„Für unsere gemeinsamen Entscheidungen brauchen wie mehr Zeit – dafür sind sie aber auch besser.“ Die Erkenntnis hatte ein Gründer in unserem letzten Coaching.
Bisher hatte er die meisten Entscheidungen schnell und für sich getroffen. Da ist dann auch schon mal was daneben gegangen.
Seit ein paar Wochen ist das anders. Es gibt ein Leadership Team, in dem die wesentlichen Entscheidungen gemeinsam adressiert werden. Die Erkenntnis des Gründers: „Ich verstehe die Probleme besser und bekomme neue Perspektiven dazu.“
Was ein wunderbares Beispiel für den enormen Effekt systematischer Entscheidungsprozesse im Führungsteam.
Der Entscheidungsprozess
Zu effektiven Entscheidungen kommt ihr, wenn ihr diese 5 Schritte eines Entscheidungsprozesses rigoros durchlauft:
- Problem verstehen,
- Ziele & Anforderungen definieren,
- Richtige Lösung finden,
- Umsetzung sicherstellen,
- Umsetzung tracken, Zielerreichung überprüfen.
Soweit im Schnelldurchgang. Aber was heißt das genau?
Problem verstehen
Es gibt ein wunderbares Zitat von Einstein.
„Wenn ich eine Stunde Zeit hätte, um ein Problem zu lösen, würde ich 55 Minuten damit verbringen, über das Problem nachzudenken und fünf Minuten über die Lösung“
Albert Einstein
Wir lieben es, Entscheidungen zu treffen. Aber was ist eigentlich das Problem? Wir hören von einer Herausforderung und schwupp – schon geben wir eine Antwort. Lösung gefunden, fühlt sich gut an.
Ist es aber nicht unbedingt. Denn wenn wir das Problem nicht richtig verstehen, ist eine gute Entscheidung reine Glückssache.
Oder wir treffen Entscheidungen, die gar nicht bei uns liegen sollten, sondern im Team. Das nennt sich dann Micromanagement.
Folgende Überlegungen helfen dir beim grundlegenden Verständnis des Problems:
- Generisch oder Standard: Kümmere dich als Leader vor allem um generische Fragestellungen. Erarbeitet für diese Herausforderungen Entscheidungsprinzipien und Strukturen, mit denen diese Problemklasse dann standardmäßig vom Team gelöst werden kann. Und überlasst die Lösung von Standardproblemen dem Team. Das ist Empowerment.
- One-Way vs. Two-Way-Door: Super Kriterium von Jeff Bezos. One-Way-Door-Entscheidungen lassen sich nur schwer rückgängig machen. Sie müssen sehr sorgfältig und mit ausreichend Zeit getroffen werden. Two-Way-Door-Entscheidungen sind leicht reversibel. Triff sie schnell und stell sicher, dass das Ergebnis nach einem angemessenen Zeitraum überprüft wird.
Im Gründer- oder Leadership Team solltet ihr euch vor allem um generische One-Way-Probleme kümmern. Z.B. Strategische Ausrichtung, Gehaltsstrukturen, Organisation… Steigt bei diesen Problemen tiefer in die Analyse ein:
- Was ist das Problem? Woran zeigt es sich? Was macht es so problematisch?
- Was ist der Kontext? Wann tritt das Problem auf? In welchem Umfeld?
- Wie relevant ist das Problem? Wer ist vom Problem betroffen, wie stark? Was passiert im Umfeld? Wie wirkt sich das Problem aus?
- Was ist die Priorität des Problems? Wie wichtig, wie dringend ist die Lösung?
- Was ist das Ziel? Was soll mit der Lösung erreicht werden? Welche Chancen und Risiken ergeben sich?
Ziele und Anforderungen definieren
Macht euch als nächstes klar, welche Bedingungen eure Entscheidung erfüllen muss. Beantwortet dazu die folgenden 3 Fragen:
- Welche Ziele soll die Entscheidung erreichen?
- Was ist das Minimalziel, das wir erreichen wollen?
- Welche Bedingungen muss die Lösung erfüllen?
Trefft nur Entscheidungen, die diese Kriterien erfüllen. Sie sind der Qualitätsmaßstab eurer Entscheidungsfindung.
Die richtige Lösung finden
Ihr habt jetzt einen guten Blick für das eigentliche Problem und wisst, was eine gute Entscheidung ausmacht. Wahrscheinlich habt ihr auch schon eine erste These, wie die Entscheidung aussehen könnte.
Tatsächlich beginnen gute Entscheidungsprozess nicht, wie oft gesagt, mit Daten und Fakten. Sondern mit einer Meinung zur möglichen Lösung.
Eurer Lösungshypothese.
Nur wenn ihr diese Hypothese klar definiert und markiert, könnt ihr bewusst Alternativen entwickeln. Und dann für diese Hypothese und ihre Alternativen die richtigen Daten und Fakten sammeln.
Für den Prozess heißt das:
- Hypothesen aufstellen. Was glauben wir über den Rahmen der Entscheidung zu wissen? Was wäre ein möglicher Lösungsansatz?
- Hypothesen hinterfragen. Was würde uns zeigen, dass diese Hypothesen wahr oder falsch sind? Definiert Messgrößen für den Erfolg der Entscheidung.
- Lösungsalternativen entwickeln: Entwickelt und durchdenkt mindestens eine, wenn nicht zwei ernstzunehmende Alternativen. Seid kreativ, hinterlegt die Alternativen mit Daten und Fakten und wägt die Risiken und Chancen ab.
- Entscheidung treffen. Trefft dann die Entscheidung, mit der ihre eure Ziele und Anforderungen bestmöglich erfüllt. Meidet komfortable, aber faule Kompromisse.
Bei der Entwicklung der Alternativen werdet ihr immer wieder erleben, dass Teammitglieder ganz andere Meinungen haben. Nutzt diese Differenzen im Team als Impuls, um euren Lösungsraum zu erweitern. Stellt dir dafür folgende Frage: „Wenn ich darauf vertraue, dass der Standpunkt meines Gegenübers vertretbar, rational und intelligent ist: Was sieht er, was ich aktuell nicht sehe? Was bringt ihn zu seiner Perspektive?“
Umsetzung sicherstellen
Super. Ihr habt eine Entscheidung getroffen. Das fühlt sich gut an. Haken dran. Weiter zur nächsten Entscheidung.
Funktioniert leider nicht. Viele Entscheidungen versanden, weil die Umsetzungsplanung fehlt. Sie sind dann nichts weiter als gute Vorsätze – wie Peter Drucker so schön sagt.
„No decision has been made unless carrying it out in specific steps has become someone‘s work assignment and responsibility. Until then there are only good intentions.“
Peter Drucker
Im vierten Schritt der effektiver Entscheidungsprozesse macht ihr eure Entscheidung umsetzbar. Beantwortet und dokumentiert dazu die folgenden Fragen:
- Was genau wurde entschieden?
- Was muss jetzt passieren?
- Wer übernimmt die Verantwortung?
- Wer ist von dieser Entscheidung betroffen und muss informiert werden?
- Haben wir die richtigen Ressourcen für die Umsetzung?
- Bis wann muss die Entscheidung umgesetzt sein, was sind Meilensteine?
In der Kurzfassung sind das die 3Ws: Wer, Was, bis Wann.
Besonders wichtig für effektive Entscheidungsprozesse ist eine überzeugende Kommunikation in das Team. Ihr überzeugt eure Kollegen, wenn
- ihr glaubwürdig seid. Baut einen Track Rekord gut durchdachter und erfolgreich umgesetzter Entscheidungen auf.
- eure Entscheidung nachvollziehbar ist. Macht die Daten, Informationen und den Entscheidungsweg transparent.
- ihr die Empfindungen eurer Kollegen berücksichtigt. Zeigt, dass ihr versteht, was die Entscheidung auslösen kann. Geht auf diese Emotionen ein. Macht euch dabei klar: Verständnis ist nicht gleich Zustimmung.
Umsetzung tracken, Zielerreichung überprüfen
Geschafft. Entscheidung getroffen und kommuniziert. Jetzt kann nichts mehr schief gehen.
Diese Haltung erlebe ich in vielen Teams: Wir haben unseren Job gemacht, jetzt sind die anderen dran. Der Rest muss jetzt laufen.
Tut es aber nicht. Denn auch jetzt kann noch alles Mögliche dazwischenkommen. Verfolgt die Implementierung und haltet die Verantwortlichen accountable. Die Entscheidung ist erst vollständig, wenn sie umgesetzt ist. So lange seid ihr noch in der Verantwortung.
Und macht dann den letzten wichtigen Schritt: Überprüft nach der vollständigen Umsetzung, was ihr mit dieser Entscheidung erreicht habt. Stellt dazu die folgenden Fragen:
- Haben wir das Ziel der Entscheidung erreicht? Wo müssen wir nachsteuern?
- Haben unsere Hypothesen gestimmt? Welche Hypothesen müssen wir revidieren?
- Bei älteren Entscheidungen: Ist die Entscheidung noch relevant?
- Was sagt uns das Ergebnis über den Entscheidungsprozess? Was müssen wir beim nächsten Mal besser machen?
Klingt mühselig und zeitintensiv? Ja ist es. Es wird euch erst mal schwerfallen, euer Entscheidungstempo runterzudrehen. Euch Zeit zu nehmen, statt einfach ein paar Entscheidungen rauszuhauen.
Gute Entscheidungsprozesse sind aufwändig.
Dafür sind sie effektiv. Sie helfen uns, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, es gut zu durchdenken und bis zur Realisierung durchzutragen.
Sie bringen uns dazu, unseren eigentlichen Führungsjob zu machen: Die Strukturen und Entscheidungsprinzipien zu definieren, mit denen unsere Teams ihren Job machen können.
Viel Spaß beim Ausprobieren.
Und nun zu dir!
Wie kommt ihr zu effektiven Entscheidungen?
- Bei welchen Schritten im Entscheidungsprozess hakt es bei euch am meisten?
- Kümmert ihr euch um die richtigen Entscheidungen?
- Nehmt ihr euch die Zeit, das eigentliche Problem zu verstehen?
- Versteht ihr eure Hypothesen und diskutiert Alternativen?
- Durchdenkt ihr auch die Umsetzung?
- Wie gut verfolgt ihr die Umsetzung und reflektiert ihr die Zielerreichung?
Viel Erfolg beim Ausprobieren!
Mit der Anmeldung zum Newsletter stellst du sicher, dass du künftig keine Anregungen rund um Leading Myself, Leading my Team und Leading my Business verpasst.
Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!