Vom Gründer zum CEO: Deine innere Transformation

Kennst du solche Gedanken:

„Ich weiss nicht, ob ich der richtige CEO bin?“

„Seit einiger Zeit ist alles so anstrengend, mir wird das alles zu viel.“

„Sollen wir wirklich weiterwachsen? Eigentlich sind 20 Leute doch auch ganz gut.“

Zeichen fehlender Führungskompetenz?

Nein. Sondern Zeichen, dass du vor einer tiefgreifenden Transformation stehst: Deiner Transformation vom Gründer zum CEO. Vom Macher zum Leader.

Deine „Gründerzeit“ endet. Die bisherigen Denkmuster, Verhaltensweise und Überzeugungen funktionieren nicht mehr.

Aber das Neue ist noch nicht greifbar. Du bist mitten im Niemandsland des Übergangs. Kein Wunder, dass es dir nicht gut geht und dir die Energie fehlt.

Was du machen kannst, damit du diese Transformation gut bewältigst und wieder in die Energie kommst, ist der Fokus dieses Artikels.

Gründer und CEO – was heißt das?

Gründer versus CEO. Klingt nach zwei Jobbeschreibungen. Aber als Gründer weißt du: Hier geht es um weit mehr. Denn der Übergang vom Gründer zum CEO ist eine umfassende innere Transformation.

Als Gründer:in bist du vor allem Macher. Du schaffst ein Produkt, das den Markt erfolgreich erobert. Du bist mittendrin im Team, bist sein Herz und Hirn. Du willst die Dinge initiieren und bewegen, am besten selbst.

Als CEO bist du vor allem Führungskraft. Du schaffst den Rahmen, gibst die Orientierung, schaffst eine skalierbare Organisation, die langfristig am Markt erfolgreich ist. Du liebst es, die richtigen Menschen zu finden und in die Verantwortung zu bringen.

Die 3 Phasen der Transformation

Die Transformation vom Gründer zum CEO besteht aus drei Phasen:

  • Das Ende der ”Gründerzeit”
  • Das Niemandsland der Übergangszeit
  • Der Neustart als CEO und Leader.

Die Naturvölker wissen um die prägende Bedeutung von Lebensübergängen. Viele Initiationsriten zelebrieren den Übergang vom Kind zum Erwachsenen in drei Schritten: Virtueller Tod – Übergang (Ab in den Urwald) –  Wiedergeburt. Damit schaffen sie ein Bewusstsein für den Übergang von einer Lebensphase zur anderen.

Auch dir hilft es, den Übergang vom Gründer zum CEO bewusst zu gestalten.

Das Ende der Gründerzeit

Anfangs war dein Unternehmen um dich herum aufgebaut. Oder wie Moritz Mann letzthin im Podcast erzählte: Die ersten Jahren bei Protofy waren sehr Moritz-zentrisch.“

Das Team wächst. Du gibst immer mehr deiner ursprünglichen Aufgaben ab. Statt zu „arbeiten“, sitzt du jetzt vor allem in Meetings. Eigentlich hattest du dich darauf gefreut, nicht mehr alles selbst machen zu müssen. Aber jetzt frustriert es dich. Deine direkte Wirksamkeit geht verloren: Probleme selbst zu entscheiden und Probleme zu lösen.

In meinen Coachings höre ich in dieser Phase regelmäßig die gleichen Sorgen:

  • „Was ist denn mein Beitrag, wenn ich nichts mehr selbst mache?“
  • „Wenn ich alles abgebe, habe ich ja gar nichts mehr zu tun! Was ist dann mein Wert für mein Unternehmen.“

Zeichen, dass deine persönliche „Gründerzeit“ zu Ende geht.

Die kritische Unternehmensgröße für diesen Übergang liegt bei „# der Gründer x 15-25 Mitarbeiter“. Deine persönliche Führungsspanne ist jetzt maximal ausgereizt. Ihr spürt die Wachstumsschmerzen: Es hakt überall, Konflikte und Unzufriedenheit machen sich breit.

Das ist verwirrend und schafft Unsicherheit, denn noch fehlt dir ein klarer Blick auf deine künftige Rolle. Viele Gründer bleiben an dieser Schwelle stehen.

So wie mein Coachee Gregor. Bevor er Mitgründer und COO seines aktuellen Startups wurde, war er bereits in anderen Startups COO. Er hatte Teams aufgebaut, die Organisation geschaffen. Seine Kernrolle: Aufräumen. Er wurde geholt, wenn es Probleme gab, die er dann in Zusammenarbeit mit dem Team löste.

Als Problemlöser war er im „Gründer“-Modus unterwegs: Direkte Wirksamkeit. Obwohl er super führte, sah er sich nicht als Leader. „Dann mache ich ja nichts mehr!“ Während er immer wieder von vorne anfing, ernteten andere die Früchte seiner Aufbauarbeit.

Beim Start unserer Zusammenarbeit war er erstmals Mitgründer. Die erste Aufbauarbeit war durch, sein Team lief super. Und er stellte sich mal wieder die Frage: Müsste ich jetzt nicht wieder raus gehen und was Neues starten? Oder will ich mit dem Unternehmen wachsen und ein Leader werden? Kann ich das überhaupt?

Deine Aufgabe am Ende der ”Gründerzeit“.

  • Reflektiere deine bisherige Rolle. Was bedeutet es für dich, Gründer zu sein? Was magst du an dieser Rolle besonders? Warum lässt du sie so ungerne los?
  • Feiere deine Erfolge und Learnings. Unglaublich, was du schon geschafft hast. Du hast echt die Power – und kannst sicher noch viel mehr.
  • Entzaubere die Rolle des Gründers. „Gründer“ sind toll, aber keine Allzweckwaffen. Wenn du weiter im Gründermindset unterwegs bist, stehst du deinem Team im Weg, dein Unternehmen wird wahrscheinlich stagnieren.
  • Akzeptiere das Verlustgefühl. Hier geht eine coole Zeit zu Ende. Nur wenn du deine alte Rolle loslässt, kannst du voll und ganz in der neuen Rolle ankommen.

Mit dieser Erkenntnis kannst du den nächsten Schritt gehen.

Niemandsland des Übergangs

Zwischen dem Ende der „Gründerzeit“ und dem Neubeginn als „CEO“ liegt, unsichtbar für andere, das Niemandsland des Übergangs.

Wir wissen, dass sich etwas ändern muss, wissen aber noch nicht was.

In dieser Phase fühlen wir uns besonders unsicher und verwirrt. Wir erleben bereits die neuen Herausforderungen, hängen aber emotional noch an der Gründerrolle.

Uns geht es wie dem Hummer im Wachstum. Die alte Schale ist zu klein geworden. Der neue, größere Panzer wächst bereits, ist aber noch weich und unglaublich verletzlich.

Zeichen des Niemandslands sind:

  • Motivationstief und verringerte Produktivität: “Ich bin komplett ausgelaugt, alles strengt mich viel mehr an als früher.“ ”Ich bekomme mich nicht mehr motiviert.“ Du fühlst dich depressiv und niedergeschlagen – das Resultat der fehlenden Wirksamkeitserfahrung.
  • Angst um Rolle, Status und Identität: In dieser Phase kochen im Gründerkreis gerne Konflikte um die CEO-Rolle hoch. Das verlorene Gefühl der Wirksamkeit wird durch ein gesteigertes Statusbewusstsein kompensiert.
  • Abwehr gegen den Wandel: Viele Gründer versuchen, die Notwendigkeit der persönlichen Weiterentwicklung zu umgehen:
    • „Wer sagt denn, dass wir wachsen müssen? Nicht jedes Unternehmen muss größer werden!“ Und so stagnieren viele gründergeführte Unternehmen bei der Grenze: # Gründer x 15-25 Mitarbeiter.
    • „Ich bin eher der Gründertyp, ich steige aus.“ Andere Gründer:innen fangen wieder von vorne an. So wie Gregor bisher.
    • Weiter, wie gehabt. Direkter Druck. Diese Gründer erinnern mich immer an Sisyphos. Nur wenn sie schieben, geht es aufwärts. Die Folge: Mikromanagement, toxische Kulturen. Und wehe, sie lassen los.

Auch wenn der innere Widerstand im Niemandsland zunächst groß ist: Jede:r, der es wirklich will, kann die Transformation vom Gründer zum CEO schaffen. 

Mich macht es traurig, Gründer:innen zu erleben, die ihren großen Traum vorzeitig aufgeben oder das weitere Wachstum unbewusst blockieren, weil ihnen das Vertrauen in ihre eigene Entwicklungsfähigkeit fehlt.

Und habe daraus meine Mission entwickelt: Ich unterstütze Gründer dabei, die Transformation zum „CEO“ bewusst und sicher zu durchlaufen und das Unternehmen ihrer Träume zu schaffen.

So wie bei Gregor. Das fehlende Gefühl der direkten Wirksamkeit macht ihn zunehmend depressiv. Ihm fehlte die Energie, weiterzudenken. Er zweifelte am Sinn seiner Rolle. Nostalgische Gedanken kamen auf. „Ich würde so gerne mal wieder programmieren, da ging es mit immer gut!“

Also haben wir ausgelotet, was ihm Spaß macht und Wirksamkeit bringt. Die überraschende Erkenntnis: „Ich fühle mich wirksam, wenn ich die richtigen strategischen Entscheidungen treffe und sicherstelle, dass die Umsetzung funktioniert. Und wenn ich erlebe, dass mein Team seine Sachen gut macht, wirksam wird und sich weiterentwickelt.“

Was ein Augenöffner! Während ihm seine limitierenden Glaubenssätze sagten, dass er eigentlich kein Leader ist, kannte sein Herz bereits eine neue Wahrheit: Ich führe gerne!

Und wie war das mit dem Programmieren? „Ne, eigentlich nicht. Ich mach gerne das Grundkonzept. Aber umsetzen will ich das eigentlich nicht mehr…“

Damit hat er die Basis, um seine neue Leadership Rolle anzunehmen und sie aktiv zu gestalten. Ist bereit für den nächsten Schritt.

Deine Aufgabe im Niemandsland

  • Gehe den Gefühlen der Verunsicherung und Verwirrung nach. Was würde dir helfen, wieder auf festeren Boden zu kommen?
  • Verstehe, was du wirklich willst. Was ist deine persönliche Mission? Willst du den Schritt Richtung CEO gehen oder lieber Gründer bleiben? Was bedeutet das für dich und euer Unternehmen?
  • Male ein Bild der Zukunft. Was für ein Leader willst du sein? Wie fühlt sich das an? Was wird für dich, für eure Company möglich, wenn du diesen Weg gehst?

Idealerweise kannst du dich für diese Überlegungen eine Zeitlang zurückziehen. Ein oder zwei Wochen ohne Ablenkung in Klausur mit dir selbst. Nur du, dein Journal und ein Stift. Super ist natürlich auch die Arbeit mit einer Coachin, die dir hilft, diese Transformation bewusst zu durchlaufen. ?

Das Niemandsland endet, wenn du spürst, dass deine alte Energie zurückkehrt. Wenn sich der Nebel klärt, der über deinen Gedanken liegt.

Neustart als CEO und Leader

Der Widerstand gegen die neue Lebensphase ist aufgegeben, du hast Lust, den nächsten Schritt zu machen. Jetzt heißt es: Raus aus der Reflexion, rein in die Umsetzung.

  • Plane deine Lernreise. Worin bist du bereits gut? Wo sind noch Lücken? Welche 2-3 Skills willst du unbedingt meistern, um der CEO deiner Träume zu werden? Was ist der erste Schritt, den du sofort gehst?
  • Ich bin CEO. Zeige deinem Team, dass du ein echter Leader werden willst. Du hast dich bisher als Gründerin und CEO vorgestellt? Dann lass die „Gründerin“ künftig weg. Bitte dein Team, dich für deine neue Rolle accountable zu halten.
  • Nicht ablenken lassen. Du bist gestartet, aber noch nicht 100% angekommen. Höre nicht auf die inneren und äußeren Stimmen, die dich vom Weg ablenken wollen. Genieße den Prozess, dann kommen die Ergebnisse schon von selbst.

Einen großartigen Neustart hat Brian O`Kelley, Gründer von AppNexus hingelegt. Er hatte es geschafft, sein Team bis auf 500 Mitarbeiter hochzuskalieren.

Doch dann zeigte ein Kulturreview, das er sein Unternehmen noch immer als „dynamischer, hochmotivierter, egozentrischer Gründer“ führte. Eben nicht als CEO.

Kurz entschlossen hat sich Brian selbst gekündigt. In einem All-Hands erklärte er dem entsetzten Team: „Ich bin gefeuert.“

Stand auf und ging.

Atemloses Schweigen. Kurze Zeit später betrat er wieder den Raum: „Ab jetzt bin ich nur noch CEO“.

Brian markierte damit seine Transformation vom Gründer zum CEO. Endlich konnte das Unternehmen wirklich abheben. Wenige Jahre später wurde es für 1,6 Mrd. $ an AT&T verkauft. Mission erfüllt.

Brian O’Kelley über sich selbst:

„The process turned me from being an ego-driven founder (…) into a leader whose job was to motivate and inspire people.” 

Key Take Aways

Auf dem Weg vom Gründer zum CEO durchläufst du eine tiefgreifende, innere Transformation. Du wirst vom Macher zum Leader.

Dabei lernst du nicht nur ein paar neue Skills. Du musst dein Selbstbild neu definieren, dich von liebgewonnen Gewohnheiten und Glaubenssätzen lösen.

Die Transformation vom Gründer zum CEO hat drei Phasen, die du am besten sehr bewusst durchlebst. Denn nur dann wird es DEINE Transformation und nicht etwas, das dir passiert.

  • Ende der ”Gründerzeit”. Reflektiere deine Rolle als Gründer und Macher und entzaubere sie. Feiere das erreichte und lasse die alte Rolle los.
  • Niemandsland des Übergangs. Gehe den Gefühlen der Verunsicherung und Verwirrung nach, verstehe, was du wirklich willst und male ein plastisches Bild deiner neuen Rolle
  • Neustart als Leader und CEO. Vom der Reflexion zur Aktion: Plane deine Lernreise, Kommuniziere deine neue Rolle und lass dich nicht vom Weg ablenken.

Wenn du dich auf diesen Prozess einlässt kannst du sicher sein: Du wirst ein großartiger Leader!

Viel Erfolg!

Und nun zu dir!

  • Welches Bild hast du vor Augen, wenn du dich als Gründer:in siehst? Welche Emotionen sind damit verbunden?
  • Was für ein CEO oder Leader willst du werden? Wie soll sich das anfühlen? Wie willst du wirksam werden? Schaffe die ein lebendiges, attraktives Bild.
  • Erlebst du Zeichen des Übergangs? Wie interpretierst du die aktuell? Was könnten sie noch zeigen?
  • Wie willst du die Brücke über das Niemandsland des Übergangs bauen? Wie gehst du deine persönliche Transformation an?

Weiterführende Artikel

Raus aus den Turbulenzen der Skalierung: Nach dem ersten Wachstumsschub steht auch für deine Organisation die erste Transformation an. Verstehe, was sie ausmacht und wie du sie unterstützen kannst.

Löse deine Bremsen, verlasse die Komfortzone: Lerne deine Glaubenssätze systematisch zu hinterfragen.

Werde zum Growth Leader: Gute Leader sind Growth Leader. Sie wachsen über sich hinaus, helfen ihrem Team zu wachsen und schaffen damit ein nachhaltig wachstumsstarkes Unternehmen.

Ein gutes Feedback ist ein Feed Forward

Letzte Woche hatte ich Coaching mit einem Unternehmer, nennen wir ihn Andreas.

Eine schwierige Situation. Seine Mitarbeiterin Antje hatte alle Kollegen per Mail zum gemeinsamen Frühstück ins Office eingeladen. Alle, außer Andreas. Den sprach sie erst knapp vor dem Termin an. Da hatte Andreas aber schon längst vom Frühstück gehört: Mehrere Kollegen hatten gesehen, dass er nicht eingeladen war und fragten, ob er nicht kommt.

Andreas war irritiert und verärgert. Warum machte sie einen Company-Termin ohne Absprache mit ihm? Er unterstützte sie doch so sehr? Was stand dahinter?

Die Frage im Coaching:

Wie gebe ich ein Feedback, das wirklich ankommt und etwas bewirkt? Und wie kann ich mich bestmöglich vorbereiten?

Alles gute Fragen, die wir in diesem Artikel näher beleuchten.

Ein gutes Feedback ist ein Feed Forward

Jeder will es und jeder drückt sich.

Das ist die Realität des mächtigsten aller Führungsinstrumente: Feedback.

Wobei eigentlich schon der Name falsch ist, denn gutes Feedback ist eigentlich ein Feed Forward. Ein Mini-Entwicklungsprogramm

Feedback ist eine Rückmeldung auf das Verhalten einer Person mit dem Ziel das Verhalten positiv weiterzuentwickeln.  Feedback kann sowohl positiv als auch negativ sein.

Positives Feedback ist ein echter Performance Booster. Mehr dazu in diesem Blogartikel. Hier geht es jetzt aber erst mal um das kritische oder auch Entwicklungs-Feedback.

Gute gemachtes Feedback adressiert die tiefsten Bedürfnisse der Feedbacknehmer und stärkt ihr Selbstbewusstsein:

  • Ich bekomme eine Rückmeldung, wo ich stehe und fühle mich damit sicherer.
  • Der offene Austausch über Probleme in der Zusammenarbeit schafft Vertrauen.
  • Ich lerne und entwickle mich weiter – ich wachse.

Die Erfahrung meines Coachees zeigt aber auch, wie wichtig das Feedback für den Feedbackgeber ist:

  • Ich spreche kritische Themen offen aus, statt sie ewig mit mir herumzutragen.
  • Wir verlassen das akute Drama und finden einen gemeinsamen Weg nach vorne.

Ein echtes Win-Win.

Und trotzdem tun wir uns oft schwer damit, Feedback zu geben. Aus zwei Gründen:

  • Feedback bleibt oft bei der Kritik stehen. Das macht uns hilflos.
  • Im Feedback werden oft negative Mutmaßungen zur Intention des Gegenübers geäußert. Das bringt uns in die Defensive. Auch unschön.

Wenn wir diese beiden Klippen sauber umschiffen, wird kritisches Feedback zu einer großartigen, vertrauensbildenden Erfahrung.

Von der Kritik zur Weiterentwicklung

Feedback besteht oft nur aus der negativen Rückmeldung auf „falsches“ Verhalten: Ich sage dir, was du falsch gemacht hast. Punkt.

Ein solches Feedback weckt die dumpfe Angst vor einer Bestrafung – und die meiden wir. Das Ergebnis: Eine „weg von“-Haltung. Künftig meiden wir die schwierige Situation, statt unser Verhalten zu verbessern.

Nicht hilfreich!

Ich habe das erst kürzlich erlebt: Ein super netter Kunde gab mir – sehr freundlich – kritisches Feedback zu einer spezifischen Situation im gemeinsamen Workshop. Völlig zu Recht. Da war ich nicht gut gewesen. Das wusste ich auch.

Der erste Gedanke: Flucht! So einen Workshop mache ich nie wieder. Natürlich kompletter Quatsch. Denn eigentlich war der Workshop gut gelaufen und der Kunde happy.

Also tief durchatmen, sacken lassen und dann überlegen, was ich daraus lernen kann.

Und schon wird Feedback zum Feed Forward: Künftig werde ich in dieser Situation….

Die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit

Kritisches Feedback trifft unser Selbstbewusstsein. Wir tun unser Bestes, aber irgendwie ist es nicht genug. Das frustriert uns. Schlimm genug.

Noch schlimmer wird es, wenn uns unser Feedbackgeber schlechte Absichten unterstellt – und das passiert im Ärger schnell: „Die wollte sich nur aufspielen.“ „Der gibt sich keine Mühe!“…

Vielleicht stimmt der Eindruck, und sie wollte es wirklich nicht. Oder der Eindruck trügt. Und die Gute war einfach völlig verpeilt, hat es später festgestellt und sich dann nicht mehr getraut… 

Alles möglich.

Wir hassen Unterstellungen. Gerade, wenn sie unseren guten Willen und unser Engagement anzweifeln. Wir erleben sie als Angriff, schalten auf Abwehr. Und schon stockt das Feedback. Läuft ins Nichts.

Auch nicht hilfreich!

Die Lösung: Arbeite im Feedback ausschließlich mit „unbestreitbaren Wahrheiten“, Formulierungen, denen dein Gegenüber nicht widersprechen kann.

Und die gibt es in zwei Flavours:

  • Daten & Fakten: Beschreibe die Situation und das Verhalten so faktenbasiert wie möglich. Stell dir vor, jemand hätte die ganze Szene gefilmt.
  • Emotionen & Gedanken: Was war die Wirkung auf dich? Welche Gefühle hat das Verhalten in dir ausgelöst? Welche Gedanken gingen dir durch den Kopf? Vermeide es, Mutmaßungen als Gefühl oder Gedanken zu verpacken: „Ich habe gefühlt, dass du dich aufspielen willst“

So, damit haben wir alles, was wir für ein gutes Feedback brauchen.

Zauberformel SBI-D

Wie sieht nun gutes Feedback bzw. Feed Forward aus? Ich arbeite gerne mit der SBI-D-Methode: Situation – Behaviour – Impact – Bindestrich (Atempause) – Development.

Schritt 1: Situation

Starte dein Feedback mit der Situation, auf die sich dein Feedback bezieht. Kurz, knapp faktenbasiert. Als hättest du die Situation gefilmt.

„Letzte Woche hast du eine email an alle geschickt,…“

Kurzer Augenkontakt, schauen, ob dein Gegenüber die gleiche Situation vor Augen hat.

Schritt 2: Behaviour

Beschreibe dann das Verhalten, auf das du Feedback geben willst. Wieder so neutral und faktenbasiert wie möglich.

„…darin hast du alle zum gemeinsamen Frühstück ins Office eingeladen. Ich war nicht auf der Liste. Mich hast du erst viel später angesprochen.“

Wieder kurzer Augenkontakt – Check: Ist das angekommen?

Schritt 3: Impact

Im dritten Schritt beschreibst du die Auswirkung, die das Verhalten deines Gegenübers auf dich gehabt hat. Was hast du als Reaktion auf das Verhalten gedacht oder gefühlt.

„Mich hat das verunsichert – ich weiss nicht, was du damit erzielen willst? Und es hat auch die Kollegen irritiert. Einige sind auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob ich auch dabei bin.“

4. Schritt: Atempause

Als nächstes kommt der Bindestrich – eine Atempause. Zeit, das Feedback ankommen zu lassen.

Negatives Feedback verunsichert uns. Wir müssen unser Selbstbild anpassen. Das braucht einen Moment Zeit. Und positives Feedback dürfen wir uns gerne genüsslich auf der Zunge zergehen lassen. Auch das braucht einen Moment Zeit.

Idealerweise quittiert der Feedbacknehmer das Feedback mit einem DANKE. Das ist genau ein Atemzug und unterstützt das Runterkommen. Und es erkennt an, dass Feedback Mut verlangt – auch vom Feedbackgeber.

Klärt dann erst mal, wie dein Gegenüber das erlebt hat: ”Wie war das für dich? Was war da passiert?“

Wenn ihr ein gemeinsames Verständnis dessen habt, was wirklich passiert ist und was es auf beiden Seiten ausgelöst hat, ist es Zeit für den letzten Schritt.

5. Schritt: Development

Jetzt geht es vom Rückwärtsgang in den Vorwärtsgang: Die Entwicklung. Entwickelt eine gute Handlungsoption, das künftige Verhalten.

Am meisten Ownership für die Veränderung entwickelt dein Gegenüber, wenn er oder sie einen eigenen Vorschlag erarbeitet. Deshalb leitest du diese letzte Phase am besten mit einer Frage ein, z.B.

„Wie sollten wir so etwas künftig machen? Hast du Vorschläge?“

Und schon ist aus dem Feedback ein Feed Forward geworden.

SBI-D Feedback ist SPITZE

Zum Schluss noch ein kleiner Feedback Knigge, der dein Feedback wirklich SPITZE macht.

  • Spezifisch. Gib Feedback immer auf eine konkrete, spezifische Situation. Kein generisches „Du machst immer..:“
  • Positive Haltung: Auch wenn etwas schiefgelaufen ist: Gehe davon aus, dass es dein Gegenüber eigentlich gut meint und er oder sie sich entwickeln will.
  • Intention: Mach dir klar, was dein Feedback erreichen soll. Was soll sich ändern, was ist das Zielverhalten? Ohne diese Klarheit wird Feedback wischiwaschi.
  • Taten und Verhaltenbewerten,nicht den Charakter des Menschen. „Dein Verhalten hat mich irritiert“ ist etwas, das ich ändern kann, während „Du irritierst“ ankommt, wie ein unveränderliches Schicksal.
  • Zeitnah, zum richtigen Zeitpunkt. Gib Feedback möglichst schnell nach der Situation, aber zum richtigen Zeitpunkt. Alle müssen einen kühlen Kopf haben. Wenn jemand sehr aufgeregt ist: Lieber warten. Aber maximal eine Woche.
  • Empathisch. Ohne Empathie ist Feedback einfach nur SPITZ – das willst du nicht. Zeige deinem Gegenüber, dass dir an ihm oder ihr liegt. Mit Empathie fördert Feedback das persönliche Wachstum und das Vertrauens zwischen euch.

Genau das hat Andreas erlebt. Er hatte sich mit diesem Vorbereitungstemplate (Deutsch / Englisch) gut auf sein Feedback vorbereitet. Und Antje dann in Ruhe durch das Feedback geführt.

Klar, offen und ohne Unterstellungen. Eine riesen Erleichterung für Antje, die ihm darauf ein super Feedback gab:

„Das Wichtigste an diesem Gespräch: Mir wurde nichts unterstellt!“

Die Schlussfolgerung von Andreas:

„Ich habe kritisches Feedback gegeben und es hat unser Vertrauen gestärkt.“

Besser geht es nicht!

Key Take Aways

Ein gutes Feed-Forward nach der SBI-D Methode hat 5 Phasen:

  • Situation. Beschreibe die betreffende Situation. So objektiv und faktenbasiert wie möglich.
  • Behaviour. Beschreibe dann das Verhaltens, das gut oder kritisch war. Auch als hättest du es gefilmt.
  • Impact. Beschreibe dann die Auswirkung des Verhaltens auf dich. Welche Gedanken oder Gefühle, hat das Verhalten in dir ausgelöst.
  • – „Atempause“. DANKE und Klärung der gegenseitigen Wahrnehmung.
  • Development. Entwicklung einer neuen, produktiveren Verhaltensweise. Du maximierst die Ownership, wenn der Feedbacknehmer seine eigene Idee entwickelt.

Mit diesem Prozess zeigst du nicht nur, wo dein Gegenüber besser werden kann. Du hilfst ihm oder ihr wirklich besser zu werden und Neues zu lernen.

Und ein gutes Feedback ist SPITZE: Spezifisch, Positive, mit Intention und Fokus auf die Taten, Zeitnah /zum richtigen Zeitpunkt und Empathisch.

Ein gutes Feedback ist damit wie ein kleines Coaching und bringt euch einen gewaltigen Schritt nach vorne.

Und nun zu dir!

  • Was prägt deine Haltung gegenüber Feedback? Wie kannst du eine positivere Haltung entwickeln?
  • Wie oft gibst du positives und negatives Feedback? Schaffst du mit deinem Feedback eine Entwicklungsperspektive?
  • Wie hast du bisher Feedback gegeben? Kam es bei deinem Gegenüber an? Was würdest du jetzt anders machen?

Weiterführende Artikel

Positives Feedback: Besser als Sex… Deep Dive zur Bedeutung positiven Feedbacks.

Danke für das Feedback. Feedback gegen ist das eine, Feedback gut annehmen das andere…