Wenn Startups in die Turbulenzen kommen…

Veröffentlicht von Dorothea 03/01/2020

… fühlt sich das genauso an, wie in den Turbulenzen eines Gewitterflugs. Eben noch stieg die Maschine vollkommen ruhig höher und höher. Doch plötzlich ruckelt es, erst ein bisschen – mehr ein Zittern, dann immer stärker, die Anschnallzeichen leuchten auf. Richtig heftig wird es, wenn der Flieger völlig unvermittelt in ein Luftloch gerät und absackt.

Wie im Flieger gilt auch beim Unternehmen: Für einen guten Piloten sind die Turbulenzen der Skalierung kein Problem. Sobald sie durchflogen sind und das Unternehmen im Höhenflug ist, geht es entspannt immer höher. Vorbei das fiese Auf und Ab und das Ruckeln. Und wie bei den Flugturbulenzen lassen sich die Turbulenzen der Skalierung am besten aushalten, wenn mal sich klar macht, dass sie eigentlich ganz normal sind. Denn was normal ist, lässt sich lösen. Und genau das zeigen uns gute Lebenszyklusmodelle.

Wie uns das Verständnis des Lebenszyklus hilft

Als ich zum ersten Mal mit dem Konzept des Corporate Lifecycle in Kontakt kam, was es für mich die totale Offenbarung. Wir gingen mit dem Unternehmen gerade durch turbulente Zeiten. Die Stimmung im Team verschlechterte sich, die Umsätze stagnierten. Jeder im Management Team war so busy auf seinen jeweiligen Baustellen, dass wir uns kaum noch trafen. Und noch schwerer fiel es uns, einmal aus der Vogelperspektive auf unser Unternehmen zu schauen.

In dieser Phase fiel mir zufällig ein bereits relativ altes Management-Buch in die Hände: „Managing the Corporate Lifecycle“. Geschrieben in den 80ern von Ichak Adizes. Die Quintessenz: Ein Unternehmen durchläuft, wie jeder lebende Organismus, verschiedene Lebensphasen, mit jeweils prädizierbaren Aufgaben, Herausforderungen, Verhaltensweisen und Konflikten. Und es muss ganz bestimmte Anforderungen erfüllen, um in die nächste Phase zu kommen.

Für mich war der Einblick in die Dynamik des Lebenszyklus Augenöffner, Erleichterung und neu gewonnene Handlungsfreiheit zugleich.

Ein unglaublicher Augenöffner! Die Themen der verschiedenen Phasen von der Gründung bis zu dem Punkt, an dem wir gerade angelangt waren, entsprachen gespenstisch genau meiner Erfahrung. Wir waren mitten in den Turbulenzen des Skalierung. Ja! Und genau so fühlte sich das an: Es ruckelte nicht nur, sondern es gab gefühlt ziemliche Schläge – nich lustig.

Die maximale Erleichterung: Wir waren nicht allein. Uns ging es wie vielen anderen auch. Wir waren nicht zu blöd, unser Business zu führen. Uns war nur nicht klar genug, was gerade mit uns passierte. Kein Wunder, das wir verunsichert waren.

Wiedergewinnung der Handlungsfähigkeit: Andere hatten es ja auch geschafft, hatten ihre Teams durch diese kritische Phase geführt und in den Höhenflug gebracht. Wenn die das konnten, warum dann nicht auch wir? Zumal wir ja nun die Herausforderungen verstanden hatten. Und Herausforderungen, die man versteht, kann man aktiv lösen.

Seit ich mit dem Modell des Lebenszyklus arbeite, habe ich diesen Effekt bei vielen Unternehmerteams erlebt: Der das plötzliche Verstehen, die enorme Erleichterung und die neue Power.

Mit dem Denkmodell des Lebenszyklus im Kopf lassen sich Konflikte viel besser einordnen. Aus dunklen Monster-Problemen werden plötzlich Running Gags: Ach schau mal – genau so, wie vorhergesagt! Probleme, von denen man dachte, sie seien persönlich, sind eigentlich Standard-Herausforderungen.

Und deshalb ist das Verständnis der eigenen Position im Lebenszyklus für uns ein zentraler Einstiegspunkt in die gemeinsame Arbeit mit Unternehmerteams. Das Lebenszyklusmodell

  • schafft eine gemeinsame Sicht auf die Situation des Unternehmens,
  • schärft den Blick für typische und untypische, „Red Flag“ Probleme,
  • hilft jeweiligen Engpässe zu strukturieren und zu priorisieren, und es
  • hilft den passenden Managementansatz zu identifizieren.

Die Phasen im Schnelldurchgang

Der Aufbruch. Viel Arbeit, wenig Geld. Mit einem kleinen, starken Team schuftet ihr Tag und Nacht, entwickelt euer Angebot und findet den richtigen Produkt-Markt-Fit. 

Endlich gewinnt ihr die ersten Kunden, Innovatoren wir ihr. Nun heisst es Durchstarten. Der Verkauf zieht an, allseits großer Enthusiasmus. Ihr sind die Größten und zeigt es der ganzen Welt. 

Bis euch das Wachstum überholt und nichts mehr passt. Die Qualität hakt, Umsätze stagnieren, das Team zickt, Sprachlosigkeit im Gründerteam. Die Schläge der Turbulenzen. Nur nicht das Ziel aus den Augen verlieren, klaren Kurs einlegen und auf das nächste Level fliegen.

Jetzt werdet ihr vom Gründer zum CEO. Den Maschinenraum überlasst ihr dem Team und sichert als Navigator die Ausrichtung und die Skalierbarkeit. 

Endlich ist es so weit: Ihr seid über den Wolken, im Höhenflug. Alles läuft rund, Kunden und Mitarbeiter sind begeistert, das Unternehmen steht auf eigenen Beinen. Nie zuvor war euer Unternehmen so viel wert – was euch neben der unternehmerischen nun auch die finanzielle Freiheit gibt.

Und nun zu euch!

Welche Management-Ansätze waren für euch ein Augenöffner?

Wie offen sprecht ihr im Unternehmerteam über die strukturellen Herausforderungen der Skalierung?

Hilft es euch zu sehen, was Andere in dieser Situation gemacht haben?

In weiteren Artikeln werden wir diese Phasen genauer anschauen: Ihre Dynamik, typische Probleme und Anregungen zu Erfolgsfaktoren in den jeweiligen Phasen.

Wir freuen uns über eure Kommentare!

Volate – Vom Gründer zum CEO!

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