Woran erkennst du, ob du richtig delegierst?
Ganz einfach: Ihr kommt gemeinsam in den Flow. Alle packen an, jeder ist empowert. Mit hoher Energie und viel Spaß liefert ihr einen super Output. Und du hast Zeit für deine Führungsaufgaben.
Was ein wunderbares Ideal. Das leider oft nicht erreicht wird.
Denn viele Führungskräfte landen in der Mikromanagement-Falle. Aus Angst, zu eng zu führen, halten sich viele Leader zunächst aus den Projekten heraus:
- Sie übergeben Aufgaben nur grob – denn sie wollen keine Vorgaben machen.
- Sie machen keine Check-ins – denn sie wollen nicht kontrollieren.
- Sie üben keine Kritik – denn sie wollen ihr Gegenüber nicht verunsichern.
Aber wenn es im späteren Projektverlauf dann zu Problemen kommt, übernehmen sie komplett. Und landen dort, wo sie nicht hinwollten: Im Mikromanagement.
Aber was macht gute Delegation aus? Wie gibst du Freiraum und erhältst dennoch ein Gefühl der Sicherheit. Das ist das Thema dieses Blog-Posts.
Wie immer auch als Leadership Snack zum anhören: Spotify Apple Podcast Podigee
Rein in die Mikromanagement-Falle – ein Beispiel
Die Mikromanagement-Falle habe ich gerade wieder erlebt.
Ein Beratungsunternehmen. Der Gründer und Partner will nicht mehr operativ tätig sein. Die Projektverantwortung hat er komplett an sein Team übergeben. Prinzip Lange Leine. Macht mal, dafür bezahle ich euch ja.
Im Frühjahr hatte das Team ein wichtiges Projekt gewonnen. Ein Pilotprojekt für ein neues Geschäftsfeld. Die Projektleitung wurde an ein junges, ambitioniertes Teammitglied übergeben. Der will doch immer zeigen, was er kann – soll er mal.
Im Juni startete das Projekt. Woche um Woche verging. Alles war ruhig. Scheinbar lief das Projekt. Dann näherte sich der Abgabetermin. Im Oktober bekam der Unternehmer endlich einen Draft auf den Tisch: „Schau mal drüber.“
Großes Entsetzen. Der Bericht bestand nur aus Fragmenten. Und an jedem zweiten Absatz stand: „Information des Kunden steht noch aus.“ Was hatten die in den letzten Monaten gemacht? So geht das nicht weiter. Nach zwei unfruchtbaren Abstimmungsrunden schaltete mein Coachee um in den Mikromanagement-Modus. Jetzt war totale Kontrolle angesagt. Er übernahm das Ruder.
Willkommen in der Mikromanagement-Falle.
Mikromanagement vs. Lange Leine
In der Mikromanagement-Falle landen viele Teams. Sie schwanken zwischen langer Leine und Mikromanagement.
Aber was genau passiert da?
Lange Leine – Überdelegation
Leader, die mit langer Leine führen, sind meist gut darin, ihre Teammitglieder zu Empowern und ihnen Vertrauen zu schenken. Gerne übergeben sie Projekte, die für ihre Teammitglieder eigentlich eine Nummer zu groß sind. So wie im Fall meines Coachees.
Ihre Message: Ich traue dir ganz viel zu, du schaffst das schon. (Kleiner Hintergedanke: Außerdem zahle ich dich ja dafür, also mach halt.)
„Manager who over-delegate are very good at making employees feel empowered and trusted, but they get too far removed from the work and don’t recognize when an employee is in over their head.“
Claire Hughes Johnson, Autorin von Scaling People
Das Problem: Oft sind sie so weit weg von den Projekten, dass sie nicht erkennen, wenn ihre Teammitglieder überfordert sind. Die aber wollen beweisen, dass sie alles im Griff haben und probieren es viel zu lange auf eigene Faust. So wie in meinem Case.
Diese 6 Red Flags zeigen, dass du mit zu langer Leine führst:
- Unklarer Projektstatus: Du weißt nicht, wo eure Projekte stehen und ob das Team auf dem richtigen Weg ist. Das Projekte aus dem Ruder laufen, merkst du viel zu spät.
- Überlastung im Team: Dein Team ist ständig überfordert. Zu viele, zu große Aufgaben, zu wenig Unterstützung.
- Qualitätsprobleme: Die Ergebnisse der Arbeit entsprechen oft nicht deinen Erwartungen. Immer wieder passieren die gleichen Fehler. Das Team weiß nicht, was dir wichtig ist und ihm fehlen die notwendigen Kompetenzen.
- Unfaire Arbeitsverteilung: Einzelne Teammitglieder sind komplett überlastet, während andere 9-5 machen. Du versagst bei der Verteilung der Arbeitslast und schaffst unnötigen Frust im Team.
- Fehlende Unterstützung: Du bist so weit weg von den Projekten, dass es dir schwerfällt, detaillierte Diskussionen zum Projektstand zu führen. Damit kannst du deine Teammitglieder nicht challengen und coachen.
- Rückfall ins Mikromanagement: Wenn Projekte aus der Spur kommen, übernimmst du das Ruder und fängst an, das Projekt im Detail zu managen. Willkommen in der Mikromanagement-Falle.
Erkennst du euch in diesen Signalen wieder? Dann wird es Zeit, deine Verantwortungsübergabe zu überdenken.
Stell sicher, dass dein Team gefordert, aber nicht überfordert ist, und dass du genug involviert bleibst, um sie effektiv zu führen und zu unterstützen.
Mikromanagement – Unterdelegation
Mikromanagement entsteht oft aus einer Haltung des Misstrauens. Viele Mikromanager sind Perfektionisten. Sie brauchen die Kontrolle, dass alles genau so läuft, wie sie es sich vorstellen. Ihre Message: Nur wenn ich es mache, wird es richtig gut.
Mikromanagement kann aber auch entstehen, wenn wir unser Team bemuttern. Wenn wir unseren Teammitgliedern ungefragt Last abnehmen, anstatt auf Augenhöhe gemeinsam das richtige Maß an Verantwortung zu bestimmen.
„It doesn’t make sense to hire smart people and tell them what to do; we hire smart people so they can tell us what to do.“
Steve Jobs
Egal was dahinter steht. Mikromanagement ist ein riesiges Problem. Denn du bist ständig überlastet, bleibst der einzige Experte, während das Team in seiner Entwicklung stehen bleibt.
Diese 6 Red Flags zeigen, dass du ein Mikromanager bist:
- Erlernte Hilflosigkeit. Dein Team legt dir nur Probleme auf den Tisch, aber keine Lösungen. Aufgaben, die du abgegeben hast, landen regelmäßig wieder auf deinem Tisch. Du triffst alle Entscheidungen.
- Ungenutzte Teamfähigkeiten. Dein Team bleibt unter seinem Potenzial. Selbst sehr kompetente, erfahrene Menschen setzen ihre Fähigkeiten nicht ein.
- Fehlende Ownership. Das Team fühlt sich nicht für seine Aufgaben verantwortlich. Dinge werden nicht zu Ende gebracht, die Qualität leidet. Das Energielevel im Team ist gering.
- Ohne dich geht nichts. Du bist das Bottleneck, die wichtigste Arbeitskraft im Team. Deine größte Sorge: Was passiert, wenn ich nicht da bin? Dann läuft im Team gar nichts mehr, oder es geht alles schief.
- 100% Feuerlöscher, 0% Stratege. Du bist nur am Feuerlöschen. Hast Null Zeit für Strategie und deine eigentlichen Führungsarbeiten. Dein Team tritt auf der Stelle, ihr wachst nicht.
- Du bist völlig überlastet. Deine To Do Liste erschlägt dich. Du ersäufst im Detail, kannst kaum mehr klar denken. Der Burnout kommt in greifbare Nähe.
Was davon erkennst du wieder?
Denke daran, Delegation bedeutet nicht nur, Arbeit abzuladen; es geht darum, dein Team zu empowern, Raum für strategisches Denken zu schaffen und das Wachstum und die Nachhaltigkeit deiner Company zu sichern.
Das richtige Maß finden
Das richtige Maß der Verantwortungsübergabe schafft eine Balance zwischen Freiraum und Sicherheit. Es ermächtigt dein Team und gibt dir Zeit für Führung und Wachstum. Es ist ein dynamischer Prozess der offenen Kommunikation und des gemeinsamen Lernens.
Mit diesen 8 Schritten kommt ihr in die Balance:
- Teamfähigkeiten erkennen: Verstehe die Stärken und Schwächen deines Teams. Delegiere Aufgaben an diejenigen, die über die richtigen Fähigkeiten verfügen und die an diesen Aufgaben wachsen können.
- Klare Erwartungen: Sei klar in den Zielen und Ergebnissen, die du erwartest, aber lasse Freiraum in der Art und Weise, wie die Aufgaben erledigt werden. Diese Klarheit leitet dein Team und schafft gleichzeitig Raum für Innovation.
- Sicheren Rahmen schaffen: Nehmt euch bei der Planung der Projekte viel Zeit für die Absprache. Lass dein Team das Vorgehen entwickeln und gib darauf Feedback. Damit habt ihr eine Basis, den Fortschritt zu überprüfen. Das gibt allen Sicherheit.
- Ressourcen und Unterstützung: Stell sicher, dass dein Team die notwendigen Ressourcen hat, um die Aufgaben erfolgreich zu erledigen. Stehe als Coach und Challenger an ihrer Seite, aber misch dich nicht zu sehr ein.
- Regelmäßiges Feedback: Ermutige offene Kommunikation und regelmäßiges Feedback. Das hilft dir zu beurteilen, ob du das richtige Maß der Delegation triffst oder ob es Anpassungen braucht.
- Regelmäßig überprüfen und reflektieren: Macht regelmäßige Check-ins. Werden die Ziele erreicht? Ist die Teamstimmung gut? Macht die notwendigen Anpassungen.
- Vertraue deinem Team: Ohne Vertrauen geht nichts. Gib deinem Team die Verantwortung und dann vertraue darauf, dass sie liefern. Das schafft Vertrauen und baut ein Gefühl des Ownerships auf.
- Lerne loszulassen: Akzeptiere, dass einige Aufgaben anders erledigt werden, als du es vielleicht getan hättest. Konzentriere dich auf die Ergebnisse statt auf die spezifischen Methoden, die zur Erreichung dieser Ergebnisse verwendet werden
Der Lohn der Arbeit
Gute Verantwortungsübergabe ist ein intensiver, interaktiver Prozess. Du musst lernen, weniger direkte Kontrolle zu haben, als im Mikromanagement, und gleichzeitig mehr in die Interaktion zu gehen, als wenn du mit langer Leine führst.
Aber es lohnt sich. Denn das zeichnet Teams aus, die ihre Balance gefunden haben:
- Ausgeglichene Arbeitslast. Alle im Team haben eine angemessene Arbeitslast. Du versinkst nicht in den Details, bist aber weiterhin in wichtige Entscheidungen und die übergreifende Steuerung involviert.
- Befähigte Teammitglieder. Dein Team fühlt sich ermächtigt, Aufgaben zu übernehmen und Entscheidungen in ihrem Bereich zu treffen. Jeder erlebt seinen Wert für das Team. Selbstvertrauen und Ownership sind spürbar.
- Hohe Qualität. Ihr erledigt eure Arbeit effizient und effektiv. Die richtigen Personen übernehmen die richtigen Aufgaben und bringen ihre Stärken und Fähigkeiten optimal ein. Die guten Ergebnisse lassen euer Team über sich hinauswachsen.
- Hohes Energielevel. Tiefe Verbundenheit und Respekt prägen euer Team. Deine Teamies spüren den Support und wissen, dass sie sich, wenn nötig, immer an dich wenden können. Ihr wuppt das gemeinsam und feiert euch dafür.
- Zeit für Führung. Du bist nahe genug dran, um dich sicher zu führen, hast aber auch ausreichend Kapazitäten, um dich auf deine eigentlichen Aufgaben zu fokussieren: Strategie, Teamführung und Aufbau der Organisation.
Raus aus der Mikromanagement-Falle. Eine Erfahrung.
Genau das hat mein Coachee in seinem Projekt erlebt.
Nachdem er reingrätschte, kontrollierte er erstmal zu hart. Jetzt fühlten sich die Teammitglieder gar nicht mehr verantwortlich. Cheffe macht ja.
Doch zunehmend öffnete er die Diskussionen, nutze die Kompetenzen der Teammitglieder, um den Bericht nach Vorne zu bringen. Er stellte sicher, dass die Arbeitslast fair verteilt war. Und macht klar, was sein Qualitätsanspruch war. Das half dem Team sehr, dem diese Orientierung in der ersten Phase des Projekts gefehlt hatte. Es entstand ein Team Spirit, den er lange nicht mehr erlebt hatte. Alle hauten rein. Am Ende sogar über das Wochenende. Begeisterung auf allen Seiten.
Das große Learning für meinen Coachee: „Mein Job ist es, den richtigen Rahmen zu schaffen, klare Erwartungen zu definieren, und dann nahe genug am Projekt dran zu sein, damit ich mein Team bei Bedarf unterstützen kann. Ich genieße es, den Teamspirit und den Fortschritt zu spüren und zu sehen, wie echtes Ownership entsteht. Jetzt fühle ich mich wirklich entlastet.“
Key Take Aways
Viele Führungskräfte hängen in der Mikromanagement-Falle. Erst lassen sie lange Leine, sie überdelegieren. Aber wenn etwas schief geht, fallen sie ins Mikromanagement, die Unterdelegation. Beides bringt das Team nicht in die nachhaltige Verantwortung.
Die Red Flags einer zu langen Leine sind: Unklarheit über den Projektstatus, Überlastung im Team, Qualitätsprobleme, unfaire Arbeitsverteilung, die Klage über fehlende Unterstützung und der regelmäßige Rückfall ins Mikromanagement.
Die Red Flags des Mikromanagements: Erlernte Hilflosigkeit, ungenutzte Teamfähigkeiten, fehlendes Ownership, deine Überlastung. Ohne dich geht nichts, du bist 100% Feuerlöscher, 0% Stratege.
Das richtige Maß an Delegation schafft eine Balance zwischen Autonomie und Sicherheit. Nutze dazu diese 8 Schritte:
- Kenne die Fähigkeiten deiner Teammitglieder und setze sie gezielt ein.
- Kommuniziere klare Erwartungen zu den Zielen und Ergebnissen.
- Schaffe mit einer gemeinsamen Projektplanung einen sicheren Rahmen.
- Stelle die notwendigen Ressourcen zur Verfügung, sei Coach und Challenger.
- Ermutige offene Kommunikation und regelmäßiges Feedback.
- Macht regelmäßige Check-ins, nicht erst am Projektende.
- Vertraue deinem Team.
- Lasse los, konzentriere dich auf Ergebnisse statt auf spezifische Methoden.
Das richtige Maß der Delegation bringt euch gemeinsam in den Flow. Alle packen an und fühlen sich empowert. Die Folge: Hohe Energie, super Output. Und du hast Zeit für deine Führungsaufgaben.
Und nun zu dir!
- Mikromanagement vs. Lange Leine: Wo stehst du aktuell? Was ist das größere Problem
- Welche der Red Flags erkennst du?
- An welchem der 8 Schritte möchtest du künftig arbeiten?
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Viel Spaß bei der Umsetzung!