Danke für das Feedback!

Umpf, dass sass! Ein echter Tritt in den Hintern!

Letzte Woche habe ich mir Feedback zu einem Thema geholt, das mir super wichtig ist: Gute Posts in LinkedIn zu schreiben. Und ich habe es bekommen. Von einer Melanie, einer Content-Coachin, deren Meinung ich sehr schätze.

Dabei habe ich mal wieder erlebt, wie schmerzlich es ist, kritisches Feedback zu bekommen ?. Aber auch, wie man daraus lernt und in Aktion kommt. ?

Feedback nehmen ist nicht einfach. Umso wichtiger, dass wir verstehen, was eigentlich passiert, wenn wir kritisches Feedback bekommen und wie wir uns nach dem ersten Schreck gezielt in Aktion bringen.

Aber nun erst mal einen Schritt zurück:

Was war eigentlich passiert?

Wie du weißt, liegt mir gute Führung sehr am Herzen. Ich möchte möglichst vielen Leadern Anregungen für ihren Führungsalltag geben.

Der Hebel dafür: Meine LinkedIn Posts und der Newsletter.

Grundsätzlich funktioniert es: Ich bekomme positive Rückmeldungen. Der Newsletter hat Öffnungsraten von über 50%. Ziemlich genial. Wenn da nicht die geringe Reichweite wäre. Die Leserschaft wächst nur langsam. Der Funke springt irgendwie nicht rüber.

Immer wieder habe ich überlegt, was ich besser machen könnte: Weniger abstrakt, mehr Storytelling, anregendere Intros, persönlichere Bilder. Ich arbeite dran, aber bislang ohne durchschlagenden Erfolg.

Um das zu ändern, habe ich mir mit Melanie jetzt einen Content-Coach genommen. Unser erster Schritt: Ein offenes Feedback auf meine letzten 15 Posts. Die Rückmeldung: Zu abstrakt, zu wenig lebendig, Aufhänger oft nicht anregend genug, Bilder unpersönlich.

Grrr. Genau das, was ich irgendwie schon wusste.

Und doch hat dieses Feedback unglaublich viel in mir ausgelöst: Mit jedem Post, den sie kommentierte, fühlte ich mich kleiner. Das Unausgesprochene ist jetzt ausgesprochen. Von einem anderen Menschen.

Das verunsichert und schmerzt. Ich hatte mir doch immer so viel Mühe gegeben. Mein Bestes gegeben – reichte aber noch nicht.

Nach dem Feedback musste erst mal eine große Runde laufen…

Gleichmal vorweg: Bitte kein Mitleid! Für mich ist diese Erfahrung total ok. Denn eigentlich geht es allen so – das zeigten auch die vielen Reaktionen auf den LinkedIn Post, den ich schon zu dieser Erfahrung geschrieben habe. 

Wir wissen, wie wichtig Feedback ist. Wir reden darüber, wie wir anderen Feedback geben, eine Feedbackkultur schaffen. Aber wenn es um die emotionale Achterbahn geht, die schwieriges Feedback auslöst: Funkstille. Bloß nicht zugeben, dass wir Gefühle haben. Schon gar keine negativen.

Aber da es sie nun mal gibt, und da sie beim Feedbacknehmen eine große Rolle spielen, sollten wir sie uns auch mal anschauen.

Die Psychologie des Feedback-Nehmens

Attacke aufs Ego ?

Ok, warum fällt es uns so schwer, kritisches Feedback anzunehmen?

Ganz einfach: Kritisches Feedback offenbart eine Diskrepanz zwischen unserem Selbst- und dem Fremdbild. Es bedroht unsere Identität – egal wie viel Mühe sich unser Gegenüber bei der Formulierung gibt (Hier mehr zur Gestaltung von gutem Feedback).

Der Grad der Bedrohung hängt davon ab, wie wichtig uns das Thema ist, wie weit Selbst- und Fremdbild auseinanderklaffen, und wie sehr uns bereits klar ist, dass es ein Problem gibt.

In meinem Fall war die Bedrohung eher mittel: Ein Thema, das mir am Herzen liegt, bei dem ich aber wusste, dass ein Handlungsbedarf besteht. Sonst hätte ich das Feedback ja nicht eingeholt.

Auf die Bedrohung unserer Identität reagieren wir mit STRESS, unser Kampf- oder Flucht-Mechanismus wird angestoßen. Und genau so sehen die ersten Reaktionen typischerweise aus:

  • Schockstarre und beschämtes Schweigen – die Flucht ins Mauseloch. ? oder
  • der direkte Rückschlag gegen den Feedbackgeber – auf in den Kampf! ?

In meinem Fall war es eher die Flucht ins Mauseloch. Mit jedem Post, den Melanie kommentierte, wurde ich stiller, de facto zog ich mich zurück.

Ich kenne aber auch das Gegenteil sehr gut. Der Feedbacknehmer schlägt erst mal zurück: „Schwachsinn! Außerdem bist du ja nicht besser… Du machst immer…“ Wenn sich der Feedbackgeber davon triggern lässt, fängt eine veritable verbale Rauferei an.

Das Ergebnis ist in beiden Fällen das gleiche: Das Feedback rückt in den Hintergrund. Nicht hilfreich. Denn eigentlich wollen wir uns ja weiterentwickeln.

Aber das können wir nur, wenn wir unsere Ratio wieder anschalten. Also müssen wir erst mal raus aus dem Stress. Denn im Stress können wir nicht klar denken.

Schritt 1: Selbstmitgefühl ?

Unserem Stress begegnen wir am besten, indem wir unsere Emotionen aktiv wahrnehmen. (Siehe auch den Blogartikel zu 3 Wegen aus der Stressfalle).

Wie fühlen mit uns. Selbstmitgefühl.

Wie geht das?

Nenne zunächst deine Gefühle beim Namen. In der Psychologie heißt das „Labeling“: Ja, es tut weh, Feedback zu bekommen. Ich bin enttäuscht, ich hätte gerne was Positiveres gehört. Ich bin frustriert, dass meine Bemühungen nicht gesehen werden…

In dem wir unsere Gefühle benennen, gehen wir bereits auf Distanz zu ihnen. Wir schauen sie von außen an. Und können aus dieser Position einen neuen Blick auf die Situation werfen. Ihr einen neuen Rahmen geben. Reframing.

  • Normalisieren: Diese Gefühlsachterbahn ist völlig normal, das heißt nicht, dass ich ein schlechter Feedbacknehmer bin.
  • Positiv aufladen: Nur wenn ich verunsichert werde, komme ich aus der sicheren Komfortzone.
  • Bedeutung abwerten: Das ist jetzt wirklich kein Weltuntergang, es geht nur um eine Situation…

Mit diesen Maßnahmen dämpfst du den Feedback-Stress.

Helfe deinem Körper dann, dem Stress abzubauen: Tief durchatmen, eine Nacht drüber schlafen, einen Feedback-Verdauungs-Spaziergang machen, einen guten Witz reißen und herzlich lachen oder auch mal ein paar Tränen vergießen.

All das hilft dir, dem Stress-Zyklus erfolgreich zu entkommen und den Kopf für die Verarbeitung des Feedbacks frei zu machen.

Schritt 2: Lernchance sehen ?

Jetzt kannst du dich damit auseinandersetzen, wie du mit dem Feedback wachsen kannst – und in diesem Zuge deine innere Abwehr gegen das Feedback auflösen.

Dabei lohnt es sich, das Feedback aus drei Perspektiven zu betrachten:

  • Fakten
  • Beziehung
  • Identität

Fakten

Gerne kritisieren wir am Feedback erst mal die Faktenlage: „Das war doch ganz anders!“, „Das war ganz anders gemeint!“, „Das habe ich gar nicht gesagt.“

Statt das Feedback als falsch zu diskreditieren, begegne dem Feedback mit Neugierde:

  • Was hat mein Gegenüber in dieser Situation erlebt? Was ihn dazu bewegt, dieses Feedback zu geben?  Welche „Fakten“ hat sie gesehen?
  • Inwieweit wirkt mein Verhalten anders, als ich eigentlich will. Was kann in an meinem Verhalten ändern, um die richtige Wirkung zu erzielen?

So ging es mir auch: „Das sind doch Bilder von mir.“, „Das ist doch eigentlich locker geschrieben.“ waren meine ersten Reaktionen. Aber offensichtlich hatte mein Verhalten nicht die Wirkung, die ich wollte. Also ran an die Buletten.

Beziehung

Gerne hinterfragen wir auch, ob unser Gegenüber überhaupt „berechtigt“ ist, dieses Feedback zu geben. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn wir Probleme mit diesem Menschen haben oder sie etwas kritisiert, das sie selbst nicht optimal hinbekommt.

Typische Indikatoren sind Sprüche wie: „Von dir nehme ich kein Feedback an“, „Du machst das ja auch nicht besser!“

Und schon verwerfen wir ein Feedback, das inhaltlich unglaublich wertvoll sein kann.

Statt den Feedbackgeber abzuwerten, helfen dir hier folgende Überlegungen:

  • Trenne das WER vom WAS. Lass die Person außen vor und fokussiere auf den Inhalt des Feedbacks.
  • Versetze dich in die Person: Wie erlebt sie die Welt, was ist ihre Rolle, ihr Stil, wie denkt sie über die Welt nach. Was kann ich daraus mitnehmen.

Identität

Besonders heftig reagieren wir auf Feedback, dass an die Wurzeln unserer Identität geht: „Ich mache immer alles perfekt.“ „Ich will doch allen nur helfen.“, oder in meinem Fall: „Ich glaube, dass ich richtig coole Sachen schreibe.“

Wenn unsere Identität hinterfragt wird, reagieren wir mit Scham, verlieren unser Selbstvertrauen, oder werden besonders defensiv. Typische Sätze in dieser Situation: „Ich mache immer alles falsch!“, „Ich habe recht, du nicht.“, „Ich habe es total verbockt.“

Statt zu dramatisieren, helfen dir hier folgende Fragen und Überlegungen:

  • Was an diesem Feedback berührt mich so sehr? Welcher Teil meiner Identität kommt gerade ins Wackeln? Ist das wirklich so?
  • Mach dir klar, dass es um ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Situation geht. Nicht um deine Person oder Intention. Überlege, wie eine Korrektur im Verhalten hilft, das, was dir wichtig ist, noch besser umzusetzen.

Mit der Reflektion dieser drei Perspektiven verstehst du das Feedback immer besser und findest idealerweise bereits Ansätze zur Weiterentwicklung deines Verhaltens.

Schritt 3: Chancen ausmalen, in Aktion kommen ?

Im dritten Schritt geht es darum, diese Veränderungen auch wirklich vorzunehmen. Leider stellt uns die Psychologie auch hier ein Bein.

Denn unsere intuitive Reaktion auf kritisches Feedback ist nicht etwa die Anpassung des Verhaltens, sondern das Meiden der Situation.

WEG VON statt ein HIN ZU.

Das passiert vor allen, wenn wir im Feedbackgespräch nur über das kritische Thema gesprochen haben und eine positive Alternative fehlt.

An dieser Stelle hilft der Blick auf die eigene Mission oder Ziele: Wie kann ich die mit einem neuen Verhalten besser erreichen? Was wird dann möglich?

Ich hatte auch schon ein Beispiel vor Augen: Meine Freundin und Gründer-Coachin Julia Derndinger. Julia hatte den Shift in der Gestaltung ihrer Posts zusammen mit Melanie vor ein paar Wochen gestartet und ganz außerordentliche Erfolge erzielt.

Wenn ich das auch schaffen würde! Dann lohnt sich meine Arbeit viel mehr! Das wäre doch phantastisch!

Schritt 4: Durchstarten, aufs nächste Level kommen ?

Nun gilt es: Nicht lange fackeln. Das Feedback so schnell wie möglich umsetzen. Die alten durch neue Erfahrungen überschreiben, neue Gewohnheiten anstoßen.

Wer jetzt zu lange wartet, bleibt in der unkomfortablen Komfortzone stecken. Und die wollen wir ja eigentlich verlassen.

Genau das habe ich gemacht: Schon auf dem Spaziergang habe ich mir überlegt, wie mein nächster Post aussehen könnte.

Das Thema: Umgang mit kritischem Feedback. Meine persönliche Erfahrung, mit einem Bild vom mir auf diesem Feedback-Verdauungs-Spaziergang, nahbar, menschlich, verletzlich.

Ich habe versucht, das gesamte Feedback auf meine Art und Weise zu verarbeiten.

Der Sprung aus der Komfortzone hat sich voll ausgezahlt:

  • 16k Impressions – statt der üblichen 1-3k
  • 104 Likes (sonst eher 15-20)
  • Viele unglaublich persönliche und mitfühlende Kommentare, echter Austausch
  • 30 neue Follower.

Vor allem aber hat er mir eines gezeigt:

Es lohnt sich, meine Art zu Schreiben weiterzuentwickeln. Wenn ich hier wachse, erreichen ich viel mehr Menschen mit der Mission, die mir so sehr am Herzen liegt: Gute Führung, die Menschen, Teams und Unternehmen zum Wachsen bringt.

Und ich habe in diesem Prozess unglaublich viel über das Thema Feedback nehmen gelernt. Let’s face it:

  • Starkes Feedback löst starke Gefühle aus. Das ist ok. Jedenfalls, wenn wir diese Gefühle aktiv wahrnehmen und sie nutzen, um uns in Aktion zu bringen.
  • Feedback kann erst verarbeitet werden, wenn der Stress abgebaut ist. Sonst läuft nichts. Gib dir die Zeit. Reagiere nicht aus dem Stress, agiere mit freiem Kopf. Und berücksichtige das auch wenn du Feedback gibst.
  • Durchdenke das Feedback möglichst umfassend. Da steckt mehr drin als du denkst. Vor allem lässt es und verstehen, wo uns unsere Identität vom Wandel abhält.
  • Schaffe dir ein kraftvolles und begeisterndes HIN ZU. Überlege dir, wie du deine Komfortzone Richtung Mission verläßt.
  • Schnell durchstarten. Je schneller du positive Erfahrungen machst, desto schneller verankerst du das neue Verhalten.

Und nun zu dir!

Reflektiere deine letzte Erfahrung mit einem kritischen Feedback. Wie könntest du dafür sorgen, dass du es optimal verarbeitest?

  • Wie ging es dir? Welche Gefühle hat das Feedback ausgelöst?
  • Was kannst du tun, um möglichst schnell aus dem Stress-Zyklus zu kommen?
  • Wie reflektierst du die verschiedenen Ebenen des Feedbacks? Die Fakten? Die Beziehung? Deine Identität?
  • Wie sieht dein HIN ZU aus? Wie sieht die Welt jenseits der Komfortzone aus?

Und was ist der Schritt, den du jetzt, sofort machen kannst?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Mit der Anmeldung zum Newsletter stellst du sicher, dass du künftig keine Anregungen rund um Leading Myself, Leading my Team und Leading my Business verpasst.

Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

7 Fragen an Anna Ott von HV Capital

Wenn jemand weiss, was es bedeutet, gesunde Startup-Organisationen zu führen, dann Anna Ott, VP People und ESG bei HV Capital.

Seit 20 Jahren arbeitet Anna auf allen Seiten – mit Startups, VCs und Acceleratoren. Vor HV Capital war sie bei Lycos, iPotentials, Team Europe und Hub:raum. Für ihre herausragende Arbeit wurde sie vom Capital als Top „40 unter 40“ gewählt.

Ihr großes Ziel: Talent-zentrische Organisationen, in denen alles ineinandergreift: Talentakquise, Performance Management, Führung und Kultur.

So entsteht Growth Leadership!

Um so mehr freue ich mich, Anna meine Leadership-Fragen zu stellen.

Anna, deine Arbeit mit den Gründern bei HV Capital schätze ich sehr. Wie du die ehemals unterschätzen People-Fragen zum strategischen Thema machst – Hut ab.

Vom Macher zum Leader, vom Gründer zum CEO – was ist aus deiner Erfahrung der größte Entwicklungsschritt für die Gründer, die ihr begleitet?

Der wichtigste Schritt auf dem Weg vom Gründer zum CEO ist die Introspektion.

Sich selbst lesen zu lernen oder ganz profan: Eine Bedienungsanleitung für sich selbst zu haben. Ich hatte mal ein schönes Gespräch mit drei Gründern, die sagten: Wir sind zu alt, um nicht mehr an Selbsterkenntnis zu glauben, wir kennen alle unsere Trigger.“ Und ich dachte mir: Das ist Gold.

Denn darum geht es: Dass der Mensch, der den lebensverändernden Schritt wagt, Gründerin oder Gründer zu werden, gleichzeitig beginnt, eine Reise zu sich selbst zu machen. Ich glaube fest daran: Wenn ich weiß, wer ich bin, wo meine Trigger und meine Schattenseiten liegen, dann schaffe ich es, eine Organisation zu bauen, die stark ist.

Stark heißt für uns als Investoren Wachstum und Erfolg. Aber stark heißt auch: Eine gesunde Organisation, die nicht toxisch ist.

Anna Ott

In der die Menschen die Gründerinnen und Gründer gerne auf ihrer anstrengenden, aber schönen Reise begleiten.

Unabdingbar dafür ist es, dass man anfängt, sich selbst lesen zu lernen. Das geht nicht über Nacht, Bücher reichen auch nicht, da braucht es eine langfristige Coaching-Begleitung. Es ist eine persönliche Wachstumsreise.

Es macht unglaublich viel Spaß, mit Gründern zu arbeiten, die das verstehen und hinkriegen. Sie haben eine spürbar andere Qualität. Die überrascht man nicht mit Erkenntnissen über sich selbst. Die sehen sich jeden Tag selbst im Spiegel und wissen, was sie da sehen.

Und das ist ein toller Teil meiner Arbeit: Zu erleben, wenn Menschen anfangen, in Richtung Selbsterkenntnis zu gehen.

Wie früh erkennt ihr das? Du bist ja sicher im Prozess der Investition eingebunden. Wonach schaut ihr da?

Aktuell sind der Investment-Entscheidungsprozess und mein Prozess der Begleitung noch etwas disconnected. Im Investment-Entscheidungsprozess werden viele Faktoren bewertet. Natürlich werden dabei auch die Gründer anschaut. Dabei geht es aber vor um die Passung zwischen den jeweiligen Investment-Kollegen und den Gründerteams. Das ist zentral, denn hier geht es um eine Langfristbeziehung, die stark auf Vertrauen angelegt ist.

Da hat jeder unserer fast 20 Investment-Kollegen seine eigene Signatur. Das muss einfach passen, denn hier startet eine Beziehung, die auf acht bis zehn Jahre angelegt ist. Wenn dieser Fit zwischen Gründer und Investment-Kollege nicht da ist, dann ist es egal, ob ich die Person qualitativ gut finde oder nicht.

Was ich mir aber immer anschaue, ist die Frage: Arbeiten die mit einem Coach? Wer ist der Mentor, wenn sie mal frustriert sind? Wo lassen Sie ihren Druck ab? Wer hält sie accountable? Was ist Ihr soziales Umfeld?

Wenn ich jemanden neu kennenlerne, und er erzählt mir “Ich habe hier einen Coach und da einen Mentor und hier habe schon diese Diagnostik”, dann merke ich: Okay, da muss ich mir keinen Kopf machen. Der ist schon auf der Reise.

Dann gibt es aber auch solche, die eher abwiegeln: “Nee, nee, brauche ich nicht. Alles gut. Läuft. Ich kriege das schon allein hin.” Dann platziere ich das Thema immer wieder. Oder erzähle von anderen Gründern, die froh sind, dass sie einen Coach haben. Und die erfolgreich sind, weil sie gecoacht wurden.

Das ist kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Meilenstein. Natürlich freut es mich, wenn sie dann so ein halbes Jahr später kommen und sagen, „Anna, ich glaube, ich hätte jetzt auch gern einen Coach. Wen könntest du denn da empfehlen?“ Dann merke ich: Jetzt beginnen sie ihre Reise.

Das erlebe ich auch. Ich habe Coachees, die frühzeitig sagen “Ich weiss, dass ich mich selbst verstehen muss, damit ich gut führen und das Unternehmen nach vorne bringen kann.“ Das ist natürlich toll. Aber es gibt auch Gründer, die erstmal gegen ihre persönliche Glasdecke gerauscht sein müssen, bevor sie mit der Selbstentwicklung starten.

Genau.

Und es gibt kein größeres Geschenk, als mitzuerleben, wie sie ihr Potenzial dann entfalten. Manchmal ist es fast ein Aufblühen.

Anna Ott

Die gehen gerader, gestärkter und offener, die haben einen wacheren Blick. Ich würde fast behaupten: Man sieht es, wenn Gründer die Reise der Selbsterkenntnis begonnen haben. Die Art und Weise, wie sie zuhören, wie sie reden, wie sie über Menschen in ihrem Umfeld sprechen.

Natürlich ist es auch einen langsames Kennenlernen. Mit jedem Gespräch, dass wir miteinander führen, kommen wir dem Kern näher. Wo können wir hier helfen? Wo müssen wir dran und wo vielleicht auch nicht? Wo lassen sie es auch zu?

Du hast jetzt viele Leader gesehen. Wessen Führung inspiriert dich und warum? Oder was für eine Art von Führung inspiriert dich?

Auf dieser Frage habe ich etwas rumgekaut. Gibt es den einen inspirierenden Leader? Ich glaube nicht, vielleicht habe ich auch noch zu wenige erlebt. Ich bin ja immer an der Seitenlinie.

In den frühen Phasen von Startups, bei den First Time Leadern, ist die Führungsqualität noch am Anfangslevel. Die meisten wurden ja selber nie geführt. Die schlingern, weil sie erst mal ihren Stil finden müssen. Da passiert dann ganz viel gleichzeitig.

Und dann gibt so ein paar, die sind schon weiter in der Entwicklung. Da ist mehr Reife in der Führung, das sieht man dann auch. Die machen dann oft Sachen, die ich schön finde. Neulich hatten wir einen CEO in einem der größeren Startups, der ein sehr gutes Gespür dafür hat, wie er sehr hochkalibrige Leute für sich gewinnt. Der weiss, dass er bei jedem Menschen den ganz individuellen Trigger finden muss, um sie für sich zu gewinnen.

Letzthin hat er eine CRO für sein Unternehmen geclosed. Eine sehr schwierige Suche, da er sehr anspruchsvoll war. Als er die richtige Person gefunden hatte, hat er alle Hebel in Bewegung gesetzt, um diese Person zu gewinnen. Er ist zu ihr ins Ausland gefahren, hat lange Walking Talks gemacht, alles erzählt, super transparent, authentisch und offen. Sehr viel auch Vertrauen maximiert. Und er hat auch die anderen Stakeholder, in dem Fall die Familie, mit an Bord genommen.

Wir haben so einige Gründer, über die ich tolle Geschichten erzählen könnte. Ich schätze Leader, die sich wirklich für die andere Person interessieren und versuchen, diese Person für sich zu gewinnen, ohne ihnen blühenden Landschaften zu verkaufen. Wenn ab Tag eins das Vertrauen maximiert wird, startet auch die Führungsbeziehung auf einem ganz anderen Level.

Dann entsteht eine Leadership, die auf echter Followership basiert.

“Das ist die Qualität von Followership, an der wir die Gründer messen: Wird denen gefolgt oder verlassen die Ratten sofort das sinkende Schiff, wenn eine wirtschaftlich schwierigere Lage kommt.”

Anna Ott

Ich finde den Satz fantastisch: “Ab Tag eins auf Vertrauen maximiert.” Denn tatsächlich sehe ich das auch in meiner Arbeit. Am Ende geht es immer darum, echtes Vertrauen aufzubauen.

Du sprachst vorhin von guten Unternehmen, die geschaffen werden sollen. Was macht für dich gute Führung aus?

Im Venture Capital machen wir eine Druckbetankung. Da sind die Erwartungen des Marktes, die Erwartung der Gründer an sich selbst, die Erwartung der Mitarbeiter an den Erfolg, an dem sie Teil haben wollen und so weiter. Wir haben einen Druck auf dem Kessel, der kaum größer sein kann. Die Stärke, nach der ich suche, und die wir an vielen Stellen sehen, ist es, das auszuhalten. In der Lage zu sein, diesen Druck zu regulieren, egal woher er kommt.

Erlebbar wird das in wirtschaftlichen Krisenphasen oder schwierigen Momenten, die wir in den letzten zweieinhalb Jahre gefühlt immer hatten. Wie ist dann der Zusammenhalt der Organisation? Steigt der Turnover? Verlassen die Ratten das sinkende Schiff oder bleiben alle dabei und kämpfen mit?

Es ist auch eine Stärke mal “nein” zu Projekten und Wachstumschancen sagen zu können, nicht alles mitnehmen zu müssen. Klarheit zu haben: Was ist der Weg, von dem wir nicht abweichen, auf den wir uns gemeinsam einschwören? Worauf fokussieren wir uns? Wichtig sind auch die Klarheit in den Entscheidungen und Art wie Entscheidungsprozesse ablaufen.

Stärke hat für mich ganz viele Faktoren: Die Fähigkeit einer Organisation, durch unvorhersehbare Gewässer zu gehen und den Zusammenhalt auf dem Boot hinzubekommen. Das alle wissen, was ihre Rolle ist, wohin die Reise geht und wie sie auch in verändernden Situationen dieses Schiff gemeinsam steuern und navigieren.

Die letzten zweieinhalb Jahre waren ein guter Lackmustest. Da hat sich gezeigt, wer wirklich navigieren kann. Das hat weder damit zu tun, dass der Markt für die perfekt ist oder dass die Investoren sie besonders unterstützen, sondern dass sie einen Zusammenhalt im Team haben, der es ihnen ermöglicht, durch schwierige Lagen zu gehen.

Wichtiges Thema: Zusammenhalt der Mannschaft. Wenn Startups scheitern, dann zu 65% aufgrund von Gründerkonflikten. Da zeigt es sich, ob das Gründerteam ein echtes Team ist oder nur ein Pseudo-Team, das sich irgendwie die Aufgaben teilt.

“Ja, es macht eine riesen Unterschied, ob das Team rein transaktional ist oder ob es Vertrauen und Ehrlichkeit maximiert.”

Anna Ott

Sprich: Lässt man auch mal Befindlichkeiten zu, oder will man einfach nur performen und alle sind entweder AAA+ Player oder Underperformer. Performance spielt immer eine große Rolle, das ist der Antrieb für alle. Es ist die Tonalität, die den Unterschied macht.

In der Tat. Gute Unternehmen schaffen eine Balance zwischen Performance und People Orientierung. Eine reine Performance Orientierung ist gefährlich, da ist der Mensch nur ein Rädchen in der Maschine. Bei einer reinen People Orientierung fehlt oft der Drang nach vorne. Die richtig guten Leute suchen nach der Balance. Als Mensch gesehen werden und Performance bringen. Aber dieser Mittelweg ist nicht trivial.

Ja, und der Schlüssel dazu ist das richtige Maß der Kontrolle. Performance ist schwierig, wenn sie mit zu viel Kontrolle gemischt wird. Und nicht kontrollieren ist auch schwierig, da fehlt die Führung. Wenn ich die Leute einfach so machen lasse, dann gebe ich zwar viel Freiraum, aber da passiert das auch nicht so richtig viel.

“Startups müssen die richtige Balance von Performance, Kontrolle und Vertrauen entwickeln.”

Anna Ott

Das geht nicht über Nacht. Über die Zeit müssen sie ihr Menschenbild so drehen, dass sie sagen: Ich muss die Leute nicht kontrollieren, ich kann ihnen vertrauen. Ich möchte ihnen vertrauen und gebe ihnen Vorvertrauen. Auf die Gefahr hin, dass ich Misstrauen bekomme, versuche ich, die Leute an den Stellen zu platzieren, wo sie ihr Potenzial entfalten, und wo sie zusammen mit mir Ownership am ganzen Schiff und an der gemeinsamen Reise haben.

Und dann erlaube ich es mir, loszulassen. Loslassen ist sicher auch das große Motiv deiner Arbeit, oder? Der Weg von: Ich kontrolliere alles, ich weiß alles, ich besitze jede Information, zu: Es wird jeden Tag ein bisschen weniger. Die Balance von Nähe und Distanz. Zu Menschen, zu Entscheidungen, zu Dingen, die passieren, Projekten. Das ist eine mühsame, schmerzhafte Reise. Ich bewundere die Menschen, die das hinkriegen.

Das interessante an dieser Reise ist: Die Kontrolle bleibt immer da. Sie wird nur anders ausgeübt. Es ist der Weg von der persönlichen Kontrolle, dem “Ich habe das im Griff.”, hin zu, “Ich schaffe Strukturen.” Ich institutionalisiere meine persönliche Kontrolle über klare Ziele, eine starke Kultur und klare Rollen.

Ja, genau darum geht es: Das System löst die individuelle Kontrolle ab.

Du sagtest vorhin schon: Es sind schwierige Zeiten. Ihr stellt ja gerade sicher, dass alle eure Startups wetterfest für die nächsten anderthalb, zwei Jahre werden. Wie gehst du mit solchen Zeiten um?

Investoren schalten in diesen Zeiten den Modus um. Für uns waren die letzten zwei Jahre super anstrengend, weil der Markt so überhitzt war und wir schnell handeln mussten. Gefühlt sind wir immer allem hinterhergerannt und das fühlt sich nie gut an. Wo man so denkt, ist das alles wirklich so heiß gekocht?

Jetzt es ist nicht mehr so heiß, vielleicht sogar ein bisschen frisch. Aber das sind die Phasen, wo ich, aber auch viele von meinen Investment Kollegen, wieder näher an die Unternehmen rücken. Näher an den Gründern sein, näher an den Teams, mehr Zeit mit ihnen verbringen und schauen, wie wir ihnen helfen können.

Die meisten sind aufgrund der letzten zweieinhalb Jahre schon relativ wetterfest. Ein paar Organisationen sind natürlich zu jung, um das schon durchgelebt zu haben. Aber wir können auf sehr viel Erfahrung aus 22 Jahren zurückgreifen.

In den letzten zwei Jahre waren es viele neue Beziehungen. Da kam gefühlt jede Woche ein neues Team ins Portfolio. Jetzt, wo es bei uns und im Markt ein bisschen ruhiger geworden ist, nehmen wir uns die Zeit, wieder an der Beziehungstiefe zu arbeiten. Jetzt stärken wir die Leute, die wir schon haben.

Wie gehst du selbst mit schwierigen Zeiten um? Wie bleibst du in der Energie? 

Wo kriege ich Energie her? Ehrlich gesagt, die letzten zweieinhalb Jahre waren auch für Menschen wie mich total anstrengend. Ich lebe von der Nähe zu Menschen. Ironischerweise hatte ich zuletzt eher zu viele neue Menschen. Aber nur virtuell, und nicht mit der Beziehungsqualität, die mir eigentlich wichtig ist.

Jetzt geht es wieder in die richtige Richtung. Ich blühe gerade auf. Ich kriege meine Energie durch lange, gute und ruhige Gespräche mit Menschen, die ich auch persönlich sehen kann. Das passiert jetzt immer mehr, und das ist sehr gut für mich.

Ich habe jetzt wieder Zeit, mit den Startups Workshops zu machen. Wir treffen uns persönlich, ich hole meine Post-its wieder raus und staube meine Time Timer ab. Das habe ich die letzten Monate schon gemacht. Ich liebe Momente, wo ich mit anderen in einem Raum bin und unstrukturiert an spannenden Themen arbeite. Für mich waren die letzten zwei Jahre anstrengend, weil ich über Zoom keine Brainstormings machen kann. Jetzt haben wir alle Bock uns zusammenzusetzen und gemeinsam laut zu denken. Ich kann das einfach besser in Person.

Dafür hatte ich die letzten zweieinhalb Jahre sehr viel Zeit zum Lesen. Jetzt freue mich darauf, dass ich rausgehen und das Wissen teilen kann. Und das wir ein paar Sachen davon wirklich umsetzen. Diversity hattest du schon angesprochen. Das ist ein Riesenthema bei uns. ESG grundsätzlich. Da ist noch ganz viel zu erarbeiten, gemeinsam mit unserem Startup Portfolio und dem Ökosystem. Dafür haben jetzt, wo es etwas weniger wild ist, die Zeit. Jetzt können wir uns mal in Ruhe hinsetzen und überlegen, wie wir diese Probleme lösen können.

Was hast du zuletzt gelesen? Was empfiehlst du Gründern?

Ich könnte dir 1.000 Bücher sagen. Aber es gibt zwei Bücher, die ich Gründern am häufigsten empfehle und auch schenke. Wenn es eine Gründerbibliothek gäbe, müssten sie auf jeden Fall drinnen sein:

„How To Get Your Act Together: A Judgement-Free Guide to Diversity and Inclusion for Straight White Men” von Suki Sandhu und Felicity Hassan.

“Do Purpose: Why brands with a purpose do better and matter more” von David Hieatt.

Das erste ist ein wirklich gutes Buch zum Thema Diversity und Inklusion. In diesem Buch stehen alle Antworten auf die Frage, wie man Diversity leben kann. Und es ist schön geschrieben. Das zweite Buch auch ist sehr inspirierend. Von der Do Library habe ich glaube ich fast alle. Auch das Buch “Do Lead” ist sehr gut.

Tatsächlich bringe ich dieses Startup-Bundle immer wieder neuen Gründern mit. Das sind ja Hosentaschenbücher. Die kannst du wirklich sehr schnell lesen.

Dein Buch „Vom Gründer zum CEO“ habe ich auch schon 10.000 mal empfohlen und diverse Startups haben es auch schon gelesen.

Kommen wir zur letzten Frage: Welchen Rat würdest du einem First Time Leader geben?

Coaching.

“Mein Rat an First Time Leader: Trau dich, die Reise nach innen zu machen.”

Anna Ott

Da schließt sich der Kreis zu meinem ersten Satz, zur Introspektion. Ich finde es gut, im Laufe seines Lebens mehr über sich selbst zu erfahren.

Ich bin jetzt 40 und ich habe das Gefühl, ich weiß immer noch nicht alles. Dabei habe ich aufgrund meiner Profession bestimmt schon vor 20 Jahren angefangen, jeden Diagnostik-Test, den ich kriegen kann, zu machen. Ich hatte Coaching-Stunden und weiß ich nicht alles.

Für mich gibt es keinen schöneren Aha-Moment, als wenn jemand die Sprache findet, um seine eigenen Trigger zu beschreiben. Tatsächlich geht es ganz viel um Sprache. Dass man Worte findet, sich zu beschreiben. Es gibt ein weiteres Buch, das ich sehr schön finde: „Atlas of the Heart“ von Brene Brown. Ein Lexikon über Emotionen.

Ich bin so obsessed damit, weil ich denke, oft geht es einfach nur darum, die Worte finde, die beschreiben, was in mir vorgeht. Und es gibt verschiedene Wege, da hinzukommen. Bücher lesen ist einer. Coaching hilft auch sehr, die Sprache zu finden, mit der ich meine Gefühle artikulieren kann. Aus verschiedenen Studien wissen wir: Wenn ich das richtige Wort für meine Gefühle finde, habe ich schon den ersten Moment der Selbsterkenntnis.

Dann kann ich sagen: Ich bin jetzt frustriert oder ich bin jetzt wütend oder ich bin jetzt gereizt. Wenn ich das granularer und granularer beschreiben kann als vorher, dann habe ich schon den ersten Schlüssel gefunden, um mich selbst zu regulieren, aber auch um das zu kommunizieren und es zu lösen.

Das ist der Tipp, den ich First Time Leadern gebe: Erweitere die Klaviatur der Sprache über dich selbst und lerne dich verstehen. Was auch immer der individuelle Weg ist. Ob Meditation, Yoga oder Retreats in Bali – I don’t know. No judgement. Finde die Sprache. Denn wenn die Menschen ihren Gemütszustand nur mit drei Worten beschreiben können; von: Mir geht es gut. Mir geht es geht so. bis: Mir geht es schlecht, dann weiß ich, da ist noch viel möglich.

Da ist viel möglich. Tolles Thema. Was ein ganz wunderbares Gespräch!

Danke Anna für deine Impulse. Gerade für Gründer ist es so wichtig zu verstehen, wie sie sich und ihre Unternehmen zum Blühen bringen können.

In 5 Schritten zur effektiven Entscheidung

„Für unsere gemeinsamen Entscheidungen brauchen wie mehr Zeit – dafür sind sie aber auch besser.“ Die Erkenntnis hatte ein Gründer in unserem letzten Coaching.

Bisher hatte er die meisten Entscheidungen schnell und für sich getroffen. Da ist dann auch schon mal was daneben gegangen.

Seit ein paar Wochen ist das anders. Es gibt ein Leadership Team, in dem die wesentlichen Entscheidungen gemeinsam adressiert werden. Die Erkenntnis des Gründers: „Ich verstehe die Probleme besser und bekomme neue Perspektiven dazu.“

Was ein wunderbares Beispiel für den enormen Effekt systematischer Entscheidungsprozesse im Führungsteam.

Der Entscheidungsprozess

Zu effektiven Entscheidungen kommt ihr, wenn ihr diese 5 Schritte eines Entscheidungsprozesses rigoros durchlauft:

  • Problem verstehen,
  • Ziele & Anforderungen definieren,
  • Richtige Lösung finden,
  • Umsetzung sicherstellen,
  • Umsetzung tracken, Zielerreichung überprüfen.

Soweit im Schnelldurchgang. Aber was heißt das genau?

Problem verstehen

Es gibt ein wunderbares Zitat von Einstein.

„Wenn ich eine Stunde Zeit hätte, um ein Problem zu lösen, würde ich 55 Minuten damit verbringen, über das Problem nachzudenken und fünf Minuten über die Lösung“

Albert Einstein

Wir lieben es, Entscheidungen zu treffen. Aber was ist eigentlich das Problem? Wir hören von einer Herausforderung und schwupp – schon geben wir eine Antwort. Lösung gefunden, fühlt sich gut an.

Ist es aber nicht unbedingt. Denn wenn wir das Problem nicht richtig verstehen, ist eine gute Entscheidung reine Glückssache.

Oder wir treffen Entscheidungen, die gar nicht bei uns liegen sollten, sondern im Team. Das nennt sich dann Micromanagement.

Folgende Überlegungen helfen dir beim grundlegenden Verständnis des Problems:

  • Generisch oder Standard: Kümmere dich als Leader vor allem um generische Fragestellungen. Erarbeitet für diese Herausforderungen Entscheidungsprinzipien und Strukturen, mit denen diese Problemklasse dann standardmäßig vom Team gelöst werden kann. Und überlasst die Lösung von Standardproblemen dem Team. Das ist Empowerment.
  • One-Way vs. Two-Way-Door: Super Kriterium von Jeff Bezos. One-Way-Door-Entscheidungen lassen sich nur schwer rückgängig machen. Sie müssen sehr sorgfältig und mit ausreichend Zeit getroffen werden. Two-Way-Door-Entscheidungen sind leicht reversibel. Triff sie schnell und stell sicher, dass das Ergebnis nach einem angemessenen Zeitraum überprüft wird.

Im Gründer- oder Leadership Team solltet ihr euch vor allem um generische One-Way-Probleme kümmern. Z.B. Strategische Ausrichtung, Gehaltsstrukturen, Organisation… Steigt bei diesen Problemen tiefer in die Analyse ein:

  • Was ist das Problem? Woran zeigt es sich? Was macht es so problematisch?
  • Was ist der Kontext? Wann tritt das Problem auf? In welchem Umfeld?
  • Wie relevant ist das Problem? Wer ist vom Problem betroffen, wie stark? Was passiert im Umfeld? Wie wirkt sich das Problem aus?
  • Was ist die Priorität des Problems? Wie wichtig, wie dringend ist die Lösung? 
  • Was ist das Ziel? Was soll mit der Lösung erreicht werden? Welche Chancen und Risiken ergeben sich?

Ziele und Anforderungen definieren

Macht euch als nächstes klar, welche Bedingungen eure Entscheidung erfüllen muss. Beantwortet dazu die folgenden 3 Fragen:

  • Welche Ziele soll die Entscheidung erreichen?
  • Was ist das Minimalziel, das wir erreichen wollen?
  • Welche Bedingungen muss die Lösung erfüllen?

Trefft nur Entscheidungen, die diese Kriterien erfüllen. Sie sind der Qualitätsmaßstab eurer Entscheidungsfindung.

Die richtige Lösung finden

Ihr habt jetzt einen guten Blick für das eigentliche Problem und wisst, was eine gute Entscheidung ausmacht. Wahrscheinlich habt ihr auch schon eine erste These, wie die Entscheidung aussehen könnte.

Tatsächlich beginnen gute Entscheidungsprozess nicht, wie oft gesagt, mit Daten und Fakten. Sondern mit einer Meinung zur möglichen Lösung.

Eurer Lösungshypothese.

Nur wenn ihr diese Hypothese klar definiert und markiert, könnt ihr bewusst Alternativen entwickeln. Und dann für diese Hypothese und ihre Alternativen die richtigen Daten und Fakten sammeln.

Für den Prozess heißt das:

  • Hypothesen aufstellen. Was glauben wir über den Rahmen der Entscheidung zu wissen? Was wäre ein möglicher Lösungsansatz?
  • Hypothesen hinterfragen. Was würde uns zeigen, dass diese Hypothesen wahr oder falsch sind? Definiert Messgrößen für den Erfolg der Entscheidung.
  • Lösungsalternativen entwickeln:  Entwickelt und durchdenkt mindestens eine, wenn nicht zwei ernstzunehmende Alternativen. Seid kreativ, hinterlegt die Alternativen mit Daten und Fakten und wägt die Risiken und Chancen ab.
  • Entscheidung treffen. Trefft dann die Entscheidung, mit der ihre eure Ziele und Anforderungen bestmöglich erfüllt. Meidet komfortable, aber faule Kompromisse.

Bei der Entwicklung der Alternativen werdet ihr immer wieder erleben, dass Teammitglieder ganz andere Meinungen haben. Nutzt diese Differenzen im Team als Impuls, um euren Lösungsraum zu erweitern. Stellt dir dafür folgende Frage: „Wenn ich darauf vertraue, dass der Standpunkt meines Gegenübers vertretbar, rational und intelligent ist: Was sieht er, was ich aktuell nicht sehe? Was bringt ihn zu seiner Perspektive?”

Umsetzung sicherstellen

Super. Ihr habt eine Entscheidung getroffen. Das fühlt sich gut an. Haken dran. Weiter zur nächsten Entscheidung.

Funktioniert leider nicht. Viele Entscheidungen versanden, weil die Umsetzungsplanung fehlt. Sie sind dann nichts weiter als gute Vorsätze –  wie Peter Drucker so schön sagt.

„No decision has been made unless carrying it out in specific steps has become someone‘s work assignment and responsibility. Until then there are only good intentions.“

Peter Drucker

Im vierten Schritt der effektiver Entscheidungsprozesse macht ihr eure Entscheidung umsetzbar. Beantwortet und dokumentiert dazu die folgenden Fragen:

  • Was genau wurde entschieden?
  • Was muss jetzt passieren?
  • Wer übernimmt die Verantwortung?
  • Wer ist von dieser Entscheidung betroffen und muss informiert werden?
  • Haben wir die richtigen Ressourcen für die Umsetzung?
  • Bis wann muss die Entscheidung umgesetzt sein, was sind Meilensteine?

In der Kurzfassung sind das die 3Ws: Wer, Was, bis Wann.

Besonders wichtig für effektive Entscheidungsprozesse ist eine überzeugende Kommunikation in das Team. Ihr überzeugt eure Kollegen, wenn

  • ihr glaubwürdig seid. Baut einen Track Rekord gut durchdachter und erfolgreich umgesetzter Entscheidungen auf.
  • eure Entscheidung nachvollziehbar ist. Macht die Daten, Informationen und den Entscheidungsweg transparent.
  • ihr die Empfindungen eurer Kollegen berücksichtigt. Zeigt, dass ihr versteht, was die Entscheidung auslösen kann. Geht auf diese Emotionen ein. Macht euch dabei klar: Verständnis ist nicht gleich Zustimmung.

Umsetzung tracken, Zielerreichung überprüfen

Geschafft. Entscheidung getroffen und kommuniziert. Jetzt kann nichts mehr schief gehen.

Diese Haltung erlebe ich in vielen Teams: Wir haben unseren Job gemacht, jetzt sind die anderen dran. Der Rest muss jetzt laufen.

Tut es aber nicht. Denn auch jetzt kann noch alles Mögliche dazwischenkommen. Verfolgt die Implementierung und haltet die Verantwortlichen accountable. Die Entscheidung ist erst vollständig, wenn sie umgesetzt ist. So lange seid ihr noch in der Verantwortung.

Und macht dann den letzten wichtigen Schritt: Überprüft nach der vollständigen Umsetzung, was ihr mit dieser Entscheidung erreicht habt. Stellt dazu die folgenden Fragen:

  • Haben wir das Ziel der Entscheidung erreicht? Wo müssen wir nachsteuern?
  • Haben unsere Hypothesen gestimmt? Welche Hypothesen müssen wir revidieren?
  • Bei älteren Entscheidungen: Ist die Entscheidung noch relevant?
  • Was sagt uns das Ergebnis über den Entscheidungsprozess? Was müssen wir beim nächsten Mal besser machen?

Klingt mühselig und zeitintensiv? Ja ist es. Es wird euch erst mal schwerfallen, euer Entscheidungstempo runterzudrehen. Euch Zeit zu nehmen, statt einfach ein paar Entscheidungen rauszuhauen.

Gute Entscheidungsprozesse sind aufwändig.

Dafür sind sie effektiv. Sie helfen uns, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, es gut zu durchdenken und bis zur Realisierung durchzutragen.

Sie bringen uns dazu, unseren eigentlichen Führungsjob zu machen: Die Strukturen und Entscheidungsprinzipien zu definieren, mit denen unsere Teams ihren Job machen können.

Viel Spaß beim Ausprobieren.

Und nun zu dir!

Wie kommt ihr zu effektiven Entscheidungen?

  • Bei welchen Schritten im Entscheidungsprozess hakt es bei euch am meisten?
  • Kümmert ihr euch um die richtigen Entscheidungen?
  • Nehmt ihr euch die Zeit, das eigentliche Problem zu verstehen?
  • Versteht ihr eure Hypothesen und diskutiert Alternativen?
  • Durchdenkt ihr auch die Umsetzung?
  • Wie gut verfolgt ihr die Umsetzung und reflektiert ihr die Zielerreichung?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

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Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

Entscheide dich, zack zack!

Ihr kommt mit euren Initiativen nicht voran? Eure Meetings sind frustrierend und ergebnislos? Das Energielevel im Team so lala? Dabei arbeitet ihr die ganze Zeit auf Hochtouren. Eigentlich müsste doch viel mehr gehen!

Diese Diskussion hatte ich gerade wieder mit zwei Gründerteams. Die Ursache für viele dieser Phänomene ist ein Thema, dass uns oft kaum bewusst ist:

Effektive Entscheidungen.

Entscheidungen zu treffen, ist DER Job von Leadern. Aber nur selten machen wir uns Gedanken darüber, was das eigentlich bedeutet.

Und das ist fast schon fahrlässig. Denn gute Entscheidungen machen nicht nur euer Business besser, sie geben euch auch Energie und empowern euer Team.

Höchste Zeit mal zu schauen, was effektive Entscheidungen ausmacht. Und da das ein breites Feld ist, gibt es dieses Mal zwei Artikel dazu. In diesem Artikel schauen wir uns an, was effektive Entscheidungen ausmacht und was uns dabei blockiert. Im nächsten Artikel schauen wir dann an, wie ein guter Entscheidungsprozess aussieht, der diese Probleme und Blockaden überwindet.

Red Flags der Entscheidungsfindung

Bevor wir weiter eintauchen: Wie effektiv trefft ihr eigentlich Entscheidungen?

10 Red Flags zeigen typische Probleme ineffektiver Entscheidungsprozesse. Was davon kommt dir bekannt vor?

1. Wir treffen eine unendliche Anzahl von Entscheidungen. Oft auch total belanglosen Kleinsch…

2. Zu viele Köche machen es schwer, effektiv zu entscheiden.

3. Wir treffen alle Entscheidungen so schnell wie möglich. Nur nicht in den Details verlieren.

4. Wir vermeiden die wirklich großen Entscheidungen und halten uns lieber die Tür offen.

5. Wir nehmen uns selten die Zeit, um Alternativen und Szenarien durchzudenken.

6. Es fühlt sich immer so an, als würde der Lauteste entscheiden.

7. Unsere Entscheidungen werden selten dokumentiert; das kostet zu viel Zeit.

8. Viele Entscheidungen werden nicht gut kommuniziert.

9. Viele Entscheidungen werden in sehr kurzer Zeit infrage gestellt.

10. Nur wenige unserer Entscheidungen werden konsequent umgesetzt.

Und? Wie oft hast du „Ja“ gesagt? Wo hakt es bei euch am meisten? In der Auswahl der richtigen Entscheidungen? Im Prozess bis zur Entscheidung? Oder in der Umsetzung?

Effektive Entscheidungen

Was ist eigentlich eine „Effektive Entscheidung“? Also eine Entscheidung, die wir als Leader treffen sollten?

Jeff Bezos gibt uns einen wichtigen Hinweis:

“As a senior executive, what do you really get paid to do? You get paid to make a small number of high quality decisions. Your job is not to make thousands of decisions every day.

Right now, I’m working on a quarter that will reveal itself 3 years from now. If I make 3 good decisions a day, that’s enough. They should be as high quality as I can make them.”

Jeff Bezos

Sprich: Als Leader fokussieren wir auf wenige sehr gute Entscheidungen. Auf Entscheidungen, die einen nachhaltigen Impact auf die Zukunft haben. Eine hohe Qualität erreichen wir durch bewusste Entscheidungsprozesse, die alle wesentlichen Faktoren inklusive der Umsetzung berücksichtigen.

Damit erfüllen effektive Entscheidungen 5 Kriterien:

  • Strukturiert: Effektive Entscheidungsfindung basiert auf einem strukturierten Prozess mit klar definierten Elementen. Die Systematik hilft, Bias und Befindlichkeiten zu reduzieren.
  • Essenziell. Konzentriert euch auf wenige, wesentliche Entscheidungen. Den Rest delegieren, oder mit Routinen hinterlegen.
  • Grundsätzlich. Ihr dringt bis zur Wurzel der Probleme vor und schafft Grundsatzlösungen, statt nur individuelle Probleme und Einzelfälle zu entscheiden.
  • Rigoros. Ihr hinterfragt das Problem und möglichen Lösungen intensiv. Ihr springt nicht gleich auf die erste Option und spielt auch Konsequenzen der 2. und 3. Ordnung durch.
  • Vollständig. Entscheidungsfindung endet nicht mit dem Beschluss. Sie ist erst vollständig, wenn die Umsetzung sichergestellt ist und allen Betroffenen kommuniziert wurde.

Nimm dir jetzt mal die letzten 5 Entscheidungen vor, die du getroffen hast. Wie effektiv waren diese Entscheidungen?

  • Hattet ihr einen systematischen Prozess?
  • Waren es essenzielle Entscheidungen oder eigentlich Alltagsentscheidungen?
  • Wie grundsätzlich bist du an die Problemlösung gegangen?
  • Habt ihr verschiedene Alternativen beleuchtet?
  • Wie gut habt ihr die Umsetzung durchdacht und kommuniziert?

Entscheidungen in Wachstumsunternehmen

Diese ersten Überlegungen zu effektiven Entscheidungen zeigen: Dein Job sind die wenigen großen Entscheidungen, die tendenziell mehr Zeit brauchen.

Da aber liegt der Hase im Pfeffer: Langsam wenig zu machen – das ist so gar nicht das Selbstbild der meisten Gründer.

Effektive Entscheidungen sind gerade in Wachstumsunternehmen echte Herausforderung, die in den tiefen Gewohnheiten und Bedürfnissen der Gründerinnen und Gründer verankert ist.

Entscheidungen im Startup: Schnell, direkt

In der Anfangszeit des Startups liegt die ganze Entscheidungsmacht bei euch, dem Gründerteam. Ihr seid an allem ultradicht dran, alle Informationen sind in eurem Kopf, und ihr wollt schnell sein. Das Team ist klein, die Entscheidungen werden quer über den Tisch kommuniziert, da geht nicht viel verloren. Und in die Umsetzung seid ihr eng eingebunden. Direkte Ergebniskontrolle.

In dieser Situation ist es richtig und wichtig, dass ihr schnell Entscheidungen trefft. Und ihr liebt es. Denn jede Entscheidung ist ein kleiner Schritt nach vorn.

Entscheidungen geben euch das gute Gefühl, wirksam zu sein. Ganz direkt. Ihr treibt die Dinge voran. Sichtbar und messbar an der Zahl der Entscheidungen.

Entscheidungen im Scale up: Strukturiert, umfassend

Das ändert sich, wenn das Team wächst. Die fehlende Effizienz von Entscheidungsprozessen ist ein typischer Wachstumsschmerz.

  • Ihr macht nicht mehr alles selbst und habt damit nicht mehr alle Informationen. Ihr müsst andere in die Entscheidungsfindung einbinden.
  • Die Komplexität der Probleme und der Organisation wächst. Quick Wins zielen jetzt schnell am eigentlichen Problem vorbei.
  • Die Anzahl der Entscheidungen steigt exponentiell. Ihr könnt nicht mehr alles selbst entscheiden. Und sollt es auch nicht. Denn das ist der beste Weg, euer Team zu demoralisieren.
  • Ihr seid nicht mehr die Umsetzer. Wenn die Umsetzung nicht durchdacht und kommuniziert wird, wird die Entscheidung nie realisiert.

Schnelle Schüsse geht jetzt vermehrt nach hinten los. Oder es wird aufgrund der Komplexität gar nicht mehr geschossen. Wichtige Entscheidungen werden aufgeschoben.

All dies blockiert euch. Ihr fühlt euch nicht mehr wirksam. Das Flow-Gefühl der direkten Umsetzung geht verloren. Und damit fehlt euch ein wesentlicher Energiegeber.

Wirksamkeit neu definieren

Zu effektiven Entscheidungen kommt ihr nicht nur durch die Einführung guter Entscheidungsprozesse. Der größte Hebel liegt im Verständnis eurer ganz persönlichen Entscheidungsblockaden. Der Schlüssel dazu: Das Verständnis deiner inneren Antreiber und ihrer Wirkung auf deine Entscheidungspräferenzen.

Sei Stark

Du willst möglichst emotionsfrei entscheiden. Klarheit und Stärke zeigen. Gewinnen ist dir wichtig. Klare Entscheidungen, die DU triffst, geben dir Power.

Das kann aber auch nach hinten losgehen, wenn deine Dominanz zu falschen Entscheidungen führt. Wenn es mehr um „Deine“ als um die „richtige“ Entscheidung geht.

Dein Hebel: Binde in deine Entscheidungen einen starken „Devils Advocat“ ein. Genieße die Reibung und das Ringen um die richtige Lösung. Hole dir selbstbewusste Sparringspartner, die ein gutes Gespür für die emotionale Lage im Team haben. Damit schaffst du einen guten Ausgleich.

Sei perfekt  

Du willst die Dinge wirklich gut machen, Details sind dir wichtig. Mit deinem Perfektionismus hilfst du dem Team vollständige Entscheidungen zu treffen.

Zur Blockade wird dein Perfektionismus, wenn du nach immer mehr Informationen suchst und die Entscheidung immer weiter aufschiebst.

Dein Hebel: Mach dir bei jeder Entscheidung klar, wie reversibel sie ist. Nutze deine Rigorosität bei den wegweisenden, irreversiblen Entscheidungen. Und arbeite bei allen anderen nach dem Motto „Good enough for now, safe enough to try.“.

Sei schnell

Du liebst es, schnell zu sein. Ein Leben auf der Überholspur. Du treibst das Team zu schnellen Entscheidungen. Raus damit und weiter, ein guter Gegenpol zum Perfektionisten

Problematisch wird dein Speed, wenn euch Business immer komplexer wird. Schnell hingeworfene, oberflächliche Entscheidungen verfehlen dann oft das eigentliche Ziel.

Dein Hebel: Verschiebe deine Wahrnehmung. Von der schnellen Entscheidung hin zur schnellen Umsetzung. Mach dir klar: Jede Minute, die du in durchdachte, geplante und kommunizierte Entscheidungen investierst, resultiert in einer schnelleren und besseren Umsetzung.

Mach‘s allen recht

Dir ist es wichtig, geschätzt zu werden und du willst alle mitnehmen. Eine gute Entscheidung ist für dich eine, der alle zustimmen und die keine Konflikte produziert.

Problematisch, wenn das Team wächst. Denn dann steigt die Gefahr fauler Kompromisse und nie endender Konsensschlachten.

Dein Hebel: Fokussiere auf Entscheidungen, die für Klarheit sorgen. Klare Arbeitsprinzipien, Verantwortlichkeiten und Strukturen erleichtern die Zusammenarbeit und minimieren Friktionen. Und unterstützen damit die Harmonie, die du dir wünschst. 

Streng dich an

Du bist unglaublich pflichtbewusst und strengst dich gerne an. Du gibst nie auf. Dein Durchhaltevermögen bringt euch durch mühselige Entscheidungen.

Gefährlich wird diese Tendenz, wenn du Entscheidungen überkomplizierst. Wer seine Befriedigung aus der Härte der Entscheidung zieht, bringt sie nur selten zu Ende.

Dein Hebel: Gib dir für jede Entscheidung einen festen Zeitrahmen, innerhalb dessen die Entscheidung getroffen werden muss. Und lass dich darauf von deinen Kollegen zur Rechenschaft ziehen.

Wo erkennst du dich wieder? Wo deine Kollegen? Nehmt euch diese Liste auch gerne im Team vor und überlegt, wie ihr einander bestmöglich unterstützt, um zu effektiven Entscheidungen zu kommen.

Entscheidet euch!

Effektive Entscheidung zu treffen, ist DEIN Job. Die wenigen Entscheidungen, mit denen ihr eure Zukunft gestaltet: Strukturiert, essenziell, grundsätzlich rigoros und vollständig.

Je größer euer Unternehmen wird, desto strukturierte müsst ihr euch mit dieser Aufgabe auseinandersetzen. Und dafür nicht nur die richtigen Prozesse etablieren (nächster Artikel), sondern vor allem sicherstellen, dass ihr euch nicht selbst blockiert.

Und nun zu dir!

Wie effektiv sind deine Entscheidungen?

  • Wie viele Red Flags haben eure Entscheidungsprozesse?
  • Triffst du effektive Entscheidungen: Strukturiert, essenziell, grundsätzlich, rigoros und vollständig?
  • Was sind deine typischen Entscheidungsblockaden? Wie kannst du sie adressieren?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

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Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

7 Fragen an Aimie-Sarah Carstensen von ArtNight

Aimie-Sarah Carstensen hat 2016 ArtNight gegründet.

ArtNight ist ein echtes Herzensprojekt. Getrieben von der Vision, Menschen dazu zu inspirieren, ihre tägliche Routine zu durchbrechen und ihren kreativen Flow zu erleben – für mehr Glück und Lebensfreude im Alltag. In der Coronazeit dann auch im virtuellen Raum, aber nicht weniger kreativ.

Kreative Schaffenskraft ist einer meiner wichtigsten Werte. Und genau das lebt Aimie: In ihrem Leben dreht sich alles um Unternehmertum, persönliche Weiterentwicklung, Leadership und Kreativität. Growth Leadership at it’s best!

Um so mehr freue ich mich, Aimie meine 7 Leadership-Fragen zu stellen.

Danke Aimie, dass du dir die Zeit für die sieben Leadership-Fragen nimmst. Ich freue mich ganz besonders darauf, mit dir zu sprechen: Ich bewundere deine Arbeit, ein wirklich kreatives Unternehmen aufzubauen, und erlebe dich als eine Führungskraft, die eine große innere Freiheit gewonnen hat.

Meine erste Frage: Vom Macher zum Leader, was war dein größter Entwicklungsschritt?

Mein erster richtig großer Entwicklungsschritt war es, zu lernen loszulassen und nicht alles selbst machen zu müssen. Nicht alles immer kontrollieren zu wollen, sondern mich darauf zu konzentrieren, wie ich ein gutes Team aufbauen und die Stärken von jedem Einzelnen gut nutzen kann.

Ich sage immer: Die Richtung vorgeben und die Leitplanken setzen. Leitplanken setzen heißt nicht, jeden einzelnen Schritt wie ein Kontrolletti zu kontrollieren. Sondern ein Ziel zu geben, dass sehr klar ist.

Ziel und Leitplanken und dann ist der Weg klar. Wunderbares Bild. Spricht mir sehr aus dem Herzen. Als du dich selbst auf den Weg begeben hast, hattest du da Menschen, die dich inspiriert haben? Was genau hat dich da inspiriert?

Ich habe keine klassischen Vorbilder, sondern ich beobachte sehr gerne.

Ich war schon sehr jung Führungskraft, mit 24 bekam ich mein erstes Team. Schon da habe ich immer sehr viel beobachtet. Wie machen es andere? Wie gehen andere in der Situation mit gewissen Themen um? Dabei habe ich auch viele Negativbeispiele erlebt, wo ich immer dachte, nee, so will ich das nicht machen.

Und ich habe immer versucht, meine Beobachtungen mit meinen eigenen Werten und meiner eigenen Persönlichkeit zusammenzubringen. Und dabei überlegt: Hey, das fand ich cool, das fand ich irgendwie nicht so gut, wie würde ich in gewissen Situationen damit umgehen. Das war für mein persönliches Wachstum extrem hilfreich. Immer offen zu sein für Learnings, immer zu beobachten, mich selbst und andere, und daraus kontinuierlich zu lernen.

“Für mich ist Führung – also mich selbst zu führen und auch andere zu führen – wie ein Muskel, den man trainiert.”

Aimie-Sarah Carstensen

Das gilt auch für die schwierigen Situationen. Die erste Kündigung, die man aussprechen muss: Horror! Egal, wie gut du dich vorbereitest. So schlimm es sich anhört, aber man trainiert mit der Zeit, wie man selbst damit umgeht, wie andere damit umgehen, wie man auch das Gegenüber gut abholt. Das immer wieder zu üben und offen dafür zu sein, das hilft in der Entwicklung.

Und das macht auch die Führungskräfte aus, die ich bewundere: Menschen, die immer offen sind für Learnings, die permanent versuchen sich weiterzuentwickeln und aus Situationen zu lernen.

Guter Punkt. Ein Wachstums-Mindset ist eine der vier zentralen Eigenschaften von Growth Leadern. Wenn das Team wächst und du wächst nicht mit, dann hast du als Leader schlechte Karten. Das funktioniert einfach nicht.

Was ist deine Führungsvision? Was möchtest du schaffen?

Vier Werte sind mir sehr wichtig: Freiheit, Mut, Neugier und Mitgefühl. Das alles miteinander zu verbinden und immer wieder ein Check-in mit mir selbst zu machen.

Wie führe ich mich selbst? Damit fängt alles an. Wenn ich selbst unzufrieden und nicht richtig auf der Spur bin, dann kann ich keine gute Führungskraft sein.

Wenn ich nicht sortiert bin und mir das Ziel nicht klar ist, kann ich das auch meinem Team nicht richtig vorgeben.

Also immer wieder bei mir selbst anzufangen. Wenn etwas schiefgeht oder man sich aufregt, sage ich meinem Team: Du kannst nur dich selbst ändern, also fange genau da an.

Und dann radikal wertebasiert, Mindset-fokussiert zu arbeiten. Ein paar Sachen machen mich ganz fuchsig. Wenn man hinter dem Rücken über jemanden spricht und nicht direkt. Wenn man den Elefanten im Raum nicht anspricht, sondern drum herumredet. Ich sage dann immer: “State the obvious promptly“ – ein wunderschöner Satz!

Meine Führungsvision? Ich habe keine feste Vision, es ist eine kontinuierliche Entwicklung, ein ständiges Verbessern der Kommunikation und eine kontinuierliche Verbesserung der Zusammenarbeit mit verschiedenen Menschen.

Aimie-Sarah Carstensen

Und sich auch immer zu überlegen: In welchem Status ist das Unternehmen jetzt. Wenn man im Krisenmodus ist, braucht es viel mehr und engere Führung, engere Leitplanken. Wenn es supergut läuft und alle total motiviert sind, die Vision sehr klar ist, sind die Leitplanken breiter, man gibt wieder mehr Freiheiten und arbeitet auch selbst freier.

Und da sehr flexibel zu bleiben. Das ist der Schlüssel: Viele Learnings zu machen, flexibel zu bleiben und sich kontinuierlich der Situation anzupassen.

Du sprachst von den engeren Leitplanken in der Krise. Tatsächlich hat es euch in der Coronazeit ja Hardcore getroffen. Vor allem am Anfang. Ihr seid dann sehr kreativ damit umgegangen. Wirklich fantastisch, was ihr da geschafft habt. Aber was hat dich durch die schlimmsten Zeiten gebracht?

Ich stehe jeden Morgen auf und versuche einfach, mein Bestes zu geben.

Früher dachte ich regelmäßig: “Oh, das hätte ich noch besser machen können“ oder “Warum habe ich jetzt die Entscheidung getroffen und nicht eine andere?”

Das war nicht hilfreich. Irgendwann habe ich dann entschieden: Ich gebe einfach jeden Tag mein Bestes und das Beste ist gut genug. Das Beste ist jeden Tag anders. Je nachdem, wie viel Energie ich habe oder was mich im Moment gerade beschäftigt. Mehr kann ich dann an dem Tag nicht tun, das reicht. Diese Haltung hat mich sehr gut durch die Krise gebracht.

Ein Riesen-Learning war es auch, Flexibilität in der Führung zu gewinnen. Ich musste verstehen, dass in diesen Krisenzeiten oder auch jetzt mit meinem Management Team, eine ganz andere Rolle von mir erwartet wird, als ich sie davor hatte.

Vor der Krise haben viele Teammitglieder nach Empowerment gerufen, nach Freiheit und eigener Entscheidungsgewalt. Keiner sollte mitbestimmen.

In der Krise war das plötzlich ganz anders: Jetzt sollte ich die Entscheidungen treffen, ich sollte sehr dominant führen und sagen, wir laufen jetzt da lang und nicht da lang. Denn im Endeffekt nehmen nur wenige Menschen gerne ein Risiko auf sich.

Es war also eine ganz neue Rolle und anderer Führungsstil, der von mir verlangt wurde. Anfangs dachte ich: Das kann doch nicht sein, dass ich jetzt so bossy sein soll. Kann ich aber. Auf meine Art und Weise.

Das hat mir extrem geholfen: Zu verstehen, in welcher Unternehmensphase welche Art von Führung von mir verlangt wird. Und explizit danach zu fragen. Wie oft haben wir ein Bild davon im Kopf, wie wir sein sollten. Ich habe dann einfach nachgefragt: Was erwartet ihr in dieser Situation von mir? So, und dann habe ich die knallharte Antwort bekommen und wusste ganz genau, was zu tun ist.

Ich finde deine Erfahrung unglaublich spannend. Es zeigt, wie wichtig psychologische Sicherheit für das Team ist. Wenn es gut läuft, ist die Grundsicherheit im Team groß. Dann werden Freiräume geschätzt. Wenn die Grundsicherheit aber gering ist, wie in der Coronakrise, dann musst du als Leader diese fehlende Sicherheit kompensieren.

Sich klar zu sein: Als gute Führungskraft bin ich ein Secure Leader. Und die Sicherheit, die ich geben muss, hängt von den Umfeldfaktoren ab. Du hast das fantastisch beschrieben. Ich glaube, das sollten sich Führungskräfte noch viel klarer machen.

Absolut! Gleichzeitig, nicht zu glauben, dass man das alles selbst definieren muss. Für mich war es eine totale Erleichterung, einfach nachzufragen, was meine Teammitglieder von mir erwarten. Aber wie oft fragt man wirklich: “Was erwartet ihr jetzt von mir in dieser Situation?” Oft hat man Schiss, was dann als Antwort kommt. Denn das muss man ja dann auch abliefern. 

Aber es ist erstaunlich, wie oft ich in der Vergangenheit, was ganz anderes im Kopf hatte als das, was dann wirklich erwartet wurde. Diese Klarheit zu schaffen gibt so viel Frieden. Dann ist das einfach geklärt und steht nicht im Raum.

Das zu fragen finde ich super. Bei unseren Kunden tun wir das ja auch. Da fragen wir regelmäßig: Was wollt ihr eigentlich? Als Gründer hat man aber zwei Gruppen von Kunden. Die da draußen, aber auch die Kollegen, die genauso Kunden von einem sind und die man auch nach ihren Bedürfnissen fragen sollte. Das bringt einen wirklich weiter!

Kommen wir zur nächsten Frage: Du strahlst eine unglaubliche Energie aus. Was gibt dir diese Energie?

Ich mache mir schon immer viel Gedanken darüber, was mir Energie gibt und was mich Energie kostet. Und ich versuche, viele Energiekiller aus meinem Leben zu verbannen.

Wie schon gesagt: Wenn man etwas verändern will, muss man immer bei sich selbst anfangen. Und das dann verändern.

Ich brauche beispielsweise viel Schlaf. Mindestens sieben, siebeneinhalb Stunden. Ich halte schon mal mehrere Tage mit weniger Schlaf durch, merke dann aber, dass ich eine niedrige Grundenergie habe. Da steuere ich bewusst dagegen. Ich gehe früher aus dem Büro oder ich lasse Veranstaltungen aus. Vor allem, wenn ich genau weiß, dass ich eine anstrengende Woche vor mir habe, in der ich viel Energie brauche. Sich dessen sehr bewusst zu sein – das hilft.

Ein weiterer Hebel ist der Umgang mit Zeit. Wie oft sagen wir: Ich habe keine Zeit. Das stimmt aber nicht, wir nehmen uns keine Zeit. “Ich habe keine Zeit!” habe ich aus meinem Wortschatz verbannt. Stattdessen sage ich: “Dafür will ich mir keine Zeit nehmen” oder “Dafür nehme ich mir gerne Zeit”. Das ist ein kompletter Mindset Shift.

Zeit passiert mir nicht. Ich treffe eine aktive Entscheidung, mir für etwas Zeit zu nehmen und ich bin mir dann auch darüber bewusst, dass ich mir für andere Themen keine Zeit nehme. Damit aktiv umzugehen, hilft mir sehr, meinen Energiehaushalt zu managen.

Aimie-Sarah Carstensen

Schließlich liebe ich das, was ich tue. Ich gehe darin total auf, habe eine riesige Leidenschaft dafür und das gibt mir per se sehr viel Energie. Eigentlich habe ich immer viel Energie, schon beim Aufwachen. Für mich ist jeder Tag ein Geschenk, jeder Tag bietet die Möglichkeit, etwas zu verändern. Ich nutze mein Leben und meine Energie – wofür, das ist natürlich auch immer ganz unterschiedlich.

Ich hatte Phasen, in denen ich alles Mögliche probiert habe, vom 5am-Club bis zur Produktivitätsoptimierung. Heute glaube ich, man muss einfach nur auf sich selbst hören: Was tut mir gut, was nicht? Worauf habe ich jetzt Lust, worauf nicht? Und sich dann die Freiheit nehmen, danach zu agieren. Wenn ich merke, heute ist ein Tag, an dem ich mich nur im Bett vergraben will, dann muss ich mich an diesem Tag nicht durch alles durchboxen und es im Zweifelsfall doppelt machen. Dann akzeptiere ich das. OK, heute ist halt so ein Tag. Dann ist es halt so.

Das Gute: Und du hast es in der Hand. Selbst wenn du das Gefühl hast, andere saugen Energie von dir, dann sind es eigentlich nicht die anderen, sondern du lässt es zu. Sich dieser Möglichkeit der Selbstbestimmung bewusst zu sein und dementsprechend zu agieren, das gibt mir Energie.

Ja, super. Was ist denn das letzte gute Buch, was du gelesen hast?

Das ist „The Effektive Exekutive“ von Peter Drucker? Ein faszinierendes Führungs-Buch. Auch da geht es ganz viel um Selbstführung.

Dass man sich überlegt: Wie kann ich sinnlose Aktivitäten aus meinem Leben verbannen? Solche, die einfach nur die Zeit töten. Wie kann ich mich in der Arbeit auf meine Stärken konzentrieren, wie werde ich effektiv, in dem ich meine Stärken gut einsetze? Wie schaffe ich ein effektives Team, das gut mit mir zusammenarbeitet? Und wie entwickle ich mich kontinuierlich weiter, wie lerne ich?

Ein sehr, sehr schönes Buch mit auch sehr vielen pragmatisch guten Tipps darin. Für ein relativ altes Buch (Anmerkung: 1. Auflage in 1967) ist es ganz schön aktuell. Interessant, dass bei uns Menschen eigentlich immer wieder die gleichen Themen aufpoppen.

Und dass wir immer noch nicht verstanden haben, dass sich Produktivität nicht unbedingt an Zeit oder langen Arbeitstagen misst. Wie oft sprechen wir davon, effizient zu arbeiten. Aber was heißt das eigentlich? Und was heißt es, effektiv zu arbeiten? Eben nicht nur meine Zeit optimal einzusetzen, sondern uns an den richtigen Ergebnissen zu messen. Das fand ich ganz, ganz hervorragend.

Super, danke für den Tipp. Ich habe es auch schon gelesen und finde es großartig. Zum Abschluss: Welchen Rat würdest du einem First Time Leader geben?

Seinen eigenen Werten treu zu bleiben und authentisch zu bleiben.

Wenn Dinge echt schiefgelaufen sind, in meinen Teams oder unternehmerisch, dann hatte das meistens die Ursache, dass ich das Gefühl hatte, ich muss jetzt eine andere Rolle spielen oder dass ich andere nachgemacht habe.

Das führt dann manchmal dazu, dass man Menschen nicht gut behandelt, dass man Fehlentscheidungen trifft und dass man sich selbst ein bisschen verliert.

Ich glaube, ich bin dann die beste Führungskraft, wenn ich bei mir selber bleibe und meinen Werten treu bin. Dafür muss man sich intensiv Gedanken machen: Was ist mir wichtig, was akzeptiere ich, was akzeptiere ich nicht?

Es gibt immer wieder Unternehmer, die haben eine „Manager on one page“, auf der die zusammenfassen: Was ist mir wichtig? Wie ticke ich? Wie agiere ich? Warum tue ich das so? Ich arbeite auch gerade daran.

Sich seiner selbst bewusst zu werden, authentisch zu sein und seinen Werten treu zu bleiben. Das ist mein großer Tipp and First Time Leader.

Aimie-Sarah Carstensen

Wow, großartig. Kann ich nur so unterschreiben. Toller Ratschlag. Genau da zu starten: Wer bin ich eigentlich? Was ist mir wichtig?

Aimie, vielen, vielen Dank für dieses inspirierende Gespräch, denn da kommt wunderbar durch, wie ich dich erlebe! Vielen, vielen Dank.

3 Wege aus der Stressfalle

Wie geht es dir aktuell? Gestresst? Willkommen im Club.

Wir wollen Unternehmen aufbauen, das Unmögliche möglich machen. Wir überschreiten immer wieder Grenzen. Physisch und emotional. Unsicherheit im Markt, die Verantwortung für das Team, die Angst vor der nächste Finanzierungsrunde.

Stress ist unser täglicher Begleiter. Ein Begleiter, der uns oft genau den Energiekick gibt, den wir für die nächste Meile brauchen.

Und ein Begleiter, der uns gerne in den Rücken fällt: Schlaflose Nächte, wiederholte Krankheit, Vergesslichkeit. Der uns vom menschenfreundlichen Jekyll zum düsteren Hyde werden lässt.

Nachhaltig erfolgreich werden wir nur, wenn wir unseren Stress aktiv managen. Denn, wie der Mediziner Hans Selye sagte,

„It’s not stress that kills us, it’s our reaction to it.”

Unser Stresszyklus

Stress ist erst mal nicht schlecht. Er hat über Jahrtausende sichergestellt, dass wir die Flucht oder den Kampf mit den Löwen überleben. Einzelne Stresssituationen, die unsere höchste Konzentration und Energie brauchen.

Ein normaler Stresszyklus besteht aus 3 Phasen:

In der Vorphase löst ein Stressor den Stresszyklus aus. Der Abschlusstermin für ein großes Projekt naht, eine wichtige Entscheidung steht an, etwas ist so richtig in die Hose gegangen.

Es folgt die Alarmphase. Jetzt reagiert unser Körper mit all den bekannten Stresssymptomen. Die Atmung wird beschleunigt, der Blutdruck steigt, unsere Sinne sind auf das Äußerste geschärft, die Muskeln angespannt. Unser Stresssystem lässt uns zu Höchstleistung auflaufen. Ready to Strike.

Wir sind zu 100 % präsent, denken schneller und fokussierter. Und machen damit das Unmögliche möglich.

Wenn wir den Löwen verjagt haben, startet die Erholungsphase. Die Stresshormone werden allmählich verstoffwechselt. Wir kommen langsam wieder runter.

Für diese Art von akutem Stress sind wir gemacht. Er lässt uns lebendig fühlen, gibt uns das Gefühl stark und selbstbewusst zu sein.

Aber leider nicht beliebig lange. Irgendwann wird auch der beste Stress zu viel. Oder wie es bei den Handwerkern heißt: Nach fest kommt ab. Wir sind im besten Sinne überdreht.

Der Stress wird chronisch. Immer neue Stressoren verhindern, dass unser Körper auf Normalnull zurückfahren kann. Wir sind ständig auf Hab acht. Der Stresszyklus wird nicht mehr beendet. Die dauernde Bombardierung mit Stresshormonen schwächt unser System. Physisch und psychisch.

Ich kenne das aus vielen Gesprächen mit Gründern: „Ich kann nicht mehr abschalten.“ „Ich habe die Kontrolle verloren.“ Ganz schön beängstigend. Wenn wir jetzt nicht aufpassen, fahren wir mit dem Rad der Erschöpfung bis in den Burnout.

Die drei Wege der Stressreduktion

Zum Glück zeigt uns das Verständnis des Stresszyklus drei Wege zur aktiven Stressreduktion.

Du kannst

1. Die Anzahl der Stressoren reduzieren. Damit wird erst mal gar kein Stress ausgelöst.

2. Die Emotionen im Stress regulieren und damit sicherstellen, dass der Stress gar nicht erst so hochfährt.

3. Die Erholung beschleunigen, indem du die Verstoffwechselung der Stresshormone anregst.

Am besten entwickelst du Techniken für alle drei Ansätze der Stressreduktion.

Anzahl der Stressoren reduzieren

Viele unserer Stresssituationen können nicht vermieden werden. Unser Leben ist per se von unerwarteten und herausfordernden Situationen gekennzeichnet.

Aber es gibt immer auch Stressoren, die wir kontrollieren können. Allen voran alle möglichen Konflikte, innere und externe.

Externe Konflikte sind: Unterschiedliche Persönlichkeiten, unterschiedliche Ziele, fehlendes Vertrauen, falsches Umfeld oder externe Erwartungen und Normen.

Vor allem unausgesprochene Konflikte im Leadership Team können unglaublich belasten. Ein beliebtes Thema in den Volate Coachings.

Innere Konflikte entstehen oft aus übermäßigen Ansprüchen an uns selbst. Wir setzen uns unerreichbare Ziele oder arbeiten auf Themen, die uns eigentlich nicht liegen.

Wenn meine Stärke darin liegt, neues zu entwickeln, dann stresst mich eine Rolle, in der ich lauter Routine-Jobs habe. 

Mach dir eine Liste aller Themen, Menschen und Aufgaben, die dich stressen. Schaue auf all deine Lebensbereiche: Deine eigene Haltung, Routinen, Company, privates Umfeld. Lass nichts aus.

Überlege dir dann Lösungen für alle Stressoren: Passe deine Rolle an, delegiere Aufgaben, die dir nicht liegen, gehe die verdeckten Konflikte im Team an, lerne neue Führungsmethoden… Sei kreativ – und übernimmt die Kontrolle über dein Leben!

Mit diesem Wege wirst du schon einige Stresssituationen aus deinem Leben verbannen. Aber sicher nicht alle. Zeit, den zweiten Weg zu beschreiten.

Emotionen im Stress regulieren

Wir kennen das alle: Stress macht nicht die Situation, sondern unsere Reaktion darauf.

Ich habe Höhenangst. Auf einen hohen Turm zu steigen, stresst mich enorm. Andere lieben es, die Welt von oben zu sehen. Für sie ist es ein super Kick ganz nach oben zu steigen. Gleiche Situation, unterschiedlicher Wahrnehmung der Wirklichkeit. Angstbesetzt vs. Super Chance.

Benenne in den nächsten Stresssituationen deine Gefühle. Das ist das „Labeling“. Mit der Benennung abstrahieren wir unsere Gefühle und nehmen ihnen ihre Macht.

  • Benenne das Gefühl, das mit dem Stress verbunden ist kurz und knapp. Angst, Unsicherheit, Ärger…
  • Identifiziere die ersten Stresssignale. Wann musst du gegensteuern?

Jetzt kommt der zweite Schritt: Entwickle einen neuen Blick auf die Wirklichkeit. Das ist das Reframing. Du kannst stressige Situationen:

  • Neu interpretieren und ihr eine positive Bedeutung geben: Aus dieser Krise kann ich unglaublich viel lernen, hier kann ich endlich zeigen, was ich kann.
  • Normalisieren und das Drama raus: Ich habe das schon mal geschafft. Es ist völlig normal, dass ich das anstrengend finde.
  • In ihrer Bedeutung abwerten: Ist das wirklich so wichtig? Was kann ich hier überhaupt aktiv kontrollieren?

Und schließlich kannst du dir einen virtuellen „Panikraum“ bauen: Einen Spaziergang machen, deine beste Freundin treffen, meditieren, Kochen, Musizieren…

Und damit auch schon den dritten Weg einschlagen.

Beschleunigung der Erholung

Wir fühlen uns gestresst, solange die Stresshormone unseren Körper überschwemmen. Erst wenn wir sie verstoffwechselt haben, verlässt uns das Stressgefühl. Diesen Prozess können wir beschleunigen.

Spannenderweise gibt es eine ganze Reihe von Eingriffen, mit denen wir diesen Prozess beschleunigen können.

Gazellen, die sich nach erfolgreicher Flucht vor den Löwen schnell erholen wollen, machen es vor: Sie stellen sich hin und schütteln ihren ganzen Körper durch.

Auch wird können den Stress im wahrsten Sinne des Wortes abschütteln. Durch das Schütteln lösen wir die stressbedingte Anspannung in unseren Muskeln. Für den Körper ein klares Signal: Stress vorbei. Ähnlich gut funktioniert Sport oder Tanzen. Oder du schüttelst dich vor Lachen – z.B. über die Absurdität der Situation.

Atme tief ein und langsam aus. Auch langsamer Atem ist ein Zeichen an unseren Körper: Stress vorbei, runterfahren.

Triff freundliche Menschen – das gibt dir das Gefühl der Sicherheit. Und lass dich herzlich von Ihnen drücken. Big Hug! Umarmungen von mehr als 20 sec führen nachweislich zur Entspannung. Heul dich aus! Deine Tränen reduzieren die Stresshormone und setzen Hormone frei, die zur Steigerung des Wohlbefindens führen.

Sei kreativ und verarbeite so deinen Emotionen: Malen, schreiben, Musik machen. All das hilft uns, wieder in den Takt zu kommen.

Weise den Stress in die Schranken

Stress ist unser täglicher Begleiter. Aber es ist keiner, dessen Macht wir einfach hinnehmen müssen.

Mit dem Verständnis des Stresszyklus hast du drei effektive Hebel, aus der Stressfalle auszubrechen und seine positive Power zu nutzen. Du kannst

  • Deinen Alltag neugestalten und Stressoren rausschmeißen,
  • dem Stress eine neue Perspektive geben und
  • den verbleibenden Stress dann möglichst schnell abschütteln.

Viel Spaß beim Ausprobieren.

Und nun zu dir!

Wie kannst du deinen Stress bändigen?

  • Welche Stressoren kannst du aus dem Weg räumen?
  • Was sind deine typischen Stressgefühle, nenn sie beim Namen?
  • Welche Art des Reframings funktioniert für dich am besten?
  • Was ist dein Notfallset an Stressreduzierern?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

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Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

7 Fragen an Arkadi Jampolski von Wunderflats

Arkadi Jampolski hat Wunderflats 2015 gemeinsam mit Jan Hase gegründet.

Die Quintessenz von Wunderflats: Heimat schaffen, auch für Menschen, die nur temporär ein neues Zuhause suchen. Der Unternehmenszweck von Wunderflats basiert auf einer tiefen persönlichen Erfahrung. Beide Gründer haben erlebt, was es bedeutet, in schwierigen Zeiten eine echte Heimat zu finden.

Eine Heimat bietet Wunderflats nicht nur für die Nutzer der Plattform, sondern auch für das Team, das inzwischen aus 160 Mitarbeitern besteht.

Ich habe das Wunderflats-Management in gemeinsamen Workshops erlebt und war tief beeindruckt von der Kultur der Offenheit, des Respekts und des Miteinanders. Arkadi und Jan sind für mich echte Growth Leader!

Um so mehr freue ich mich, mit Arkadi in die „7 Fragen an“-Interviews zu starten.

Arkadi, was war für dich der größte Entwicklungsschritt auf dem Weg vom Gründer zum COO?

Der größte Entwicklungsschritt? Bescheidenheit im Kontext von Führung neu zu kultivieren.

Als Macher, ganz am Anfang von Wunderflats, war ich bescheiden gegenüber unseren Kunden. Wir haben ihnen Leistungen angeboten, aber nicht angenommen zu wissen, was sie wollen. Ich habe das Feedback bekommen, ob sie die Kaufentscheidung positiv oder negativ treffen. Auf Basis dieses Feedbacks konnten wir die Firma entwickeln und ein gutes Geschäftsmodell finden.

Jetzt beim Führen ist es wichtig, dass ich die neuen unternehmerischen Herausforderungen bescheiden angehe. Die Herausforderungen werden ja nicht weniger. Je erfolgreicher eine Firma ist, desto größer die Chancen und Herausforderungen.

Dabei ist es entscheidend immer einen kühlen bescheidenen Kopf zu bewahren. Bei Erfolgen und Misserfolgen. Sich klar zu sein: Ich bin verantwortlich für einige Chancen der Firma. Meine Kollegen sind für andere Chancen der Firma verantwortlich. Es gibt Überlappungen, alles ist in Bewegung, alles okay. Aber dieses bescheidene Teamwork, wo alle unterschiedlichen Teile der Verantwortung tragen, ist das Allerwichtigste.

Sprich, deine Vision ist ein Team of Teams und ihr seht euch als Leader of Leaders, statt alles alleine zu treiben. Super!

Gibt es in der Entwicklung deines Führungsansatzes Menschen, die dich inspiriert und weitergebracht haben?

Ja. Ich lese viele Bücher. Das Lesen der klugen inspirierenden Sätze ist super, es hebt auch noch meine Laune, aber es ist nur ein Beitrag für meine Entwicklung.

Viel weiter bringt mich das Beobachten von Führungspersonen, die ich direkt erleben darf. Daher sind die Leute, auf die ich am meisten schaue, die Menschen, die ich wirklich erlebe.

Da ist zum Beispiel mein Mitgründer Jan Hase, der einen wirklich radikalen Fokus auf die Sache hat und einen sehr hohen Anspruch an der Sache, was ich sehr genieße und inspirierend finde.

Wer mein Denken auch sehr prägt, ist unser CFO André, der außergewöhnlich ausgeglichen ist. Er ist zielstrebig, seltenst echt gestresst, emotional intelligent und rational. Er ist echt direkt und sowohl ein super Zuhörer, als auch ein super Erzähler.

Extrema funktionieren im Leben und im Arbeitsumfeld sehr selten. Wichtig sind Ausgeglichenheit und Balance, sowohl zwischen den Lebensbereichen als auch in jedem einzelnen Lebensbereich und in vielen Skills.

Arkadi Jampolski

Das ist in der Tat inspirierend. Tatsächlich ist gute Führung ohne Energie und Balance eigentlich nicht möglich. Das führt mich zur nächsten Frage:

Wie schaffst du es, in deiner Energie zu bleiben?

Was mir dabei hilft ist Wandern, seit neuestem auch Radfahren, Kiten, Sport draußen, Meditation jeglicher Form. Vieles läuft da unter dem Titel Detox Tätigkeiten. 

Auch das Coaching hilft mir sehr, sowohl mit Coach als auch mit anderen Unternehmern.

Ein Thema, das oft unterschätzt wird, ist die Beziehungspflege im Führungsteam. Mein Mitgründer Jan und ich, aber auch unser ganzes C-Level, nehmen uns sehr regelmäßig Zeit, um eine gute Teambeziehung zu entwickeln.

Arkadi Jampolski

Jan und ich haben seit der Gründung jede Woche eine „Tea Time“. Einen extra Slot, in dem wir über Dinge sprechen, die im Daily Business zu kurz gekommen sind. Diese Tea Time ist selten ausgefallen. Sie ist ein Schlüssel zum Erfolg von Wunderflats und hat mir sehr geholfen, in meiner Energie zu bleiben.

Großartig zu hören! Ich habe ja auch erlebt, wie gut ihr zusammenspielt. Leider erlebe ich immer wieder Gründerteams, die sich eben nicht die Zeit zur Beziehungspflege nehmen. Da wird es dann ganz schnell schwierig. Ich finde es großartig, dass ihr es so lebt und dass du das auch so nach außen trägst.

Kommen wir zur vierten Frage. Führung ist nicht immer leicht: Was bringt dich durch die schlimmsten Zeiten?

Unser Firmenzweck bringt mich durch die schwierigen Zeiten. Es ist der Sinn, warum ich es mache.

Wichtig ist natürlich auch das WIE: Das Pflegen der Beziehungen, wie wir die Firma aufbauen und die Prioritäten, die wir setzen. Es gehört zu unseren Werten, dass uns das wichtig ist.

Aber durch die allerhärtesten Zeiten bringt uns unser Firmenzweck, der sowohl mich als auch meinen Mitgründer dazu bewegt, die Herausforderung anzugehen, die Chancen zu ergreifen, auch wenn es echt manchmal schwer ist.

Arkadi Jampolski

Super. Es ist in der Tat oft der Sinn unserer Unternehmen, der uns weiterbringt, auch wenn es im Team knirscht. Und der sich eben oft auch aus unserer persönlichen Biographie ergibt.

Du sagtest vorhin, du liest viel. Was ist das letzte gute Buch, das du gelesen hast und gerne empfehlen würdest?

Ein sehr gutes Buch, was ich gerade zu Ende gelesen habe, ist “Die Kunst des Liebens” von Erich Fromm. Vielleicht kein Business Buch. Doch darin geht es um weit mehr als die romantische Liebe, wie man vielleicht auf den ersten Blick denkt.

Das Buch handelt von dem Verhältnis zu sich selbst und auch von der Liebe zur Arbeit, der Liebe zum Erschaffen und zum Wirken in der Welt. Und das finde ich sehr, sehr hilfreich. Sehr anregend, sehr inspirierend.

Auf Basis deiner Erfahrung: Was für einen Rat würdest du einem First Time Leader oder einem jungen Gründer geben?

Ich würde sagen: Herausforderungen sind anstrengend und wer glücklich sein möchte, muss auch riskieren, sehr traurig zu sein. Das eine geht nicht ohne das andere.

Bei einer engen Freundschaft machen wir uns verletzlich. Wir sind dann sehr glücklich, riskieren aber auch, stark verletzt zu werden.

Das lässt sich auch gut auf die Arbeit übertragen. Wenn du besonders viel lernen und wachsen möchtest, wenn du wirklich viel bewirken möchtest, wirst du sicher auch in gleichem Umfang Stress empfinden und vor scheinbar unlösbaren Problemen stehen.

Das ist der Moment, in dem ich empfehlen würde, an dein eigenes Potenzial zu denken. Und dein Potenzial zu nutzen: Chancen ergreifen oder Herausforderungen und Probleme lösen. Das, was in dem Moment wirklich geht.

Und eben nicht in die mentale Verteidigungshaltung zu gehen vor Problemen und Herausforderungen. Denn das ist es, warum du die Chance ergriffen hast, zu gründen oder eine Führungskraft zu werden, statt als Individual Contributor neue Herausforderungen anzugehen.

Es geht um das Potenzial, was in dir ist. Und das geht nur in diesem Spannungsfeld zwischen: Ich lasse mich auf die höchste Glücksekstase ein, und ich lasse ich mich gleichzeitig auch auf wirklich harte Zeiten ein.

Das gehört eben dazu. Die eigene Haltung kannst du stärken und gesünder leben, wenn du an dieses Potenzial denkst, und worauf du dich eingelassen hast.

Wow. Fantastischer Ratschlag. Das eigene Potenzial zu nutzen, aber auch zu akzeptieren, was ist. Sich klar zu sein: Es gibt Hochzeiten und es gibt Tiefzeiten. Sich nicht dagegen zu wehren, sondern da zu bleiben und weiter auf den Zweck hinzuarbeiten.

Das ist wirklich inspirierend!

Gibt es noch irgendwas, was du zum Abschluss gerne rüber rufen würdest.

Ja, und zwar vor allem an diejenigen, die an ähnlichen Themen arbeiten wie ich. Die probieren, Organisationen zu stärken umzubauen und weiterzuentwickeln.

Wir sind gerade 160 im Team. Wenn Wunderflats mal 1.000 und mehr Menschen im Team hat, möchte ich, dass wir ein dynamisches, kompetentes und organisiertes Netzwerk sind.

Alle unsere 160 Kollegen wollen einen Beitrag dazu leisten, dass mehr Menschen bei ihrer Lebensgeschichte mehr Möglichkeiten haben. Wohnen, das Thema unserer Firma, steht bisher noch oft im Weg der Möglichkeiten, die eigene Lebensgeschichte zu schreiben. Wir wollen, dass Wohnen die Lebensgeschichte fördert und mehr ermöglicht. So war es auch bei mir persönlich. Ich habe das meinen Eltern zu verdanken. Umzug in andere Länder, neue Möglichkeiten und neue Orte.

Wenn wir als Organisation probieren, etwas Großes zu verändern, müssen wir uns darauf einlassen, wie die Welt ist. Die Welt wird immer dynamischer, vernetzter und komplexer. Und in dieser Welt schaffen nicht unbedingt besonders große Firmen eine besonders große Verbesserung, sondern die besonders dynamischen, agilen und kompetenten Firmen und Organisationen.

Die Leute, die dann was verändern wollen, müssen sehr schnell und dynamisch reagieren. Als der Ukraine-Krieg begann, haben wir die Firma innerhalb von Tagen umgestellt und haben alles, was wir machen, kostenlos für die Geflüchteten aus der Ukraine angeboten. Damit konnten wir mehr als 15.000 Menschen helfen, eine Unterkunft zu finden.

Das ist die nächste Generation nach den durchoptimierten, monolithischen Organisationen, die zu ihrer Zeit große Beiträge geleistet haben.

Aber die Welt hat sich verändert und wir sind dabei, ein neues Kapitel zu eröffnen. Da geht viel. Es wird wahrscheinlich anders sein, als noch vor ein paar Jahrzehnten. Aber umso spannender.

Danke, Arkadi. Was ein fantastisches Schlusswort! Ein umwerfendes Plädoyer für eine neue Art der Führung. Bescheiden, dynamisch, aber mit großen Ambitionen. Ich wünsche euch alles Gute auf diesem Weg.

Raus aus den Turbulenzen der Skalierung!

Gerade noch lief alles so super – und plötzlich passt nichts mehr. Kunden und Team unzufrieden, Umsätze stagnieren, Stress im Führungsteam. Jetzt gilt es, das Unternehmen nochmal neu zu erfinden. Aber dann geht es wirklich ab…

Eigentlich hattet ihr gedacht, mit dem Markteintritt wäre das Schlimmste überstanden. Nun werdet ihr eines Besseren belehrt.

Was zunächst nach einzelnen Stolpersteinen aussah, wächst sich zu den Turbulenzen der Skalierung aus: Die Kunden werden anspruchsvoller, die Qualität hakt, Umsätze stagnieren, die Zufriedenheit sinkt, fehlende Strukturen produzieren Reibungsverluste. Und keiner fühlt sich verantwortlich.

Euer Unternehmen ist über sich hinausgewachsen.

Die Turbulenzen der Skalierung werden durch drei Veränderungen getriggert:

Neue Zielgruppe: Eure ersten Kunden waren Innovatoren, Menschen, die gerne was Neues ausprobieren. Leider sind das nur etwa 10% des Markts. Jetzt müsst ihr verstärkt die Mainstream-Kunden adressieren. Die aber eine ganz andere Sprache sprechen und andere Dinge von euch erwarten.

Unterdimensionierte Operations: Die wachsende Nachfrage bringt eure rudimentären Strukturen und Prozesse an die Grenze. Ohne Standardisierung und Professionalisierung kommt ihr jetzt nicht mehr weiter.

Wachsendes Team: Eure Teamgröße übersteigt die maximale individuelle Führungsspanne, die informelle Kommunikation erreicht nicht mehr jeden. Faustregel: # Kollegen > # der Gründer x 15-25. Sprich bei zwei Gründern findet der Übergang in die Turbulenzen bei 30 bis 50 Mitarbeitern statt

Die Turbulenzen sind nach der ersten Gründungsphase die zweite Gefahren-Zone des Lebenszyklus. Je länger ihr in dieser Phase bleibt, desto größer die Gefahr, dass ihr wichtige Kollegen und Kunden, die strategische Orientierung und eure ganze Energie verliert.

Eure wichtigste Aufgabe in dieser Phase: Raus aus dem ad hoc und das Unternehmen neu erfinden. Organisatorisch und strategisch.

Die Top 5 Erfolgsfaktoren

Ihr kommt erfolgreich durch die Turbulenzen, wenn ihr systematisch an diesen Top 5 Erfolgsfaktoren arbeitet:

• Institutionalisierung
• Inspirierende Vision, klare Ziele
• Echte Führung etablieren
• Wachstumskultur schaffen
• Umfassende Kommunikation

Institutionalisierung
Mit der Institutionalisierung macht ihr explizit, was vorher einfach passiert ist: Verantwortlichkeiten, Strukturen, Prozesse. Lohnenswerte Arbeit, die dazu führt, dass alle ohne übermäßigen Abstimmungsbedarf Hand in Hand arbeiten können. Auch wenn das nicht dein Lieblingsthema ist: Nur wenn du die Institutionalisierung als Gründer und CEO sichtbar und glaubwürdig unterstützt, wird sie von der Organisation angenommen.

Speziell an dieser Phase ist es, dass wir uns ständig fragen, wie wir uns selber überflüssig machen können. Also: Wie schaffen wir es, uns selber als Gründer durch Institutionen oder Prinzipien abzulösen, damit das Unternehmen auch ohne uns erfolgreich agieren kann. Das finden wir zurzeit eigentlich das Prägendste.

Alex Mahr & Jan Sedlacek, Stryber

Fokussiert euch bei der Institutionalisierung auf die Erarbeitung minimaler, unverhandelbarer Strukturen. Ihr wollt ja keine Bürokratie werden. Stellt vor allem sicher, dass alle im Team wissen, was ihre Verantwortung ist. „Jeder macht alles“ geht jetzt nicht mehr.

Am besten setzt ihr euch jetzt im Führungsteam zusammen und definiert, welche Schlüsselrollen ihr benötigt. Green Field. Erst die Verantwortlichkeiten definieren, dann mit den richtigen Menschen besetzen. Seid dabei mutig und plant nicht um einzelne Menschen herum!

Inspirierende Vision, klare Ziele

Der Ruf „Wir brauchen eine Vision!“ zeigt, dass dem Team die Orientierung fehlt. Nehmt das ernst, denn eine gemeinsame Vision und Mission ist für alle ein wichtiger Motivator.

Erarbeitet eure Mission und Vision und macht sie für alle greifbar. Setzt euch in diesem Zuge auch mit den Bedürfnissen eurer Mainstreamkunden auseinander – denn nur sie bringen euch das erwünschte Wachstum.

Hinterlegt eure Mission und Vision dann mit einer überzeugenden Strategie und klar priorisierten Jahres- und Quartalszielen. Für die gesamte Organisation und für jedes einzelne Team. Klarheit statt Ad hoc und ständiger Repriorisierung!

Und etabliert ein Management Operation System, mit dem ihr sicherstellt, dass jeder im Unternehmen jederzeit weiß, wohin die Reise geht. OKRs (Objective, Key Results) oder Bid Systeme sind jetzt eine super Idee.

Echte Führung etablieren

Euer Unternehmen ist inzwischen so groß geworden, dass ihr die direkte Führung an erste Zwischenebenen übergebt und damit in eine neue, übergreifende Führungsrolle kommt. Leader of Leaders.

Entwickelt eure Leader systematisch. Helft den Mitstreitern der ersten Jahre in die Führung hineinzuwachsen. Ergänzt euer Team mit erfahrenen Führungskräften von außen. Passt dabei aber auf, dass diese Menschen wirklich zu eurer Kultur passen. Viele Konzernleute sind von der besonderen Dynamik eurer Entwicklungsphase völlig überfordert. Nehmt euch die Zeit, sie ins Team zu integrieren und mit klaren Prioritäten zu führen. Dann profitieren alle.

Erweitert euer Gründerteam zum Leadershipteam. Dein Job ist es, dieses Team zum Hochleistungsteam zu machen. Schafft ein Klima des Respekts und Vertrauens, definiert gemeinsam die Ziele und Verantwortung des Teams, erarbeitet eure Strategie und formt eure Kultur. Stellt sicher, dass alle im Unternehmen wissen, wo ihr steht und woran ihr arbeitet. Und gewinnt über die sukzessive Lösung der großen Herausforderungen dieser Phase das Vertrauen des Teams.

Wachstumskultur schaffen

In der Turbulenzphase wird eure Kultur zu einem zentralen Führungsinstrument. Denn sie institutionalisiert dich und deine Mitgründer. Du bist der „Chief of Culture“.

Startet mit einem Review der aktuellen Kultur: Was passt? Wo haben sich Verhaltensweisen eingeschlichen, die ihr nicht wollt? Macht euch eure Werte bewusst und lebe sie gemeinsam mit dem Führungsteam vor. Überprüft auch, ob eure neuen Strukturen mit eurer Zielkultur harmonieren. Prägt eure Wachstumskultur jetzt ganz bewusst.

Umfassend kommunizieren

Schließlich geht in dieser Zeit der Veränderung nichts über eine umfangreiche Kommunikation. Euer Team, aber auch eure Kunden und Investoren müssen verstehen, was gerade passiert. Da die direkte Kommunikation nicht mehr funktioniert, musst du neue Wege finden. Kommuniziere viel und in möglichst vielen Formaten. Stell sicher, dass wirklich jeder weiß, wohin eure Reise geht.

Bleibt in eurer Energie!

Die Phase der Turbulenzen ist für dich besonders herausfordernd. Spätestens jetzt wirst du vom Gründer zum CEO. Statt selbst zu machen, gibst du künftig vor allem die grundsätzliche Ausrichtung vor und hältst nach, ob sie umgesetzt wird.

Gehe diesen Schritt ganz bewusst. Mach dir das Für und Wider deiner neuen Rolle klar und entscheide dich. Ein guter Start in diese neue Phase ist ein umfassender Review deiner Führungskompetenz. Erhebe mit einem 360-Grad-Feedback, wo du jetzt als Führungskraft stehst und korrigiere, wo nötig.

Macht dir klar, dass die notwendigen Leadership Skills erlernbar sind. Genieße die Entwicklung vom Gründer zum CEO, denn damit gewinnst du ein ganz neues Spektrum an Fähigkeiten, Power und individueller Freiheit.

Die Anstrengungen der Turbulenzen zeigen sich auch im Leadershipteam. Oft ist die Stimmung angespannt. Schnell kommt es zu Schuldzuweisungen. Kritische Themen werden ausgeschwiegen und produzieren gefährliche schwarze Löcher. Die Begeisterung des Teams für die Unternehmer wird abgelöst von Abwehr und Frustration.

Dieses Wechselbad der Gefühle könnt ihr nur bewältigen, wenn ihr alle kritischen Themen radikal offen, vertrauensvoll und mit Respekt für die unterschiedlichen Positionen diskutiert. Nutzt regelmäßige Strategie-Offsites, um über eure Rollen und Herausforderungen zu diskutieren. Was ist euch wichtig? Was wollt ihr weiter machen? Was abgeben? Wie stellt ihr euch die Zukunft vor?

So heftig diese Phase auch immer sein mag. Ihr seid nicht allein. Jedes erfolgreiche Unternehmen hat diese Phase schon erlebt – leider sprechen nur die wenigsten darüber. Sucht euch daher am besten einen Sparringspartner, der die Herausforderungen dieser Phase aus eigener Anschauung kennt und dich und das Leadership Team auf dieser Reise begleitet.

Die Turbulenzen sind eine Phase des Auf und Abs. Wenn ihr sie aber diszipliniert und sicher durchfliegt, werdet ihr euer Team schon bald in den Höhenflug gebracht haben. Und dann könnt ihr viel höher fliegen, als ihr das je erwartet hättet.

Und nun zu dir!

Erkennst du euch in den Herausforderungen wieder?

  • Welche Wachstumsschmerzen erlebt ihr?
  • Wie geht ihr dem Team die Orientierung, die es jetzt braucht?
  • Wie geht ihr das Thema Organisation und Führung an?
  • Wie schafft ihr ein High Performance Leadership Team?
  • Wie kommst du mit dem Wechselbad der Gefühle zurecht?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

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Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

Bild von Thiebaud Vaerman

Bring dein Team in den Groove

Ich liebe Jazz. Wenn sich die Musik aus dem Samen einer kleinen Melodie am Anfang immer weiter entfaltet. Wenn ich vor lauter Groove meine Füße nicht mehr stillhalten kann.

Ich liebe die Kreativität des immer neuen Erfindens, der Improvisation und Weiterentwicklung. Das Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Musiker, die auf Basis eines kleinen gemeinsamen Nenners großartige neue Stücke erschaffen.

Und ich glaube, dass wir in der Führung unglaublich viel vom Jazz lernen können. Denn Jazz Combos sind echte High Performance Teams. Aber was macht diese Teams aus? Wie kommen sie in den Groove? Und was ist die Rolle ihres Leaders?

So What

Du willst wissen, was echten Groove ausmacht? Dann hör dir mal „So What“ von Miles Davis an – ein geniales Stück, zu seiner Zeit revolutionär.

Und ein First Take. Vor der Aufnahme war dieses Stück noch nie gespielt worden. Nie. Es gab die Melodie von Miles. Mehr nicht. Alles andere ist spontane Entwicklung und Exploration.

So wie bei euch im Unternehmen. Auch ihr habt am Anfang nur eine Idee. Alles andere müsst ihr neu erfinden und auf dem Wege weiterentwickeln.

Und auch ihr habt in den meisten Fällen nur einen „First Take“. Der kann klappen, wenn alle gut aufeinander hören und sich aufeinander einlassen, oder er kann gnadenlos schiefgehen.

Die Jazz Combo

Jazz Combos sind das perfekte Beispiel von High Performance Teams: 3 bis maximal 8 Musiker. Wahrhaft divers, jedes Instrument ist nur einmal vertreten. Bei So What sind das die 6 Musiker Miles Davis (Trompete), John Coltrane (Tenor Sax), Cannonball Adderley (Alt Sax), Bill Evans (Klavier) und Jimmy Cobb (Drums).

Jeder Musiker hat seine ganz eigene Klanglichkeit, seinen eigenen Raum zur Improvisation. Aber er hat immer auch eine Verantwortung im Team. Eine klare Rollenaufteilung sorgt dafür, dass die Combo bei aller Improvisation nicht auseinanderfällt.

Die Melodieinstrumente führen in die Themen ein: Trompete, Saxofon, auch mal das Klavier. Dazu kommt die Rhythmusgruppe, die Drums, der Bass, die Bassgitarre. Und es gibt die Instrumente, die den Teppich der Akkorde legen: Klavier, Gitarre oder Vibraphone. Zusammen schaffen sie den Groove, auf dessen Basis improvisiert wird.

Ohne diese Basis landen wir im Free Jazz, der auch sehr spannend sein kann, aber uns in den meisten Fällen eher anstrengt, und der selten diesen unglaublichen Groove einer klassischen Jazz Formation entwickelt.

Der Groove

Jazz Combos improvisieren mit einer unglaublichen Freiheit. Produktiv wird diese Freiheit auf Basis einer minimalen, unverhandelbaren Struktur.

Diese definierte Minimalstruktur schafft den Groove: Melodie, Rhythmus und Akkorde.

Die Melodie

Die Melodie ist die Storyline. Sie wird am Anfang einmal durchgespielt und taucht dann immer wieder in Stücken oder Variationen auf. Der rote Faden, den jeder kennt und umspielt.

Eure Melodie ist eure Vision und Mission. Ein gutes Zusammenspiel ist nur möglich, wenn ihr eine gemeinsame Story habt, die jeder in jedem Detail versteht. Ohne eure gemeinsame Melodie fehlt euch die gemeinsame Sprache.

Der Rhythmus.

Während die Melodie in der Improvisation weiterentwickelt wird und immer neue Varianten zeigt, bleibt der zugrundeliegende Rhythmus konstant. Er taktet die zeitliche Abstimmung.

Euer Rhythmus ist eure Meeting Kadenz: Regelmäßige Treffen, klar durch eine Agenda strukturiert. Am besten habt ihr Weeklies, um die operativen Themen zu lösen und den Vorschritt zu prüfen. Halbtägige Monthlies, mit Zeit für die größeren strategischen Projekte. Quarterlies und Jahres-Meetings, in denen ihr eure Vision und Strategie weiterentwickelt.

Ohne diesen Rhythmus weiß bald keiner mehr wo die anderen stehen. Ich erlebe das in vielen Leadership Teams. Aus Zeitgründen wird auf einen festen Meeting Rhythmus verzichtet. In ad hoc Meetings wird das offensichtliche, dringende entschieden. Aber es fehlt der Raum für die weniger offensichtlichen Themen, das gemeinsame Verständnis. Und so entstehen in Teams ohne einen klaren Abstimmungsrhythmus immer mehr Missverständnisse.

Nur fehlt lediglich noch ein wesentliches Strukturelement:

Die Akkorde

Akkorde sind drei und mehr Töne, die zusammenklingen, es ist die harmonische Struktur hinter der Melodie. Das Wort stammt von dem lateinischen „accordare“ ab: In Übereinstimmung bringen, Übereinstimmung der Gefühle.

Und genau darum geht es! Hinter jeder Melodie liegen definierte Akkordfolgen. Jeder Jazzer kennt die Akkorde, die zu einer Melodie gehören und weiß welche Tonräume dazu gehören.  

Mit diesem Verständnis der Harmonie können sie die aus ihrer Sicht passenden Töne frei wählen. Und damit die Magie der Improvisation schaffen: Jeder spielt frei, aber über den gemeinsamen Konsens der Akkordfolgen klingt es trotzdem immer richtig.

Die Akkorde der Führung sind die gemeinsamen Werte. Mit ihrer Definition schaffen wir die Basis für harmonisches Zusammenarbeiten im Team. Und wie im Jazz reicht es nicht, nur die eigentlichen Werte zu kennen, sondern wir müssen auch verstehen, welche Haltungen und Verhaltensweise zu diesen Werten passen. Das sind unsere Arbeitsprinzipien – die praktische Umsetzung der Werte.

Lead Sheet

Melodie, Rhythmus, Akkorde. Im Jazz wird diese Minimalstruktur in den sogenannten „Lead Sheets“ festgehalten. Eine Seite, die Melodie, der Takt, die Akkorde in vereinfachter Notation. Die Quintessenz des Grooves.

Es ist genau diese minimale, unverhandelbare Struktur, die großartige Improvisationen und Innovationen erlaubt. Aus dem Stand.

Das Lead Sheet der Teamführung ist die Team Charta. Ihr möchtet zu einem High Performance Team zusammenwachsen? Dann nehmt euch die Zeit, eure Minimalstruktur zu definieren. Überlegt euch, was eure Mission und Vision ist, in welchem Rhythmus ihr euch abstimmt und auf Basis welcher Werte und Arbeitsprinzipien ihr zusammenarbeiten. Schreibt sie auf und haltet euch dann an diese Struktur. Sklavisch.

Denn diese Minimalstruktur schafft einen klaren Rahmen für eure Zusammenarbeit. Und schafft damit neue Freiräume zur Improvisation.

Unter diesen Links findest du Templates für eure Team Charta (Deutsch / Englisch)

So What Live

Zurück zu So what. Hör dir jetzt noch einmal die Aufnahme an. Und denk daran, dass sie ein First Take ist. Die Minimalstruktur war klar, alles andere ist im Moment entstanden.

Sie startet ganz vorsichtig. Das Klavier lotet die Akkorde aus, das Schlagzeug und der Bass gesellen sich leise dazu. Erste Melodiefragmente liegen in der Luft. Dann setzt der Takt ein, kurze Zeit später folgt die Melodie. Immer mehr Musiker kommen ins Wechselspiel. Eine Phase der gemeinsamen Normierung. Jetzt sind alle im Groove. Und auf dieser sicheren gemeinsamen Basis löste sich das wunderbare Solo von Miles heraus…. einfach großartig.

Der Band Leader

Jazz Combos sind im Kern selbstorganisierende Teams. Aber was ist dann die Rolle des Band Leaders?

Zunächst einmal stellt der Band Leader das Team zusammen. Er sucht Musiker, die aus seiner Sicht optimal zusammenpassen. Miles Davis hatte die unglaubliche Gabe, herausragende jungen Talente zu finden. Selten griff er als alte Buddies zurück. Er suchte immer nach Menschen, die das Team nach vorne bringen, die den neuen Style verstehen. Es ist wirklich unglaublich, welche Jazz Heroen jeweils mit Miles Davis gestartet sind.

Wenn das Team steht, sorgt er für die richtigen Anregungen und Impulse. So What hatte eine ganz neue Akkordstruktur. Neuland für alle Musiker. Ein guter Band Leader ist immer auch ein Agent Provocateur. Er bringt sein Team dazu, alte Wege zu verlassen und neues zu probieren.

Zwar hat er auch ein Solo. Das erste Solo nach der gemeinsamen Intro. Damit zeigt er seinen Blick auf „So What“. Und dann überlässt er den anderen das Feld. Miles ist sogar so relaxed, dass er beim 2. Solo aus der Band heraustritt und erst mal eine raucht. Denn er weiß: Auf Basis der definierten Minimalstruktur kann sein Team jetzt großartiges schaffen. Auch ohne ihn.

Kommt in den Groove

Bringe dein Team in den Groove. Stellt ein diverses Team zusammen, in dem jeder seinen eigenen Beitrag hat und seine Rolle im Team kennt.

Definiert eure Minimalstrukturen und haltet sie in eurer Team Charta fest:

  • Eure Mission und Vision
  • Euren gemeinsamen Meetingrhythmus
  • Eure Werte und Handlungsprinzipien.

Kommt dann Schritt für Schritt in den Groove. Und schafft damit den Raum, um über euch hinauszuwachsen.

Und genieße du als Band Leader die neue Freiheit. Denn wenn dein Team in den Groove gekommen ist, kannst du dir auch mal eine Auszeit nehmen.

Und nun zu dir

  • Wie divers ist dein Team, haben alle klare Rollen?
  • Was ist eure gemeinsame Mission und Vision? Kennt sie jeder?
  • Was ist euer Rhythmus? Wie taktet ihr eure Zusammenarbeit?
  • Was sind eure Werte und Arbeitsprinzipien?
  • Bist du Manager oder ein echter Band Leader?

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

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Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Volate – Fliegt!

Positives Feedback: Besser als Sex…

Es gibt ein wunderbares Zitat von Mary Kay Ash, der Gründerin von Mary Kay Cosmetics:

„There are two things people want more than sex and money… recognition and praise.”

Positives Feedback ist die Geheimwaffe der Führung. Gut gemacht schafft es Vertrauen, ist ein unglaublicher Motivator und prägt eure Kultur.

Fehlendes positives Feedback ist der GAU – denn es ist einer der häufigsten Kündigungsgründe.

Grund genug, sich mal damit auseinanderzusetzen, was ihr mit positivem Feedback erreichen könnt und wie ihr es am besten aufbaut.

Feedback = Zurück füttern

Der Wert von Feedback steckt bereits im Wort: Feed back. Zurück füttern. Feedback nährt uns und unterstützt unser persönliches Wachstum.

Jeder Mensch sehnt sich nach Anerkennung, nach dem Signal: Das was du hier tust, ist richtig und wichtig. Für echte Anerkennung gehen wir gerne die Extrameile. Denn sie spricht alle unsere tiefen menschlichen Bedürfnisse an und schafft damit sowohl Vertrauen als auch Motivation.

(Selbst-)Vertrauen. Positives Feedback zeigt uns, was wir bereits gut machen, gibt uns Sicherheit, zeigt die Bedeutung unserer Arbeit und schafft Verbundenheit. Damit ist positives Feedback ist ein wesentlicher Hebel für den Aufbau von Vertrauen: Das Vertrauen deines Gegenübers in sich selbst und das Vertrauen zwischen euch.

Motivator Nr. 1. Positives Feedback motiviert und verstärkt unser Verhalten. Was gelobt wird, machen wir gerne wieder. Es schafft ein „Hin zu“. Und ist damit viel mächtiger als negatives Feedback. Denn negatives Feedback hat einen problematischen Nebeneffekt: Es sorgt nicht nur dafür, dass der konkrete Fehler gemieden wird, sondern oft auch die gesamte Situation – inklusive allem was eigentlich gut war.

Ich habe das jüngst selbst erlebt. Nach einem Workshop, in dem ich etwas Neues ausprobiert hatte, bekam ich vom Kunden eine negative Rückmeldung auf eine ganz spezifische Situation. Völlig gerechtfertigt und sehr höflich geäußert. Und doch war meine erste intuitive Reaktion: Flucht. Diese Art von Workshop mache ich nie wieder! (Habe ich dann natürlich nicht gemacht und der nächste Workshop dieser Art war einfach nur super 😉

Die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit

So sehr wir uns nach positivem Feedback sehnen: Wir geben nicht nur zu selten positives Feedback, sondern tun uns oft auch schwer, gutes Feedback anzunehmen.

Das gilt insbesondere für dahingeworfene Lobhudeleien wie „Was du machst, ist mega!“ oder „Du bist toll!“. Beides fühlt sich im ersten Moment super an, verpufft dann aber schneller als wir “Piep” sagen können.

Gutes (und schlechtes) Feedback können wir am besten aufnehmen, wenn es aus unbestreitbaren Wahrheiten besteht:

  • Daten & Fakten: Beschreibe die Situation im Feedback so faktenbasiert und spezifisch wie möglich. Stell dir vor, jemand hätte die die ganze Szene gefilmt. Dann kann keiner sagen: So ist das nicht, das ist nur bla bla…
  • Emotionen: Wie ging es dir in der betreffenden Situation? Welche guten Gefühle hat das Verhalten in dir ausgelöst? Deine Gefühle kann dein Gegenüber nicht in Frage stellen –  im Gegenteil, wir freuen uns, wenn wir gute Gefühle auslösen.
  • Wirkung, statt Absicht: Beschreibe im Feedback immer die Wirkung, die die Situation auf dich hatte. Unterlasse dagegen Mutmaßungen zu den Absichten deines Gegenübers, wie „Du wolltest das erreichen…“, denn wir wissen eben nicht, was sich unser Gegenüber dabei gedacht hat.

Vom Feedback zum Feedforward

Positives Feedback gibst du am besten in der gleichen Struktur wie negatives Feedback: Im “SBI-D”-Format:

SITUATION. Starte mit einer klaren, spezifischen Beschreibung der Situation und hole dein Gegenüber zurück zum Moment des positiven Verhaltens. Mit einem kurzen Augenkontakt stellst du sicher, dass ihr gedanklich in der gleichen Situation seid:

“Vorhin, bei Meeting mit dem Kunden …

BEHAVIOUR. Gibt als nächstes eine neutrale, faktenbasierte Beschreibung des beobachteten Verhaltens. Beschreibe ggf. auch wie etwas gesagt wurde: Körpersprache, Tonfall, Wortwahl. Aber vermeide es, zu interpretieren. Checke wieder, ob dein Gegenüber sein Verhalten wiedererkennt.

…hast du die Fragen der Kunden schnell und entspannt beantwortet…

IMPACT. Im dritten Schritt wechselst du den Gang. Weg von den Fakten, hin zu den Emotionen und Gedanken, die das Verhalten in dir ausgelöst hat. Wenn du die Perspektive einer dritten Partei reflektierst: Mach klar, dass es dein Eindruck ist.

…Ich habe gespürt, dass der Kunde richtig zufrieden war, dass wir seine Bedürfnisse verstanden haben.

0 (ATEMPAUSE). Jetzt bloß nicht sofort weiter im Text!

Der „Bindestrich“ ist eure Atempause.

Gib deinem Gegenüber Zeit, das positive Feedback sacken zu lassen. Lass sie das Feedback richtig geniessen! Wenn du schnell weiter hetzt, nimmst du dem Feedback seine Power.

DEVELOPMENT. Schon mit den ersten drei Schritten hast du viel erreicht. Sicher wird deine Kollegin das gelobte Verhalten gerne wiederholen. Noch mehr erreichst du, wenn du sie im letzten Schritt dazu anregst, das Verhalten auf das nächste Level zu bringen. Damit wird das Feedback zum Feedforward.

Hier helfen Coaching Fragen:

Hast du eine Idee, wie du auf diesem Erfolg aufbauen kannst? Welchen nächsten Entwicklungsschritt nimmst du dir vor? Kannst du diese Erfahrung an das Team weitergeben? … Dir fällt sicher noch was ein.

Go: Häufig und Öffentlich

5,6:1. Das ist laut einer Studie von Emily Heaphy und Marcial Losada der durchschnittliche Ratio von positiven zu negativen gegenseitigen Bemerkungen in High Performance Teams. Viel hilft viel. Mit positiven Bemerkungen und gegenseitigem Lob bestärken wir uns gegenseitig.

In Low Performance Teams lag dieser Ratio nur bei 0,36:1. Es wurde dreimal mehr kritisiert als gelobt. Kein Wunder, dass einem die Lust auf Leistung vergeht, wenn nur rumgenörgelt wird.

Fun fact: Eine Studie von John Gottmann zeigt ähnliches für Ehepaare: In sehr guten Ehen liegt das positiv-negativ Ratio bei 5:1. Ein Ratio von 0,77:1 ist hingegen ein ziemlich sicherer Indikator für eine spätere Scheidung.

Vorhang auf für Lob. Positives Feedback ist besonders wirksam, wenn du es vor Publikum aussprichst. Dann verdoppelt sich sein Hebel. Mit dem öffentlichen Lob zeigst du, dass du es wirklich ernst meinst – denn du sprichst es ja vor Zeugen aus. Gleichzeitig zeigst du auch allen anderen, welches Verhalten du schätzt. Du modellierst damit das gewünschte Verhalten und die Werte eures Unternehmens.

No Go: Sandwich

Vor ein paar Jahren war es noch angesagt, heute ist es ein echtes no go: Das Feedback-Sandwich. Das negative Feedback wird zwischen zwei positive Feedbacks gepackt. Die Idee: Das erste positive Feedback zeigt, das wir es gut meinen. Dann kommt die Kritik. Und damit die nicht so bitter schmeckt, packen wir noch ein Zuckerl drauf.

Ganz dumme Idee. Denn mit diesem Verfahren kommen weder das gute noch das schlechte Feedback zu ihrem Recht. Das gute Feedback wird durch das nachfolgende schlechte entwertet. Und das zweite positive Feedback verhindert, dass sich dein Gegenüber adäquat mit dem kritischen Feedback auseinandersetzt.

Also: Ganz schnell wieder vergessen. Sei im Feedback immer spezifisch. Adressiere ein Thema nach dem anderen. So konkret wie möglich. Und gib deinem Gegenüber Zeit, das Feedback zu verarbeiten, es in neues Verhalten umzusetzen, bevor du das nächste drauf packst.

Und nun zu dir

  • Wie oft gibst du positives Feedback?
  • Was hindert dich daran, mehr positives Feedback zu geben?
  • Wie kannst du es zur Routine machen?

Los geht‘s!

So, genug erklärt. Jetzt geht es ins Doing. Über diese beiden Google Links kannst du dir das deutsche und das englische Template zur Vorbereitung deines Feedbacks herunterladen – und dann direkt durchstarten.

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

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Volate – Fliegt!