In 5 Schritten zum High Performance Team

Veröffentlicht von Dorothea 09/02/2024

Ihr seid ein klasse Team. Ihr versteht euch bestens, habt gemeinsam viel geschafft. Eigentlich ist alles super…

Eigentlich – denn tief im Herzen wisst ihr, dass da noch mehr gehen müsste. Aber irgendwo hakt es. Wichtige Themen werden nicht zu Ende diskutiert, Projekte nicht abgeschlossen. Probleme unter den Teppich gekehrt. So geht es vielen Teams, mit denen ich arbeite.

Um herauszufinden, wo es hakt, greife ich gerne auf das Modell der Vertrauenspyramide zurück, das Patrick Lencioni in seinem Business-Roman „5 Dysfunktionen eines Teams“ vorgestellt hat.

Lest in diesem Artikel, was die Vertrauenspyramide ist und wie sie euch auf das nächste Level der Zusammenarbeit bringt. Ein echter Eye-Opener und absolute Grundlage für die Führung von High Performance Teams.  

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Die Vertrauenspyramide

Die „Vertrauenspyramide“ ist eines meiner liebsten Führungsinstrumente.

Erfinder des Modells ist Patrick Lencioni. Mit dem Modell erklärt er, welche fünf Kompetenzen High Performance Teams brauchen, um die fünf häufigsten Gründe für das Scheitern von Teams zu überwinden.

Nach Patrick Lencioni (2014): Die 5 Dysfunktionen eines Teams

Kurze Anmerkung: Auch wenn sich das Modell an Teams richtet: Es eignet sich auch hervorragend zur Analyse problematischer 1zu1-Führungsbeziehungen.

Aber nun zum Modell.

Vertrauen vs. Unverletzlichkeit

Das Fundament exzellenter Teams ist Vertrauen. Ihr vertraut euch, wenn ihr

  • euch miteinander verbunden fühlt,
  • euch gegenseitig wertschätzt,
  • euch im Team sicher fühlt: Verlässlich, aufrichtig, die richtige Kompetenz habt.

In einem Klima des Vertrauens fühlen wir uns frei. Starke Teams halten nichts voneinander zurück. Ihre Teammitglieder reden offen und angstfrei über Fehler, Schwächen und Sorgen.

In vielen Teams hakt es schon an dieser Stufe. Frage dich selbst: Traust du dich wirklich, alles anzusprechen? Wie frei kannst du selbst über persönliche Probleme reden?

Viele Teams verstehen sich oberflächlich gut. Und doch ist jeder für sich, ein tiefer Connect fehlt. Die Folge: Alle machen sich unverletzlich und ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück, sobald es persönlich wird. Das ist die erste Dysfunktionalität.

Vertrauen schafft ihr im Team, wenn ihr euch intensiv kennen und schätzen lernt. Nutzt eure Teammeetings, um euch als ganze Menschen kennenzulernen – mit all euren Stärken und Schwächen. Schafft ein Klima, in dem es ok ist, Fehler zu machen und sie zuzugeben. Sei ein Vorbild: Sei nahbar, gib Fehler zu und zeige, wenn du etwas nicht weißt. Das signalisiert allen: Es ist ok, nicht perfekt zu sein.

Kritischer Diskurs vs. künstliche Harmonie

Teams, die sich tiefes Vertrauen schenken, gehen angstfrei in den kritischen Diskurs. Sie ringen mit einer gesunden Streitkultur um die beste Lösung und treffen die bestmögliche Entscheidung.

Fehlt das tiefe Vertrauen, fühlen sich harte Diskussionen oft unsicher an. Die Folge: künstliche Harmonie, die zweite Dysfunktionalität. Kritische, gefühlt gefährliche Diskussionen werden gemieden. Das Team tendiert zu vorschnellen Konsenslösungen – oder entscheidet gar nicht.

Auch künstliche Harmonie erlebe ich immer wieder in Gründerteams. Das größte Warnsignal ist der Satz: „Wir streiten eigentlich nie!“. Für mich eine Einladung tiefer zu bohren – meist mit großem Erfolg. Oft reichen wenige Fragen, um kontroverse Themen zu identifizieren, die bisher einfach unter den Teppich gekehrt werden.

When there is trust, conflict becomes nothing but the pursuit of truth, an attempt to find the best possible answer.

Patrick Lencioni

Das Gegenmittel: Eine gesunde Streitkultur. Der erste wichtige Schritt: Kritik und kritischen Diskurs positiv bewerten. „Streitet euch!“ sollte die neue Grundregel sein. Findet Spaß an euren Diskussionen und lotet bewusst Gegenargumente aus, bevor ihr euch entscheidet.

Lernt, mit der richtigen Feedback-Methode auch schwierige zwischenmenschliche Themen anzusprechen. Macht regelmäßige Retrospektiven eurer Zusammenarbeit. Dann wird sich ein Konflikt bald schon nicht mehr so gefährlich anfühlen.

Klare Verpflichtung vs. Ambivalenz

Die nächste Stufe der Vertrauenspyramide ist die gegenseitige Verpflichtung zu euren Entscheidungen. Und das im Sinne vom „Fight & Unite“ auch in Situationen, in denen nicht alle Ideen zum Zuge kamen.

Oft genug ist das nicht der Fall. „Die sind alle nicht committed“ ist einer der Sprüche, die ich immer wieder höre, wenn Gründer über Probleme in ihren Teams sprechen. Alle sind einverstanden, aber nichts passiert.

In den seltensten Fällen liegt das am fehlenden Willen. Das eigentliche Problem sind unvollständige Entscheidungen. Ambivalenz statt Klarheit. Die dritte Dysfunktionalität.

The enemy of accountability is abiguity.

Patrick Lencioni

Mein liebstes Beispiel: Die Partnerrunde einer Beratung hatte zwei (teure) Stunden leidenschaftlich über die Anschaffung einer Kaffeemaschine diskutiert und sich für ein Modell entscheiden. Woche um Woche verging, aber es passierte nichts. Alle waren frustriert.

Das Problem? Die Partner hatten eine Entscheidung über das „Was“ getroffen, die Kaffeemaschine. Aber sie hatten nicht definiert, wer diese Entscheidung bis wann umsetzen sollte. Die Entscheidung war unvollständig und damit ambivalent geblieben.

Die Lösung ist einfach: Stellt sicher, dass ihr alle eure Diskussionen mit einer vollständigen Entscheidung abschließt und dokumentiert. „WER macht WAS bis WANN? Mit welchen Check-ins überprüfen wir den Fortschritt?“ Das schafft eine klare Verpflichtung und die Basis für die gegenseitige Rechenschaft.

Gegenseitige Rechenschaft vs. schlechte Qualität

High Performance Teams halten ihre klaren Verpflichtungen systematisch nach. Gemeinsam. Denn erst das gegenseitige Einfordern von Rechenschaft macht die Vereinbarung produktiv. Die zentrale Grundhaltung: Wir haben als Team entschieden und wir als Team stellen die Umsetzung sicher.

Oft genug passiert genau das nicht. Mit der Übernahme der Verantwortung durch ein Teammitglied fühlt sich der Rest des Teams nicht mehr für das Ergebnis verantwortlich. Es wird gesehen, dass der Kollege seine Versprechen nicht einhält oder nicht die vereinbarte Qualität liefert. Aber ansprechen? „Ich möchte dem nicht zu nahe treten…“ „Das ist doch sein Job.“

Das Ergebnis: Die Qualität der Arbeit sinkt, Dinge werden angefangen, aber nicht fertig gestellt. Exzellente Ergebnisse entstehen so nicht.

Macht das Nachhalten von Rechenschaft zum festen Bestandteil eurer Teamarbeit. Schafft Transparenz über die Umsetzung der Entscheidungen und Arbeitspläne. Haltet bei Verzögerungen oder Problemen genau nach, was passiert ist und wie das Problem gelöst wird.

Tools dazu sind gemeinsame Projektübersichten, z.B. Kanbanboards.  Macht Updates zu den wesentlichen Commitments und offene Diskussionen etwaiger Probleme zum festen Bestandteil eurer Teammeetings.

Gemeinsame Zielorientierung vs. Individuelle Zieloptimierung

Der letzte Schritt auf dem Weg zum High Performance Team ist die gemeinsame Zielorientierung. High Performance Teams zeigen: Wir setzen uns anspruchsvolle Ziele und erreichen diese gemeinsam.

Als Menschen sind wir grundsätzlich zielorientiert. Das Problem dabei: Fehlen gemeinsamer Ziele, setzen wir uns unsere eigenen. Und die passen nicht unbedingt zu den übergreifenden Zielen. Das führt zur fünften Dysfunktion: Der individuellen Zieloptimierung.

Sie greift auch, wenn sich individuelle und übergreifende Zielsysteme widersprechen. Typisches Beispiel: Die Vertriebschefin, die nur Umsatzziele hat und daher nicht auf die Profitabilität seiner Kunden schaut, die sie aber dringend für die nächste Finanzierungsrunde braucht.

A team that is not focused on results … stagnates/fails to grow. Rarely defeats competitors. Loses achievement-oriented employees.

Patrick Lencioni

Setzt euch klare gemeinsame Ziele und stellt sicher, dass ihr diese Ziele auch im Eifer des Gefechts nicht aus den Augen verliert. Richtet eure individuellen Ziele immer mit eurem übergreifenden Ziel ab. OKR oder andere Quartals- und Jahresziel-Systeme sind dabei super hilfreich. Aber auch der regelmäßige Blick auf den Grad der Zielerreichung – gefolgt vom ausgiebigen Feiern eurer Erfolge.

Die Arbeit mit der Vertrauenspyramide

Die Vertrauenspyramide ist ein mächtiges Modell zur Entwicklung von High Performance Teams. Und ein Modell, mit dem ihr in euren Teamsessions leicht arbeiten könnt.

Geht dazu in 4 Schritten vor:

Schritt 1: Individuelle Bewertung. Jeder denkt 5 Minuten über seine eigene Einschätzung nach. Wo steht ihr in den verschiedenen Ebenen auf einer Skala von 1 – „nicht / kaum vorhanden“ bis 5 – „alles super“.

Alternativ könnt ihr auch einen kurzen Test machen, den ihr z.B. unter http://www.marketraining.ch/files/mt-article/Team-Diagnose-Fragebogen_Dysfunktionen.doc.pdf  findet.

Schritt 2: Diskussion der Einschätzungen. Stellt euch eure Bewertungen vor. Erklärt, warum ihr die jeweiligen Punkte vergeben habt, und was es aus eurer Sicht braucht, um zu einer besseren Bewertung zu kommen.

Spannend sind nicht nur eure Durchschnittswerte, sondern vor allem die Unterschiede in der Bewertung. Warum gibst du der Rechenschaft eine 2, wenn deine Mitgründer euch bei 4 sieht? Was macht den Unterschied in der Wahrnehmung aus?

Schritt 3: Erarbeitung von Maßnahmen. Überlegt, mit welchen Maßnahmen ihr die verschiedenen Dysfunktionalitäten adressieren wollt. Und einigt euch auf einen Umsetzungsplan.

Schritt 4: Nachhalten. Haltet in euren nächsten Treffen nach:Habt ihr alles so umgesetzt? Werdet ihr gemeinsam besser? Was muss sich jetzt noch ändern? Und wiederholt die gesamte Übung mindestens einmal im halben Jahr.

Allein schon diese Arbeit stärkt eure Zusammenarbeit – entlang aller fünf Dimensionen der Vertrauenspyramide.

Ihr gebt euch Vertrauen und zeigt euch verletzlich. Ihr geht in den kritischen Diskurs und sprecht offen über eure Herausforderungen. Ihr geht klare Verpflichtungen ein, für deren Umsetzung ihr euch gegenseitig zur Rechenschaft zieht. Immer mit Blick auf euer gemeinsames Ziel:

Ein High Performance Team werden.

Key Take Aways

Das Modell der Vertrauenspyramide erklärt, welche fünf Kompetenzen High Performance Teams brauchen, um die fünf häufigsten Gründe für das Scheitern von Teams zu überwinden:

  • Vertrauen. Schafft ein tiefes gegenseitiges Vertrauen. Lernt euch intensiv kennen, Zeigt euch eure gegenseitige Wertschätzung, gebt euch ein Gefühl der Sicherheit. Denn nur dann vermeidet ihr die Dysfunktion der Unverletzlichkeit, bei der sich jeder in sein Schneckenhaus zurückzieht.
  • Kritischer Diskurs. High Performance Teams ringen mit einer gesunden Streitkultur um die bestmögliche Entscheidung. Lernt produktiv zu streiten, gebt euch Feedback. Sonst droht die zweite Dysfunktionalität: Die künstliche Harmonie, bei der ihr die kontroversen Themen einfach unter den Teppich kehrt.
  • Klare Verpflichtung. Starke Teams kommen zu klaren Verpflichtungen. Sie treffen vollständige Entscheidungen: „WER macht WAS bis WANN? Mit welchen Check-ins überprüfen wir den Fortschritt?“ Und vermeiden damit die dritte Dysfunktionalität: Die Ambivalenz.
  • Gegenseitige Rechenschaft. High Performance Teams halten ihre gemeinsamen Verpflichtungen systematisch nach. Check-ins zur Umsetzung und der Austausch zu Umsetzungsproblemen sind fester Bestandteil ihrer Meetings. So kommt es nicht zur vierten Dysfunktionalität: Schlechte Qualität.
  • Gemeinsame Zielorientierung Top Teams setzen sich anspruchsvolle, untereinander abgestimmte Ziele, arbeiten systematisch auf sie hin und feiern gemeinsam ihren Erfolg. Und verhindern damit die fünfte Dysfunktion: Die individuelle Zieloptimierung.

Und nun zu dir!

  • Wo steht ihr im Team in dieser Vertrauenspyramide?
  • Wo sind eure größten Baustellen?
  • Was nimmst du dir konkret vor, um euer Team noch besser zusammenzuschweissen?

Viel Spaß bei der Umsetzung!

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