Rechenschaft leicht gemacht: 5 Hebel für mehr Accountability

Weißt du, welche zentrale Führungskompetenz am meisten vernachlässigt wird?

Das Nachhalten von Rechenschaft!

Laut einer Studie von Overfield & Kaiser halten 46%, sprich fast die Hälfte aller Führungskräfte Rechenschaft viel zu wenig nach. Keine andere zentrale Führungskompetenz war in ihrer weltweiten Studie von über 5.400 Top Level Führungskräften so wenig ausgeprägt wie diese Fähigkeit.

Für uns ist das leider keine Überraschung. Accountability und Rechenschaft sind auch in vielen Teams, mit denen wir arbeiten, ein Riesenthema. Sowohl innerhalb der Führungsteams als auch von den Führungskräften zu ihren Teammitgliedern.

Verantwortung wird übergeben (oft auch unvollständig), aber nur selten konsequent nachgehalten. Das Ergebnis ist fatal:

  • Termine werden nicht eingehalten, Leistungen nicht geliefert.
  • Fehler passieren immer wieder, gerne auch die gleichen. Lernen findet nicht statt.
  • Die Arbeitsqualität variiert stark. Performance wird zum Vabanquespiel. Mittelmaß ist Standard
  • Unsicherheit und Misstrauen prägen die Zusammenarbeit. Unmut, Frustration und Schuldzuweisungen sind Alltag.

Das alles konterkariert den Versuch, Verantwortung in das Team zu geben.

Die typische Reaktion der Führungskräfte: Rückfall in Micromanagement und engste Kontrolle, im schlimmsten Fall gleich alles selber machen. Und eine wachsende Frustration, dass Dinge nur unter ständigem Anschieben passieren.

Immer wieder hören wir Sprüche wie

  • „Die übernimmt einfach keine Verantwortung!“
  • „Ich habe kein Vertrauen, dass XY seinen Job macht!“
  • „Ich fühle mich ziemlich allein gelassen mit meiner Verantwortung.“

Da wird Verantwortung übertragen, aber es werden keine Termine zum Nachhalten verabredet. In den 1:1-Meetings wird über alles Mögliche geredet – aber nicht über den Stand der Projekte und wo es gerade hakt. Denn das könnte ja unangenehm sein. Und eigentlich will man doch eine gute Stimmung haben.

Rechenschaft treibt den Lernzyklus an

Aber warum ist das so? Warum tun wir uns so unglaublich schwer damit, Verantwortung nachzuhalten?

Eigentlich könnte es ja so einfach sein: Ich übergebe Verantwortung, mein Gegenüber verpflichtet sich zu seiner Aufgabe und berichtet dann, wie und mit welchem Ergebnis diese Verantwortung ausgefüllt wurde. Denn nichts weiter ist Rechenschaft: Kommunizierte Verantwortung.

Wenn alles passt: Super, weiter so! Wenn nicht, dann reflektieren wir, was schiefgelaufen ist, und überlegen, wie das verbessert werden kann. Damit setzen wir einen Lernzyklus in Gang, der uns immer weiter nach vorne bringt.

Rechenschaft ist der Missing Link zwischen Verantwortungsübernahme und exzellenten Ergebnissen. Mehr dazu im Artikel "Rechenschaft leicht gemacht: 5 Hebel für mehr Accountability" Klick um zu Tweeten

Nicht ohne Grund ist die Rechenschaft in der Vertrauenspyramide von Lencioni ein zentrales Element von High Performance Teams. Teams, in denen sich der Team Lead und die Teammitglieder gegenseitig zur Rechenschaft ziehen,

  • halten ihre Termine ein und liefern konsequent exzellente Qualität
  • lernen systematisch und werden immer besser
  • erleben ein Klima des Vertrauens und der emotionalen Sicherheit.

Angesichts dieser positiven Effekte sollten das Nachhalten und Ablegen von Rechenschaft eigentlich eine zentrale Routine unserer Teams sein.

Das bist du mir schuldig!

Weit gefehlt! De facto ist das Thema Rechenschaft für die meisten ein äußerst unangenehmer Akt, der eine unglaubliche Abwehr bis hin zu Angst auslöst. Eine Abwehr, die sich schon in den Formulierungen zeigt: Man ist Rechenschaft schuldig, sie wird eingefordert oder verlangt, man wird zur Rechenschaft gezogen.

Schuld, ziehen, fordern, verlangen: Aus all diesen Begriffen spricht förmlich die emotionale Gewalt, die wir mit Rechenschaft verbinden:

  • die große Kraft, die es braucht, um jemanden zur Rechenschaft zu ziehen,
  • die Befehlsgewalt hinter dem Fordern und Verlangen,
  • Die bewusste oder unbewusste Angst, etwas Falsches getan zu haben oder auf Fehler zu stoßen.

Die Angst vor der Rechenschaft prägt beide Seiten. Unsere Kollegen haben Angst vor unangenehmen, bohrenden Fragen, vor scharfer Kritik und einem möglichen Vertrauensverlust. Als Führungskräfte haben wir Angst vor

  • Micromanagement: Eigentlich wollen wir unseren Kollegen vertrauen, statt sie zu kontrollieren.
  • Vertrauensverlust: Was, wenn mein Gegenüber seine Verpflichtung nicht erfüllt hat?
  • Konfrontation: Ich möchte eine gute Beziehung haben und mein Gegenüber nicht herausfordern und ausfragen.

Getrieben von diesen unbewussten Ängsten gehen wir der Rechenschaft mit den unterschiedlichsten Ausweichmanövern aus dem Weg:

  • „Nicht mein Job“: Wir haben das verabredet – also erwarte ich, dass das jetzt einfach läuft. Ist doch nicht meine Verantwortung, dass der das hinbekommt …
  • „Nicht zu nahetreten“: Ich möchte ihr nicht auf den Schlips treten, also hake ich nicht nach. Sie wird schon kommen, wenn es Probleme gibt …
  • „Keine Zeit“: Ich habe keine Zeit jeden Kleinkram zu kontrollieren. Ich kümmere mich drum, wenn alles fertig ist …
  • „Erst wenn alles perfekt ist“. Ich möchte das Ergebnis erst sehen, wenn alles perfekt ist. Unfertige Dinge machen mich ganz kirre …

Und geben mit all dem ein ganz fatales Signal:

Ich entziehe mich meiner Führungsverantwortung, dich zur Rechenschaft zu führen.

Und schon beißt sich die Katze in den Schwanz…

Rechenschaft zu einer positiven Erfahrung machen

Rechenschaft wird zu einer positiven, produktiven Erfahrung, wenn wir es schaffen, unsere Vermeidungstaktiken zu identifizieren und unsere Ängste zu überwinden.

Denn richtig gelebt, zeichnet sich Rechenschaft durch vier Eigenschaften aus: Augenhöhe, Zweiseitigkeit, Klarheit und Lernen:

  • Augenhöhe. Rechenschaft ist eine Begegnung unter Erwachsenen: Du hast mit vollem Bewusstsein eine Verantwortung angenommen, ich halte es nach. Ich muss dich weder schützen noch maßregeln.  
  • Zweiseitigkeit. Wir sind beide verantwortlich, dass du deine Zusagen einhältst. Wenn ich es nicht tue, bin ich Komplize deiner fehlenden Rechenschaft. Mit dem Nachhalten von Rechenschaft signalisiere ich: Es ist mir wichtig, dass du deiner Verantwortung nachkommst. Und ich erfülle meine Führungsverantwortung sicherzustellen, dass wir unsere Ziele erreichen.
  • Klarheit. Wir sind klar in der Zielsetzung und klar im Nachhalten der Zielerreichung. Damit erreichen wird die Ziele in der Qualität und im Zeitrahmen, die wir uns vorgenommen haben.
  • Lernen. Die Rechenschaft über die Erreichung deiner Ziele ist der Startpunkt deiner Lernerfahrung. Wenn wir verstehen, was funktioniert oder was nicht, kannst du künftig besser werden.

Eine solche produktive Rechenschaft kannst du mit 5 Hebeln aktivieren:

Hebel Nr 1: Klarheit als Voraussetzung für Rechenschaft

Die Basis von gelebter Rechenschaft ist eine vollständige und klare Verantwortungsübergabe: Nur wenn deinem Gegenüber wirklich klar ist, worin seine Verantwortung besteht, kann er auch Rechenschaft darüber ablegen. Die Klarheit bezieht sich auf

  • die Ziele und den Kontext,
  • den Weg der Umsetzung,
  • die KPI, mit denen der Erfolg gemessen wird und
  • die notwendigen Ressourcen.

Nehmt euch Zeit, all diese Punkte im Rahmen der Verantwortungsübergabe klären und zu dokumentieren. Stell sicher, dass deinem Gegenüber wirklich klar ist, wofür er oder sie Verantwortung übernimmt. Ein „Ist alles klar“, gefolgt von einem „Ja“ reicht nicht. Erst recht kein „Über den Zaun schmeißen“. Wie du Verantwortung richtig übergibst, erfährst du in diesem Artikel.

Things don’t just happen by themselves—they happen because specific people did or didn’t do specific things. Don’t undermine personal accountability with vagueness Ray Dalio.

Hebel Nr. 2: Rechenschaft in Häppchen

Da wir Rechenschaft als unangenehm empfinden, zögern wir sie gerne bis zum letztmöglichen Zeitpunkt hinaus. Das Problem: Damit steigt unser Erwartungsdruck, und es steigt das Fehlerpotenzial.

Die Alternative: Brecht die Rechenschaft in kleinere Häppchen auf. Verabredet bereits bei der Verantwortungsübergabe Updates, in denen die Verantwortliche Zwischenergebnisse zeigt. Das reduziert das Fehlerpotenzial und gibt euch beiden Klarheit.

Hebel Nr. 3: Rechenschaft zur Gewohnheit machen

Feste Gewohnheiten und Routinen sind ein hervorragendes Mittel, uns den Zugang zu schwierigen Themen zu erleichtern. Mach die Rechenschaft über die Leistungen und den Arbeitsfortschritt zum festen Bestandteil deiner 1:1-Meetings. Macht einen Check der Projektstände zum festen Agendapunkt in euren Teammeetings. Arbeitet mit OKR, die letztlich nichts weiter als Ziel und Nachhaltesysteme sind. Und haltet die Leistung genauso detailliert nach, wenn alles gut läuft, wie wenn alles schlecht läuft. Das schafft Vertrauen und Sicherheit.

Hebel Nr. 4: Vorbild sein, Angst vor Fehlern nehmen

Übernimm öffentlich Rechenschaft für Projekte, die in deiner Verantwortung liegen. Zeige, dass du dich genauso der Verantwortung stellst, wie alle anderen – insbesondere bei Themen, die schief gelaufen sind. Studien haben gezeigt, dass nichts so sehr die Angst vor Fehlern reduziert, wie die offen geteilte Rechenschaft der Top Führungskräfte zu ihren Fehlern.

Lobe Menschen öffentlich, die ihre Verantwortung ernst nehmen und Rechenschaft ablegen. Denn damit zeigst du allen deine Wertschätzung für dieses diffizile Thema.

Hebel Nr. 5: Positive Haltung zu Rechenschaft

Gehe grundsätzlich davon aus, dass dein Gegenüber seine Aufgabe in bestem Wissen und Gewissen gemacht hat. Unwille und Vertuschung sind nur in den seltensten Fällen der Grund für fehlende Rechenschaft. Viel häufiger ist es die Angst davor, vorgeführt und abgekanzelt zu werden.

Führe Rechenschaftsgespräche in einer neugierigen Haltung: Ich will verstehen, und wir wollen gemeinsam ein hervorragendes Ergebnis erreichen. Sollte tatsächlich etwas schief gegangen sein, geht offen in die Ursachenanalyse:

  • Waren die Aufgabenstellung und der Rahmen wirklich klar?
  • Standen alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung?
  • Hat der Kollegen die notwendigen Kompetenzen?

Mit Fragen wie diesen signalisierst du klar: Mir geht es um die beste Lösung und den gemeinsamen Lernprozess, nicht darum, dich in Grund und Boden zu kritisieren.

Mit diesen 5 Hebeln kannst du Rechenschaft zu einem echten Power-Instrument der Führung machen – Viel Erfolg und Spaß dabei!

Und nun zu Dir

  • Wie gut bist du darin, deine Kollegen zur Verantwortung zu ziehen?
  • Was sind deine Ausweichmanöver?
  • Was hilft dir, konsequenter zu sein?
  • Welchen der fünf Hebel setzt du ab morgen ein? 

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Damit du dein Unternehmen und dein Team weiterhin mit all deiner Energie in den Höhenflug führen kannst!

Viel Spaß dabei

Dorothea

Volate – Fliegt!

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