einsätze oder spürst du bereits den Wert deiner übergreifenden Führung?
  • Was genau erwartest du von Senior Executive? Was ist seine Verantwortung, seine Ziele, wie willst du mit ihm zusammenarbeiten?
  • Wie sehr vertraust du deinen Senior Executives? Woran solltet ihr arbeiten?
  • Wie sieht euer gegenseitiger Lernprozess aus?

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7 Prinzipien starker Gründerteams

Gründerteams und Start-ups sind wie Eltern mit Kindern. Gemeinsam bringt ihr ein Unternehmen in die Welt. Ihr verwirklicht eure Lebensträume, schafft etwas, das euch idealerweise überlebt.

Und wie Familien funktioniert ihr als Team nur gut, wenn zwischen euch eine lebendige Verbundenheit herrscht, gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen. Nur dann strahlt ihr die Einigkeit aus, die eurem Team Sicherheit gibt.

Leider leben sich viele Gründerteams im Alltagsstress mit der Zeit auseinander, irgendwann werden nur noch die Sachfragen geklärt. Wie in einer Ehe, die mit der Zeit erkaltet ist. Dann ist die “Gründer-Scheidung” nicht mehr fern.

Die Lösung: Baut gemeinsam ein Haus. Euer solides Beziehungshaus. Lernt euch umfassend kennen, geht aufeinander zu, stärkt euer Vertrauen. Und entwickelt damit die lebendige Verbundenheit, die euch und euer gemeinsames Unternehmen trägt.

In diesem Blogartikel stelle ich 7 Prinzipien vor, mit denen ihr eure lebendige Verbundenheit im Team pflegen könnt. (wie immer auch zum Anhören: Spotify  Apple  Podigee).

Von der Gründerscheidung zur Beziehungspflege

In den vergangenen Jahren wurde ich immer gebeten „Gründer-Scheidungen“ zu begleitet. Die Wertschätzung war verloren gegangen, der ständige Konflikt zermürbte alle.

Alle diese Scheidungen hatten das gleiche dysfunktionale Beziehungsmuster:

  • Die Gründer wussten, dass ihre Beziehung nicht mehr funktionierte
  • Sie arbeiteten nur noch nebeneinanderher. Der letzte persönliche Austausch war oft Monate her.
  • Jeder versuchte die Probleme allein zu lösen. Gerne auch mal die Probleme im Aufgabenfeld des Mitgründers. Massive Übergriffigkeit!
  • Alle fühlten sich alleingelassen. Unter dem Deckmantel der „Professionalität“ wurden alle Emotionen weggeblockt.

Mein Job in diesem Fall: Einen sicheren Raum schaffen, in dem die Trennung gesichtswahrend besprochen werden konnte. Zu retten war da nichts mehr. Wie frustrierend.

Nur der Mediator einer Scheidung zu sein, macht mich nicht glücklich.

Meine Frage: Wie entwickeln Gründerteams lebendige Beziehungen, die auch in schwierigen Zeiten tragfähig bleiben?

Fündig wurde ich beim amerikanischen Paartherapeuten John Gottman. Er hat Tausende von Paaren begleitet und die Dynamiken des Scheiterns von Beziehungen genau beschrieben.

Nicht zuletzt das dysfunktionale Beziehungsmuster, das ich bei den Gründerteams entdeckt hatte. Gottman nennt es: Die Totenglocke der Beziehung.

Als Paartherapeut blieb John Gottman nicht bei der Analyse stehen. Sondern entwickelte eine Methode zur Propylaxe. Das Ergebnis:

Das Haus der soliden Beziehungen

Das Haus der soliden Beziehungen besteht aus sieben Stockwerken 1️⃣ –  7️⃣  und zwei tragenden Wänden 🧱.  

Die tragenden Wände sind Vertrauen und Verpflichtung. Ohne sie bricht der Rest wie ein Kartenhaus zusammen.

Die Stockwerke bauen aufeinander auf. Ohne das Fundament tiefer gegenseitiger Kenntnis fällt es schwer, sich gegenseitige Wertschätzung zu zeigen. Konflikte lassen sich schwer managen, wenn es am gegenseitigen Wohlwollen fehlt. Und so weiter…

Haus Solider Beziehungen. In Anlehnung an John Gottman

🧱Vertrauen

Ohne Vertrauen geht nichts. Menschen, denen wir vertrauen, trauen wir mehr zu. Wir teilen gerne unsere Verantwortung mit ihnen. Die Zusammenarbeit fühlt sich richtig gut an. Offen, entspannt und zielorientiert. Gemeinsam bekommen wir richtig viel gerockt.

Ohne Vertrauen ist jede Interaktion anstrengend. Wir fühlen uns unsicher und meiden den direkten Austausch. Damit schwächen wir das Vertrauen immer weiter.

Reflektiert im Gründerteam immer wieder, wie gut euer Vertrauen ist. Dazu könnt ihr das Modell der 6 Säulen des Vertrauens nutzen, dass ich in diesem Blogartikel beschrieben habe.

🧱Verpflichtung

Wir sind uns verpflichtet, wenn wir willens sind, uns gegenseitig überall mit hinzunehmen. Die Verpflichtung übersetzt das Vertrauen in konkretes Handeln.

Das ist in schwierigen Beziehungen oft nicht der Fall. Erst letzthin sprach ich mit einem Gründer, der versuchte seinen Mitgründer aus den Investoren-Meetings rauszuhalten. Seine Begründung: „Mit seiner Art zu kommunizieren, macht der alles kaputt.“ Das fehlende Vertrauen manifestierte sich in der fehlenden Verpflichtung.

Stellt euch die Frage: Bin ich bereit, meine Mitgründer in jedes Investoren- oder Kundenmeeting mitzunehmen? Wie verhalte ich mich, wenn er oder sie dabei ist? So wie immer oder anders? Gibt es da etwas, was mich stört, oder wofür ich mich schäme? Wovor schütze ich mich / uns dann?

Und überlegt dann, was es braucht, damit ihr euch mit einem guten Gefühl überall mit hinnehmt. Egal wo ihr seid.

1️⃣ Tiefe gegenseitige Kenntnis

Das Fundament jeder guten Beziehung ist die tiefe gegenseitige Kenntnis.

Nehmt euch Zeit, euch richtig gut kennenzulernen. Ein guter Startpunkt dafür sind die „50 Questions to Explore with a Potential Co-Founder”, von Gloria Lin, Mitgründerin von  Siteline.

Lernt eure jeweilige Vergangenheit und familiäre Prägung verstehen, eure Stärken und Schwächen, gleicht eure Arbeitsweisen und persönlichen Träume miteinander ab.

„Stepping outside of your comfort zone. If you’re willing to be honest about who you really are, and open-minded about who your partner is, your relationship will grow stronger. Your understanding of each other will be deeper. Your life together will be happier.“

John Gottman

Persönlichkeitsprofile wie der Clifton Strength Finder und der 16 Personalities-Test helfen euch beim gegenseitigen Verständnis. Tipp: Zum 16-Personalities Test gibt es auch Beschreibungen, was die Beziehung jeweils unterschiedlicher Profile prägt (truity.com).

Idealerweise kennt ihr euch im Gründerkreis genauso gut wie eure jeweiligen Partner oder Partnerinnen.

2️⃣  Zuneigung und Wertschätzung teilen

Jeder Mensch braucht Bestätigung. Am meisten von seinem Partner. Das gilt auch in der Gründerbeziehung.

Sprecht regelmäßig aus, was ihr aneinander besonders schätzt. Das regelmäßige Teilen der gegenseitigen Wertschätzung ist ein probates Gegenmittel gegen einen der größten Beziehungszerstörer: Die Verachtung.

Fragt euch: Was schätze ich besonders an meinen Mitgründern? Wo ergänzen sie mich? Wofür bin ich dankbar? Wann habe ich ihnen das zum letzten Mal gesagt?

Und zeigt euch dann ganz bewusst und spezifisch eure Zuneigung und Wertschätzung:

„Ich bin so stolz darauf, wie du…“, „Mich beeindruckt, wie du…“, „Ich mag, wie du…“, „Ich bin dankbar, dass du…“

Spart nicht mit positivem Zuspruch. Das ist Balsam für die Seele gerade in stressigen Zeiten.

3️⃣ Gegenseitige Zuwendung

Wenn wir Aufmerksamkeit oder Beistand von unserem Gegenüber brauchen, machen wir ein Bid, ein Angebot zur Verbindung, wie Gottman es nennt.

Hier ein paar Beispiele für Bids unter Gründern:

  • Bitte um Aufmerksamkeit: “Kannst du mir kurz Feedback zu … geben?“
  • Bitte um Unterstützung: „Kannst du mir einen Rat geben…“
  • Wunsch nach Austausch: „Ich muss dir unbedingt erzählen…“
  • Unterstützung im Stress: “Mit ist das gerade alles zu viel, lass uns einen Weg finden…“

In starken Beziehungen erkennt das Gegenüber dieses Verbindungsangebot und reagiert positiv darauf. Damit wendet er sich seinem Gegenüber zu. Das stärkt die Beziehung und schafft einen sicheren Raum, in dem alle Parteien offen ihre Bedürfnisse artikulieren.

„How people reacted to their partner’s bids for connection was in fact the biggest predictor of happiness and relationship stability. These fleeting little moments, it turned out, spelled the difference between happiness and unhappiness, between lasting love and divorce.“

John Gottman

In schwierigen Beziehungen werden diese Angebote oft abgelehnt. Oder, noch schlimmer, gänzlich überhört. Das Signal: Ich wende mich von dir ab. Du bist mir nicht wichtig. Das verunsichert und führt dazu, dass sich die bittende Person immer weiter zurückzieht.

Der hektische Gründeralltag bietet den idealen Nährboden für verpasste Bids. Das Tempo ist groß, jeder hat unglaublich viel zu tun. Alle sind im Stress-Tunnel. Da noch die feinen Signale der anderen zu hören – echt schwierig. Zudem haben viele Gründer das Bedürfnis, stark und perfekt zu sein, und bitten nur sehr „leise“ für sich.

Missverständnisse sind so vorprogrammiert. Ihr fühlt euch nicht gesehen und gehört. Das frustriert und unterminiert das gegenseitige Vertrauen.

Die Lösung: Beobachtet, wie jeder von euch seine „Bids“ formuliert. Überlegt gemeinsam, wie ihr sicherstellt, dass sie von eurem Gegenüber verstanden werden. Und haltet den Anteil abgelehnter Bids möglichst gering.

4️⃣ Wohlwollen

Gelingende Beziehungen leben vom gegenseitigen Wohlwollen. „Ich bin ok, Du bist ok“ ist die Grundhaltung gesunder Beziehungen. Ihr betrachtet euch als ein starkes Team, in dem jeder sein Bestes gibt.

In schwierigen Beziehungen fehlt das Wohlwollen. Wenn etwas schief geht, wird dem Gegenüber nachlässiges oder sogar böswilliges Verhalten unterstellt.

Da hat der eine Gründer in der Hektik der Funding-Runde vergessen, wichtige Information weiterzuleiten. Und schon wird gemutmaßt: „Der will mich hier ausbooten.“ Das Tech Team kämpft mit Problemen und der Sales-Gründer unterstellt fehlendes Committment zur gemeinsamen Sache. „Denen ist doch völlig egal, was unsere Kunden brauchen.“

Das gegenseitige Wohlwollen könnt ihr erhalten, in dem ihr eure schwierigen Gefühle offen aussprecht und euch damit die Chance gebt, sie aufzuklären.

5️⃣ Konfliktmanagement

Konflikte lassen sich nicht vermeiden. Erst recht nicht beim Aufbau von Unternehmen. Euer Job: Werdet Meister in der konstruktiven Konfliktlösung.

Der erste Schritt dazu ist die Anerkennung des gegenseitigen Einflusses. Konflikte lassen sich nur dann lösen, wenn euch klar ist: Es gibt nicht nur den einen Weg. Jede Konfliktpartei trägt mit wertvollen Beiträgen gleichberechtigt zur Lösung bei.

In schwerwiegenden Gründerkonflikten ist die Annahme des gegenseitigen Einflusses verloren gegangen. Der Beitrag des Gegenübers wird kleingeredet. Nur einer hat Recht. Ich habe mir schon unglaubliche Tiraden über die fehlende Kompetenz der Mitgründer angehört. Ein klares Zeichen, dass es hier nicht viel weiter geht.

Hilfreich ist die Unterscheidung zwischen lösbaren und dauerhaften Konflikten.

Lösbare Konflikte sind meist situativ. Es geht um Sachfragen, nicht um eure grundsätzliche Haltung. Unter Austausch der jeweiligen Wahrnehmungen und Informationen lassen sich diese Konflikte zügig lösen.

Dauerhafte Probleme basieren auf Unterschieden in der Persönlichkeit oder den Lebensbedürfnissen. Ein Gründer hat eine junge Familie, der er auch Zeit widmen will, während ein anderer Gründer noch völlig offen in seiner Zeitgestaltung ist. Ein Gründer ist ein ausgeprägter Perfektionist, während es dem anderen nicht schnell genug gehen kann.

Dauerhafte Probleme haben per se keine finale Lösung. Hier ist euer Wohlwollen gefragt. Etabliert zu diesen Konflikten mit einem offenen Diskurs und findet immer wieder situative Teillösungen. Gelingt das nicht, rutscht ihr in eine gegenseitige Blockade, die mittelfristig eure Beziehung zerstört.

6️⃣ Lebensträume realisieren

In einer starken Gründerbeziehung verfolgt ihr gemeinsame Ziele, die auf eure individuellen Lebensträume einzahlen.

Schwierig wird es, wenn die Lebensträume und damit die Ziele stark voneinander abweichen. Ein Gründer träumt von der finanziellen Freiheit. Sein Ziel: Mit Hilfe von VCs schnell groß werden und dann verkaufen. Die Mitgründerin sieht sich als Gründerin einer Familiendynastie. Ihr Ziel: nachhaltiges Wachstum, keine Abhängigkeit von Investoren.

Ein solch massiver Zielkonflikt hat das Potenzial zur Blockade der Beziehung. Nicht ohne Grund ist der Austausch über die Lebensziele ein wesentlicher Fragenblock in den 50 Fragen an potenzielle Co-Founder.

Sprecht regelmäßig über eure persönlichen Ziele und Lebensträume. Gebt euch Updates, wenn sich etwas ändert und entwickelt eure gemeinsame Vision immer weiter.

7️⃣ Gemeinsame Kultur schaffen

Das letzte Stockwerk des Hauses solider Beziehungen ist die Schaffung einer gemeinsamen (Beziehungs-)Kultur.

Etabliert als Gründerteam gemeinsame Rituale der Verbundenheit. Die „Gründer Date Night“ in der ihr auch mal über persönliches sprecht. Eine besondere Art, eure Erfolge zu feiern und Misserfolge zu reflektieren. Der persönliche Check-in am Anfang jedes Gründermeetings. All diese Rituale festigen eure Beziehung und geben ihr einen besonderen Stellenwert. Je stärker eure Rituale, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ihr sie auch in Krisenzeiten lebt und sie euch dann stärken. Und überlegt dann, wie ihr das Gesamtteam in diese Rituale mit einbezieht: Die gemeinsame Weihnachtsrede vor dem Team, die Glocke für die Vertriebserfolge, gemeinsame Frühstücke, in denen ihr die Verdienste des Teams feiert. Denn im Business ist es wie in der Familie: Das Team übernimmt die Beziehungsdynamiken, die das Gründerteam vorlebt.

„Tiny little doses, every day, is what it takes to make a healthy relationship. Why? Because that’s exactly what a relationship is – not one big thing, but a million tiny things, every day, for a lifetime.”

John Gottman

Gut Gründerbeziehungen entstehen nicht auf den wenigen Offsites. Integriert die Prinzipien des Hauses solider Beziehungen in euren Alltag. Dann schafft ihre die lebendige Verbundenheit, die euer ganzes Team trägt.

Key Take Aways

Das Haus der soliden Beziehungen zeigt wie ihr lebendiger Gründerbeziehungen gestalten könnt. Es besteht aus 7️⃣ Stockwerken und zwei tragenden Wänden 🧱. Ohne die tragenden Wände bricht der Rest wie ein Kartenhaus zusammen. Die Stockwerke 1 bis 7 bauen aufeinander auf.

🧱 Vertrauen. Ohne Vertrauen geht nichts. Arbeitet als Gründerteam systematisch am gegenseitigen Vertrauen

🧱Verpflichtung. Wir sind uns verpflichtet, wenn wir willens sind, uns gegenseitig überall mit hinzunehmen. Die Verpflichtung übersetzt das Vertrauen in konkretes Handeln.

1️⃣ Tiefe gegenseitige Kenntnis ist das Fundament jeder guten Beziehung. Idealerweise kennt ihr euch im Gründerkreis genauso gut, wie eure jeweiligen Partner.

2️⃣ Zuneigung & Wertschätzung teilen. Zeigt euch bewusst eure Zuneigung und Wertschätzung. Das ist Balsam für die Seele gerade in stressigen Zeiten.

3️⃣ Gegenseitige Zuwendung. Hört genau hin, wen jemand aus eurer Runde ein Verbindungsangebot macht, und wendet euch eurem Gegenüber zu.

4️⃣ Wohlwollen. „Ich bin ok, Du bist ok“ ist die Grundhaltung gesunder Beziehungen. Betrachtet euch als ein starkes Team, in dem jeder sein Bestes gibt.

5️⃣ Konfliktmanagement. Konflikte lassen sich lösen, wenn euch klar ist: Es gibt nicht nur den einen Weg. Jede Konfliktpartei trägt mit wertvollen Beträgen gleichberechtigt zur Lösung bei.

6️⃣ Lebensträume realisieren. Verfolgt gemeinsame Ziele, die auf eure individuellen Lebensträume einzahlen.

7️⃣ Gemeinsame Kultur schaffen. Eure Rituale der Verbundenheit prägen eure Kultur. Je stärker die Rituale, desto besser helfen sie euch durch Krisenzeiten.

Integriert den Bau und die Pflege eures „Beziehungs-Hauses“ in euren Alltag und schafft damit eine starke Kultur der lebendigen Verbundenheit.

Und jetzt zu dir

  • Wie bewusst pflegt aktuell eure Beziehungen im Gründerteam?
  • Wie gut ist euer Gründerteam auf den verschiedenen Stockwerken des Beziehungshauses unterwegs?
  • Wo sind die größten Defizite? Was könnt ihr dagegen unternehmen?

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Raus aus der Mikromanagement-Falle

Woran erkennst du, ob du richtig delegierst?

Ganz einfach: Ihr kommt gemeinsam in den Flow. Alle packen an, jeder ist empowert. Mit hoher Energie und viel Spaß  liefert ihr einen super Output. Und du hast Zeit für deine Führungsaufgaben.

Was ein wunderbares Ideal. Das leider oft nicht erreicht wird.

Denn viele Führungskräfte landen in der Mikromanagement-Falle. Aus Angst, zu eng zu führen, halten sich viele Leader zunächst aus den Projekten heraus:

  • Sie übergeben Aufgaben nur grob – denn sie wollen keine Vorgaben machen.
  • Sie machen keine Check-ins – denn sie wollen nicht kontrollieren.
  • Sie üben keine Kritik – denn sie wollen ihr Gegenüber nicht verunsichern.

Aber wenn es im späteren Projektverlauf dann zu Problemen kommt, übernehmen sie komplett. Und landen dort, wo sie nicht hinwollten: Im Mikromanagement.

Aber was macht gute Delegation aus? Wie gibst du Freiraum und erhältst dennoch ein Gefühl der Sicherheit. Das ist das Thema dieses Blog-Posts.

Wie immer auch als Leadership Snack zum anhören: Spotify  Apple Podcast  Podigee

Rein in die Mikromanagement-Falle – ein Beispiel

Die Mikromanagement-Falle habe ich gerade wieder erlebt.

Ein Beratungsunternehmen. Der Gründer und Partner will nicht mehr operativ tätig sein. Die Projektverantwortung hat er komplett an sein Team übergeben. Prinzip Lange Leine. Macht mal, dafür bezahle ich euch ja.

Im Frühjahr hatte das Team ein wichtiges Projekt gewonnen. Ein Pilotprojekt für ein neues Geschäftsfeld. Die Projektleitung wurde an ein junges, ambitioniertes Teammitglied übergeben. Der will doch immer zeigen, was er kann – soll er mal.

Im Juni startete das Projekt. Woche um Woche verging. Alles war ruhig. Scheinbar lief das Projekt. Dann näherte sich der Abgabetermin. Im Oktober bekam der Unternehmer endlich einen Draft auf den Tisch: „Schau mal drüber.“

Großes Entsetzen. Der Bericht bestand nur aus Fragmenten. Und an jedem zweiten Absatz stand: „Information des Kunden steht noch aus.“ Was hatten die in den letzten Monaten gemacht? So geht das nicht weiter. Nach zwei unfruchtbaren Abstimmungsrunden schaltete mein Coachee um in den Mikromanagement-Modus. Jetzt war totale Kontrolle angesagt. Er übernahm das Ruder.

Willkommen in der Mikromanagement-Falle.

Mikromanagement vs. Lange Leine

In der Mikromanagement-Falle landen viele Teams. Sie schwanken zwischen langer Leine und Mikromanagement.

Aber was genau passiert da?

Lange Leine –  Überdelegation

Leader, die mit langer Leine führen, sind meist gut darin, ihre Teammitglieder zu Empowern und ihnen Vertrauen zu schenken. Gerne übergeben sie Projekte, die für ihre Teammitglieder eigentlich eine Nummer zu groß sind. So wie im Fall meines Coachees.

Ihre Message: Ich traue dir ganz viel zu, du schaffst das schon. (Kleiner Hintergedanke: Außerdem zahle ich dich ja dafür, also mach halt.)

„Manager who over-delegate are very good at making employees feel empowered and trusted, but they get too far removed from the work and don’t recognize when an employee is in over their head.“

Claire Hughes Johnson, Autorin von Scaling People

Das Problem: Oft sind sie so weit weg von den Projekten, dass sie nicht erkennen, wenn ihre Teammitglieder überfordert sind. Die aber wollen beweisen, dass sie alles im Griff haben und probieren es viel zu lange auf eigene Faust. So wie in meinem Case.

Diese 6 Red Flags zeigen, dass du mit zu langer Leine führst:

  • Unklarer Projektstatus: Du weißt nicht, wo eure Projekte stehen und ob das Team auf dem richtigen Weg ist. Das Projekte aus dem Ruder laufen, merkst du viel zu spät.
  • Überlastung im Team: Dein Team ist ständig überfordert. Zu viele, zu große Aufgaben, zu wenig Unterstützung.
  • Qualitätsprobleme: Die Ergebnisse der Arbeit entsprechen oft nicht deinen Erwartungen. Immer wieder passieren die gleichen Fehler. Das Team weiß nicht, was dir wichtig ist und ihm fehlen die notwendigen Kompetenzen.
  • Unfaire Arbeitsverteilung: Einzelne Teammitglieder sind komplett überlastet, während andere 9-5 machen. Du versagst bei der Verteilung der Arbeitslast und schaffst unnötigen Frust im Team.
  • Fehlende Unterstützung: Du bist so weit weg von den Projekten, dass es dir schwerfällt, detaillierte Diskussionen zum Projektstand zu führen. Damit kannst du deine Teammitglieder nicht challengen und coachen.
  • Rückfall ins Mikromanagement: Wenn Projekte aus der Spur kommen, übernimmst du das Ruder und fängst an, das Projekt im Detail zu managen. Willkommen in der Mikromanagement-Falle.

Erkennst du euch in diesen Signalen wieder? Dann wird es Zeit, deine Verantwortungsübergabe zu überdenken.

Stell sicher, dass dein Team gefordert, aber nicht überfordert ist, und dass du genug involviert bleibst, um sie effektiv zu führen und zu unterstützen.

Mikromanagement – Unterdelegation

Mikromanagement entsteht oft aus einer Haltung des Misstrauens. Viele Mikromanager sind Perfektionisten. Sie brauchen die Kontrolle, dass alles genau so läuft, wie sie es sich vorstellen. Ihre Message: Nur wenn ich es mache, wird es richtig gut.

Mikromanagement kann aber auch entstehen, wenn wir unser Team bemuttern. Wenn wir unseren Teammitgliedern ungefragt Last abnehmen, anstatt auf Augenhöhe gemeinsam das richtige Maß an Verantwortung zu bestimmen.

„It doesn’t make sense to hire smart people and tell them what to do; we hire smart people so they can tell us what to do.“

Steve Jobs

Egal was dahinter steht. Mikromanagement ist ein riesiges Problem. Denn du bist ständig überlastet, bleibst der einzige Experte, während das Team in seiner Entwicklung stehen bleibt.

Diese 6 Red Flags zeigen, dass du ein Mikromanager bist:

  • Erlernte Hilflosigkeit. Dein Team legt dir nur Probleme auf den Tisch, aber keine Lösungen. Aufgaben, die du abgegeben hast, landen regelmäßig wieder auf deinem Tisch. Du triffst alle Entscheidungen.
  • Ungenutzte Teamfähigkeiten. Dein Team bleibt unter seinem Potenzial. Selbst sehr kompetente, erfahrene Menschen setzen ihre Fähigkeiten nicht ein.
  • Fehlende Ownership. Das Team fühlt sich nicht für seine Aufgaben verantwortlich. Dinge werden nicht zu Ende gebracht, die Qualität leidet. Das Energielevel im Team ist gering.
  • Ohne dich geht nichts. Du bist das Bottleneck, die wichtigste Arbeitskraft im Team. Deine größte Sorge: Was passiert, wenn ich nicht da bin? Dann läuft im Team gar nichts mehr, oder es geht alles schief.
  • 100% Feuerlöscher, 0% Stratege. Du bist nur am Feuerlöschen. Hast Null Zeit für Strategie und deine eigentlichen Führungsarbeiten. Dein Team tritt auf der Stelle, ihr wachst nicht.
  • Du bist völlig überlastet. Deine To Do Liste erschlägt dich. Du ersäufst im Detail, kannst kaum mehr klar denken. Der Burnout kommt in greifbare Nähe.

Was davon erkennst du wieder?

Denke daran, Delegation bedeutet nicht nur, Arbeit abzuladen; es geht darum, dein Team zu empowern, Raum für strategisches Denken zu schaffen und das Wachstum und die Nachhaltigkeit deiner Company zu sichern.

Das richtige Maß finden

Das richtige Maß der Verantwortungsübergabe schafft eine Balance zwischen Freiraum und Sicherheit. Es ermächtigt dein Team und gibt dir Zeit für Führung und Wachstum. Es ist ein dynamischer Prozess der offenen Kommunikation und des gemeinsamen Lernens.

Mit diesen 8 Schritten kommt ihr in die Balance:

  • Teamfähigkeiten erkennen: Verstehe die Stärken und Schwächen deines Teams. Delegiere Aufgaben an diejenigen, die über die richtigen Fähigkeiten verfügen und die an diesen Aufgaben wachsen können.
  • Klare Erwartungen: Sei klar in den Zielen und Ergebnissen, die du erwartest, aber lasse Freiraum in der Art und Weise, wie die Aufgaben erledigt werden. Diese Klarheit leitet dein Team und schafft gleichzeitig Raum für Innovation.
  • Sicheren Rahmen schaffen: Nehmt euch bei der Planung der Projekte viel Zeit für die Absprache. Lass dein Team das Vorgehen entwickeln und gib darauf Feedback. Damit habt ihr eine Basis, den Fortschritt zu überprüfen. Das gibt allen Sicherheit.
  • Ressourcen und Unterstützung: Stell sicher, dass dein Team die notwendigen Ressourcen hat, um die Aufgaben erfolgreich zu erledigen. Stehe als Coach und Challenger an ihrer Seite, aber misch dich nicht zu sehr ein.
  • Regelmäßiges Feedback: Ermutige offene Kommunikation und regelmäßiges Feedback. Das hilft dir zu beurteilen, ob du das richtige Maß der Delegation triffst oder ob es Anpassungen braucht.
  • Regelmäßig überprüfen und reflektieren: Macht regelmäßige Check-ins. Werden die Ziele erreicht? Ist die Teamstimmung gut? Macht die notwendigen Anpassungen.
  • Vertraue deinem Team: Ohne Vertrauen geht nichts. Gib deinem Team die Verantwortung und dann vertraue darauf, dass sie liefern. Das schafft Vertrauen und baut ein Gefühl des Ownerships auf.
  • Lerne loszulassen: Akzeptiere, dass einige Aufgaben anders erledigt werden, als du es vielleicht getan hättest. Konzentriere dich auf die Ergebnisse statt auf die spezifischen Methoden, die zur Erreichung dieser Ergebnisse verwendet werden

Der Lohn der Arbeit

Gute Verantwortungsübergabe ist ein intensiver, interaktiver Prozess. Du musst lernen, weniger direkte Kontrolle zu haben, als im Mikromanagement, und gleichzeitig mehr in die Interaktion zu gehen, als wenn du mit langer Leine führst.

Aber es lohnt sich. Denn das zeichnet Teams aus, die ihre Balance gefunden haben:

  • Ausgeglichene Arbeitslast. Alle im Team haben eine angemessene Arbeitslast. Du versinkst nicht in den Details, bist aber weiterhin in wichtige Entscheidungen und die übergreifende Steuerung involviert.
  • Befähigte Teammitglieder. Dein Team fühlt sich ermächtigt, Aufgaben zu übernehmen und Entscheidungen in ihrem Bereich zu treffen. Jeder erlebt seinen Wert für das Team. Selbstvertrauen und Ownership sind spürbar. 
  • Hohe Qualität. Ihr erledigt eure Arbeit effizient und effektiv. Die richtigen Personen übernehmen die richtigen Aufgaben und bringen ihre Stärken und Fähigkeiten optimal ein. Die guten Ergebnisse lassen euer Team über sich hinauswachsen.
  • Hohes Energielevel. Tiefe Verbundenheit und Respekt prägen euer Team. Deine Teamies spüren den Support und wissen, dass sie sich, wenn nötig, immer an dich wenden können. Ihr wuppt das gemeinsam und feiert euch dafür.
  • Zeit für Führung. Du bist nahe genug dran, um dich sicher zu führen, hast aber auch ausreichend Kapazitäten, um dich auf deine eigentlichen Aufgaben zu fokussieren: Strategie, Teamführung und Aufbau der Organisation.

Raus aus der Mikromanagement-Falle. Eine Erfahrung.

Genau das hat mein Coachee in seinem Projekt erlebt.

Nachdem er reingrätschte, kontrollierte er erstmal zu hart. Jetzt fühlten sich die Teammitglieder gar nicht mehr verantwortlich. Cheffe macht ja.

Doch zunehmend öffnete er die Diskussionen, nutze die Kompetenzen der Teammitglieder, um den Bericht nach Vorne zu bringen. Er stellte sicher, dass die Arbeitslast fair verteilt war. Und macht klar, was sein Qualitätsanspruch war. Das half dem Team sehr, dem diese Orientierung in der ersten Phase des Projekts gefehlt hatte. Es entstand ein Team Spirit, den er lange nicht mehr erlebt hatte. Alle hauten rein. Am Ende sogar über das Wochenende. Begeisterung auf allen Seiten.

Das große Learning für meinen Coachee: „Mein Job ist es, den richtigen Rahmen zu schaffen, klare Erwartungen zu definieren, und dann nahe genug am Projekt dran zu sein, damit ich mein Team bei Bedarf unterstützen kann. Ich genieße es, den Teamspirit und den Fortschritt zu spüren und zu sehen, wie echtes Ownership entsteht. Jetzt fühle ich mich wirklich entlastet.“

Key Take Aways

Viele Führungskräfte hängen in der Mikromanagement-Falle. Erst lassen sie lange Leine, sie überdelegieren. Aber wenn etwas schief geht, fallen sie ins Mikromanagement, die Unterdelegation. Beides bringt das Team nicht in die nachhaltige Verantwortung.

Die Red Flags einer zu langen Leine sind: Unklarheit über den Projektstatus, Überlastung im Team, Qualitätsprobleme, unfaire Arbeitsverteilung, die Klage über fehlende Unterstützung und der regelmäßige Rückfall ins Mikromanagement.

Die Red Flags des Mikromanagements: Erlernte Hilflosigkeit, ungenutzte Teamfähigkeiten, fehlendes Ownership, deine Überlastung. Ohne dich geht nichts, du bist 100% Feuerlöscher, 0% Stratege.

Das richtige Maß an Delegation schafft eine Balance zwischen Autonomie und Sicherheit. Nutze dazu diese 8 Schritte:

  • Kenne die Fähigkeiten deiner Teammitglieder und setze sie gezielt ein.
  • Kommuniziere klare Erwartungen zu den Zielen und Ergebnissen.
  • Schaffe mit einer gemeinsamen Projektplanung einen sicheren Rahmen.
  • Stelle die notwendigen Ressourcen zur Verfügung, sei Coach und Challenger.
  • Ermutige offene Kommunikation und regelmäßiges Feedback.
  • Macht regelmäßige Check-ins, nicht erst am Projektende.
  • Vertraue deinem Team.
  • Lasse los, konzentriere dich auf Ergebnisse statt auf spezifische Methoden.

Das richtige Maß der Delegation bringt euch gemeinsam in den Flow. Alle packen an und fühlen sich empowert. Die Folge: Hohe Energie, super Output. Und du hast Zeit für deine Führungsaufgaben.

Und nun zu dir!

  • Mikromanagement vs. Lange Leine: Wo stehst du aktuell? Was ist das größere Problem
  • Welche der Red Flags erkennst du?
  • An welchem der 8 Schritte möchtest du künftig arbeiten?

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Führe deine High Performer zum Erfolg

High Performer sind ein echtes Asset eurer Teams. Die 15-20% eurer Mannschaft, die überdurchschnittlich motiviert und hochkompetent sind und sich mit vollem Herzen für eure Company einsetzen.

Soweit die Definition.

Aber wer fällt dir ein, wenn du an eure High Performer denkst? Was macht sie aus?

Diese Frage habe ich auch den Teilnehmern der Empower! Masterclass gestellt.

Die Antwort war eindeutig: Heiße Pferdchen, die von ihrem Wert überzeugt sind. Sie sind super herausfordernd, lieben neue, schwierige Projekte und setzen sich gerne an die Spitze von Veränderungen. Echte Superstars 🤩 eben.

Leider übersehen wir damit die Hälfte der High Performer: All die Menschen, die einfach nur einen rattenguten Job machen und deinen Laden rocken. Erst wenn sie gehen, wird klar, was für eine riesige Lücke sie hinterlassen. Sie sind die Rockstars 🤘 deines Teams.

Diese Superstars und Rockstars zu führen ist eine deiner herausforderndsten Aufgaben. Lies hier, wie du sie identifiziert, was ihre Herausforderungen sind und wie du sie bestmöglich förderst.

Lass dich inspirieren und gehe mutig den nächsten Schritt. Vom Gründer zum CEO.

Superstars 🤩 vs Rockstars 🤘: Mein Leben zwischen den Polen

Auf Unterscheidung zwischen Superstars und Rockstars bin ich erstmalig im Buch „Radical Candor“ von Kim Scott gestoßen. Und jüngst im Buch „Scaling People“ von Claire Hughes Johnson, wo die Superstars „Pusher“ und die Rockstars „Puller“ heißen.  

Die Unterscheidung verstand ich sofort – denn ich war schon beides.

Am Anfang meiner Karriere war ich im Superstar 🤩-Modus unterwegs. Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Wenn es auch nur andeutungsweise langweilig wurde, war ich auf dem Sprung. Meinen ersten Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Fraunhofer Institut kündigte ich nach einem Jahr. Der Vertrag sah vor, dass ich die nächsten drei Jahren nur 50% arbeiten sollte, um die Doktorarbeit zu schreiben – wie langweilig 🥱. Lieber wechselte ich in den Strategiebereich der Telekom, da ging damals der Punk ab. Schon nach 1,5 Jahren übernahm ich mein erstes Team. Die Doktorarbeit schrieb ich an den Abenden und Wochenenden. Nachdem sie fertig war, folgte der Wechsel in ein Strategieberatungs-Startup. Möglichst viel lernen, viel sehen, Company mit aufbauen. Tempo, Tempo, Tempo.

Das änderte sich schlagartig, als ich Kinder bekam. Ich war weiterhin mit Haut und Haaren dabei. Aber ich brauchte jetzt stabilere Strukturen – und wechselte in den Rockstar🤘-Modus. Mit meinem Projektschwerpunkt „Commercial Due Diligence“ musste ich nur wenig reisen. Das war wichtig für die Familie. Und es gab mir die Chance, neben der Projektarbeit viel interne Strukturarbeit zu machen. Erst baute ich das Recruiting, dann das People Development mit auf, kümmerte mich um die Menschen, die in den Projekten mit den Superstars nicht zur Geltung kamen. Alles wichtig für das Unternehmen, aber viel unsichtbarer 🫥 als die Superstars, die regelmäßig mit den Partnern unterwegs waren. Es passierte, was vielen Rockstars passiert: Mein Frustlevel über die fehlende Anerkennung stieg langsam, aber sicher. Nach einem in mehreren Nachtschichten organisiertem Training 🤯, für das sich keiner bedankte, hatte ich die Schnauze voll und ich melde mich bei einem Headhunter.

Wenige Monate später trat ich meinen ersten CEO-Job an. Inzwischen waren die Kinder größer, ich hatte wieder mehr Flexibilität. Und so schaltete ich abermals um, vom Rockstar 🤘- in den Superstar 🤩-Modus…

Warum erzähle ich das alles?

Meine Erfahrung zeigt: High Performance kann ganz unterschiedliche Formen annehmen. Wenn wir diese Formen nicht erkennen und aktiv unterstützen, ist die Gefahr groß, dass wir unsere besten Leute verlieren.

Gleichzeitig haben High Performer mit ihrem Verhalten einen überproportional großen Einfluss auf unsere Teams. Das ist toll, wenn das Verhalten passt. Kann aber so richtig nach hinten los gehen, wenn du die typischen Probleme nicht richtig managst.

Superstars 🤩

Die typischen Superstars sind „heisse Pferdchen“. Extrem ambitioniert und motiviert. Ihr scharfer Blick auf die Herausforderungen der Organisation ist gefürchtet. Sie challengen dich und das Team gnadenlos. Jemanden dabei auf die Füße treten? Egal.

Superstars sind fordernd und „high maintenance“. Selbstbewusst stehen sie auf deiner Matte und fordern ein, was ihnen ihrer Meinung nach zusteht: Mehr Geld und mehr Verantwortung. Ihre ganze Ambition ist auf den Job fokussiert. Vorankommen ist alles.

Die Stärken eurer Superstars

Eure Superstars:

  • Haben ein Händchen für andere High Performer und holen sie gezielt in ihre Teams.
  • Motivieren andere mit ihrer Arbeitsmoral, über sich hinauszuwachsen.
  • Haben ein ausgeprägtes Gefühl von Qualität und pushen alle nach vorne.
  • Zeigen extreme Ownership, meist weit über ihren Verantwortungsbereich hinaus.
  • Setzen sich gerne an die Spitze von Veränderungen und Wandel.

Die Downsides eurer Superstars

Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Auch nicht bei euren Superstars. Denn jede ihrer Stärken kann übel nach hinten losgehen, wenn sie nicht aktiv gemanagt wird. Dann können sie wirklich toxisch werden.

  • Gerne bauen sie reine All-Stars Teams. Empire Building gegen die Bedürfnisse anderer Teams. Sollen die anderen doch sehen, wie sie klarkommen. Das geht absolut gegen das Bedürfnis eurer Organisation, überall starke Leute zu haben, die das Team mitziehen.
  • Jeder muss so durchkeulen wie sie. Ihrem unglaublichen Druck hält nicht jeder Stand. Und muss es auch nicht.
  • Menschen, die ihrem Anspruch nicht genügen, werden schnell abgeschrieben und rigoros aus den Teams gekickt. Das Ergebnis: Ein ”Wir gegen Die“. Hier das All-Star Team, dort die Luschen.
  • Ihre ausgeprägte Ownership verleitet sie dazu, überall mit reinzuquatschen, auch in Feldern, die sie nicht verstehen.
  • Ihr Bedürfnis nach Abwechslung kann dazu führen, dass sie komplexere und länger laufende Projekte depriorisieren und im Sande verlaufen lassen.

Superstars führen

Die größte Gefahr bei Superstars: Langeweile 🥱. Wenn es nicht mehr passt, sind sie schneller weg, als du PIEP sagen kannst.

Regel Nummer 1 für Superstars ist daher: Nutze und genieße sie, solange sie dabei sind. Aber werdet bloß nicht abhängig von ihnen.

Der beste Weg dahin: Mach die Teamführung und die Entwicklung anderer Menschen zu High Performern zur ihrem großen Entwicklungsprojekt. Setze sie regelmäßig als Talent-Trüffelschweine im Recruiting ein. Ermutige sie, Talente gezielt aufzubauen, statt nur bestehende Stars zu nutzen.

Nutze ihren scharfen Blick auf die Organisation. Setze sie an die größten Chancen, nicht an die größten Chaosprojekte. Lass sie Performance Standards entwickeln und in der Organisation verankern.

“The best way to keep superstars happy is to challenge them and make sure they are constantly learning.”

Kim Scott, Autorin von Radical Candor

Gib ihnen schließlich viele Möglichkeiten zum Lernen und zur Weiterentwicklung. Bring sie auf das nächste Level – auch, wenn sie irgendwann deine Chefin oder dein Chef sein könnten.

Mit diesen Führungsansätzen bringst du selbst Superstars dazu, über sich hinauszuwachsen und machst sie zu verantwortungsbewussten Leadern, die zum Wohl des gesamten Teams arbeiten.

Rockstars 🤘

Rockstars sind „solid as a rock”. Sie schätzen die Stabilität – was oft mit ihrer Lebensphase zusammenhängt: Kleine Kinder, Krankheit in der Familie… Lass dich davon nicht irritieren. Denn die Rockstars sind das Fundament eurer Teams. Sie gehen immer die letzte Meile und ziehen ihre Projekte bis zum langweiligen Ende durch.

Rockstars sind „low maintenance“. Als Teamplayer mit hohem Verantwortungsbewusstsein arbeiten sie unauffällig im Hintergrund, nehmen die Fäden auf, die die anderen fallen lassen. Ihre große Hoffnung: Mit ihrem enormen Einsatz gesehen und gemocht zu werden.

Die Stärken eurer Rockstars

Eure Rockstars:

  • Sind eine echte Bank: Sie rocken deinen Laden, sind integer und verlässlich.
  • Bringen komplexe, langlaufende Projekte mit Ausdauer und Konsistenz zum Erfolg.
  • Sind die Go To Menschen für Notfälle und machen gerne den Job von 2-3 Leuten.
  • Sichern als Mutter bzw. Vater der Garnison den Zusammenhalt und die Motivation.

Die Downsides eurer Rockstars

Auch die Stärken der Rockstars können gewaltig nach hinten los gehen.

  • Sie können zu unsichtbar sein und dir das Gefühl geben, das schon alles ok ist. Rockstars leiden im Stillen. Bis sie in den Burnout fallen oder in die innere Kündigung gehen. Dann ist Schluss mit integer, sie fangen an, ihren Frust weiterzutragen und vermiesen die Stimmung im Team.
  • Rockstars können in ihrer Komfortzone hängenbleiben. Sie haben ihren Groove gefunden und wollen ihn beibehalten. Der Daily Grind lenkt sie von Projekten ab, an denen sie weiterwachsen könnten. Sie bleiben unter ihrem Potenzial – und ihr bekommt weniger als möglich wäre.
  • Rockstars übernehmen aus dem Gefühl, dass es sonst keiner macht, gerne Projekte und Arbeiten, die nicht gerade der beste Einsatz ihrer Zeit sind. Das Ergebnis: Überlastung und Frustration.
  • Rockstars sind als Leader oft nicht herausfordernd genug. Sie wollen es allen recht machen. Eher entlasten sie ihre Teammitglieder, als sie mit Aufgaben herauszufordern, die außerhalb ihrer Komfortzone liegen.

Rockstars führen

Die größte Gefahr bei Rockstars: Burnout 🤯 und Unsichtbarkeit 🫥. Sie arbeiten bis zum umkippen, und hoffen immer darauf, gesehen zu werden, statt sich selbst sichtbar zu machen.

Regel Nummer 1 für Rockstars: Auch wenn sie dir unglaublich viel abnehmen – hilf ihnen, sich zu fokussieren und bring ihnen bei, „Nein“ zu sagen – auch zu dir.

Hinterfrage immer wieder: Ist es wirklich sinnvoll, dass du diese Arbeit machst? Wie kannst du sie delegieren? Wo bringst du deine Stärken am besten zur Geltung? Wo lernst du am meisten?

Hilf ihnen aus ihrer Komfortzone heraus. Gibt ihnen immer schwierigere Projekte, lass sie ihr Wissen vertiefen. Expert Tracks werden von Rockstars sehr geschätzt. Nutze auch die emotionale Kompetenz der Rockstars: Setze sie als „Kulturattachée“ oder „Mutter der Garnison“ ein, denn sie bringen das Team zusammen.

 “Don’t create an organization that is so obsessed by promotion and status that it feels humiliating for the rockstars to stick around. Set them up as internal experts. Your rock stars love their craft and are great at it.”

Kim Scott, Autorin von Radical Candor

Rockstars sind solide, fast schon ein wenig langweilig. Und da liegt die zweite große Gefahr: Du übersiehst die Bedeutung ihrer Leistung. Rockstars fordern ihre Anerkennung nicht aktiv ein. Wenn die öffentliche Anerkennung aber ausbleibt, steigt ihr Frustlevel – ohne dass du es sehen kannst.

Nimm dir ungefragt Zeit für deine Rockstars. Zeig ihnen, dass sie dir ebenso am Herzen liegen, wie die Superstars. Hebe ihre Leistung persönlich und öffentlich hervor. Achte auf faire Performance Bewertungen: Bewerte die Leistung, nicht den akuten Wachstumswillen. Und erhöhe ihr Gehalt, ohne dass sie darum bitten müssen.

Mit diesen Führungsansätzen bringst du Rockstars aus der Stabilität ins Wachstum. Auch jenseits der offiziellen Karrieretracks, die aufgrund ihrer persönlichen Situation vielleicht gerade nicht das Richtige für sie sind. Und du zeigst allen im Team: High Performance hat viele Facetten. Und wir brauchen alle, die Superstars genauso wie die Rockstars, um unser Unternehmen zum Erfolg zu bringen

Key Take Aways

Eure High Performer sind ein echtes Asset eures Teams. Maximal 15-20% eurer Mannschaft. Sie zu führen ist eine deiner herausforderndsten Aufgaben.

High Performer gibt es in zwei Ausprägungen: Superstars 🤩 und Rockstars 🤘.

Superstars 🤩

Superstars sind hoch motiviert. Sie kennen ihren Wert, sind fordernd und setzen sich gerne an die Spitze von Veränderungen. Sie sind Talent-Trüffelschweine und motivieren mit ihrem extremen Anspruch. Superstars sind immer auch dem Sprung, wollen Karriere machen.

Die größte Gefahr bei Superstars: Langeweile. Wenn es nicht mehr passt, sind sie schneller weg als du PIEP sagen kannst. Nutze und genieße sie, solange sie dabei sind. Aber werdet bloß nicht abhängig von ihnen.

Und so führst du sie:

  • Mach sie zu Leadern, die Talente entdecken und entwickeln.
  • Nutze ihren scharfen Blick auf die Organisation. Lass sie die Standards setzen.
  • Gib ihnen viele Möglichkeiten zum Lernen und zur Weiterentwicklung.
  • Bring sie auf das nächste Level, selbst wenn sie dich damit überholen.

Rockstars 🤘

Rockstars rocken deinen Laden, sie sind das Fundament eurer Teams. Sie ziehen auch langwierige, komplexe Projekte bis zum Ende durch. Als Teamplayer mit hohem Verantwortungsbewusstsein nehmen sie die Fäden auf, die andere fallen lassen. Karriere steht für sie (temporär) nicht im Vordergrund, sie wollen nur einen rattenguten Job machen.

Die größte Gefahr bei Rockstars: Burnout 🤯 und Unsichtbarkeit 🫥. Sie arbeiten bis zum umkippen und hoffen immer darauf gesehen zu werden, statt sich selbst sichtbar zu machen.

Und so führst du sie:

  • Hilf ihnen, sich zu fokussieren. Bring ihnen bei, „Nein“ zu sagen und zu delegieren.
  • Nimm dir ungefragt Zeit für deine Rockstars. Zeige deine Wertschätzung aktiv.
  • Bringe sie mit herausfordernden Projekten zum Wachsen. Mach sie zu Experten. 
  • Nutze ihre Team- und Kulturkompetenz.

Zeigt damit allen im Team: High Performance hat viele Facetten. Euer Unternehmern braucht beide, Superstars UND Rockstars.

Und nun zu dir!

  • Kennst du all eure High Performer, die Superstars 🤩 UND die Rockstars 🤘?
  • Wie challengest du deine Superstars🤩? Wie entwickelst du sie zu guten Leadern?
  • Wie nahe bist du deinen Rockstars ? Bekommen sie genug Aufmerksamkeit?
  • Was willst du künftig anders machen?

Viel Spaß bei der Umsetzung!

Gefangen im Dilemma: Entscheide jetzt!

Seit Monaten bist du unzufrieden.

Da ist eine gute Mitarbeiterin, die du gerne befördern würdest. Doch dann stellst du fest: Sie ist noch nicht so weit. Jetzt musst du einen Rückzieher machen.

Da ist der High Performer, der einen kritischen Bereich verantwortet. Ein echtes Asset – wäre da nicht das unmögliche Verhalten im Team. 

Du musst dich endlich entscheiden. Aber irgendetwas blockiert dich. Und von Tag zu Tag wird es schlimmer.

Ein Dilemma erster Güte.

Loyalität oder Professionalisierung. High Performance oder Team Spirit. 

Lies in diesem Artikel, wie du Dilemmas erkennst und konstruktiv löst. Lasst dich inspirieren und gehe mutig den nächsten Schritt. Vom Gründer zum CEO.

Führung: Ein Balanceakt

Handfeste Dilemmas sind der Alltag von Leadern und Gründern. Du musst dich zwischen zwei widersprüchlichen Optionen entscheiden. Egal, was du tust, es fühlt sich falsch an. Denn die Entscheidung hat nicht nur praktische, sondern auch moralische und ethische Implikationen. Du bist zerrissen zwischen Freundschaft und unternehmerischer Verantwortung, zwischen Performance und Teamspirit, deiner Rolle als Freund und als Unternehmer.

Ich habe das selbst vor einiger Zeit erlebt.

Als COO hatte ich viel zu lange auch die Head of People Rolle übernommen. Das sollte sich jetzt ändern. Die große Frage: Befördere ich ein Teammitglied oder schreibe ich aus. Die interne Kandidatin Antonia hatte die Personalverwaltung super zuverlässig verantwortet und war ein echter Anker des Teams. Und sie war junge Mutter. Testweise gab ich ihr die Chance, die Rolle interimistisch zu übernehmen. Bald stellte ich fest, dass sie weiterhin einen soliden Job machte, aber nicht in die strategische Führung ging.

Ich war hin und hergerissen. Ich brauchte definitiv jemanden mit mehr Erfahrung. Sollte ich ihr sagen, dass es nicht klappt? Wäre sie dann frustriert und würde gehen? Woche um Woche verging ohne eine klare Entscheidung.

Das Dilemma erkennen

Der erste Schritt auf dem Weg zu einer Klärung ist die Wahrnehmung des Dilemmas. Diese Zeichen zeigen dir, dass du mittendrin hängst:

  • Innerer Konflikt & ständige Neubewertung: Du kannst keinen klaren Gedanken fassen. Verschiedene Stimmen streiten in deinem Kopf: „Die ist so wichtig, ich darf sie nicht frustrieren. Aber ich muss auch das Team aufs nächste Level bringen…“  Du triffst Entscheidungen und verwirfst sie im nächsten Moment.
  • Aufschiebung: „Nur noch das Projekt – vielleicht packt sie es ja doch!“, „Sobald ich einen Nachfolger gefunden habe, spreche ich mit ihr.“ Es gibt tausend Ausreden, die Entscheidung noch mal zu schieben. Nächste Woche, nächster Monat…
  • Emotionaler Stress: Je nachdem, welche Stimme gerade am lautesten ist, bist du wütend, frustriert, fühlst dich schuldig oder traurig. Nachts grübelst du stundenlang – ohne Ergebnis.
  • Kontaktvermeidung: Deine Unentschiedenheit beschämt dich. Um nicht dran zu denken, meidest du den Kontakt. So war es auch bei Antonia: Unsere 1:1 Meetings wurden immer kürzer, ich mied den Austausch, konnte ihr kaum in die Augen schauen.
  • Drama im Kopf: Der Stress bringt dich ins innere Drama: Du fühlst dich als Opfer der Umstände. Um die schwierige Entscheidung zu rechtfertigen, suchst du gezielt nach Fehlern des Betroffenen. Der Film in unserem Kopf wird immer dramatischer – obwohl eigentlich gar nichts passiert. Genauso ging es mir mit Antonia: Ihre sorgfältige Art nervte mich immer mehr. Sie konnte mir nichts mehr recht machen.

Sobald du diese Anzeichen erlebst: STOP!

Innehalten und Gedanken sortieren. Denn unbewältigte Dilemmas kosten dich nicht nur Energie, sondern auch Glaubwürdigkeit. Wenn du in ihnen hängen bleibst, scheiterst du an einer wesentlichen Unternehmeraufgabe: Klare Entscheidungen zu treffen, die das Unternehmen langfristig nach vorne bringen.

Klarheit gewinnen

Klare Entscheidungen brauchen zunächst innere Klarheit. Denn das Kernproblem von Dilemmas ist die fehlende Klarheit in deinem Kopf. Auch wenn es Dilemma heißt: Oft quatscht da eine ganze Reihe widersprüchlicher Stimmen durcheinander: Dein „inneres Team“, wie es bei Schulz von Thun heißt.

Genau so ging es mir mit Antonia. Mein inneres Team meldet sich lautstark und durcheinander. Gelöst habe ich das Chaos in einem Brainstorming mit meinem Coach.

Schritt 1: Stimmen identifizieren: Bestimme die verschiedenen Stimmen. Wer ist da zu hören? Welchen Teil von mir reflektiert er oder sie?

In meinem Fall waren das fünf innere Teammitglieder: Die „Strategische Geschäftsführerin“, die „Überforderte Managerin“, die „Karrierefrau“, die „Wertschätzende Chefin“ und schließlich mein „Innerer Schweinehund“.

Schritt 2: Haltung & Bedürfnisse verstehen. Entwirre das Chaos. Nimm dir ein Teammitglied nach dem anderen vor: Was genau sagen die verschiedenen Stimmen? Welche Emotionen, Ängste und Bedürfnisse stehen hinter diesen Haltungen?

Hier meine Stimme und ihre jeweiligen Perspektiven:

  • Strategische Geschäftsführerin: „Auf dem Weg zur Series B müssen wir den People Bereich viel strategischer aufstellen. Da sehe ich Antonia leider noch nicht. Mit der richtigen Unterstützung wächst sie da sicher rein, aber das dauert zu lange.
  • Überforderte Managerin: „Oh nein, jetzt muss ich wieder ran. Ich war so froh, das endlich loszuwerden. Ich brauche dringend eine Lösung.
  • Karrierefrau: „Sie ist doch gerade erst Mutter geworden. Ich weiß noch, wie das bei mir war. Ich war so dankbar, dass meine Kinder kein Karriereblocker waren. Die gleiche Chance würde ich ihr gerne geben.“
  • Wertschätzende Chefin: „Sie macht bisher einen tollen Job und trägt das ganze Team mit. Ich würde das gerne anerkennen und fühle mich schlecht, wenn ich mich gegen sie entscheide. Auf jeden Fall müssen wir eine gemeinsame Lösung finden.“
  • Innerer Schweinehund: „Ich traue mich nicht, klares Feedback zu geben. Vor allem bei dem Chaos im Kopf. Außerdem habe ich Angst, dass sie dann frustriert aufgibt. Das kann ich mir jetzt nicht leisten.”

Schritt 3: Lösungsideen sammeln: Du verstehst nun, was die Teammitglieder umtreibt. Als Nächstes ist Kreativität verlangt: Wie sieht eine Lösung aus, die die Bedürfnisse der verschiedenen Teammitglieder befriedigt? Welche Abwägungen willst du machen?

Mit der Klarheit über mein inneres Team konnte ich zu einer Entscheidung kommen, die alle meine Anteile befriedigte:

  • Ich schätze Antonias Leistung ungemein. Sie ist und bleibt ein wichtiger Anker des Teams (Wertschätzende Chefin).
  • Leider ist sie der Rolle, die wir jetzt brauchen, noch nicht gewachsen. Daher werde ich die Head of People Position möglichst zügig ausschreiben. (Strategische Geschäftsführerin).
  • Ich bitte Antonia aber, bis dahin weiterhin die Interimsrolle auszufüllen – mit einem angepassten Profil. (Überforderte Managerin).
  • Auch wenn es noch nicht klappt: Sie hat Potenzial und ich will sie langfristig entwickeln. Der erste Schritt dahin: Wir erarbeiten einen Entwicklungsplan (Karrierefrau).

Diese innere Klärung war ein Befreiungsschlag. Ich hatte alle inneren Teammitglieder verstanden und konnte eine ausgewogene Entscheidung treffen. Was eine Erleichterung! Denn mit dem inneren Team ist es wie mit einem echten Team: Wenn jeder im Raum weiß, dass er oder sie gehört wurde, werden auch kontroverse Entscheidungen von allen mitgetragen.

Jetzt kannst du die Kommunikation vorbereiten.

Klar Kommunizieren

In der Vorbereitung einer schwierigen Kommunikation hilft es, dich in dein Gegenüber zu versetzen.

Wie erlebt er oder sie die Situation gerade wirklich? Wenn du unzufrieden bist, ist es dein Mitarbeiter auch meist. In 90% der Fälle, in denen meine Coachees ihr Dilemma endlich offen ansprachen, stellte sich heraus: Die Mitarbeiter waren genauso unglücklich und erlebten das gleiche Dilemma – Zerrissen zwischen Loyalität und eigenen Bedürfnissen. Und genau wie ihre Chefs trauten sie sich nicht, das offen anzusprechen.

Wie würde ich jetzt gerne behandelt werden? Die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: Respektvoll und auf Augenhöhe. Wir wollen ernst genommen werden und die Lösung aktiv mitgestalten. Sei also mutig und stelle dich dem schwierigen Gespräch – das in den allermeisten Fällen viel einfacher ist, als du erwartest hast.

Ich habe diese Situationen selbst aus „Mitarbeiter“-Sicht erlebt. Es lief nicht rund. Ich wollte gehen, konnte das aber aus vertraglichen Gründen nicht ansprechen. Ähnlich ging es dem Investor. Er suchte nach einem Ersatz, wollte mich aber mit dieser Information nicht demotivieren. Das Ergebnis: Monatelang liefen wir auf Zehenspitzen umeinander herum. Frustrierend und super unproduktiv. Wie viel produktiver und wertschätzender wäre ein offenes, respektvolles Gespräch gewesen, bei dem beide Seiten ihre Perspektive teilen und wir eine gemeinsame Lösung entwickelt hätten.

Die Antworten auf diese beiden Fragen machen dir Mut, offen und wertschätzend zu kommunizieren und das Problem endlich vom Tisch zu bekommen. Das macht nun auch deinen inneren Schweinehund happy.

Starte das Gespräch direkt und offen. Integriere in deine Kommunikation die unterschiedlichen Sichtweisen. Damit machst du deinem Gegenüber klar: Hinter dieser Entscheidung steht eine umfangreiche Abwägung.

So sah das bei Antonia aus:

„Ich schätze deine Arbeit und sehe dein Potenzial (Wertschätzende Chefin). Aber noch bist du nicht so weit, wie wir es brauchen. Daher werde ich die Head of People-Stelle ausschreiben (Strategische Geschäftsführerin). Es wäre toll, wenn du solange die operative Teamführung übernimmst (überforderte Managerin). Außerdem möchte ich gemeinsam mit dir einen Entwicklungsplan für das nächste Jahr entwickeln (Karrierefrau). Diese Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen und ich hoffe sehr, dass du nicht zu enttäuscht bist und bleibst (Innerer Schweinehund).“

Puh. Geschafft. Es war raus.

Was dann passierte, berührt mich noch heute. Denn Antonia fing an zu weinen. Aus purer Erleichterung. Sie hatte selbst an der Rolle gezweifelt, ihre Überforderung gespürt. Hatte gemerkt, dass ich mich immer weiter von ihr abwendete. Ansprechen wollte sie es aber nicht. Denn sie war dankbar für die Chance und wollte mich nicht enttäuschen. Auch sie war in einem Dilemma gefangen gewesen: Mich nicht enttäuschen vs. einen Rückzieher machen.

Gut, dass wir endlich darüber geredet hatten. Ich hätte das schon viel früher machen sollen. Denn genau das ist der Job eines Leaders: Klarheit schaffen, auch wenn es mal weh tut.

Diese Erfahrung machen alle Leader, die sich ihrem Dilemma stellen und dann in eine klare Kommunikation gehen: Befreiung, gegenseitiger Respekt und Klarheit. Oder wie es ein Klient auf den Punkt brachte:

„Die schwierigsten Gespräch sind die Besten.“

Key Take Aways

Handfeste Dilemmas sind dein Alltag. Du bist zerrissen zwischen zwei widersprüchlichen Optionen:  Freundschaft vs. unternehmerische Verantwortung, Performance vs. Werte, deine Rollen als Freund vs. als Unternehmer.

Und so löst du das Dilemma auf

  • Erkenne das Dilemma. Fünf Zeichen zeigen dir dringenden Handlungsbedarf: Innerer Konflikt & ständige Neubewertung, Aufschiebung, emotionaler Stress, Kontaktvermeidung und inneres Drama.
  • Klarheit gewinnen. Klare Kommunikation verlangt innere Klarheit. Sortiere das Chaos in deinem Kopf mit einer Anhörung deines „inneren Teams“:
    • Identifiziere die unterschiedlichen Stimmen. Wer spricht da? Was für einen Anteil von dir reflektiert diese Stimme?
    • Entwirre das Chaos: Was genau sagen die einzelnen Stimmen? Was steht hinter diesen Haltungen? Welche Emotionen, Ängste und Bedürfnisse?
    • Finde eine kreative Lösung, die allen Stimmen gerecht wird. Welche Abwägungen willst du machen?
  • Klar kommunizieren. Versetze dich zur Einstimmung auf die Kommunikation in dein Gegenüber: Wie erlebt er die Situation gerade? Wie möchte ich in dieser Situation behandelt werden? Starte das Gespräch offen und direkt. Reflektiere die unterschiedlichen Sichtweisen und mach damit klar: Die Entscheidung ist wohl abgewogen. Gute Nachricht: In 90% der Fälle erlebt dein Gegenüber das gleiche Dilemma und ist erleichtert und dankbar, dass es endlich auf den Tisch kommt.

Und nun zu dir!

Denk an eine Personalentscheidung, die dir schwer fällt.

  • Wie macht sich bei dir das Dilemma bemerkbar?
  • Welche „Inneren Teammitglieder“ melden sich zu Wort? Was sind ihre Gedanken und Bedürfnisse? Schreibe alles auf.
  • Findest du eine Lösung, die für alle ok ist?
  • Versetze dich in dein Gegenüber: Wie erlebt er dich gerade? Welches Verhalten würdest du dir in dieser Situation von dir wünschen?
  • Wie erklärst du deine Entscheidung?

Viel Spaß bei der Umsetzung!

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