Finde den perfekten Senior Hire

Euer Team steht vor einem Wendepunkt: Mit dem Wachstum und der abgeschlossenen Series A ist es Zeit, erfahrene Manager ins Boot zu holen. Die Chance, endlich einen Sprung nach Vorne zu machen und tiefe Expertise ins Team zu bringen.

Doch mit Chancen kommen auch Risiken. Der Einfluss eines erfahrenen Managers auf die Kultur kann entscheidend sein. Passt er nicht, zieht es das gesamte Team in Mitleidenschaft.

Sad Fact: 40-60% der Senior Hires scheitern vorzeitig.

Denn die ersten erfahrenen Manager in Startups brauchen einzigartige Talente, die vielen nicht bewusst sind.

Was euer Senior Hire mitbringen soll, um erfolgreich zu sein, lest ihr in diesem Artikel. Lasst euch inspirieren und traut euch, den nächsten großen Schritt zu gehen!

Eine Leidensgeschichte

Die Series A war abgeschlossen. Die erste Tranche lag auf dem Konto. Endlich konnte sich Franka den erfahrenen Manager leisten, von dem sie schon so lange träumte:  Der neue CSO sollte endlich Struktur in den Salesbereich bringen, denn sie bisher geführt hatte.

Der Traumkandidat, Michael, hatte die letzten 10 Jahre bei der großen Konkurrenz gearbeitet und Sales groß gemacht. Den Markt kannte er wie seine Westentasche. Auch menschlich passt es. Franka war begeistert.

Endlich war Michael da und startete durch. Nach den intensiven Abstimmungsrunden der ersten Wochen konnte Franka sich endlich auf die strategischen Themen konzentrieren!

Leider ließ die erste Begeisterung bald nach. Michael was so anders. Sehr Hands off. Um Sales zu pushen, holte er schnell weitere Mitarbeiter in sein Team, baute Zwischenstrukturen auf. Aber der Erfolg stellte sich nicht ein. Das Unternehmen funktionierte anders, als er es gewohnt war. Die Anspannung stieg. Und das bekamen alle zu spüren.

Besonders das Leadership Team. Aggressiv lenkte Michael von seinen fehlenden Erfolgen ab. Schob die Schuld auf das Startup Chaos und den CMO, der nicht die richtigen Leads lieferte. Der CMO gab bald genervt auf. Nur wenig später platzte die Bombe: Auch Michael hatte entschieden, sein Heil woanders zu suchen…

Die 12 Talente des First Senior Hires

Die ersten Senior Hires sind eine große Herausforderung.

Ihr seid noch mitten im Aufbaumodus. Die Prozesse und Strukturen müssen alle erst noch geschaffen werden. Du lässt zunehmend mehr los, bist aber noch immer sehr nahe am Unternehmen. Lost in Translation zwischen Macher und Leader, fehlt dir zu diesem Zeitpunkt noch das Selbstvertrauen eines erfahrenen CEOs.

Dieses Spannungsfeld braucht besondere Manager: Er muss in Systemen denken und gleichzeitig Hands-on sein. Sich von dir führen lassen und gleichzeitig dein Mentor sein. Ein erfahrener Manager wird nur dann erfolgreich, wenn er diese Situation versteht und konstruktiv mit ihr umgeht.

Dafür braucht er neben seiner fachlichen Kompetenz und einem guten Kulturfit 12 ganz besondere Talente. Die richtigen Fragen helfen dir Red Flags zu erkennen.

#1 Startup Erfahrung & Unternehmergeist: Er kennt die Aufbauphase, hat sie mindestens einmal erfolgreich durchlaufen. Er liebt es, Ordnung ins Chaos zu bringen, kann gut damit leben, dass noch lange nicht alles da ist. Euer schnelles Tempo und die knappen Ressourcen nimmt er gerne als Herausforderung an. Auch wenn er nie gegründet hat: Im Herzen ist er ein Unternehmer und geht gerne in die Verantwortung .

  • Wann hast du zuletzt einen Bereich von Null an aufgebaut? Wie bist du vorgegangen? Was hast du daraus gelernt? Was war deine Startup Erfahrung?
  • Red Flag: Der Senior Hire hat zu lange (6+ Jahre) in etablierten Umfeldern gearbeitet und ist funktionierende Prozesse gewohnt.

#2 Team Empowerment: Die Neue begeistert ihre Teamies – und hilft ihnen über den Frust hinweg, nicht mehr direkt für dich zu arbeiten. Dafür ist sie ganz nahe dran. Sie braucht nicht gleich eine zweite Ebene – weiss aber auch, wann es Zeit für weitere Strukturen ist. Sie gewinnt High Potentials, die zu eurer Kultur passen. Mit ihrem soliden Führungshandwerkszeug unterstützt sie ihre Teammitglieder im Wachstum und schafft ein High Performance Team.

  • Beschreibe deinen Führungsstil. Wie bringst du deine Teammitglieder in die Verantwortung? Wie begeisterst du dein Team von dir, das bisher an uns Gründer berichtet hat.
  • Red Flag: Die Senior Hire „will nur führen“ und plant direkt ein zweites Level einzuziehen.

#3 Die richtigen Entscheidungen: Startups leben von schnellen Entscheidungen. Gleichzeitig braucht es immer mehr Grundsatzentscheidungen. Ein erfahrener Manager stellt sicher, dass er mit seinen Entscheidungen ein übergreifendes System aufbaut. Er konzentriert sich auf Entscheidungen, die nur er treffen kann und schafft einen Entscheidungsrahmen, in dem sich sein Team autonom bewegen kann.

  • Welche Entscheidungen triffst du selbst, welche Entscheidungen überlässt du dem Team? Wie schaffst du gute Entscheidungsstrukturen? Erklär mir deine Systematik.
  • Red Flag: Der Kandidat redet nur über Alltagsentscheidungen. Das weist auf Mikromanagement hin. Oder er beschreibt nur sehr generische Entscheidungen.

#4 Transparente Kommunikation: Senior Hires werden als Zwischenebene zwischen dich und deine Mitarbeiter platziert. Für dich ist das erst mal ein Kontrollverlust, für das Team der Verlust der direkten Bindung zu dir. Gute Managerinnen kommunizieren offen in beide Richtungen und fördern Skip Levels. Damit schaffen sie Sicherheit auf beiden Seiten. Suche eine Senior Hire, die mutig auch kritische Themen anspricht.

  • Wie stellst du eine effektive Kommunikation innerhalb deines Teams und mit anderen Teams sicher? Wie willst du mit mir kommunizieren?
  • Red Flag: Die Senior Hire schottet ihr Team von dir ab. Frei nach dem Motto: Das musst du jetzt ja nicht mehr wissen, dafür bin ich da.

#5 Kreative, durchdachte Lösungen: Du brauchst Senior Hires, die kreative Lösungen für die großen Herausforderungen deiner Company finden und nicht einfach ihr Standardmodell herunternudeln. Das verlangt strategisches Denken, Kreativität und ein detailliertes Verständnis eures Geschäftsmodells. Um das zu erreichen, stellen sie zunächst einmal nur viele Fragen. Denn sie wissen: Jedes Unternehmen ist anders und verlangt individuelle Lösungen.

  • Mit welchen Problemen hatte deine letzte Company zu kämpfen und wie bist du sie angegangen? Was davon passt zu uns, was würdest du anders machen? Wie würdest du den USP unseres Geschäftsmodells stärken?
  • Red Flag: Euer Kandidat bietet euch ohne tieferes Verständnis eurer Herausforderung die „perfekte Lösung“ an. Und zieht sein Team nach, ohne zu verstehen, wie ihr tickt.

#6 Strategisch & Hands-on: Die Senior Hire sollte strategisch denken, aber auch bereit sein, die Ärmel hochzukrempeln und sich die Hände schmutzig zu machen. Managerinnen, die nicht auch mal selbst anpacken, helfen dir nicht weiter. Gleichzeitig sollte sie sich auch in die Gesamtstrategie einbringen und ein echtes Interesse an den Herausforderungen ihrer Nachbarbereiche haben.

  • Wann warst du das letzte Mal so richtig tief im Maschinenraum? Was war da passiert? Was war dein Beitrag zur Strategie des letzten Unternehmens? Wie hast du es mitgeprägt?
  • Red Flag: Die Senior Hire lehnt es ab, operativ tätig zu werden und interessiert sich nicht für die Herausforderungen der anderen Bereiche.

#7 Netzwerk und Branchenkenntnis: Je größer ihr werdet, desto wichtiger wird eure Verankerung im Markt. Präferiere erfahrene Manager mit einem starken Netzwerk. Stark heißt: Die richtigen, nicht unbedingt viele Leute. Gute Senior Hires bringen wertvolle Verbindungen und Einblicke mit und helfen euch aufs nächste Level zu kommen.

  • Wie nutzt du deine Branchenkenntnisse und Verbindungen, um deine Mitarbeiter zu unterstützen und entwickeln?
  • Red Flag: Wildes Name Dropping. Die Qualität der Beziehungen ist wichtiger als die Quantität.

#8 Fit mit dem Leadership Team: In der Skalierungsphase etabliert ihr nicht nur die zweite und dritte Ebene, sondern auch ein engeres Leadership Team. Stellt sicher, dass die Neue in dieses Team passt. Idealerweise teilt sie eure Werte, bringt aber neue Dynamiken in die Teamzusammenarbeit. Mach klar, dass das Engagement im Leadership Team ein wichtiger Teil ihrer Rolle ist

  • Welche Rolle hast du in den letzten Leadership Teams gehabt? Wie hast du zu ihrem Erfolg beigetragen? Wie gestaltest du gute Arbeitsbeziehungen zu deinen Peers?
  • Red Flag: Die Kandidatin will nur ihren Job machen und sieht das Leadership Team als Ablenkung. Die Rückmeldungen aus dem Leadership Team sind gemischt.

#9 Resilienz: Startups sind unberechenbar. Rückschläge sind der Alltag. Ein guter Senior Hire hat seinen fairen Anteil an Rückschlägen erlebt und gute Wege gefunden, wieder in die Kraft zu kommen. Dabei hat er es geschafft, ein ”Secure Leader“ zu sein.

  • Wo bist du mal so richtig auf die Schnauze gefallen? Was hat das mit dir gemacht? Wie bist du damit umgegangen? Wie hast du dafür gesorgt, dass es nicht wieder passiert?
  • Red Flag: Menschen, die nie wirklich gescheitert sind, gibt es nicht. Erst recht nicht im Startup. Wer das behauptet, dem fehlt die Selbstreflektion.

#10 Langfristiges Commitment: Du brauchst eine Senior Hire, die willens ist euren gesamten Übergang vom Startup zum Scaleup aktiv zu begleiten. Das sind 2-3 Jahre, oft sogar mehr. Diese Zeit ist in jedem Fall anstrengend. Ständige Wechsel in den Schlüsselpositionen werfen euch immer wieder zurück.

  • Warum möchtest du deine derzeitige Stelle aufgeben und was motiviert dich, bei unserem Startup mitzumachen?
  • Red Flag: Unerklärte Lücken und viele kürzere Stationen sind oft ein Zeichen für Konflikte oder fehlenden Impact. Lass dir genügend Referenzen geben.

#11 Demütige Ambition: Suche einen Senior Hire, der mit euch nach den Sternen greifen will, dabei aber mit beiden Füßen fest auf dem Boden steht. Menschen mit demütiger Ambition brauchen keine großen Titel, um ihren Wert zu erleben. Starte lieber klein, mit einem VP oder SVP-Titel, denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du in der nächsten Runde noch eine C-Ebene einfügst.

  • Was begeistert dich besonders an der Möglichkeit, bei uns zu arbeiten? Was willst du hier schaffen? Wie wichtig ist dir der Titel? Warum?
  • Red Flag: Hände weg von Senior Hires, die nur auf dem C-Ticket kommen und / oder überzogene Gehaltsvorstellungen haben.

#12 Partner auf Augenhöhe: Dein Traum ist eine echte Sparringspartnerin. Eine erfahrene Managerin, die dir dabei hilft, den Weg vom Gründer zum CEO zu gehen. Deine Sheryl Sandberg. Sie weiss, wie schwierig es ist, loszulassen und unterstützt dich dabei mit ihren Erfahrungen. Und sie lässt dir Raum – wohl wissend, dass die besondere Energie eines Gründers durch nichts zu kompensieren ist.

  • Was hast du an der Gründerin deines letzten Unternehmens besonders geschätzt? Wie habt ihr euch ergänzt? Wie hast du sie in ihrem Wachstum unterstützt?
  • Red Flag: Jemand, der dir das Gefühl gibt, nicht genug zu können oder jemand, der euch als Karrierebooster nutzt.

Und wie bekommst du das alles raus?

Zuerst natürlich in vielen direkten Gesprächen mit eurem Kandidaten. Idealerweise nehmt ihr euch zusätzlich zu den üblichen Interviews einen ganzen Tag Zeit, um eure Vorstellungen abzugleichen. Fantastisch ist es, wenn ihr die Möglichkeit habt, vorab gemeinsam ein kleines Projekt zu machen und damit euren gegenseitigen Arbeitsstil kennenzulernen.

Teile diese Liste aber auch mit deinen Kollegen und bitte sie, sich in Gesprächen ihr eigenes Bild vom Kandidaten zu machen.

Mach in jedem Fall mindestens 5-6 Referenzgespräche, um zu verstehen, wie der Kandidat in vergangenen Jobs gearbeitet hat: ehemalige Chefs, Peers und Mitarbeiter.

Folgende Fragen helfen dabei:

  • Gehört die Person zu den Top 50% –  Top 20% -Top 10% –  Top 5%?
  • Was für ein Umfeld und was für eine Kultur braucht dieser Mensch, um aufzublühen?
  • Wo siehst du diesen Menschen in drei Jahren?
  • Erzähl von einer Situation in der du ihn / sie gecoacht hast?
  • Welche Kompetenz hat er / sie während eurer Zusammenarbeit weiterentwickelt?
  • Was kann ich als ihr Manager tun, um ihr zu helfen, erfolgreich zu werden?

Ein weiterer guter Indikator ist Kununu: Was macht die Kultur der Firmen aus, in denen die erfahrene Managerin zuletzt gearbeitet hat? Passt das zu euch? Vielleicht gibt es sogar so viele Reviews, dass du dir die Rückmeldungen aus ihrem Bereich gezielt anschauen kannst.

Key Take Aways

Das Hiring der ersten erfahrenen Manager ist eine große Herausforderung. Noch ist alles im Entstehen. Du musst erst noch in deiner CEO-Rolle ankommen, bist oft verunsichert, ob das alles so geht.

Wenn du es schaffst, einen erfahrenen Partner mit diesen 12 Eigenschaften zu gewinnen, werdet ihr einen gewaltigen Sprung machen:

Er hat Startup-Erfahrung und Unternehmergeist, empowert sein Team, trifft die richtigen Entscheidungen und kommuniziert transparent sowohl zu dir als auch dem Team. 

Sie kommt zu kreativen, durchdachten Lösungen, denkt strategisch und ist bei Bedarf Hands-on. Sie hat ein starkes Netzwerk und gute Branchenkenntnis. 

Sein Fit mit dem Leadershipteam ist hoch, er ist resilient, langfristig commited, gleichzeitig demütig und ambitioniert.

Und vor allem ist er oder sie für dich ein echter Partner auf Augenhöhe.  

Eine ordentliche Wunschliste. Nimm dir Zeit, um all diese Eigenschaften im Gespräch zu erkunden. Schließt euch mal für einen Tag lang ein und exploriert die mögliche Zusammenarbeit. Bitte deine Führungskollegen den Kandidaten auf diese Themen hin anzuschauen und mach in jedem Fall Referenz-Calls. Das kostet zwar viel Zeit – aber es lohnt sich.

Viel Spaß bei der Umsetzung!

Und nun zu dir!

  • Was bedeutet es für dich, einen erfahrenen Manager ins Team zu holen? Was erwartest du dir davon?
  • Hattet ihr schon mal negative Erfahrungen mit Senior Hires? Was war schief gegangen? Was würdest du heute anders machen?

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Onboarding statt Waterboarding: So stellst du sicher, dass dein neuer Senior Hire zum Erfolg wird.

Rückdelegation beenden. Deine Anti-Affen-Waffe.

„So ein Mist, alles was ich abgebe, landet wieder auf meinem Tisch“, „Warum fragen die ständig, statt selber nachzudenken!“ , „Alles hängt an mir!“

Nervt dich das auch kolossal? Willkommen im Club. So wie dir geht es fast allen, die anfangen, Verantwortung abzugeben. Kaum hast du etwas delegiert, kommt es wie ein Bumerang zurück. Das Phänomen der Rückdelegation – dir werden die Affen zurück auf die Schultern gesetzt.

Lies in diesem Blogartikel, warum es so wichtig ist, die Rückdelegation in Griff zu bekommen. Verstehe, was dich zum Komplizen bei der Rückdelegation macht und lerne die Anti-Affen-Waffe kennen. Wie immer auch als Podcastaufnahme: Spotify Apple Podcast Podigee

Gefangen in der Rückdelegation

Frank ist Gründer und war von Anfang an als CMO dabei. Er kennt das Marketing wie seine Westentasche. In den ersten Coachings konnte er sich oft kaum konzentrieren. Regelmäßig kamen Slack-Nachrichten aus dem Team: „Da läuft was nicht, ich weiß nicht weiter, hilf mir!“ Und schon sprang er auf und half seinen Kollegen aus der Patsche. Denn ohne Vermarktung kein Umsatz.

Das Dumme dabei: Die Hilfe für sein Team unterbrach ständig seinen Tag. Zeit für Strategie? Fehlanzeige. Zeit für die Mitarbeiter und ihre Entwicklung? Vergiss es.

Gleichzeitig das ungute Gefühl, dass das Team immer weniger Verantwortung übernahm, seine Kompetenz verlor und zunehmend mit totalem Kleinsch… auf der Matte stand.

Besonders frustrierend: Sein Einsatz wurde nicht mal geschätzt. Im Gegenteil: Alle warfen ihm vor, sich nicht um die Strategie, die Mitarbeiter und die Teamentwicklung zu kümmern. Aber wie auch?

5 Erkenntnisse zur Rückdelegation

Klingt zu dramatisch? Ist aber in vielen Teams Realität. Wir wollen helfen und nehmen die Verantwortung, die eigentlich ins Team gehört, wieder zurück. Klassischer Fall von Rückdelegation, oder wie es im Volksmund heißt: Wir lassen uns den Affen auf die Schulter setzen. Das Beispiel von Frank zeigt die ganze Affen-Dynamik.

Jedes Ja ist ein Nein.

Jeder Affe, den du auf deine Schultern nimmst, kostet dich Zeit. Da kommen schon mal 20-25% deiner Arbeitszeit zusammen. Wertvolle Zeit, die an anderer Stelle fehlt: Für die Führungs- und Entwicklungsaufgaben, für die Strategie deines Teams. Und sie zerhacken deinen Tag. Fokussierte Arbeit wird unmöglich.

Deine Mitarbeiter = dein Chef.

Mit der Rückdelegation dreht sich eure Beziehung: Du übernimmst die Verantwortung und deine Kollegen ziehen dich zur Rechenschaft, sie werden zum Manager deiner Zeit. Jetzt stehen sie auf deiner Matte: „Wann ist das endlich fertig, ich kann sonst nicht weiterarbeiten“

Vorsicht, ansteckend!

Die Rückdelegation von Verantwortung ist der einfachste Weg, um in der Komfortzone zu bleiben. Für dich und dein Team. Je besser die Rückdelegation an dich klappt, desto häufiger wird sie genutzt. Von beiden Seiten: Dir und deinen Teamies.

Rückdelegation macht dumm.

Jede erfolgreiche Rückdelegation reduziert die Kompetenz deines Teams weiter. Deine Mitarbeiter verlernen es, ihre Probleme selbst zu lösen. Erlernte Hilflosigkeit in Reinkultur.

Keine Zeit für echte Führung.

Wenn du nicht aufpasst, stapelt sich die Arbeit deiner Kollegen auf deinem Tisch. Du bist nur noch im Hamsterrad und verlierst den freien Kopf. Und schon sind die Beschwerden nicht mehr fern: Der bekommt doch nichts auf die Reihe. Die hängt viel zu sehr im Operativen und führt nicht. Wieso ist der überhaupt unser Chef? Klingt übertrieben. Leider nicht. Habe ich alles schon gehört!

Schluss mit der Komplizenschaft

Rückdelegation ist Mist und sollte sofort gestoppt werden. Wahrscheinlich denkst du jetzt: „Das Team soll einfach die Verantwortung übernehmen! Eine klare Ansage und dann klappt das!

So einfach ist das leider nicht. Denn das Team kann die Verantwortung nur übernehmen, wenn du sie loslässt. Solange du die Rückdelegation annimmst, bist du Komplize in einer Situation, die keinem weiterhilft. Und du wirst zum Komplizen, weil dir die Rücknahme der Verantwortung auch etwas gibt: Eine Bestätigung, das gute Gefühl zu helfen … was auch immer.

Daher kommst du aus dieser Situation erst heraus, wenn du verstehst, warum du die Verantwortung so gerne wieder zurücknimmst.

Denk mal kurz darüber nach: Was für einen Kick gibt dir die Rückdelegation? Inwiefern profitierst du bewusst oder unbewusst von ihr? Willst du stark sein, perfekt, schnell oder deinen Kollegen etwas Gutes tun? Sind es alte Angewohnheiten?

Check mal deine inneren Antreiber – dein Kick hängt eng mit den starken Antreibern zusammen. Je nachdem, was dich antreibt, verfangen unterschiedliche Rückdelegations-Strategien. Deine Mitarbeiter wissen ganz intuitiv mit welchen Ködern sie dich nahe genug anlocken, um dir den Affen auf die Schulter zu setzen.

Die Superfrau (Sei stark!)

Du bist stolz auf deine Power und dein Durchhaltevermögen. Eine echte Kämpferin. Du bist unabhängig und hast alles unter Kontrolle. Nur keine Schwäche zeigen.

  • Der Köder: „Ich schaffe das nicht mehr. Mir ist das alles zu viel.“ „Der Kunde will nur dich sehen.“
  • Dein Kick: Das sind ja alles Schluffis! Nur die Harten kommen in den Garten. Ich zeige allen, was ich wegschaffe.  Super, was ich alles gebacken bekomme.
  • Deine Antwort: „Dann mache ich es halt selbst!“

Der Perfektionist (Sei perfekt)

Alles was du machst, muss perfekt sein. Du liebst Zahlen und Details, arbeitest sorgfältig und präzise. Du gibst immer 180%.

  • Der Köder: „Ich verstehe das noch nicht!“ „Ich weiß nicht, ob das alles so passt – kannst du da mal drüber schauen?“
  • Dein Kick: Die bekommen aber auch nichts hin! Diese schlampige Arbeit nervt kolossal. Nur, wenn ich es mache, stimmt die Qualität.
  • Deine Antwort: „Ok, ich überprüfe das noch mal!“

Die Retterin (Machs allen Recht!)

Du möchtest von allen gemocht werden, dir fällt es schwer, nein zu sagen. Du stellst dich immer vor das Team und schützt es vor der bösen Welt da draußen.

  • Der Köder: „Ich habe schon so viel auf meiner Liste, ich schaffe das nicht mehr.“ „Kannst du mich dabei unterstützen?“
  • Dein geheimer Kick: Mein armes Team. Ich mute denen zu viel zu! Um so besser, wenn ich ihnen helfen kann! Dann bin wirklich ein guter Chef
  • Deine Antwort: „Ich helfe dir gerne! Ich nehme dir das gerne ab!“

Der Schnelle (Sei schnell!)

Du bist ein großartiger Jongleur, machst in einem Wahnsinns-Tempo alles gleichzeitig. Du bringst die Dinge wirklich voran. Geschwindigkeit ist alles, was zählt.

  • Der Köder: „Wie schnell brauchst du das? Bis übermorgen habe ich das fertig“
  • Dein Kick: Ich will es aber JETZT, je schneller desto besser. Diese Lahmär…, kommen einfach nicht aus dem Quark.“
  • Deine Antwort: „OK, ich mach das nachher schnell, das kann jetzt nicht warten.“

Das Gewohnheitstier

Quer zu den ersten vier Typen liegt das Gewohnheitstier. Als Gründerin hast du anfangs ja auch alles selber gemacht. „Hands on“ ist eine zentrale Tugend eurer Kultur. Also machst du schnell mal, statt zu führen und wirklich loszulassen. Und schon schnappt die Falle zu.

Je besser du deinen Rückdelegations-Typen und die Strategien verstehst, desto leichter fällt es dir, die Rückdelegation zu erkennen und im Keim zu ersticken. Dann bist du bereit für die Anti-Affen-Waffe.

Die Anti-Affen-Waffe

Die Anti-Affen-Waffe: 5 Powerfragen, eine Mailbox und eine Sprechstunde

Mach allen im Team klar, dass du ihre Rückdelegation künftig hinterfragst. Wer auch immer deine Hilfe in Anspruch nehmen will, muss sich ab sofort mit den folgenden 5 Powerfragen vorbereiten. Und zwar schriftlich, als Mail an dich.

Was genau ist das Problem?

Wenn deine Kollegen ihr Problem beschreiben, setzen sie sich intensiver damit auseinander. Dabei kommen oft schon die ersten Ideen.

Was hast du bisher versucht?  

Als Nächstes reflektieren sie, was der bisherige Lösungsansatz war. Und schauen sich damit ihre Anstrengungen von außen an. Auch das hilft, Denkblockaden zu lösen.

Was könntest du noch versuchen?

Mit dieser Frage aktivierst du die Kreativität deiner Kollegen, frei nach dem Motto: „Gib nicht gleich auf! Du hast sicher noch bessere Ideen!“

Wer im Team könnte dir dabei helfen?

Wie könnt ihr euch gegenseitig bei der Problemlösung unterstützen? Was kannst du von den anderen lernen? Damit aktivierst du die Ressourcen im Team und förderst den Teamgeist.

Erst wenn all das nicht hilft:

Was brauchst du von mir?

Geh erst in die Bütt, wenn alles andere gescheitert ist. Aber auch jetzt übernimmst du nicht einfach, sondern begleitest dein Gegenüber bei der Lösung des Problems. Dann wird aus der Problemlösung eine Lernsession. Und schon hast du dein Wissen wieder ein Stück weitergegeben.

Sammle diese Mails in einer gesonderten Mailbox oder lege für jeden Kollegen eine eigene Affen-Mailbox an. Damit kannst du tracken, wie viele dieser Anfragen von den Kollegen bei dir eingehen und wie sich die Anzahl im Zeitverlauf entwickelt.

Richte dann eine feste Sprechstunde ein. Je nach Aufwand und Dringlichkeit der bisherigen Nachfragen kann das täglich sein oder 2-3 mal pro Woche. Für die wenigen Anfragen, die nach den 5 Fragen noch bei dir eintrudeln, kannst du die Kollegen in diese Sprechstunde zur gemeinsamen Lösung einladen.

Mit 5 Powerfragen, einer Mailbox und einer Sprechstunde fängst du die Affen der Rückdelegation ein. Lies hier wie! Share on X

Happy End: Endlich Zeit für die Führung

Frank hat genau das gemacht: Er hat sein Team mit den 5 Powerfragen gebrieft, die Anfragen gesammelt und dann am Stück mit den Betroffenen abgearbeitet.

Der Effekt war gigantisch: Schon nach einem Monat trudelten pro Woche nur noch 1-2 Anfragen ein – vorher waren es mehrere pro Tag. Die Zeiteinsparung: 8-10 Stunden pro Woche. Ein ganzer Arbeitstag!

Die Sprechstunden nutzt er jetzt, um sein Wissen über komplexe Lösungen an seine Kollegen weiterzugeben. Und die gewonnene Zeit, um regelmäßige 1:1 Meetings mit seinen Kollegen zu machen.

Auch wenn sie jetzt mehr Aufgaben selber übernehmen: Die Zufriedenheit steigt. Denn das Erfolgsgefühl, das sich einstellt, wenn man eine schwierige Aufgabe selber löst, ist viel wertvoller als das bisschen Entspannung nach dem Abgeben einer Aufgabe. Win-Win-Win. Für Frank, für das Team, für das Unternehmen.

Key Take Aways

Gerade noch warst du happy, dass du deinem Teamie ein Projekt übergeben hattest. Doch bald steht er wieder auf deiner Matte: „Kannst du mir helfen, ich komme hier nicht weiter…“, „Brauchst du das wirklich sofort…?“

Mit einem „Ja, ich mach schon.“ lässt du dir den Affen Verantwortung erfolgreich wieder auf die Schulter setzen.

Rückdelegation ist Mist und sollte sofort gestoppt werden. Denn sie ist unglaublich unproduktiv: Dein Teamie macht sich zu deinem Chef, dir fehlt die Zeit für die wichtigen strategischen Themen, deine Teamies fallen in die erlernte Hilflosigkeit.

Dummerweise bist du der Komplize der Rückdelegation. Denn die Rücknahme der Verantwortung gibt dir einen geheimen Kick. Du fühlst dich stark oder perfekt, wirst zum Retter deines Teams. Das Dumme dabei: Deine Teamies erkennen schnell, was dich zur Rücknahme treibt und legen ihre Köder gezielt aus…

Mit 5 Fragen scheuchst du die Affen effektiv von deiner Schulter:

  • Was genau ist das Problem? Indem deine Kollegen ihr Problem beschreiben, setzen sie sich intensiver damit auseinander.
  • Was hast du bisher versucht? Der „Blick von außen“ auf die eigenen Anstrengungen löst Denkblockaden.
  • Was könntest du noch versuchen? Jetzt geht es an die Kreativität: „Gib nicht gleich auf! Du hast sicher noch bessere Ideen!“
  • Wer im Team könnte dir dabei helfen? Wie könnt ihr euch gegenseitig bei der Problemlösung unterstützen? Klares Signal: Nutze die Ressourcen im Team.
  • Was brauchst du von mir? Erst wenn alles nicht zum Ziel führt, ist es an dir, dein Gegenüber bei der Problemlösung zu begleiten. Mach aus der Problemlösung eine Lernsession und gib damit dein eigenes Wissen weiter.

Viel Spaß beim Ausprobieren!

  • Mach eine Inventur deiner To Do Liste: Wieviel % deiner Zeit spart es, wenn du die Affen auf den Schultern deiner Kollegen lässt?
  • Welcher Rückdelegationstyp bist du? Was triggert dich?
  • Wie setzt du die Anti-Affen-Waffe um?

Weiterführende Artikel

Deine inneren Antreiber: Stärken und Schatten. Verstehe, welche inneren Kräfte dich ins Handeln, aber auch in den Stress bringen.

Loslassen lernen, Leichtigkeit gewinnen: Mit 5 inneren Blockaden halten wir die Arbeit unbewusst auf unserem Tisch. Identifiziere sie und lerne loszulassen.

Gib endlich deine Verantwortung ab! Verantwortung abgeben. Die Superpower erfolgreicher Leader. Und mit der richtigen Technik viel leichter, als du denkst.

Volate – Fliegt!

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